Normal in der 1. Klasse...?

Hallo,

mein Sohn ist letztes Jahr eingeschult worden und somit seit 4 Monaten Schulkind. Er hat schnell 2 Freunde in der Klasse gefunden.
Heute erzählt er mir, dass er 3x geweint hat, weil der eine Freund ihn in Sport von der Bank geschubst hat und er sich 2x mit dem geprügelt hat....

Beim Abholen saß er allerdings mit dem besagten Freund am Tisch, Lego spielen. Da scheint also alles wieder gut zu sein.

Und in den letzten 3 Wochen erzählte mir mein Sohn immer wieder mal kuriose Sachen, dass ihn wohl 5-Klässler ärgern würden. Sie würden sagen "Na du Feigling", ihn auslachen oder solche Sachen, aber im nächsten Satz sagt er, wie toll Schule ist und er sich freut dass die Ferien zu Ende sind.

Das freut mich und beruhigt mich natürlich sehr! Weil ich mir dann denke, dass es ja dann zum Glück "nicht so schlimm" sein wird.

Dennoch hab ich hier gesessen und geweint, weil mich das durch meine eigene Kindheit getriggert hat. Mein Mann regt sich immer nur auf, ich würde mich reinsteigern und das sei normal, da er nun mal bei den Kleinsten ist, da stänkern die Großen eben..

Hat er Recht? Mich macht das echt fertig und ich denke viel drüber nach.. :(

Bin aber eben auch keine Mutti, die bei jedem Pups gleich zum Lehrer rennt "Hören Sie mal, was ist denn da los....?"

Wie sehr ihr das, ist das wirklich "normal"? Und was soll ich meinem Sohn sagen?
Er ist sehr sozial, deshalb ist das vermutlich schwierig für ihn...

Bearbeitet von PippiLangstrumpf.
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Ich hole mal etwas weiter aus :
Die heutige Kindheit ist doch deutlich " behüteter" als ich es aus meiner Kindheit kenne. Ich habe mich Nachbarskindern im Wald gespielt, wir hatten eine Band und, natürlich Krieg mit der Bande aus der anderen Straße. Wir haben uns oft geprügelt, es galt das Gesetzt des Stärkeren, aber der war nicht immer da, so ging doch was. Also war für mich, dieses weinen und freuen immer nah. Du wußtes nicht, was passiert, wenn du raus gehst, da konnte alles passieren, oder nichts. Soetwas ist heute die Ausnahme. Heute haben Kinder bis zum Schuleintritt selten Zeit nur mit anderen Kindern verbracht, es gab immer einen Großen den man holen konnte.
In der Schule gibt es aber durchaus Situation, die unbeaufsichtigt sind. Viele Kinder mögen das, es hat ja seinen Reiz. Und so passiert genau das, was du beschreibst. Und somit ja, dass ist normal und völlig okay und freu dich, dass dein Kind dir so vorurteilsfrei davon erzählt. Und solange dein Kind diese Situation nicht ständig bereden möchte, oder sagt, dass es nicht mehr gehen will, solange hör einfach nur zu. Ein paar Namen zu merken ist bestimmt sinnvoll, aber tu nichts, halte die Füße still. Gib deinem Kind die Chance sein eigenes Leben zu gestalten.

Wenn du Situation aus deiner Schulzeit hast, die dich nur durch die Erzählung deines Kindes triggern, dann rede doch mal mit einem Profi darüber.😉 Aber projizieren deine alten Probleme nicht auf dein Kind.

Bearbeitet von das-erste-huhn
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Vielen Dank für die ausführliche Antwort. Ich beginne gerade eine Therapie und hoffe es hilft.. :)

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Man kann in deinen Beitrag Mobbing hineininterpretieren. Wenn ich es nicht mache, dann sehe ich folgendes:

Er wurde von der Bank geschubst. => Das ist normal. Deswegen weint ein Kind eigentlich nicht gleich. Die meisten schubsen den anderen auch und schon eskaliert es. Ein Kind, was deswegen weint, empfinde ich als ungewöhnlich zart besaitet.

Er hat sich danach zweimal geprügelt. => Du hast nicht geschrieben, dass dein Sohn verprügelt wurde, sondern lässt anklingen, dass beide Jungen gleichermaßen involviert waren. Prügeleien sind auf vielen Ebenen unnötig und doof, aber wenn es ein gleichberechtigter Kampf war, braucht man deswegen nicht zu weinen.

Dumme Äußerungen von älteren Schülern sind absolut normal. Das sind pubertierende 5. Klässler. Ja, sie sollten sich nicht so äußern, aber das ist normaler Umgang von älteren Kindern gegenüber jüngeren. Und zwischen 5. Klässlern und Erstklässlern gibt es einen großen Entwicklungsunterschied. Bei uns geht die Grundschule nur bis Klasse 4 und ich finde diesen Cut gut, denn ab diesem Alter entwickeln sich die Kinder einfach anders. Sie reifen heran, werden in gewissem Umfang größenwahnsinnig und es tut ihnen meines Erachtens besser nicht in der Überlegenen Rolle zu sein.

Gesetzt dem Fall, dass dein Kind nicht als das universelle Opfer und Fußabtreter genutzt wird, ist das einfach so und gehört irgendwie dazu. Dein Sohn ist scheinbar bisher sehr behütet aufgewachsen, wenn es ihn aus der Bahn wirft von der Bank geschubst zu werden.

Wenn du aber das Gefühl hast, dass dein Sohn systematisch fertiggemacht wird und fast schon schulweit als Opfer bekannt ist und dies auch in seiner Haltung zeigt, würde ich mir ernsthaft Gedanken machen und versuchen die Schulsozialarbeit miteinzubeziehen.

Das Herauszufinden ist schwer. Dass ein Kind sich auf die Schule freu oder vorgibt sich auf die Schule zu freuen ist kein Indiz dafür, dass es ihm dort gut geht.

Habt ihr nicht bald Elternsprechtage? Frage die Lehrkraft direkt nach dem Stand deines Sohnes in der Klasse und auch ob er häufig in Konflikte verwickelt ist. Die Elternsprechtage dürften bald sein. So lange würde ich noch die Füße still halten.

Dein Sohn will keine Antwort, also brauchst du ihm keine geben. Oder hat er dich konkret etwas gefragt?

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Kinder in dem Alter haben noch sehr oft Streit untereinander und vertragen sich dann nach einer Stunde schon wieder.

Schubsen und Grenzen testen ist auch völlig normal. Mein Sohn ist auch gerne das "Opfer" wenn er erzählt. Dann frag ich manchmal bei den anderen Müttern an, ob deren Kinder auch was erzählt haben und da ist dann deren Kind das Opfer. Am Ende hat der eine den anderen wieder falsch verstanden bzw. sie sind balanciert, der Junge hinter meinem Sohn hat das Gleichgewicht etwas verloren, beim rumrudern mit den Armen ist er an meinen Sohn gekommen, der dann deswegen auch das Gleichgewicht verloren hat.
Laut meinem Sohn hat er ihn aber absichtlich geschubst. Stimmte natürlich so nicht, war aber seine Wahrnehmung.
Freunde sind sie trotzdem noch, jetzt in der 3. Klasse inzwischen. Die Streitereien haben nachgelassen, aber ab und an kommt es doch mal wieder vor. Meist, weil keiner mit dem anderen redet, wenn ihn was stört. Meist merken wir Mütter, das irgendwas im Busch ist und dann arrangieren wir ein Versöhnungstreffen über das sich dann beide freuen und gar nicht mehr über das reden was war und einfach wieder nahtlose Freunde sind. Wir arbeiten noch an dem miteinander reden, wenn einen etwas stört. Sind beide da eher zurückhaltend. :)

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ich glaube, sehr viele Mütter haben in der ersten Klasse diesen Moment, in dem dem Kind irgendetwas geschieht, was man aus dem Kindergarten einfach nicht gewohnt ist und es macht einen traurig und unsicher. Es ist eine Gratwanderung: kann das Kind es noch händeln? Wird es schon Mobbing. Was ist das Beste, was ich tun kann. Ich hatte das auch schon alles.
ich denke, die Kinder sind auch erstmal überrascht über diese neue Rauheit. Und dann nimmt man das als Eltern natürlich sehr ernst und macht sich Sorgen und fragt nach an den anderen Tagen und manchmal beginnt man dann so eine Spirale: das Kind fokussiert sich auf diese Ereignisse und sie bestimmen sein Denken.
Ich habe es jetzt umgekehrt und wir reden jeden Abend darüber, was uns an dem Tag glücklich gemacht hat, um diese Dinge zu verstärken. Und das klappt sehr gut. Wir haben ein sehr schönes Buch gelesen, wo das vorkam und er macht das jetzt sehr gern. Es hilft, den Fokus auf den schönen Dingen zu behalten und sich nciht von Schubsereien etc. entmutigen zu lassen. Also quasi Resilienz aufbauen.
Natürlich muss man intensiv hinhören und schauen, ob doch schlimmere Dinge in der Schule passieren und man doch eingreifen muss. Ich würde auf jeden Fall mal in einem guten Moment den Lehrer oder Erzieher (falls es das bei Euch gibt) fragen, ob er sich gut eingefunden hat. Dann hast Du noch mal ein Feedback ob alles im Rahmen ist. Ohne gleich die Helikoptermama zu geben. ☺️

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Ich hatte anfangs auch Schwierigkeiten mit der Umstellung von Kindergarten auf Schule. Mein Sohn wurde auch im September eingeschult. Im Kindergarten hat man die Erzieherinnen ja fast täglich gesehen und wenn irgendwas war, hat man sofort Rückmeldung bekommen oder konnte es besprechen. In der Schule ist das komplett anders. Die Kinder sind viel mehr auf sich allein gestellt.

Wenn Du das Gefühl hast, dass was nicht in Ordnung ist, sprich die Lehrer darauf an. Die meisten Lehrer kennen das Problem mit Sicherheit, dass auch den Eltern die Umstellung schwer fällt.

Bei meinem Sohn hatte ich auch schon das Problem, dass er mit einem Klassenkameraden mehrfach aneinander geraten ist und tatsächlich auch 2 Mal sichtliche Verletzungen hatte. Ich habe dann mit ihm gesprochen und gefragt, ob es ein Problem gibt mit dem anderen Kind und ich das mal mit seiner Lehrerin besprechen soll. Er hat es verneint und gesagt, dass es mehr ein Versehen war und er es auch selber schon seiner Lehrerin gesagt hat. Natürlich bin ich da jetzt aufmerksam und frage immer wieder mal nach, ob irgendetwas passiert ist aber ansonsten muss man die Kinder auch mal selber machen lassen. Solange sie gerne in die Schule gehen, ist es vermutlich nicht so schlimm.

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Meine Erfahrung ist, dass das erste halbe Jahr in der 1. Klasse fast nur das passiert: Festlegung der sozialen Struktur in der Klasse. Das ist oft unangenehm und (vor allem bei Buben, aber bei Maedchen kenne ich mich vielleicht auch nur schlechter aus) haeufig mit koerperlicher Gewalt verbunden.

Kinder sollten irgendwann da rausfinden, und dafuer gibt es wohl unterschiedliche Wege. Bei meinem Sohn war es zB circa bis zum Halbjahr erledigt. Danach hatte sich die Klasse geordnet in solche (Buben), die Fussball spielen und solche, die andere Sachen spielen. Damit war auch die Pausenbeschaeftigung weitgehend geklaert.

Von koerperlicher Gewalt hoere ich seitdem nur noch aeusserst selten was, das ist jetzt in der 2. Klasse echt die Ausnahme geworden und geht fast nur von bestimmten Kindern aus, die man jetzt schon einschaetzen kann.

Ich denke also, es ist alles normal (man darf das durchaus bedauern) aber man sollte schon drauf schauen, dass es irgendwann aufhoert und halbwegs ausgeglichen ist. Wenn ein Kind immer verpruegelt wird zum Beispiel, braucht es tatsaechlich die Unterstuetzung von Erwachsenen, wenn es austeilt und einsteckt, kann man nur immer wieder an Gewaltfreiheit appellieren und hoffen, dass es bald vorbeigeht.

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Wenn bei euch nicht ohnehin ein Elterngespräch ansteht, frag doch einfach bei der Lehrerin oder dem Lehrer nach, wie sich dein Sohn in der Klasse eingelebt habe. Einzelne Streitigkeiten sind normal. Möglicherweise sind die aus Sicht deines Sohnes längst geklärt.

Ich wurde mal von einer Mutter darauf angesprochen, dass meine Tochter und ihre beste Freundin sich nicht mehr grün seien und schlimm gestritten hätten. Tatsächlich waren sie den ganzen Nachmittag danach bei uns, der Streit offenbar längst vergessen.