Patchworkfamilie

Patchworkfamilien stellen Eltern und Kinder vor besondere Herausforderungen. Hier erfahren Sie, wie diese aussehen und wie Sie damit umgehen können.

Die Patchworkfamilie – Herausforderungen und Chancen

Familie liegend
Foto: © panthermedia.net/ Robert Kneschke

Die Möglichkeiten unterschiedlicher Familienkonstellationen haben sich in den vergangenen Jahrzehnten enorm vervielfältigt. Was früher noch eine Ausnahme war, betrifft heute Hunderttausende von Menschen: Immerhin 14 Prozent der Familien in Deutschland sind Patchworkfamilien. Vormals zusammenlebende Elternteile trennen sich, verlieben sich aufs Neue, bringen Kinder in die neue Beziehung mit und bekommen gemeinsame Kinder.

Eine Patchworkfamilie ist per Definition eine Lebensgemeinschaft, in der ein oder beide Partner mindestens ein Kind aus einer vorherigen Beziehung in die neue Beziehung mitbringen. Besonders in der Anfangszeit, wenn sich Kinder und Lebenspartner kennenlernen, kommt es in Patchworkfamilien oft zu Reibereien. Es handelt sich dabei um Orientierungsphasen, in denen  Trennungen noch verarbeitet werden und zugleich eine neue Situation Gestalt annimmt. So unterschiedlich Patchworkfamilien und die jeweiligen Lebensumstände auch sind, auf die Beteiligten warten häufig ähnliche Herausforderungen und Chancen. Hier bekommen Sie Hinweise, wie Sie Situationen, die in vielen Patchworkfamilien vorkommen, vorausschauend meistern können.

Wenn die Patchworkfamilie zusammenkommt

Den neuen Partner und möglicherweise dessen Kinder dem eigenen Nachwuchs vorzustellen, ist immer ein Sprung ins kalte Wasser. Es gibt etliche Möglichkeiten, diesen Schritt zu wagen und nie ist vorhersehbar, wie die Reaktion der Kinder aussehen wird – wobei das Kindesalter maßgebenden Einfluss hat. Wichtig ist in jedem Fall, die Situation so ungezwungen wie möglich zu gestalten und den Kindern bei ihrer Reaktion ausreichend Freiraum zu lassen. Das kann bei einem gemeinsamen Essen, einem Spaziergang oder auf der Wohnzimmercouch geschehen. Häufig verläuft das erste Kennenlernen wenig spektakulär, die Kinder reagieren eher abwartend oder begegnen dem neuen Lebenspartner freundlich-neutral.

Größere Probleme treten eher dann auf, wenn es tatsächlich daran geht, die Patchworkfamilie zusammenzufügen. Für die Lebenspartner bedeutet das, den eigenen Alltag auf den des Partners abzustimmen, was nahezu immer Kompromisse erfordert. Sie sollten dabei nicht unterschätzen, dass diese Kompromisse mitunter schwerfallen können. Es gilt dabei, Gewohnheiten und oft auch ein Stück Autonomie aufzugeben, die man nach einer Trennung genossen hat. Auf der anderen Seite bringt das Zusammenleben als Patchworkfamilie auch Entlastung. Verschiedene Aufgaben werden auf mehrere Schultern verteilt und der Alltag gemeinsam als  Familie bewältigt. Im Übrigen besteht für den Elternteil, der nicht mit seinem Kind in einem Haushalt lebt, auch dann Unterhaltspflicht, wenn das Kind in einer Patchworkfamilie lebt.

Wenn Kinder sich gegen die Patchworkfamilie wehren

Zunächst einmal sollten sich Erwachsene bewusst machen, dass die Kindeserziehung in einer Patchworkfamilie in den allermeisten Fällen mehr Umsicht und Aufwand erfordert als in einer althergebrachten Familienkonstellation. Kinder begehren gegen den neuen Lebenspartner aus unterschiedlichen Gründen auf oder ziehen sich emotional zurück. Besonders Kinder im vorpubertären Alter akzeptieren dabei die Trennung der Eltern lange Zeit nicht oder erfassen nicht richtig, was passiert ist. Wenn dann noch ein neuer Lebenspartner ins Spiel kommt, bedeutet das häufig einen tiefgreifenden Einschnitt und führt zu Irritationen. Kinder wehren sich bisweilen gegen die Patchworkfamilie, weil sie aus ihrer Sicht ein erneutes Zusammenkommen der leiblichen Eltern unmöglich macht. Außerdem erfahren sie, dass eine neue Person die Aufmerksamkeit der Mutter oder des Vaters beansprucht und reagieren darauf nicht selten mit Eifersucht und Neid.

Bei Jugendlichen haben die Konflikte ähnliche Ursachen. Ihnen fällt es oft schwerer, eine neue Bezugsperson zu akzeptieren, auch weil Autoritätspersonen in der  Pubertät ohnehin ein heikles Thema darstellen. Nicht selten fühlen sich gerade Jugendliche in Patchworkfamilien in der Pflicht, dem Elternteil, der nicht im Haushalt lebt, Loyalität zu erweisen und den neuen Partner abzulehnen. Dabei fallen die Reaktionen in der Pubertät häufig besonders emotional aus. Hier gilt es, einen kühlen Kopf zu bewahren und sich immer vor Augen zu führen, dass sich die Kinder und Jugendlichen besonders in der Findungsphase der Patchworkfamilie in einer Ausnahmesituation befinden.

Gemeinsam Konflikte in Patchworkfamilien meistern

In solchen Situationen ist es wichtig, die Zurückweisung und den Protest nicht persönlich aufzufassen, gegebenenfalls die Distanz zeitweise zu akzeptieren und gleichzeitig immer die Bereitschaft für Gespräche und gemeinsame Unternehmungen zu zeigen. Entscheidend ist außerdem, dem Kind zu vermitteln, dass die Patchworkfamilie nicht das Ende des Kontakts zum getrennt lebenden Elternteil bedeutet und auch das Verhältnis der Eltern weiterhin harmonisch bleibt – sofern das möglich ist. In jedem Fall braucht es einige Zeit, häufig mehrere Monate, bis ein Kind eine neue Bezugsperson in der unmittelbaren Umgebung akzeptiert.