Konzepte vorgestellt

Welcher Kindergarten für unser Kind?

Kommt dein Kind in den Kindergarten und du bist schon ganz verwirrt angesichts der so unterschiedlichen Einrichtungen? Wir stellen hier die wichtigsten Kindergartenkonzepte vor, damit die Entscheidung leichter fällt.

Autor: Gabriele Möller

Kindergartenstart - ein großer Schritt für Kind und Eltern

Mädchen Essen Kindergarten
Foto: © iStockphoto.com/ AndreyStratilatov

Der Kindergartenstart ist einer großer Schritt – nicht nur für die Kleinen, sondern auch für die Eltern. Oft sind die Erzieher/innen die ersten Menschen außerhalb der Familie, denen sie ihr Kind überhaupt anvertrauen. Sie wollen es natürlich in eine Einrichtung geben, wo es sich glücklich fühlen kann, also gemocht, gefördert und liebevoll behandelt wird. Aber welche Arten von Kindergärten gibt es überhaupt? Erklärungen anderer Eltern wie „Die achten da unheimlich auf Kreativität“ oder „Dort haben sie offene Gruppen“ helfen da nicht wirklich weiter. urbia stellt die Konzepte von Waldorf-, Montessori-, Fröbel-, Waldkindergärten und Co vor und gibt Tipps, worauf Eltern bei der Wahl des richtigen „Kigas“ achten sollten.

Der Situationsansatz – soziales Lernen im Alltag

Der „situative Ansatz“ wird inzwischen in den meisten Kindergärten angewendet. Er ist entweder alleiniges Konzept, aber oft auch Teil anderer Konzepte. Er stellt die alltäglichen Lebenserfahrungen der Kinder in den Mittelpunkt. Es wird nichts vorgegeben, sondern es wird aufgegriffen, was von den Kindern kommt. Alles, was die Kinder selbst tun können, das wird ihnen auch zugetraut - und zugemutet. Dies gilt auch bei Konflikten: Bei Streitigkeiten überlegen und entscheiden die Kinder gemeinsam, wie eine Versöhnung geschafft werden kann. Die Erzieher/innen greifen wenig ein und geben keine fertigen Lösungen vor. Traditionelle, feste Tagesprogramme wie: montags Singen, dienstags Malen, mittwochs Basteln haben hier ausgedient.

Ein Beispiel für das situative Konzept im Alltag: Die Kinder haben gesehen, dass die Mülltonnen vor die Häuser gestellt werden. Manche Tonnen haben blaue, gelbe oder braune Deckel. Ein Kind fragt nun vielleicht, warum die Deckel so bunt sind. Ein anderes Kind weiß, dass es etwas damit zu tun hat, was in der Tonne drin ist. Zusammen mit der Erzieherin wird besprochen, warum es Sinn machen könnte, nicht den ganzen Müll in eine Tonne zu werfen, und was man mit manch scheinbar wertlosen Müll noch machen kann. Die Kinder können dann aus Müll etwas basteln (Roboter aus leeren Dosen, Autos aus Styroporklötzen und Korken). Bei allen aufgenommenen Situationen gilt: Jedes Kind bringt eigene Erfahrungen, eigenes Wissen und den kulturellen Hintergrund seiner Familie mit ein. Das ergänzt das Weltwissen der anderen Kinder und fördert die Toleranz.

Das Montessori-Kinderhaus – „Hilf mir, es selbst zu tun!“

Ein Kind strebt nach Unabhängigkeit vom Erwachsenen, und zwar vom Moment seiner Geburt an, glaubte Maria Montessori (1870-1952). Lebensziel jedes Menschen sei es, ein harmonischer Teil des kosmischen Ganzen werden (ein Mikrokosmos im Makrokosmos), fand die Reformerin. Der Erwachsene soll auf diesem Weg der Verbündete des Kindes sein und ihm eine Umgebung bereiten, die auf seinen Lernhunger ausgerichtet ist. Er soll dem Kind helfen, Schwierigkeiten selbst zu überwinden und seine Persönlichkeit eigenverantwortlich auszubilden. Diese Vorstellung fasste sie mit dem Motto „Hilf mir, es selbst zu tun“ zusammen. Im Konzept von Montessori-Einrichtungen kommt häufig das Wort „Arbeit“ vor. Es herrscht oft eine ungewöhnlich konzentrierte und leise Atmosphäre. Die Einrichtung ist betont schön, es wird bewusst zerbrechliches Porzellan verwendet. Das Kind soll so Geschicklichkeit und Achtung für die Dinge entwickeln. Jedes Spiel- oder Lernmaterial ist nur einmal da, damit die Kinder Rücksichtnahme auf andere Kinder erlernen.

Und so sieht der Alltag aus: Die Kinder in Montessori-Einrichtungen bestimmen selbst, wie lange und womit sie sich beschäftigen. Das gilt auch für alltägliche Dinge wie Geschirr abräumen oder Scherben zusammenkehren. Unterstützt und herausgefordert werden die Kleinen auch durch spezielle Montessori-Materialien, die Bewegungsanreize bieten oder zum Experimentieren anregen. Ein bestimmtes Rechenspielzeug beispielsweise macht es möglich, durch das Befühlen einer Perle und eines Blocks aus 1000 Perlen ein Gefühl für die Größen 1 oder 1000 zu bekommen, noch bevor das Kind solche Zahlenräume abstrakt versteht.

Der Freinet-Kindergarten – Kinder gestalten den Alltag selbst

Auch in dem nach dem französischen Dorfschullehrer Célestin Freinet (1896–1966) benannten Kindergarten-Konzept übernimmt der Nachwuchs die Regie über seine Entwicklung weitgehend selbst. Im Unterschied zur Montessori-Pädagogik sollen die Kinder aber in eher unfertigen und nicht aufbereiteten Situationen ihre eigenen Stärken herausfinden und Selbstvertrauen gewinnen. Die Kinder leiten die in den Freinet-Kindergärten vorhandenen Ateliers und Werkstätten (Künstlerateliers, Druckereien, Holzwerkstätten, Töpfereien, „Auseinandernehm-Werkstätten“, Musik-, Handarbeits-, Forscher- oder Technikateliers) selbst. Sie führen außerdem oft einfache Experimente durch. Ein Beispiel ist ein „Zahnpastatest“, um herauszubekommen, welche Paste am besten schmeckt. Ein typischer Tagesbeginn kann so aussehen: Kinder (und Erwachsene) schreiben oder malen auf eine Karte, wozu sie gerade Lust haben. Dann werden in der Morgenrunde die Vorschläge besprochen, es wird gemeinsam darüber entschieden, wie der Tagesablauf aussehen soll. Auch sonst reden die Kinder in vielen Bereichen mit: ob es um das Geld geht und was damit angeschafft werden soll, oder um Regeln und die Lösung von Konflikten. Die Kinder bestimmen manchmal auch mit über die Essenspläne oder die Einrichtung ihres Kigas.

Waldorf-Kindergarten – Körper und Geist durch Nachahmung entwickeln

In der von Rudolf Steiner (1861–1925) entwickelten Waldorf-Pädagogik steht das Lernen durch Nachahmung im Vordergrund. Besonders wichtig ist daher die Erzieherin, in der die Kinder ein Vorbild sehen sollen. Hauptziel ist die ganzheitliche Entwicklung von Körper, Seele und Geist. Wichtiger als Denken und Wissen sind die Sinne und das Handeln. Im Vordergrund steht das zweckfreie Spiel mit Naturmaterialien (Wolle, Wachs, Filz, Holz) und das Nachspielen von Alltagssituationen (z.B. Haushalt, Arzt, Feuerwehr). Jahreszeiten und Festtage haben besondere Bedeutung, und fast immer ist die Eurythmie Teil des Wochenablaufs. Bei dieser Bewegungskunst werden geistige Inhalte durch Bewegungen und Laute ausgedrückt. Auch das Musizieren, zum Beispiel mit einer einfachen Leier, gehört zum Alltag dazu.

Ein typischer Tagesablauf im Waldorfkindergarten beginnt meist mit dem Freispiel mit natürlichen Materialien. Hierbei können die Kinder offen oder indirekt ausdrücken, was sie bewegt. Auch das Experimentieren mit Werkbank oder beim Handarbeiten wird angeboten. Später folgt der so genannte Reigen. Dieser rhythmisch-musikalische Teil wird durch gemeinsames Singen und Handgesten-Spiele eingeleitet. Der Lieder-Kanon hat oft Bezug zur Jahreszeit. Mit dem letzten Lied des Reigens ziehen die Kinder Hand in Hand an die Frühstückstafel. Später spielen sie im Garten, bauen Sandburgen und Bretterhäuschen oder versuchen sich am Seilspringen und Stelzenlaufen. Am Ende des Waldorf-Vormittags steht der Abschlusskreis mit dem freien Erzählen einer rhythmischen Geschichte oder eines Märchens durch die Erzieherin.

Oft ist eine sehr frühzeitige Anmeldung nötig. Es ist üblich, dass die Eltern im Kiga-Alltag stark eingebunden werden. Von den Eltern wird Zustimmung zu Erziehungszielen und Menschenbild der Anthroposophie (wörtlich: „Weisheit vom Menschen“) erwartet. Wer sich für einen Waldorf-Kindergarten interessiert, sollte sich daher vorher mit den philosophisch-esoterischen Vorstellungen Rudolf Steiners (z.B. Reinkarnation, Karma, Fegefeuer, Engel unterschiedlicher „Hierarchien“, Äther- und Astralleib) bekannt machen. Manche Einrichtungen möchten auch für das häusliche Privatleben der Familien bestimmte Regeln aufstellen (Fernsehverbot für Kinder, Ablehnung bestimmter Freizeit-Sportarten).

Der Reggio-Kindergarten – eine Stadt im Mini-Format

Reggio-Kindergärten sind wie die italienische Stadt „Reggio Emilia“ aufgebaut, wo das Konzept in den 60er Jahren in verschiedenen Kindertagesstätten entwickelt wurde: Auf der „Piazza“, dem zentralen Platz (zentraler Raum im Kindergarten), trifft man sich. Hier startet der Tag oft mit einer Kinder-Konferenz, bei der über gemeinsame Aktivitäten demokratisch abgestimmt wird. Und von hier gehen Werkstätten, Rückzugs- und „Denk-Ecken“, Bewegungsräume und Ateliers ab, die von den Kindern weitgehend selbst gestaltet werden. Die Wichtigkeit der Demokratie auch im Kleinen äußert sich darin, dass auch beim Personal Hierarchien bewusst in den Hintergrund treten.

Wie beim situativen Ansatz greifen die Erzieherinnen Fragen und Ideen der Kinder auf und geben wenig vor. Manchmal wird aus solchen Ideen ein Projekt. Ein Projekt kann der Bau eines Hochbeets sein oder das Einrichten eines Aquariums mit Kaulquappen. Weiterer Eckpfeiler des Reggiokonzepts ist die Dokumentation: Die Arbeiten, aber auch manche Äußerungen oder Fragen der Kinder, Fotos und kurze Kommentare der Erzieher/innen werden verwahrt oder notiert. Dies vermittelt den Kindern Wertschätzung, Rückmeldung sowie die Möglichkeit zum Sich-Erinnern. Gesammelt wird entweder in Mappen oder an "sprechenden Wänden": Bilder, Fotos und Bastelarbeiten sowie Fotografien von der Projektarbeit werden an den Wänden angebracht.

Ein typischer Vormittag: Nach der (von den Kindern selbst geleiteten) Kinderkonferenz spielen die Kinder, wofür sie sich entschieden und in der Konferenz Mitstreiter gesucht haben. Einige Kinder nutzen die Turnhalle, andere gehen in den Werkbereich mit echten Kinder-Werkbänken und -Werkzeugen (echte Hammer und Sägen). Bei Bastelarbeiten greifen die Erzieherinnen nicht ein, um das Ergebnis zu „verschönern“, alles bleibt authentisch so, wie es das Kind selbst gemacht hat. Die Arbeiten der Kinder werden auf Regalen ausgestellt oder als Raumschmuck verwendet. Die Grenze zwischen Kindergarten- und Außenwelt soll möglichst offen sein. An manchen Tagen bringt daher eine Gruppe von Kindern Altglas- oder Altpapier mit einer Erzieherin zusammen weg. An anderen Tagen steht ein Waldtag oder auch ein Besuch in der Stadtteilbibliothek an.

Fröbelkindergärten – die Aneignung der Welt im Spiel

„Kinder sollen nicht bewahrt und belehrt werden, sondern entfalten sollen sie sich wie die Blume unter der sorgenden Hand des kundigen Gärtners“, fand Friedrich Fröbel (1782 – 1852). Der Pestalozzi-Schüler und Erfinder des „Kinder-Gartens“ erkannte als einer der Ersten, wie wichtig das Spiel der Kinder ist, und dass diese ein Recht auf ihr Kindsein haben. In einer Zeit, in der Kinder wie kleine Erwachsene behandelt wurden und oft schwer arbeiten mussten, eine durchaus neue Sicht.

In Fröbel-Kindergärten wird heute situationsorientiert erzogen, die Erzieher/innen greifen also die Ideen der Kinder auf. Beim Fröbel-Konzept wird außerdem auf fünf Prinzipien gesetzt, mit deren Hilfe sich Kinder die Welt aneignen sollen. Ganzheitlichkeit meint dabei die aktive, soziale, sinnliche und gefühlsmäßige Aneignung der Welt. Aber auch die Einbeziehung der Eltern in den Kiga-Alltag. Tätigsein bedeutet, dass Kinder sich die Welt vor allem handelnd aneignen. Dies geschieht im Spiel, das für Fröbel „die höchste Stufe der Kindesentwicklung“ ist. Bindung bedeutet die Partnerschaft zwischen den Erziehern und dem Kind. Diese gibt dem Kind Geborgenheit und hilft ihm so, Vertrauen und soziale Fähigkeiten zu entwickeln. Gegenseitige Anerkennung betrifft alle, also die Kinder selbst, aber auch Kiga-Personal und Eltern. Partizipation (= Teilhabe) schließlich heißt, dass die Kinder das Leben im Kindergarten mitbestimmen und vieles demokratisch mitentscheiden dürfen.

Einen „typischen“ Kiga-Vormittag gibt es in Fröbel-Einrichtungen nicht. Die Gestaltung des Alltags wird vom Träger (der Fröbel-Gruppe) bewusst jedem einzelnen Kindergarten überlassen. Viel Wert wird aber auf Kunst und Musik gelegt, es gibt meist einen eigenen Raum zum Musizieren. Manche Einrichtungen bieten auch eine logopädische Betreuung (bei Sprachentwicklungsstörungen), Englischunterricht oder Schwimmlehrgänge an. Es gibt sogar Fröbel-Kindergärten mit Sauna. Viele bieten auch integrative Plätze für behinderte Kinder.

Der Waldkindergarten – wenig Spielzeug, viel Natur

Die größte pädagogische Kraft ist die Natur selbst - dies ist die Grundidee der Waldkindergärten, deren Träger oft Elterninitiativen sind. Das Fehlen von fertigem Spielzeug regt dabei die Phantasie und Kreativität an. Die Natur bietet reichhaltige Möglichkeiten an Spielmaterialien und Spielzeug. Waldkindergärten bilden ein Gegengewicht zum zunehmend eingeengten Spiel- und Lebensraum. Sie steuern der Entfremdung von der Natur entgegen und bieten durch die direkte Begegnung mit ihr eine Alternative zu den unechten "Erlebnissen" durch Fernsehen, Video und Computer. Auch Kinder mit motorischen Auffälligkeiten können ihre Fähigkeiten im Wald optimal verbessern.

Und so sieht der Wald-Alltag aus: Die mit Rucksäcken und wetterfester Kleidung ausgestatteten Kinder sind jeden Tag im Wald unterwegs. Nach Morgenkreis und Frühstück bestehen für die Kinder und Erzieher/Innen verschiedene Möglichkeiten den Vormittag zu verbringen. Es gibt Angebote wie Basteln mit Naturmaterialien, das Vorlesen einer Geschichte oder es ist Zeit zum Freispiel. Eine Bude wird gebaut, Verkäufer und Zoodirektorin gespielt oder das Innenleben eines morschen Baumstumpfes erforscht. Gespielt wird mit allem, was der Wald zu bieten hat: Matsch, Käfer, Moos, Stöcken etc. Bei extremen Witterungsbedingungen können sich die Kinder in eine Hütte oder einen Bauwagen zurückziehen. Die Betreuungszeiten in Waldkindergärten sind – wegen der Abhängigkeit vom Wetter - oft deutlich kürzer gehalten als in anderen Einrichtungen.

Sport- und Bewegungskindergärten – Kampf der Bewegungsarmut

Auf den ersten Blick unterscheidet sich der Alltag eines Sportkindergartens nicht von dem einer anderen Einrichtung. Wäre da nicht die allmorgendliche „Bewegungseinheit“, eine tägliche Sportstunde von meist 30 bis 60 Minuten Dauer. Und die Tatsache, dass meist ein Großteil der Quadratmeterzahl (oft die Hälfte) Turnhallen gewidmet ist. Das Turnen und Sich-Erproben soll Kindern helfen, Vertrauen in den eigenen Körper zu bekommen, Ängste und Anspannungen abzubauen und sich motorisch für ihr Alter normal zu entwickeln – im Zeitalter der Stubenhocker leider nicht mehr selbstverständlich. Außerdem lernen sie ihre Leistungsfähigkeit und Grenzen kennen – nicht nur körperlich. Die Fähigkeiten jedes Kindes werden dabei beobachtet, damit es dort abgeholt werden kann, wo es sich in seiner motorischen Entwicklung gerade befindet.

Die Gruppenräume sind üblicherweise mit Hängematte, Schaukel, Minitrampolin, Feldern zum Balancieren und Hüpfen, dicken Matten, Kletterwand und -tau, Tobe-Ecke usw. bestückt. Im Außenbereich gibt es Bäume, Fußfühlpfade und „echte“ Baustellen (Sand, Bretter, Schaufeln etc. Auch Besuche von Schwimmbädern oder Skaterbahnen sind Teil des Konzepts, das bisher eher selten angeboten wird.

Der offene Kindergarten – weg mit alten Begrenzungen

Der Begriff "offener Kindergarten" steht für eine Öffnung in unterschiedlichen Bereichen. Offen ist er zunächst für die Kinder: Durch eine Öffnung der Kindergartengruppen untereinander haben die Kinder viel Auswahl bei ihren Kontakte und Freundschaften. Alle Türen stehen offen, die alten Gruppenräume wurden durch Spielräume mit unterschiedlichen Themenschwerpunkten ersetzt. Öffnung meint außerdem eine Öffnung des Kindergartens nach außen: Der Spielplatz ist betontermaßen gleichwertig mit den Innenräumen. Die Kinder verlassen außerdem regelmäßig den Kindergarten, um in der Natur oder im Dorf- und Stadtleben lebensnahe Erfahrungen zu machen. Offenheit soll auch die Haltung der Erzieher/innen bestimmen. Sie sollen Kritik aushalten können, ihre eigenen Gefühle im Kiga-Team wahrnehmen und ausdrücken können. Und weil die Kinder über Aktivitäten und Regeln mitbestimmen, müssen die Erzieher/innen auch hier offen bleiben: sich also immer neuen Situationen stellen und Lösungen mit den Kindern ausprobieren. Zusätzlich gibt es auch eine Öffnung weg vom traditionellen Erzieher/innen-Team: Andere Fachkräfte (z.B. Heilpädagogen) können in so genannten "Bunten Teams" im Kindergarten mitarbeiten.

Offen ist das Konzept auch für die Eltern. Die pädagogische Arbeit im Kindergarten soll möglichst transparent gemacht werden. Die Eltern dürfen die pädagogische Arbeit mitgestalten und werden sogar an Entscheidungen beteiligt. Durch diese Einbeziehung kann – wenn nötig - auch die Erziehung in den Familien selbst beeinflusst werden.

Kirchliche Kindergärten – Vielfalt vor religiösem Hintergrund

Der Rhythmus des Kirchenjahres und seiner Feste ist in evangelischen, katholischen oder Kindergärten anderer christlicher Glaubensgemeinschaften besonders wichtig. Die religiösen Feiertage im Jahreskreis werden den Kindern erklärt, es werden Lieder dazu gelernt, gebastelt oder vielleicht auch kleine Aufführungen einstudiert (St. Martin- oder Krippenspiel). Meist wird wöchentlich ein Kindergottesdienst besucht, um Interesse am Glauben, an der Kirche und ihrer Gottesdienstgestaltung zu wecken. Bei größeren Festtagen wird oft der reguläre Gemeindegottesdienst besucht und durch Lieder oder andere Beiträge der Kinder unterstützt (z.B. bei Erntedank). Die Erzieherinnen sollen den Kindern christliche Werte vorleben und vermitteln und ihnen helfen, sich als Teil der Gemeinde zu erfahren.Abgesehen von den religiösen Inhalten arbeiten kirchliche Kindergärten oft nach ebenso unterschiedlichen Konzepten wie die Einrichtungen anderer Träger. Man findet noch das eher traditionelle Konzept, bei dem die Erzieher/innen die Alltagsstruktur vorgeben, die Kinder zum Spielen anleiten oder beim Basteln gezielt unterstützen. Oft wird aber auch mit dem offenen oder dem situativen Konzept gearbeitet oder mit einer Mischung aus verschiedenen Ansätzen.

Kreativität statt Konsum – der spielzeugfreie Kindergarten

Die Idee des spielzeugfreien Kindergartens entstand als Antwort darauf, dass das Leben der Kinder geprägt ist von Konsum und durchgeplanter Freizeit. Vorgefertigtes Spielzeug schafft auf Dauer Langeweile, weil es zu wenig Raum für Fantasie lässt. Die meisten Kindergärten sind nicht ständig spielzeugfrei, sondern es handelt sich um normale Einrichtungen, die regelmäßig spielzeugfreie Zeiten einbauen (meist für etwa drei Monate). Für diese Zeit sollen Kinder eine kreative Aus-Zeit von vorgefertigten Strukturen und Spielzeug nehmen. Weggelassen wird aber nicht nur das Spielzeug, sondern auch die Angebote der Erzieher/innen. Diese sollen nicht mehr animieren, sondern eine Weile nur in die Rolle von Beobachtern. Im Alltag wird die Idee unterschiedlich umgesetzt. Die „Hardliner“ unter den Befürwortern entfernen sämtliches Spielzeug, also auch Stifte, Papier und sogar Naturmaterialien. Es bleiben nur die nackten Möbel stehen. In anderen Einrichtungen wird lediglich industriell vorgefertigtes Spielzeug entfernt, es werden den Kindern aber Naturmaterialien (Aststücke, Baumscheiben, Kork, Schafwolle, Rinde, Moos, Sand, Stroh etc.) und Werkzeug gelassen.

Der Kinderladen – ein Hauch von 1968

Eine Alternative zu den überwiegend konservativ geprägten Kindergärten der 60er Jahre stellte der „Kinderladen“ dar, der oft von Studenten für ihre Kinder in freier Trägerschaft gegründet wurde. Hier praktizierte man meist die antiautoritäre Erziehung. Der Name kommt daher, dass meistens ehemalige Ladenlokale für den Kiga angemietet wurden. Heute unterscheiden sich die Kinderläden nicht mehr so stark von anderen Kindergärten. Der Kinderladen ist überdies heute nur eine Form der von Elternvereinen getragenen Kindergarteninitiativen. Typisch ist jedoch, dass die Gruppenstärke meist kleiner als üblich ist, und die Anzahl der Erzieher größer. So ist ein intensiveres Eingehen auf die Kinder und ihren individuellen Bedürfnisse möglich. Das antiautoritäre Konzept ist durch eine Mischung verschiedener anderer Konzepte auf der Basis des situativen Ansatzes (s.o.) ersetzt.Neben dem situationsorientierten Alltag wird besonders viel Wert auf eine ganzheitliche Bildung und Förderung der Kinder gelegt. Dabei bedeutet ganzheitlich, dass der ganze Mensch am Lernprozess beteiligt ist, also die Sinne, der Geist, die Seele und der Körper. Den Kindern wird möglichst viel Raum und Zeit zum Spielen geschaffen, denn das Spiel gilt als die eigentliche Methode der Kinder, sich die Welt zu erobern.

Der Träger – oder wem gehört eigentlich der Kindergarten?

Öffentliche Träger sind in der Regel Städte und Gemeinden. Einrichtungen in freier Trägerschaft finden sich vor allem bei Kirchen und Wohlfahrtsorganisationen (Deutschen Rotes Kreuz oder Arbeiterwohlfahrt). Zu den freien Trägern zählen aber auch von Elternvereinen gegründeten Kindergarteninitiativen und Betriebskindergärten. In verschiedenen Einrichtungen desselben Trägers werden oft ganz unterschiedliche pädagogische Konzepte umgesetzt. Ausnahme: die Waldorf-Kindgärten. Sie sind zwar in freier Trägerschaft, die Trägervereine orientieren sich beim Konzept aber immer an den Inhalten der von Rudolf Steiner begründeten Anthroposophie. Alle Träger unterliegen der staatlichen Aufsicht. Sie müssen sich an den gesetzlichen Vorgaben orientieren, dürfen allerdings die Grundrichtung ihrer Arbeit im Kindergarten selbst bestimmen.

Was müssen Eltern für den Kindergarten bezahlen?

Die Elternbeiträge variieren nicht nur von Bundesland zu Bundesland, sondern sogar von Stadt zu Stadt. Kirchliche und städtische Einrichtungen sowie die Einrichtungen der Wohlfahrtsorganisationen (Awo, Caritas) haben meist dieselben Beitragssätze. Freie Träger orientieren sich oft ebenfalls an den regulären Sätzen, manchmal erheben sie jedoch abweichende Beiträge (z.B. Waldorf). In vielen Städten wird der Beitrag für alle Einrichtungen - auch die unter freier Trägerschaft - über die Stadtverwaltung (Jugendamt) eingezogen.

Wichtiger als jedes Konzept: Woran erkennt man einen guten Kiga?

Bei mehreren Kindergärten in der eigenen Wohngegend haben Eltern oft eher Qual mit der Wahl. Zwölf Fragen helfen dabei herauszufinden, welcher „Kiga“ fürs eigene Kind der richtige ist:

  • Ist der Kindergarten gut erreichbar?
  • Passen die Betreuungszeiten zum Berufs- oder Familienalltag?
  • Erlaubt der Kindergarten vor der Anmeldung das Hospitieren (also das Zuschauen der Eltern) für einige Stunden?
  • Wird die „sanfte Eingewöhnung“ praktiziert, bei der Mutter oder Vater für einige Vormittage da bleiben bis ihr Kind Vertrauen zu einer Erzieherin gefasst hat?
  • Wirken Außengelände und das Gebäude-Innere hell und freundlich (Einrichtung muss nicht neu, hochglänzend oder modern sein!)?
  • Stehen dem Kind Werktische, Mal-, Bastel- und Spielmaterialien zur freien Verfügung?
  • Sind die unvollkommenen Werke der Kinder Teil des Fenster- und Wandschmucks, oder sieht alles so perfekt aus, als ob es die Erzieher/innen selbst gebastelt hätten?
  • Gibt der Kindergarten ein Heft heraus, indem er Aktivitäten, Personal und Konzept vorstellt?
  • Gibt es regelmäßig Projekte oder Themenwochen?
  • Arbeitet der Kindergarten mit örtlichen Einrichtungen wie der Stadtteil-Bücherei, der Grundschule, der Musikschule zusammen?
  • Wird die Turnhalle regelmäßig genutzt?
  • Sieht man es gelassen, wenn ein Kind beim Kiga-Start noch nicht sauber ist, statt Eltern oder Kind unter Druck zu setzen?

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