Komplett ohne Windel?

Sauber werden: So klappt es mit dem großen Geschäft

Kinder sind verschieden und entwickeln sich in unterschiedlichem Tempo – auch beim Trockenwerden. Es ist ganz normal, wenn es mit dem großen Geschäft noch eine Zeitlang Probleme gibt, auch wenn es mit dem Pipimachen schon klappt.

Autor: Heike Byn

Wann ist mein Kind komplett trocken?

Trockenwerden-Teaser
Foto: © Colourbox

Es gibt Kinder, die gehen mit etwa drei Jahren ohne Probleme auf die Toilette. Es gibt auch Kinder, die brauchen länger. Also kein Grund zur Panik, wenn andere Eltern von 3-Jährigen erzählen, die problemlos ohne Windeln klarkommen. „Die meisten Kinder lernen noch vor dem kontrollierten Urinieren, ihr großes Geschäft auf dem Topf oder in die Toilette zu machen, weil sie in der Regel nur ein- oder zweimal am Tag ‚groß' müssen und das oft sogar zur selben Tageszeit", erklärt Dr. Christine Fauland, Psychotherapeutin mit dem Schwerpunkt Einnässen und Einkoten. Trotzdem gibt es eben auch die Kinder, die mit dem „großen Geschäft" Probleme haben, aber bei Pipi schon jedesmal zur Toilette flitzen.

Großes Geschäft: So unterstützt ihr euer Kind

Nehmen wir an, euer Kind besitzt alle nötigen körperlichen und mentalen Voraussetzungen, um seinen Darm zu kontrollieren und fürs große Geschäft auf die Toilette zu gehen. Bloß – es hat anscheinend noch keine rechte Lust dazu. Dann heißt das Zauberwort „Motivation": Zeigt euer Kind z.B. grundsätzlich Interesse an der Toilette, ist das der richtige Moment, es an Töpfchen oder Klo zu gewöhnen. Wenn ihr seht und riecht, dass die Darmentleerung naht – manche Kinder drücken dabei auch schon mal mit angestrengtem Gesichtsausdruck „zur Probe" – könnt ihr das Kind rechtzeitig vorher auf Töpfchen oder Toilettensitz setzen. Auch die richtige Kleidung hilft dem Kind, rechtzeitig aufs Klo zu kommen, wenn der Druck groß ist: Zieht ihm Kind Sachen an, die es leicht an- und ausziehen kann, wie Hosen und Unterhosen mit elastischem Bund. Wenn ihr gemeinsam unterwegs seid, dann zeigt ihm immer wieder, woran es Hinweisschilder auf Toiletten erkennt. Und wenn trotz guter Voraussetzungen doch mal ab und an was in der Hose landet? Dann bleibt ruhig und entspannt und helft eurem Kind beim Saubermachen. Reagiert am besten so, als ob es seine Milch verschüttet oder einen Keks auf den Boden fallen gelassen hat. Mit dem Kind zu schimpfen, bringt überhaupt nichts. Zum einen hat es ja nicht absichtlich in die Hose gemacht, zum anderen beeinflusst es das Tempo des Trockenwerdens überhaupt nicht. Schimpfen und Strafen lösen vielmehr einen Machtkampf aus oder schaden dem Selbstwertgefühl des Kindes. Mit der Konsequenz, dass es sich dem Töpfchen oder dem Klo verweigert und ihr noch länger warten müsst, bis es wieder von alleine bereit ist, trocken zu werden.

Stuhlgang: Für gute Rituale rund ums Klo sorgen

Noch bis zu einem Jahr nach dem Trockenwerden ist es völlig normal, wenn bei eurem Kind ab und zu etwas in die Hose geht. Z.B. wenn es am liebsten daheim aufs Klo geht, aber zu gewohnter Zeit woanders ist oder wenn es so konzentriert spielt, dass es den Stuhldrang einfach ignoriert. Wenn Kinder den Stuhlgang unterdrücken, wird der Kot dadurch fester und größer und ist am Ende nur unter Schmerzen herauszudrücken. Das wiederum entmutigt das Kind, beim nächsten Mal überhaupt zur Toilette zu gehen. Deshalb achtet noch eine Weile nach dem Trockenwerden auf die üblichen Anzeichen, die das große Geschäft ankündigen und sorgt gemeinsam mit eurem Kind für gute Rituale rund um den Stuhlgang (siehe „Tipps für ein gelungenes Geschäft").

Probleme beim Trockenwerden: Lieber in die Windeln als aufs Klo

Es gibt auch Kinder, die wollen sich lange nicht so recht von ihrer Windel trennen, und ziehen sie fürs große Geschäft dem Klo vor. Wie Eltern darauf reagieren können? urbia-Userin „mcbess" aus dem Kindergarten-Forum hat da einen Vorschlag: „Meine 3,5-Jährige wollte eine Zeitlang immer eine Windel fürs große Geschäft. Dann hat sie sich in irgendeine Ecke verdrückt und hat im Stehen ihr Geschäft verrichtet. Anscheinend können manche Kinder eben noch nicht loslassen. Ich hab ihr gesagt, dass es lustiger ist, ins Klo zu machen. Da macht es dann 'flatsch'. Irgendwann ist sie dann von sich aus auch bei Groß aufs Klo gegangen." Das sehen Experten wie die Kinder-Psychotherapeutin Dr. Christine Fauland ähnlich: „Solche Probleme verschwinden mit der Zeit von allein. Wahrscheinlich trauen sich diese Kinder auch in manchen anderen Alltagssituationen weniger zu als Gleichaltrige." In manchen Fällen wird das Einkoten aber zum echten Problem. Dann muss ein Kinderarzt oder ein Kinderpsychologie bei einer medizinischen oder psychologischen Untersuchung nach den Ursachen suchen.

Volle Hose? Warum Kinder einkoten

Verstopfung ist schuld

Unter den Fünf- bis Achtjährigen koten nur noch etwa zwei Prozent zumindest zeitweise ein. Experten sprechen dann von einer Enkopresis. Bei vielen dieser Kinder ist eine chronische Verstopfung der Grund dafür Die lässt sich jedoch relativ leicht behandeln – z.B. mit einer Ernährungsumstellung oder einem Toilettentraining. Manchmal ist eine falsche Ernährung der Grund für die Verstopfung, manchmal auch eine Art Vermeidungstaktik: Haben die Eltern schon oft mit ihm geschimpft, weil es zu spät zur Toilette gegangen ist oder eingekotet hat? Achten sie übermäßig streng auf Unsauberkeit und Missgeschicke? Dann hält es den Kot zurück, weil es so den wenigsten Ärger gibt. Die Folge ist ein Teufelskreis: Weil Stuhlgang bei Verstopfung weh tut, versuchen die Kinder alles, um ihn hinauszuzögern. Deshalb wird der Darm auch nie ganz entleert. Außerdem weitet sich durch den Rückstau und das feste Hinauspressen auf Dauer der Enddarm, so dass eigentlich ständig kleine Kotportionen abgehen, die sich wiederum wieder in der Hose sammeln.

Emotionale Störungen oder Probleme im Sozialverhalten

Manchmal passiert das Einkoten auch aus Verzweiflung oder Wut in Situationen, gegen die Kinder aufbegehren. Sie fühlen sich dabei überfordert und hilflos zugleich – so dass sie die Kontrolle über ihren Körper verlieren. Bei einer durch Stress ausgelösten Enkopresis lösen Angst und ähnlich starke psychische Belastungen ebenfalls einen unkontrollierten Stuhlabgang aus – oft in Form von Durchfall. Nicht von ungefähr gibt es Redewendung „sich vor Angst in die Hose machen". Oft sind auch Belastungen und Veränderungen in der Familie und näheren Umgebung Auslöser fürs Einkoten. Zum Beispiel, wenn ein Umzug oder ein Kita-/Schulwechsel ansteht; wenn ein Geschwisterchen geboren wird; wenn die Eltern krank werden oder sich scheiden lassen.

Trocken werden leicht gemacht: Tipps für ein gelungenes Geschäft

  • Mehr als ein stilles Örtchen: Macht eure Toilette zu einem Ort, an dem sich das Kind wohlfühlt. Sorgt für guten Geruch, Sauberkeit und Wärme. Lasst es den Ort mitgestalten, z.B. indem es seine Lieblingsfeuchttücher dort deponiert oder ein abwaschbares(!) Bilderbuch, das als reines „Klo-Buch" nur im Bad bleibt
  • Bequemlichkeit und guter Sitz: Achtet darauf, dass euer Kind bequem auf der Toilette sitzt. Zu große Toilettenbrillen könnt ihr mit einem Kinderaufsatz verkleinern. Gut, wenn das Kind seine Füße beim Sitzen abstellen kann, z.B. auf einem kleinen Fußhocker. Ein Töpfchen muss stabil stehen, damit das Kind es auch allein benutzen kann
  • Der Darm lässt sich trainieren: Ihr könnt versuchen, feste Zeiten für den täglichen Stuhlgang einzuführen, z.B. nach der Heimkehr von der Kita und Schule oder nach dem Abendessen. Achtet dazu auf die Signale, die euer Kind sendet und findet so den richtigen Zeitpunkt fürs Klo. Viele Kinder müssen zu einer bestimmten Tageszeit aufs Klo. Sorgt möglichst dafür, dass euer Kind ausreichend Zeit und Ruhe für sein Klo-Ritual hat
  • Loben und Belohnen hilft: Lobt euer Kind, wenn der Gang aufs Töpfchen oder Klo geklappt hat, und belohnt es. urbia-Userin „freundin05" hat hier einen guten Rat parat: „Macht ein kleines Heft mit dem Namen eures Kindes und malt im Kinderstil ein Klo darauf. Immer, wenn das Kind ins Klo gemacht hat, bekommt es einen Aufkleber von euch"
  • Zuspruch und Zuversicht: Egal aus welchen Gründen euer Kind vielleicht einkotet – vermittelt ihm Selbstsicherheit und Zuversicht, dass es das in den Griff bekommt. Dabei können auch Rituale wie allabendliche Entspannungsübungen oder (Bauch-)Massagen helfen
  • Hilfe vom Profi holen: Wenn euch der Grund fürs Einkoten für längere Zeit unklar ist, fragt euren Kinderarzt um Rat. Er klärt evtl. medizinische Ursachen oder verweist euch an einen Kinderpsychologen. Der entwickelt dann z.B. mit euch und dem Kind ein Toilettentraining. Manchmal ist auch eine Verhaltens- oder Spieltherapie nötig, die in einer psychologischen Praxis oder einer Erziehungsberatungsstelle stattfindet