LRS und 2.Fremdsprache (Latein, Französisch) welche Erfahrung habt ihr?

Hallo,

Meine Tochter geht in die 5. Klasse eines Mädchengymnasium und muss sich demnächst für die 2te Fremdsprache entscheiden. Hier wird nur Latein oder Franz angeboten.
Ab Klasse 8 gibt es drei Zweige: Naturwissenschaftlich, Sozialwissenschaft oder sprachlicher Zweig (Franz), falls der zustande kommt. Den letzen kann man nur nehmen wenn man als 2. Sprache Latein wählt.

Anfang des Schuljahres wollte sie noch Franz lernen, das war aber so in ihrem Kopf da sie ursprünglich auf die Realschule wollte. Im Laufe des Schuljahres haben wir über alle Möglichkeiten gesprochen und über vor und Nachteile der jeweiligen Sprachen.
Zwischendurch wollte sie dann Latein wählen, weil es überwiegend so gesprochen wird wie man es schreibt. Bei ihr wurde Anfang der 5. Klasse LRS festgestellt und in Englisch bekommt sie leider auch oft Punktabzüge in tests durch ihre Rechtschreibfehler. Dort steht sie aber aktuell auf einer glatten drei. Da bin ich zufrieden.

Nun, jetzt hatten sie eine Schnupperstunde in Französisch und sie war total begeistert, darauf die Woche in Latein und das hat ihr überhaupt nicht gefallen. Sie hat sich entschieden...es soll Französisch sein.
Aber ist das bei LRS die richtige Entscheidung? Hat jemand Erfahrung in beiden Sprachen mit LRS Kindern?
Beim Infoabend meinte die französisch Lehrerin das sie Erfahrung mit LRS Kindern hat und sie da keine grossen Probleme feststellen kann und nach dem neuen Lehrbuch wird wohl sehr viel gesprochen im Unterricht.
Würde mich trotzdem über Erfahrungsberichte freuen.

Gruss Hase

1

wenn ich die Therapeutin meines Patenkindes richtig verstanden habe, dann ist LRS sprachunabhängig. Deutsch schreibt man ja auch, wie man es spricht. -- da passieren andere Dinge im Kopf.

Allerdings haben LRS-Kinder oft ein ganz ausgeprägtes HÖRverständis. -- Deshalb wurde dort zu Französisch geraten (obwohl man es so komisch schreibt). -- ganz einfach, weil dort wie bei Englisch mit Dialogen, Hörbüchern und Filmen mit alltäglichen Dialogen gelernt wird. -- Zusätzlich kann man zuhause Kinderserien auf Englisch oder eben Französisch kucken, -- das wirkt über die Monate ganz gut nach und hilft viel....
Natürlich wird viel gesprochen. - Der Unterricht und die Themen sind wie in Englisch dialogbasiert und lebensnah.

Latein ist trocken. GANZ viel auswendig lernen von Formen und Tabellen, ganz abstrakt. Mein Sohn macht Lat. Mit Spaß und einigermassen gut - und ich bewundere ihn wirklich, denn DAS ginge wirklich nicht in meine Birne ..... (ich kann nur Franz.) ---

Das ALLERWICHTIGSTE: --- lass die LRS bei der Entscheidung weg. -- diese Buchstabenschwäche kommt in jedem Fach zum Tragen .... -- sie soll sich für das Fach entscheiden, was IHR Spaß macht, wo sie Bock drauf hat und wo sie motiviert ist.

2

Latein / Französisch ist ungefähr so unterschiedlich wie Musik / Sport

Leidenschaft oder schafft Leiden, wenn man im falschen ist.

Mein Gehirn ist absolut Latein. Ich habe es eher nebenbei gelernt, so nebenbei aufgesaugt. Französisch ... ich höre es gerne. Hätte ich es lernen müssen, wäre es zur Qual geworden.

Bei einer Freundin ist es genau umgekehrt. Französisch saugte sie so nebenbei auf, Latein war Quälerei.


LRS ist da natürlich eine zusätzliche Hürde.

Ein Fach, das sie so gar nicht mag und dann noch diese Hürde...
Ein Fach, das sie liebt und zusätzlich diese Hürde hat....


In dem Fall würde ich mich dafür entscheiden, was IHR leichter fällt.

Ist sie mündlich stark? Kann sie mündlich durch Sprechen sehr viel ausgleichen?
Dann hat sie in Französisch gute Chancen.

Ist sie mündlich eher nicht so stark, dann könnte es schwierig werden.


Freunde mit LRS haben sich unterschiedlich entschieden

1. Latein. Sprache generell schwierig zu erlernen. Logik super. Deutsche Sprache schwere Sprache, aber weil Muttersprache ganz ok.

Latein war dann die Sprache, die übrig blieb, weil Englisch auf Grund schlechter Noten abgewählt wurde

2. Französisch. Liebt Sprachen, liebt reden schnacken babbeln schwätzen, kann sich mündlich hervorragend ausdrücken.

Hier nutzen wir Stärken und Schwächen: ich lese Briefe/Unterlagen quer, was die Rechtschreibung betrifft und Person liest quer und hilft mir bei wichtigen Formulierungen, Ausdrucksformen etc.


Ansonsten kommt es darauf an, wie sehr mündlich/schriftlich gewichtet ist.

In manchen Bundesländern zählt es 2/3 schriftlich mündlich 1/3 , in einem anderen Bundesland wurde in Nebenfächern gar keine schriftliche Arbeit geschrieben.
Frz. ist kein Nebenfach, aber damit will ich ausdrücken, dass jedes Bundesland eigene Regelungen hat. Manchen hilft es, anderen hilft ein Umzug (bzw. ein aus anderen Gründen geplanter Umzug hat schon mancher aus meiner Stufe geholfen)

Wenn die Lehrerin schon Erfahrung mit LRS und Französisch hat, vielleicht kann sie ja schon konkrete Tipps geben.

Wie es mit Nachteilsausgleich ist, weiß ich nicht. Mancherorts gibt es das, mancherorts nicht. Voraussetzungen sind wohl unterschiedlich. Auch dazu am besten informieren (mit Bundesland)

3

Ich denke du solltest auf das Bauchgefühl deines Kindes hören, ihr aber klar machen, dass Französisch von der Rechtschreibung her anspruchsvoller für sie sein wird und wenn sie das wählen will, dann wird sie viel üben müssen.

Aus der Erfahrung lernt kein Kind eine Sprache in dem Alter gut zu der es sich nicht selbst entschieden hat und nur genötigt wurde. Wenn es bei Latein nicht Klick gemacht hat, wird es nichts bringen sie da rein zu stecken.

4

Hallo,

bei LRS hilft es ja auch nicht, dass die deutsche Aussprache und Schreibweise für deutschsprachige Kinder zusammen passen. Da ist es vermutlich egal, dass man Französisch so kompliziert schreibt.
Die Französisch-Lehrerin hat das ja bestätigt.

Latein ist allgemein sinnfrei, weil man damit nichts anfangen kann, außer man wird Theologe, Archäologe oder Latein-Lehrer.
Ärzte haben Fachwort-Kurse. Mit dem Latein in der Schule hat das fast nichts zu tun.

Logisch ist Latein nur am Anfang. Später kommt ein Haufen Ausnahmen dazu, und die Sätze gehen teilweise über eine halbe Seite, so dass viele Schüler kaum noch Hand und Fuß daran bekommen.

Ich hatte Latein, weil ich im Unterricht ungern gesprochen habe, aber gut logisch denken kann. Trotzdem habe ich mein Latinum mit einer 4 abgeschlossen, und es nie wieder gebraucht.
Französisch hatte ich seit der 11, stand konstant auf 1, und es hat mir jede Menge Spaß gemacht. Momentan frische ich es mit Duolingo auf, weil ich Lust dazu habe.
Während der Studiums hatte ich tatsächlich mal mit französischsprachigen Quellen zu tun und habe mich geärgert, dass ich es nicht besser konnte.

Unsere Tochter (7. Klasse) hat seit der 5 Französisch bilingual, und findet es ebenfalls super. Sie mag es lieber als Englisch.

Bei der Wahl zwischen Latein und einer lebenden Sprache würde ich immer die lebende Sprache nehmen.

LG

Heike

5

Durch den Nachteilsausgleich ist es in den meisten Sprachen leichter da das Geschriebene nicht wirklich bewertet wird und fast nur das Gesprochene zählt. Jedenfalls ist das bei meinem Sohn so und auch Kindern aus dem Freundeskreis, allerdings geht keines dieser Kinder auf ein Gymnasium, eventuell erkennen die den Nachteilsausgleich nicht an.

LG
Visilo

6

Meine Tochter geht auf das Gymnasium weil sie ohne Nachteilsausgleich und Notenschutz einen Notendurchschnitt von 2,0 in den HF im Übertrittszeignis hatte.
Deutsch war allerdings immer ihr Schwäche weil sie Probleme hatte Texte richtig zu lesen und manche Sachen nur überflog.
Wenn sie diese Noten nicht gehabt hätte wäre sie zur Realschule. Manchmal wünschte ich mir sie hätte sich dafür entschieden. Aber nun gut.

Seit der 5. Klasse bekommt sie Nachteilsausgleich sowie Notenschutz. Allerdings muss ich dazu sagen das es in Englisch trotzdem nicht immer leicht ist. In einem Test hatte sie zb cucer statt cooker und broser statt brother geschrieben und hat trotzdem keine Punkte bekommen. Sie könnte ansonsten in den Voksbeltest locker 1er und 2er haben, doch mit der LRS wird es leider dann nur meistens 3er aber auch 4er waren schon dabei. Deshalb habe ich so meine Bedenken.

Andererseits macht sie im Unterricht sehr gut mit. Hat in allen Fächern im mündlicher Mitarbeit zum Halbjahr 2er von allen Lehrern bekommen nur von der Englischlehrerin eine 3.
Ich denke mir auch oft, wenn sie im Unterricht gut mitmachen würde und auf 2 oder 3 steht und in den Vokabeltest auch 2er und 3er schreibt dann kann auch mal ne Ex verhauen werden. Oder sehe ich das zu locker?

7

Bei deiner Tochter scheint die LRS ja nicht so stark ausgeprägt zu sein, mein Sohn hat in Englisch und hätte in Deutsch ohne Notenschutz viel schlechtere Noten. Deshalb sehe ich den Vorteil von Latein für sie nicht.

Grundsätzlich bin ich immer dafür, nach den Vorlieben des Kindes zu gehen. Bei Französisch sehe ich halt das Problem, dass falsch geschriebene Wörter auch oft grammatikalisch falsch sind. Für meinen Sohn wäre das die Totalkatastrophe; er geht aber momentan eh auf die Realschule mit dem Plan, dass auf ein Technisches Gymnasium zu gehen, um die zweite Fremdsprache zu umgehen.

Grundsätzlich halte ich auch die Wichtigkeit von Latein und Französisch für vergleichbar; beides braucht man dann, wenn man es braucht.

Kurz: Ich persönlich bevorzuge Latein. Aber ich wäre immer dafür, das Kind entscheiden zu lassen.

8

Ich habe zwei (von 3) Kinder mit einer starken Legasthenie. Bei deiner Tochter hört sich die LRS nicht ganz so stark ausgeprägt an. Sei froh. Mein Sohn tut sich mit Englisch sehr schwer, trotz Nachteilsausgleich.

Ich habe zu dem Thema Fremdsprachen bei LRS schon einige Vorträge angehört. Englisch ist, auf Grund der Vielzahl an unterschiedlichen Buchstabenkombinationen für die gleichen Laute, eine der am schwierigsten zu erlernenden Fremdsprachen.

Französisch ist in der Aussprache ganz klar und eindeutig und deshalb für LRS Kinder grundsätzlich leichter zu erlernen. Latein soll dafür, überraschender Weise schwieriger zu erlernen sein. Lt. dem Experten ist für Menschen mit LRS übrigens Finnisch am einfachsten, kaum vorstellbar bei den langen Worten.

9

Ich habe damals Latein abgebrochen und mit Französisch angefangen und würde das auch immer wieder so machen.
1. Französisch wird viel öfter gebraucht, Latein ist eine tote Sprache
2. Latein hat eine sehr sehr schwere Grammatik. Es kommt ja nicht nur auf einzelne Vokabeln an, sonder nachher um das sprechen. Das ist sehr schwer, wenn es in die Vergangenheit geht usw.