Sexualität

Sex in der Schwangerschaft: Was muss ich beachten?

Sex in der Schwangerschaft? Dem steht in den meisten Fällen nichts im Wege! Doch Hormonchaos und wachsende Rundungen können das Liebesleben natürlich beeinflussen. Hier erfährst du, wie sich das Lustempfinden verändert, wann ihr keinen Sex haben solltet und ob Geschlechtsverkehr euer Baby gefährden kann.

Autor: Gabriele Möller
Autor: Janine Meul

Sex in der Schwangerschaft: Lust oder Frust?

Sex in der Schwangerschaft
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Das Liebesleben wird maßgeblich von Hormonen beeinflusst. Diese erreichen in der Schwangerschaft oft ein Vielfaches ihrer üblichen Konzentration und sorgen unter anderem dafür, dass die Geschlechtsorgane stärker durchblutet und dadurch sensibler werden. Kein Wunder also, dass viele Frauen Sex in der Schwangerschaft phasenweise besonders genießen. Aber auch das Gegenteil kann der Fall sein, wenn etwa diese besondere Sensibilität dazu führt, dass Schwangere Berührungen als unangenehm oder sogar schmerzhaft wahrnehmen. Sowohl die zahlreichen körperlichen Veränderungen als auch psychische Einflussfaktoren wirken sich auf das gemeinsame Sexleben aus und können die Lust auf Sex erhöhen oder verringern.

Da jede Schwangerschaft individuell verläuft, ist auch das Lustempfinden von Frau zu Frau verschieden und kann sich außerdem phasenweise immer wieder verändern. Fest steht aber: Sex stärkt die Bindung der angehenden Eltern und gesund ist die körperliche Liebe ganz nebenbei auch noch. Deshalb sollten Paare Sex auch ruhig ausgiebig genießen, wenn beide wollen und aus medizinischer Sicht nichts dagegenspricht. Wir verraten, welche Phasen die Lust oft durchläuft, warum die meisten Bedenken unnötig sind, welche Sexstellungen mit wachsendem Babybauch besonders bequem sind und was hilft, wenn der Partner sich plötzlich nicht mehr so recht traut.

Video: Was spürt das Ungeborene beim Geschlechtsverkehr?

Sex in der Frühschwangerschaft: Kein Bauch, aber auch kein Sex

Das Glück über den positiven Schwangerschaftstest ist noch ganz frisch, ein Bauch noch so gut wie nicht zu sehen und Verhütungsmittel sind überflüssig. Der Lust stünde also rein gar nichts im Wege – wenn sie denn da wäre. Gerade in der Frühschwangerschaft scheint sie sich bei vielen Frauen vorübergehend verabschiedet zu haben. Diese Unlust ist nicht ungewöhnlich, denn die anfängliche hormonelle Umstellung fordert den Körper sehr und geht oft mit Schwangerschaftsbeschwerden einher. Man fühlt sich schlapp, müde, schwindelig, hat vielleicht Darmprobleme, häufiger Kopfschmerzen – und das alles noch zusätzlich zum unangenehmen Brustspannen und einer mehr oder weniger starken Schwangerschaftsübelkeit. Doch keine Sorge, das wird nicht neun Monate lang so bleiben. Die Lust kommt oft spätestens nach dem ersten Trimester zurück.

Keine Lust – und nun?

Am Anfang steht Sex jedoch häufig nicht im Mittelpunkt. Statt sich aber nun zurückzuziehen, können Paare diese Zeit nutzen, um mehr Gewicht auf Zärtlichkeiten und körperliche Nähe zu legen – die ein Vorspiel zum Sex sein können, aber nicht müssen. Nähe ist jetzt wichtig, denn auch seelisch erleben beide Partner eine große Umstellung. Auf der Reise vom Paar zur Familie spüren sie mehr und mehr, dass sich ihr Alltag und vielleicht auch sie selbst verändern werden. Die meisten Frauen genießen es jetzt, wenn der Partner auch mal ohne sexuelle Hintergedanken Hautkontakt sucht. Und natürlich kann es sein, dass der Appetit beim Essen kommt, vor allem, wenn kein Erwartungsdruck dahinter steckt. 

Angst vor dem Sex: Schade ich meinem Baby?

Manchen Frauen macht aber nicht nur die Invasion der Hormone zu schaffen, sondern sie plagen sich auch mit geheimen Befürchtungen: Können beim Sex nicht Keime in die Scheide gelangen? Kann ein Orgasmus vielleicht Wehen auslösen? Führt allzu heftiger Sex vielleicht am Ende gar zu einer Fehlgeburt? Schade ich meinem Kind? All diese Sorgen sind völlig unbegründet, weiß Frauenärztin Dr. med. Katharina Larisch aus München und erklärt energisch: „Sex und Geschlechtsverkehr schaden nicht während der Schwangerschaft.“ Sexverbot gibt es nicht. Das Baby ist vom Fruchtwasser in der Fruchtblase und von der dicken Gebärmutterwand gut geschützt. Der Schleimpfropf, der den Gebärmutterhals verschließt, bewahrt das Baby außerdem vor Keimen. Ebenso wie das saure Milieu der Scheide, dass es Fremdkeimen schwer macht, sich zu vermehren. Studien haben nachgewiesen, dass es bei einer normal verlaufenden Schwangerschaft keinen Zusammenhang zwischen Sex und einer Frühgeburt gibt.

Diffuse und nicht recht aufgelöste Ängste können auch zu einer trockenen Scheide und Schmerzen beim Sex führen, was natürlich wiederum die seelische Blockade vergrößert. In diesen Fällen können auch mal ganz simple Maßnahmen, wie eine Fettcreme, Melkfett oder eine Gleitcreme aus der Apotheke helfen, den Kreislauf zu durchbrechen. Zur Liebe zwingen sollte sich aber niemand, es kann auch richtig sein, einfach mal eine Weile zu pausieren.

Video: Darf ich Sex in der Schwangerschaft haben?

Zweites Drittel: Sex macht Spaß

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Im zweiten Drittel hat der Körper sich meistens wunderbar an die neuen Umstände angepasst, die Energie kehrt zurück. Bei vielen Frauen sorgen die Hormone außerdem für besonders intensive Lust auf den Mann und besseren Sex. Oft gelangen Schwangere jetzt auch leichter und schneller zum Orgasmus. Apropos Orgasmus: Der darf ruhig heftig ausfallen. Auch wenn eine Frau spürt, dass ihr Kind nach dem Höhepunkt wild herumzappelt, heißt das nicht, dass das Kind etwas mitbekommen oder gar Schmerzen hätte. Das Ganze ist lediglich eine Reaktion des Ungeborenen auf den erhöhten Blutdruck der Mutter und auf ihr schnell klopfendes Herz.

Wenn der Mann keinen Sex möchte

Viele Männer fühlen sich jetzt körperlich besonders von ihrer schwangeren Partnerin mit ihren neuen Rundungen angezogen. Es kommt jedoch auch vor, dass sie vor Sex nun zurückscheuen, nicht recht mit der Sprache heraus wollen, etwas von „Nee, am Ende mach’ ich noch was kaputt!“ murmeln und sich selbst ein Sexverbot erteilen. Oft werden diese Männer von der Vorstellung geplagt, das Baby im Bauch der Frau sehe ihnen beim Sex zu oder könne dabei gar verletzt werden. Ein wenig Aufklärung über die weibliche Anatomie kann viele Zauderer schon beruhigen: Der Embryo schwimmt im warmen Fruchtwasser umgeben von der Fruchtblase, die wiederum umgeben ist von der dicken und zähen Wand der Gebärmutter. Das Ganze ist fest verschlossen von einem recht langen „Flaschenhals“ (dem Gebärmutterhals). Es ist dem Mann also anatomisch gar nicht möglich, ans Kind zu stoßen oder ihm gar zu schaden.

Manche Männer brauchen aber einfach auch etwas Zeit, um die angehende Mutter zugleich auch als Liebespartnerin wahrzunehmen, zu neu und eindrücklich ist die Rolle der Schwangeren. Wichtig ist, dass sich der Mann trotzdem nicht völlig zurückzieht, denn auch wer sich Sexualität momentan nicht recht vorstellen kann, braucht keine Scheu vor Zärtlichkeit und körperlicher Nähe zu haben – und die sind für das Zusammengehörigkeitsgefühl eigentlich noch wichtiger als Sex. Kuschelmomente mit Gesprächen über die Zeit nach der Geburt und als zukünftige Familie machen geheimen Befürchtungen Luft, schenken Vertrautheit und lassen verunsicherte Männer nicht selten auch sexuell wieder offener werden.

Blasenentzündungen nach dem Sex vorbeugen

Das Baby ist zwar gut vor Keimen geschützt, doch viele Frauen neigen gerade jetzt zu Blasenentzündungen. Diese wird nicht umsonst auch „Flitterwochen-Krankheit“ genannt, weil sie häufig durch Sex ausgelöst wird. Unter der Vorhaut des Mannes siedeln Keime, die gern in die Blase der Frau aufsteigen. Wer zu Harnwegsinfekten neigt, sollte innerhalb von 10 Minuten nach dem Sex auf die Toilette gehen, damit Bakterien, die angefangen haben, in der Harnröhre aufzusteigen, herausgespült werden. 

Bequeme Sexstellungen für Schwangere

Selbst wenn sie vorher allen Sexstellungen gegenüber aufgeschlossen waren, ist Kamasutra-Akrobatik den meisten schwangeren Frauen im letzten Drittel dann doch zu mühsam. Der wachsende Bauch stört vielleicht, die Beweglichkeit nimmt ab – oft  bevorzugen Schwangere deshalb nun eher bequemere Stellungen (Ausnahmen bestätigen wie immer die Regel). Bequem heißt dabei keineswegs einfallslos. Fünf Sexstellungen (mindestens) sind jetzt besonders geeignet:

  • Doggy: In dieser Position kniet er hinter ihr, während sie sich im Vierfüßlerstand befindet. Der Bauch hat in dieser Stellung viel Freiraum. Wer möchte, kann auch ein Kissen unter den Bauch legen, um ihn ein wenig zu stützen.
  • In der Löffelchenposition liegen beide auf der Seite, sie mit dem Rücken zu ihm. Dadurch kann der Penis weniger weit eindringen. Tiefere Stöße können früher oder später unangenehm werden.
  • Bei der folgenden Stellung dient das Bett als Requisite: Der Bauch ist kein Hindernis mehr, wenn sie mit angewinkelten Beinen nah am Bettrand liegt und dabei Becken und Füße an der Matratzenkante abstützt. Der Partner kniet vor ihr.
  • Sie liegt oder sitzt oben. So lastet kein Gewicht auf ihrem Unterleib und sie kann Tiefe und Heftigkeit des Eindringens selbst kontrollieren.
  • Die Sitzposition, bei der ebenfalls kein Gewicht auf der Gebärmutter liegt: Die Schwangere sitzt einfach auf dem Schoß ihres Partners, während er auf einem Stuhl oder im Bett aufrecht sitzt.

Wehen nach dem Sex: ganz normal

Während oder auch nach dem Sex kann es vor allem im letzten Schwangerschaftsdrittel passieren, dass die Schwangere Unterleibskontraktionen hat. Das ist etwas unangenehm, aber nicht gefährlich. Durch den Orgasmus wird eine Welle kleiner Kontraktionen im Körper ausgelöst. Du kannst einfach ein paar Minuten warten und sanft in den Bauch atmen, bis die angespannte Gebärmutter-Muskulatur wieder locker lässt, ähnlich wie bei den Übungswehen. Solche kurzen Krämpfe können die Geburt nicht in Gang setzen und schaden dem Kind nicht.

Wann sollten wir auf Sex verzichten?

Bei einer gesunden Schwangerschaft steht dem Genuss der verschiedenen Sex-Spielarten nichts entgegen. Nur in wenigen Fällen rät der Berufsverband der Frauenärzte zur Zurückhaltung:

  • Wenn eine Frau schon mehrere Fehlgeburten hatte,
  • bei Blutungen,
  • bei echten vorzeitigen Wehen (nicht Übungswehen),
  • bei vorzeitiger Öffnung des Muttermundes,
  • wenn die Plazenta über dem Muttermund liegt (denn Sex führt hier manchmal zu Blutungen),
  • bei chronischen Krankheiten wie Diabetes,
  • bei bakteriellen Infektionen der Scheide,
  • wenn die Fruchtblase kurz vor der Geburt bereits geplatzt ist.

Auch wenn nach dem Sex eine Blutung auftritt, solltest du lieber mit einem Arzt sprechen.

Oralsex ist erlaubt

Doch auch in diesen Fällen heißt das meistens nicht, dass ein Paar nun ganz auf die körperliche Liebe verzichten muss: Varianten der Lust, bei denen der Penis nicht in die Scheide eingeführt wird (und natürlich auch sonst nichts), sind fast immer erlaubt. Zum Beispiel ist Oralsex unschädlich und auch das rein äußerliche Streicheln der Klitoris einschließlich Orgasmus ist meist kein Problem. Frauen sollten ruhig offen mit ihrem Arzt besprechen, ob und wie viel Zurückhaltung wirklich nötig ist. Oft muss Vorsicht auch nur vorübergehend sein, zum Beispiel, bis sich eventuelle Blutungen gelegt haben oder bis eine Scheideninfektion erfolgreich behandelt ist. 

Geburtseinleitung: Löst Sex Wehen aus?

Auch wenn man es immer wieder liest: Sex allein löst auch nahe am Entbindungstermin keine Geburt aus, nicht einmal echte Wehen, sondern höchstens die normalen Übungswehen. Zwar lässt sich im Ejakulat das Hormon Prostaglandin nachweisen, die Menge ist jedoch so gering, dass sie nicht wehenwirksam ist. Aber: Es macht es den Muttermund weich und bereitet ihn auf Kontraktionen vor. Nicht nur deshalb ist Sex nahe am Geburtstermin eine gute Methode, die Wehen zu locken. Sondern ebenfalls, weil er einfach entspannt und gute Stimmung macht. Auch das kann den Startschuss zur Geburt geben.