Warum ich idealisierende Kommentare zum 1. Babyjahr nicht mehr hören kann / Gedanken während des 19 Wochen Schubs

Wir drei hatten einen schweren Start. Mein Baby, mein Mann und ich. Die ersten sechs Wochen hatten wir kein klassisches Schreibaby, aber ein Baby, das die Welt außerhalb des Bauches nicht mochte und das auch laut kund tat. Plötzlich Mutter eines Kindes zu sein, das genau drei Modi kannte - schlafen (selten), trinken oder schreien - war nicht einfach für mich. Es gab Tage, an denen ich mit dem Hund nicht mehr nach Hause kommen wollte. Einfach, um nicht mehr diesem Gebrüll ausgesetzt zu sein.

Das wurde dann besser. Ich konnte es zwar nicht mehr hören "es wird irgendwann besser", aber es wurde tatsächlich besser.

Und jetzt ist sie 17 Wochen alt und die Tage bestehen plötzlich nur noch aus nörgeln, sich in Rage schreien, sich überhaupt nicht mehr beruhigen lassen, alles doof finden (Flasche doof, Schnuller doof, Mama doof, Papa doof, gar keine Aufmerksamkeit noch viel doofer, schlafen doof, wach sein doof...). Ich dachte, diese Tage sind Geschichte, an denen ich mein schreiendes Baby im Arm halte, nur noch Überforderung und Ratlosigkeit spüre, und einfach mitheule. Das sind diese Momente, die mich erinnern, warum ich kein weiteres Kind möchte. Wenn das mal geschafft ist, möchte ich es nie wieder erleben müssen. Genauso wie die Geburt eines 4kg+ Kindes.

Ich sehe dann immer ein inneres Bild vor mir: ich auf einem freien Feld stehend, mein weinendes Baby fest im Arm haltend, während ein Hurrikan durch uns durch zieht. Wie ich mein Kind fest an mich drücke, die Augen und den Mund zusammenpresse, die Haare um meinen Kopf fliegen, meine Füße in den Untergrund drücke, um nicht das Gleichgewicht zu verlieren, und ich bete, dass es gleich wieder vorbei ist und der Sturm uns nicht mit sich reißt.

Ich glaube, meine Nerven sind einfach zu schwach für ein Baby. Vielleicht bin ich einfach nicht dazu gemacht Mama zu sein.

Und das schlimmste für mich sind einfach, und ich kann es noch viel weniger hören als dieses "es wird besser irgendwann", Menschen, die mich dann um alles beneiden. "Ohhh ich hätte auch gerne wieder so ein Kleines" (ich hätte lieber dein Grundschulkind), "du hast es so gut" (ich hab vor allem Tinnitus und Kopfschmerzen), "genieß jede Minute, sie werden sooo schnell groß" (bitte lass sie noch schnell größer werden).

Das einzige, das ich dann denke ist, dass ich seit 4 Monaten - und ich weiß, dass das noch keine lange Zeit ist und viele Monate folgen werden - um jede Minute Schlaf kämpfe, ich kaputt, ausgelaugt und müde bin. Vor allem müde von diesem Brüllen, den Nächten, in denen ich alle 20 Min einen Schnuller nachschieben muss und meinen, in die Leere laufenden Bemühungen, mein gestresstes Baby zu beruhigen. Und wehe, man ist selbst gestresst!

Versteht mich nicht falsch. Klar liebe ich mein Kind. Natürlich beschütze ich es vor der Welt. Natürlich geht mein Herz auf, wenn es in seinen guten Momenten auch mal lacht. Aber diese Babyzeit so rosarot zu pauschalisieren fühlt sich für mich an wie blanker Hohn. Von mir aus sagt mir "es wird irgendwann besser", aber bitte nicht "genieße jede Sekunde".

Ich habe dann immer das Bedürfnis laut zu schreien (mindestens so laut wie mein Baby) "ICH GENIESSE DIESE ZEIT ABER NICHT! ICH WILL DASS ES ENDLICH VORBEI GEHT! ICH WILL WIEDER SCHLAFEN UND MICH UNBESCHWERT FÜHLEN!!!" Und ich komme mir dabei selbst total grottig vor, weil diese Kommentare all diese Negativität in mir hervorholen, die mein Unterbewusstsein schön unter dem Teppich lässt, damit ich nicht selbst durchdrehe und diese Zeit irgendwie schaffe.

Ich habe die Hoffnung noch nicht verloren, dass sich auch mein Baby an diese Welt gewöhnen wird. Dass auch mein Baby mal 6-7 Stunden am Stück schläft, ohne dass ich es hutschen muss, ihm etwas zu essen oder einen Schnuller geben muss. Dass ich keine Angst mehr vor dem nächsten Tag haben muss. Dass wir doch noch eine glückliche Familie werden.

1

Guten Abend.

Fühle dich mal gedrückt wenn du magst.

Das hört sich nach sehr viel Stress an. Aber auch nach sehr viel Druck den du dir machst.

Es muss nicht alles toll und rosarot sein. Vielleicht gibt es eben Mamas die eher mit dem Kleinkind was anfangen können was sich schon mal anders ausdrücken kann als durch schreien. Das ist okay.

Und auch dass du überfordert bist und mit weinst ist Okay. Ich stehe auch manchmal hier, hab meinen zwerg auf dem Arm und weine mindestens so doll wie er. Das ist dann so. Und ich bin fest davon überzeugt dass die Kids fühlen, dass es nichts mit ihnen zu tun hat.

Ich hoffe du kannst dich trotzdem an dieser schönen baby Zeit erfreuen. Sie werden tatsächlich schnell groß.

Ich wünsche dir viel Kraft.
Viele Grüße
Coco und zwergi (10 Monate)

2

Puuh, Du Arme! Wäre es möglich dass Du Dich mal einen Tag komplett rauszieht, woanders übernachten, um mal an Schlaf zu kommen und was anderes zu tun völlig ohne Baby. Ich denke, dass würde Dir einen guten Kraft und Energieschub geben.
Unabhängig davon, warst Du mal beim Osteopathen mit dem Baby, nicht das da was verklemmt ist und er deswegen so knatschig ist, weil er vielleicht Schmerzen hat?
Ansonsten gute Kopfhörer besorgen und wenn er dann schreiend in Deinem Arm liegt, kannst Du Hörbuch oder Musik hören, da ist er bei Mama und Du hörst die " Sirene" nicht so massiv.

Mehr kann ich Dir leider nicht raten oder beitragen, ich hab so ein "Anfängerbaby"

3

Hallo,

Hast du dein Baby mal komplett durchchecken lassen wenn es die ganze Zeit schreit? Mein erstes Kind hat auch Tag und Nacht geschrien. Rückblickend habe ich keine Ahnung mehr, wie ich das durchgestanden habe. Der Kinderarzt hat mich nicht ernst genommen als ich gesagt habe, dass etwas nicht stimmt. Nach Monaten bin ich aus Verzweiflung in die Ambulanz gegangen. Er hatte eine körperliche Ursache, die leicht zu behandeln war. Wenige Tage später war das Geschrei (es waren tatsächlich Schmerzen gewesen) weg.

Jetzt bei Kind 2 war ich anfangs fast ein wenig irritiert weil sie einfach die meiste Zeit zufrieden ist. Klar - sie schläft auch nicht gerade durch und zurzeit hat sie wieder stündlich Hunger aber das ist wirklich wie Urlaub und ich wusste gar nicht, dass das erste Jahr auch so aussehen kann.

Liebe Grüße und halte durch (fieser Satz aber er stimmt wirklich - es wird wirklich besser)!

13

darf ich fragen was die körperliche ursache war?

17

Es war eine Refluxösophagitis durch GÖRD. Mit Protonenpumpenhemmern (Omeprazol) und einer erhöhten Lagerung nachts waren die Schmerzen gut in den Griff zu bekommen.

4

Dieser Text hätte auch von mir sein können an schlechten Tagen. Ich hab auch schon gedacht.. ein zweites Kind... auf gar keinen Fall. Warum bekommen so viele Leute 2 davon. Und ich hab auch schon geweint und war verzweifelt. Und nun wir mein Sohn in ein paar Tagen 1 jahr😢
Und ich denke.. was schon vorbei... die schöne babyzeit?
Offensichtlich ist man als Mutter unzurechnungsfähig. 🤣
Ich bin gespannt, ob auch du in 8 Monaten denkst, was schon vorbei?
Jetzt denkst du. Nee auf keinen Fall werde ich das denken und i h werde es auch nicht sagen. Aber dann hörst du wie es aus deinem Mund fällt: das erste schöne Jahr und es wird auf jeden Fall besser 😂😂😂
Sehr liebe Grüße

5

Hi,
Ich möchte jetzt nicht zu weit ausholen, aber ich kann mir aus eigener Erfahrung heraus sehr gut vorstellen wie du dich grad fühlst.
Nur so viel, bei mir ging es schon bei der Geburt nicht so los dass ich danach von Muttergefühlen überwältigt wurde. Mein High Need Baby hat die Situation in den Monaten danach nicht besser gemacht.
Einen wirklichen Rat kann man da nicht geben. Jedes Kind ist anders.
Allerdings möchte ich dir sagen, dass ich es toll finde, dass du dieses Thema so offen ansprichst.
Ich bin auch immer sehr bemüht da ehrlich zu sein, denn ich glaube insgeheim geht es seeeehr vielen Müttern so, nur der gesellschaftliche Druck lässt oft nur diese rosaroten Aussagen zu. Sonst bist du direkt Rabenmutter oder wahlweise überfordert.

Bei uns wurde es im übrigen ziemlich genau pünktlich ab dem 1. Geburtstag besser.
Liebe Grüße

6

Hallo

Du beschreibst mein Leben vor 2,5 Jahren.
Mir ging es ähnlich. Unser Sohn war ein absolutes Wunschkind nach langer Kinderwunschzeit.
Es fing schon mit der Geburt an. Notkeiserschnitt, Kind auf Intensivstation,weil bei der Geburt fast gestorben. Überfülltes Krankenhaus, keine Ruhe nach der Entbindung.... Ich wollte ja immer zu meinem Sohn auf die Neo.
Wobei, wenn ich ehrlich bin wollte ich es nicht. Ich wollte nur Schlafen, aber das pflichtgefühl....

Zuhause ging es dann weiter. Ein dauerschreiendes Kind, das wirklich an meinen Nerven gezerrt hat. Meckern gab es nicht..... Hier wurde (und wird noch immer) gleich los geschrien.
Stillen hat nicht geklappt ( woran ich lange zu knabbern hatte) und abendliche schreistunden von drei bis vier Stunden gehörten zum abendlichen Programm.

Wir waren sogar bei der Schrei Ambulanz, was mir wirklich geholfen hat. Dort habe ich gelernt mit dem Geschrei umzugehen - vielleicht auch was für dich?

Zudem musste ich damit kämpfen, das dieses unendliche Mutterglück aus blieb, von dem immer alle redeten.
Alles in allem habe ich fast zwei Jahre gebraucht um meine Rolle als Mutter anzunehmen.

Wichtig zu wissen ist, dass es nicht besser wird... Sondern einfach nur anders. Vielleicht hört das Schreien auf, aber dafür kommt die Trotzphase... Allerdings darf man auch nicht vergessen, dass du immer mehr Erfahrung sammelst und mit der Zeit lernst damit umzugehen. Wenn sich mein Kind jetzt schreit und auf dem Boden wirft, stresst mich das zwar noch immer, aber ich kann damit umgehen. Das ist der große Unterschied zu früher 😊

Deine Gedanken kann ich nur sehr gut nachvollziehen. Ach ich hadere gewaltig mit der Entscheidung zu einem zweiten Kind. Ich liebe unseren Sohn und ich würde ihn für kein Geld der Welt mehr hergeben, aber ob ich mir diese ganze Stress noch einmal antun möchte? Zusätzlich zu Corona wo man ja praktisch alleine ist? Ich weiß nicht! Das ist eine Entscheidung für sich mehr noch etwas Zeit lassen werde.

Ich glaube das allergrößte Problem unserer heutigen Zeit ist, dass einem ein Bild vom Muttersein präsentiert wird, was einfach nicht stimmt. Ich schätze der Prozentsatz bei denen alles von Anfang an passt, ist verschwindend gering. Allerdings redet niemand drüber, weil... Ja warum eigentlich? Unser Baby ja war für mich die persönliche Hölle... Ja wirklich. Vor allem die ersten sechs Monate fand ich furchtbar, weil ich ein immer unzufriedene schmeckendes und schreiendes Kind zu Hause hatte. Erst danach wurde es anders... Nicht besser, aber anders 😊❤️

Fühl dich gedrückt.

7

Ich möchte Dir auch nur sagen, daß Du damit nicht allein bist. Mir ging es vor 10 Jahren mit einem Schreibaby so, und selbst jetzt, mit einem ganz normalen Baby, finde ich das alles sehr anstrengend und freue mich darauf, wenn das Kind mal in Bewegung kommt, nicht mehr ständig getragen werden will, die Nächte besser werden, und es sich besser artikulieren kann.

Kleinkindzeit ist zwar auch anstrengend, aber anders. Kleinkinder schlafen noch weniger und wollen auch ständig was erleben. Aber momentan sehne ich mich danach. :-)

8

Fühle dich umarmt.
Dein Text hätte 1:1 von mir sein können.
Ich habe es gehasst, wenn dann Kommentare kamen wie , aber du liebst ihn doch oder nicht ?? Willst du ihn jetzt weggeben? WTF .... nein ich liebe mein Kind und will es bestimmt nicht weg geben. Aber ich habe gemerkt , das man sich als Mama nicht auch mal ärgern darf . Man darf nicht erschöpft sein oder sonstiges. Dann heißt es gleich,man Liebe sein Kind nicht.
Du machst das was du machst großartig.
Ich wünsche dir alles gute .

Ps. Jetzt wo mein dicker 9 Monate alt ist, ist er etwas entspannter geworden. Das ganze ging bis er 6 Monate war . Und es war eine schlimme Zeit.

Lg

9

Mein Liebe,

fühl dich erstmal gedrückt.
Ich kann mich noch recht gut erinnern, wie ich mich in diesen Monaten gefühlt habe. Ich habe oft gedacht: vielleicht bin ich einfach keine „Baby-Mama“. Und ich habe mir gewünscht, dass mein Kleiner schnell größer wird bzw wir endlich diese anstrengende Zeit hinter uns lassen. Mit vielleicht 4,5 Monaten oder auch 5 habe ich mal heulend vor meiner Mutter gestanden und gesagt, dass ich diese Zeit überhaupt nicht genießen könne und sich das alles falsch anfühlt.
Du bit auf keinen Fall allein mit diesen Gefühlen und Gedanken! Ich bin überzeugt, das kennen mehr Mamas (und Papas) als man denkt, aber kaum jemand erzählt davon.

Jetzt der Mutmacher:
Irgendwann kam der Punkt, an dem sich alles gedreht hat. Und ich habe keine Ahnung mehr wann. Plötzlich war mein Kind süß und pflegeleicht und gerade sitzt er seit 20 Minuten neben mir am Boden und spielt, während ich lese oder im Forum schreibe und nichts weiter tun muss als da sein. Ich habe die Sprüche und Allgemeinplätze „es wird besser“ und Co auch über gehabt. Und dann stellt man fest, dass doch was dran war.

Halte durch! Gönn dir was Gutes! (Schokolade soll ja zum Beispiel helfen ;), mir hat mal nach einem Stress-Heultelefonat eine Freundin am nächsten Tag einen Riesen-Becher Mousse au Chocolate vor dir Tür gestellt).
Schau, ob du noch irgendwo Stress rausnehmen kannst für dich (ich habe mich irgendwann tatsächlich beraten lassen, da war mein Sohn, glaube ich knapp 5 Monate alt) und behalte ein bisschen Hoffnung: größer werden sie zum Glück ja alle. Auch wenn der Weg dahin manchmal richtig hart ist.