Babyernährung

Wie lange stillen: Was ist gut für mich und mein Baby?

Du willst dein Baby stillen, keine Frage. Aber wie lange stillen? Gibt es da eine ideale Dauer für dein Baby und für dich? Was spricht dafür, länger zu stillen? Gibt es auch Gründe dagegen? Hier erfährst du alles Wichtige.

Autor: Wiebke Toebelmann
Mutter stillt liegend ihr Baby
Foto: © iStock, Mladen Zivkovic

Wie lange stillen ist normal? Eine Frage, die immer wieder für Diskussionen sorgt und wohl die meisten Mütter bewegt. Bei kaum einem Thema gehen die Meinungen so weit auseinander – kein Wunder, ist die richtige  Ernährung deines Babys doch so essentiell. Und dennoch gibt es beim Stillen keine wirkliche Norm. Wer zweifelt, kann sich aber getrost an die folgenden Empfehlungen halten:

  • Die Weltgesundheitsorganisation WHO empfiehlt Müttern, ihr Baby mindestens sechs Monate voll zu stillen und erst dann langsam Beikost einzuführen. Die Muttermilch bleibt aber im ganzen ersten Lebensjahr wichtig. 
  • Das Online-Netzwerk „Gesund ins Leben (geführt von der Bundeszentrale für Ernährung) empfiehlt, mindestens vier volle Monate ausschließlich zu stillen und erst dann mit Brei zu beginnen. 
  • Und auch die Nationale Stillkommission betont: „Beikosteinführung bedeutet nicht Abstillen, sondern die Ergänzung des Stillens durch angemessene feste Nahrung bis zum Ende des ersten Lebensjahres und darüber hinaus.

Wie lange werden Babys in Deutschland gestillt?

Die meisten deutschen Säuglinge werden zumindest am Anfang gestillt. Mit seiner Studie zur Gesundheit von Kindern und Jugendlichen in Deutschland (KiGGS) erfasste das Robert-Koch-Institut auch das Stillverhalten deutscher Mütter. Die zweite Welle der Befragung ergab, dass in den Geburtsjahrgängen 2012 bis 2016 rund 40 Prozent aller Babys in ihren ersten vier Lebensmonaten voll gestillt wurden. Mit sechs Monaten bekamen nur noch 12,5 Prozent ausschließlich Muttermilch. 90 Prozent der Mütter gaben vor der Geburt ihres Babys an, stillen zu wollen, und 97 Prozent entschieden sich dann tatsächlich fürs Stillen.  

Die Stilldauer hat auch viel mit den gesellschaftlichen Gepflogenheiten zu tun. In Ländern wie Frankreich oder den Niederlanden, wo Kinder meist schon mit drei Monaten in die Krippe gegeben werden, ist die Stilldauer sehr viel kürzer als in Deutschland. Hierzulande werden Babys durchschnittlich sieben Monate von ihrer Mutter gestillt. Rund 20 Prozent stillen noch bis zum neunten Monat, während nur noch acht bis neun Prozent der Einjährigen die Brust bekommen.

Warum ist Stillen wichtig?

Die Milch aus der Brust der Mutter ist die optimale Nahrung für Babys. Mit ihr bekommt ein Kind alles, was es braucht: die ideale Menge an Vitaminen und Nährstoffen, abgestimmt auf seine Bedürfnisse, immer verfügbar und bestens temperiert. Die Immunabwehr des Säuglings wird gestärkt, so dass er gegen Krankheitserreger geschützt ist. Außerdem ist beispielsweise die Tendenz zu Allergien, Diabetes, Übergewicht und chronische Erkrankungen bei Stillkindern deutlich reduziert. Eine Mutter kann ihr Kind nicht zu viel stillen, denn das, was es verlangt, entspricht auch seinem natürlichen Bedarf. So kann es sein, dass der Säugling bei gewissen Wachstumsschüben lange an deiner Brust hängt und ständig trinken möchte („Cluster Feeding“). Anstrengend für dich? Sicherlich. Aber wichtig für die Entwicklung.

Welche Gründe sprechen noch für das Stillen?

Baby kuschelt sich nach Geburt an Mutter
Foto: © iStock, IvanJekic

Nicht nur der Gesundheitsaspekt macht Muttermilch so wertvoll für das Baby. Sie ist außerdem immer verfügbar, steril und hat genau die richtige Temperatur. Obendrein erfährt das Baby während des Stillens die körperliche Nähe und Wärme der Mutter, wodurch die gemeinsame Bindung gestärkt wird. Muttermilch ist jedoch nicht gleich Muttermilch: Je nach Entwicklung des Babys ändert sie ihre Zusammensetzung. Ein wahrer Wundercocktail also – und noch dazu kostenlos!

Und: Stillen ist, wenn es sich erst einmal eingespielt hat, auch super bequem: Kein nächtliches Hantieren mit Fläschchen, noch nicht einmal aufstehen muss die Mutter, wenn das Baby nachts trinken will – vorausgesetzt, der Säugling liegt neben ihr im Beistellbettchen. 

Die Stillzeit beginnt übrigens direkt nach der Geburt. Für die erste Bindung gehört es heute in Krankenhäusern dazu, das Baby sofort an die Mutterbrust zu legen und es trinken zu lassen. Nicht nur aufgrund des Kolostrums, den ersten wertvollen Tropfen Muttermilch, sondern auch wegen des allerersten engen Kontakts zwischen Mutter und Neugeborenem. Das gilt übrigens auch für ein Frühchen, dem du mit viel Mamawärme und Anlegen einen guten Start bereiten kannst. Die Innigkeit kann sich lange fortsetzen, und jede Stillmahlzeit auch eine Kuscheleinheit für beide bedeuten. Kein Wunder, dass viele Mamas nach Ende der Stillzeit ein wenig Wehmut verspüren. Bedeutet es doch auch den Abschied von einer schönen und besonders innigen Phase.  

Alle Vorteile des Stillens auf einen Blick

  • Stillen ist praktisch, denn die Frau hat die Nahrung immer dabei
  • Keine Zubereitung der Fläschchennahrung, kein Säubern der Fläschchen
  • Muttermilch kostet nichts
  • Die Milch hat stets die optimale Temperatur
  • Die Menge und die Zusammensetzung ist immer genau auf den Bedarf des Kindes abgestimmt
  • Mit Muttermilch kann ein Baby nicht überfüttert werden.
  • Stillen schützt vor Krankheiten und bietet deinem Baby einen hervorragenden Nährstoff-Mix

Wann kann ich mit Beikost beginnen?

Baby beim Brei essen
Foto: © iStock, Svitanola

Mit sechs, frühestens mit vier Monaten, kannst du deinem Nachwuchs den ersten Brei geben. Das Wort Beikost sagt es schon: Es handelt sich zunächst um eine Zusatzernährung. Und die Muttermilch stellt nach wie vor die wichtigste Nahrung dar. Die erste Breimahlzeit ist meist püriertes Gemüse und wird zur Mittagszeit gereicht. Empfohlen werden Karotte, Kürbis oder Pastinake – Gemüsesorten, die bekömmlich sind und zudem leicht süß schmecken. Dein Baby nimmt nur ein paar Löffel, spuckt den Brei vielleicht wieder aus? Kein Problem, es ist alles eine Frage der Gewohnheit. Probieren und Spielen sind ausdrücklich erwünscht. Es ist völlig klar, dass das Kind noch nicht gleich vom Brei satt wird. Das ist auch gar nicht das Ziel. In der Anfangszeit kann im Anschluss an eine Breimahlzeit gern noch gestillt werden. Verputzt das Kind mit der Zeit größere Mengen Brei, kannst du davon absehen. Du beginnst mit dem Mittagsbrei, während im Laufe von Wochen dem Gemüse noch Kartoffel und Fleisch hinzugefügt werden. Es folgt ein abendlicher Getreide-Milch-Brei sowie nachmittags und morgens ein Getreide-Obst-Brei. (Mehr dazu in unserem Beikost-Plan.) Die Stillmahlzeiten werden automatisch weniger, wenn dein Kind von den Brei-Mahlzeiten satt wird. Viele Mütter behalten aber gerade morgens zum Kuscheln und abends zur Schlafenszeit eine Stillmahlzeit bei. 

Was bedeutet Langzeitstillen?

Eine allgemeingültige Definition für langes Stillen gibt es nicht. Schon kulturell variiert es, was Menschen als kurze oder lange Stilldauer verstehen. In Deutschland stillen Mütter durchschnittlich sieben Monate, in anderen Industrienationen wie den USA bedeutend kürzer. Die meisten deutschen Mütter können sich laut Umfragen zu Beginn der Stillzeit nicht vorstellen, ihr Kind länger als zwölf Monate zu stillen. Und doch kann sich eine längere Stillbeziehung bis zum dritten Lebensjahr entwickeln. Wenn ihr beide, du und dein Kind, euch wohlfühlt und das Stillen genießt, spricht nichts gegen ein längeres Stillverhältnis. Generell gilt: Das Stillen sorgt auch noch lange nach Einführung von fester Nahrung für die Zufuhr wichtiger Nährstoffe und Vitamine. Lass dich bei deinem eigenen Timing also nicht zu sehr von anderen Müttern beeinflussen. Und lass dir kein schlechtes Gewissen machen, ganz gleich, wie lang du deinem Kind die Brust gibt. Manche Frauen stillen aus Überzeugung jahrelang. Gesundheitlich spricht nichts dagegen. Das Stillen zehrt die Mutter nicht aus, wie manche glauben. Zumindest dann nicht, wenn du dich ausreichend und ausgewogen ernährst. Hab aber auch ein besonderes Auge für die Signale deines Kindes. Ist es an der Brust oft abgelenkt und beim Trinken zunehmend lustlos? Greift es dafür umso eifriger nach allem Essbaren, das auf dem Tisch steht? Dann könnte es sein, dass sein Bedarf an deiner Milch weniger wird und sich das Ende der Stillzeit ankündigt.

Welche Gründe gibt es, frühzeitig abzustillen?

Mama kuschelt mit Kind
Foto: © iStock, LSOphoto

Selbst Mütter von mehreren Kindern sind sich einig: Jedes Baby ist anders und nach jeder Geburt herrscht wieder eine ganz neue Ausgangssituation. So ist das Stillen für viele auch nicht wie das sprichwörtliche Radfahren. Es kann zum Beispiel beim ersten Kind prima klappen und beim zweiten Kind Probleme bereiten. Oder die Begleitumstände sind kompliziert und Erschweren eine Stillbeziehung. So kann es sein, dass sich eine Frau schon frühzeitig gegen das Stillen entscheidet oder bereits nach kurzer Zeit abstillt. Die Gründe dafür können sehr unterschiedlich sein:

  • Hartnäckige Stillprobleme: Ja, jede Frau kann stillen. Aber wenn eine Frau über längere Zeit unter wunden Brustwarzen oder wiederkehrenden Brustentzündungen leidet, dann empfindet sie diesen Satz leicht als Hohn. Und wird vielleicht abstillen, wenn keine Lösung in Sicht ist.
  • Zu wenig Unterstützung: Gerade in den ersten Wochen ist Stillen manchmal noch schwierig. Wenn die Frau keine Erfahrung hat und auch keine Unterstützung bekommt, wird sie vielleicht aufgeben.
  • Erschöpfung: Ob Schlafmangel, Schreibaby, Zwillinge oder schon vorhandene Kinder: Vieles kann Mütter an den Rand der Erschöpfung bringen, so weit, dass sie das Stillen nur noch als Belastung empfinden.
  • Erkrankungen: Es gibt Medikamente, die beim Stillen auf das Kind übergehen. Die Milch muss dann abgepumpt und verworfen werden. Oder die Mutter entscheidet sich fürs Abstillen.
  • Grundsätzliche Abneigung gegen das Stillen: Auch das empfinden manche Mütter und greifen gleich zum Fläschchen.
  • Berufstätigkeit: Zwar haben stillende Mütter im Anstellungsverhältnis ein Recht auf angemessene Stillpausen, aber nicht immer ist es in der Praxis so einfach, es wahrzunehmen. Und: Manche stillende Frauen sind selbstständig.
  • Wunsch nach mehr Unabhängigkeit: Einige Frauen sehnen sich nach mehr Bewegungsfreiheit und wollen dem Vater auch mal die Fütterung (per Fläschchen) überlassen
  • Kaiserschnitt: Es kommt vor, dass sich Mütter nach einer Geburt per Kaiserschnitt gegen das Stillen entscheiden. Entweder, weil das Baby häufig schläfrig ist und schlecht saugt. Oder weil es der Mutter nach der OP schlicht nicht gut geht.

Welche Gründe fürs Abstillen gibt es noch?

Am entspanntesten ist es natürlich, wenn du und dein Baby euch quasi gemeinsam entscheidet, dass der richtige Zeitpunkt fürs Abstillen gekommen ist. Das Kind signalisiert dir etwa, dass es eher an fester Nahrung interessiert ist und lässt deine Brust links liegen. Es will offenbar gar nicht mehr gestillt werden. Und du selbst fühlst vielleicht auch, dass es soweit ist, Abschied vom Stillen zu nehmen. Dann ist es Zeit, ein anderes Kuschelritual einzuführen – und die neue Unabhängigkeit auf beiden Seiten zu genießen.

 

Quellen:

Online-Netzwerk "Gesund ins Leben":
http://gesund-ins-leben.de

Nationale Stillkommission (Max-Rubner-Institut):
https://www.mri.bund.de/de/themen/nationale-stillkommission/nationale-stillkommission

Studie zur Gesundheit von Kindern und Jugendlichen in Deutschland (KiGGS) des Robert-Koch-Instituts:
https://kiggs-studie.de