Freiwillig wiederholen - Wer hat Erfahrung?

Guten Tag,

unsere Tochter (Novemberkind) wurde früh eingeschult. Wir sind keine überehrgeizigen Eltern, wir wussten es einfach nicht besser. Sie ist jetzt in der vierten Klasse angekommen, hatte immer gute Zeugnisse. Trotzdem lies mich nie das Gefühl los, dass Sie immer hinterher ist. Sie muss oftmals mit dem Stoff kämpfen. Sie ist oftmals frustriert. Muss mehr tun als andere in der Klasse. Während alle schon ganz auf die weiterführenden Schulen fixiert sind, finde ich, dass Sie noch jung und verspielt ist und vom Kopf her eigentlich in die dritte Klasse gehört. Wenn ich an die nächste Schule denke, schaudert es mich und ich bin mir ganz sicher, dass sie die guten Noten in dieser Klasse nicht halten wird können. Dabei geht es mir gar nicht um die Note an sich. Es ist mir egal, ob sie Einser oder Vierer schreibt. Es tut mir nur so leid, zu sehen, dass Sie einfach nicht in der Lage ist, die Dinge zu begreifen, sich über längere Strecken zu konzentrieren oder sich auf die höhere Anforderungen einzulassen. Gerne würde ich ihr und der Lehrerin vorschlagen, die Klasse zu wiederholen, so dass sie endlich Zeit hat, die Dinge in Ruhe anzugehen und nicht immer hinter etwas her hetzt. Aber vielleicht richte ich so noch mehr Schaden an. Ich bin sehr sehr unglücklich, dass wir vor Jahren die Entscheidung mit der Einschulung getroffen haben und ich wünsche mir, das wieder gut zu machen. Vielleicht ist hier jemand, der in einer ähnlichen Lage ist, wie ich, bzw. der Erfahrung mit einer freiwilligen Wiederholung gemacht hat. Bitte keine Verurteilung, denn ich fühle mich selbst schon gestraft genug.

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also, ich bin grundsätzlich NICHT GEGEN das freiwillige wiederholen. meine beiden geschwister haben das acuh hinter sich und für beide war es gut so. ABER deine tochter schreibt gute noten! wenn sie den stoff nun wiederholen soll, wird sie sich wahrscheinlich langweilen und dann noch weniger lust auf schule haben als bestimmt ohnehin schon.

aber was sagt denn die schule? die geben doch empfehlungen hinsichtlich der weiterführenden schulen... denkt man dort, dass sie bereit dazu ist?
dein post ist schon sehr auf DICH bezogen. natürlich sollst du nicht blind allem und jedem vertrauen, aber nur weil du dich unwohl mit dem gedanken fühlst, dass dein kind eine neue schule aufsuchen wird, solltest du dich schon nach der schule UND auch nach deiner tochter richten.
eine klasse zu wiederholen, heißt auch immer klassenkameraden und lehrer wechseln... das ist für kids nicht einfach!!!

bitte rede unbedingt mit der schule und deinem kind! aber in eurer situation würde ich eher abraten...

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in berlin werden novemberkinder regulär eingeschult. die meisten ohne probleme.
da brauchst du dir überhaupt kein schlechtes gewissen machen oder angst haben, verurteilt zu werden. das ist echt unsinn!

dass kinder mit dem stoff kämpfen müssen kommt in jedem alter vor. in der klasse meiner tochter sind es vor allem die etwas "älteren", die schwierigkeiten haben, die jung eingeschulten weniger. das hat absolut nichts mit ein paar monaten unterschied zu tun.

was will denn deine tochter? wenn sie selbst nicht den wunsch dazu hat, würde ich sie auf gar keinen fall "freiwillig" (wäre ja nicht mehr freiwillig) wiederholen lassen. das ist ja für ein kinderseelchen auch nicht immer leicht zu verkraften, als sitzenbleiber in die nächste klasse zu kommen.

habt ihr denn in den letzten jahren nie gespräche mit der lehrerin geführt, wie sie euer kind einschätzt?

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Hallo,
mein Mittlerer ist / war so ein Fall. Die Probleme für ihn in der Klasse fingen aber schon in der 1. Klasse an und wir haben damals einen Umzug dazu genutzt ihn von der 2. Klasse Rückstufen zu lassen in die 1. Klasse. Ohne Umzug wäre es mir schwer gefallen, weil ich ihn nicht den Hänseleien seiner Mitschüler aussetzen wollte (hatte mir die Lehrerin auch von abgeraten!)

Aber, hast du mit deiner Tochter überhaupt schon mal darüber gesprochen? Wie geht es ihr bei dem Gedanken wieder zu den "Kleinen" gehen zu müssen? Nicht das sie es als Bestrafung sieht.

Was sagt die Lehrerin?

Ich glaube du solltest das zuerst mal mit deiner Tochter als Möglichkeit besprechen (nicht als muss) und gegebenenfalls auch mit der Lehrerin deiner Tochter.

Evtl. wäre ja ein anderes Schulsystem sinnvoller - Montessori, Waldorf etc. - da wird auf die Kinder nicht so ein Regeldruck ausgeübt.

Für uns war es damals die Richtige Entscheidung, aber wenn wir nicht so auf dem Land wohnen würden hätte ich eine Montessori Schule ideal gefunden (gibt es hier nicht).

Ach ja, meine Tochter( sehr gut in der 3. Klasse) hat total unter dem Druck der 4. Klasse "versagt" es ging nichts mehr. Sie hatte auch keinen Mut, kein Selbstvertrauen mehr. Wir haben sie dann (schweren Herzens) in die Mittelschule (sprich Hauptschule) gegeben und dort ist sie aufgeblüht. Nach diesem Jahr waren die Noten und mein Kind wieder hergestellt und sie ist auf die Realschule gewechselt. Dort geht es ihr sehr gut!

Verzage nicht und such das Gespräch vor allem mit Kind und Lehrerin.

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Kann ein Kind überhaupt eine Klasse freiwillig wiederholen, wenn es halbwegs gute Noten hat?

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genauso wie es eine versetzung aus pädagogischen gründen gibt, gibt es auch ein zurückstellen aus pädagogischen gründen. ist nur unüblicher. wobei ja in vielen schulen die frage der versetzung ohnehin abgeschafft wurde.

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Das ist schwierig und auch, soweit ich weiß, von Bundesland zu Bundesland unterschiedlich. Bei uns ist das freiwillige Wiederholen zum Halbjahr möglich, Gründe können natürlich pädagogischer Natur sein, aber das muss auch gut begründet werden.

Unser Sohn z. B. hatte die erste Klasse übersprungen, war dann notenmäßig gut bis mittel, aber emotional einfach hintendran (geringe Frustrationstoleranz) und total schlecht in der Arbeitsorganisation.

Wir haben kurz überlegt, ob er die 4. Klasse wiederholen könnte/sollte, sind aber schnell davon abgekommen: Unser Sohn hätte das als absolute Schmach empfunden, und bei ihm lag das Problem definitiv nicht im kognitiven, sondern im sozial-emotionalen Bereich. Außerdem hatte die Schulleitung mir definitiv mitgeteilt, dass sie das nicht befürworten würde.

Vielleicht wäre für die Te die Überlegung zu stellen, ob eine andere Art der weiterführenden Schule sinnvoll wäre, die den Druck rausnimmt. Bei uns war die Gesamtschule eine gute Möglichkeit, unserem Sohn einfach mehr Zeit für die Entwicklung zu lassen.

LG

Anja

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Huhu,

unsere Tochter ist genau so ein Kind! Geburtstag am 29.12., in Berlin aber regulär mit 5 eingeschult. Sie kommt schon mit und hat auch keine schlechten Noten. Aber es sind doch immer wieder Dinge, wo ich einfach Probleme sehe.

Beispiel: Die Hundertertafel war letztes Jahr ein Drama für sie. Sie hat es schlicht nicht begriffen! Gar nicht. Überhaupt nicht. Nicht mal ein bisschen! Sie hat die Aufgaben, die damit zusammenhingen dann einfach konsequent weggelassen. Dieses Jahr, in der 3. Klasse löst sie problemlos die Aufgaben in der Tausendertafel. Wäre sie also damals ein Jahr älter gewesen, wäre ihr das wahrscheinlich total leicht gefallen :-(

Von diesen Beispielen gibt es diverse. Sei es Texte schreiben unter größten Motorikproblemem, weil dieses kleine Kinderhändchen die Schreibschrift noch nicht flüssig genug beherrscht um die geforderte Beschreibung, wie man eine Trommel baut, umzusetzen, sei es die Konzentration, die dann nicht ausreicht. Und mittlerweile auch oft die Frustration und der Umgang damit, wenn sie merkt, es gelingt ihr einfach nicht so recht.

Die Ergotherapeutin meinte, sie sei ein kognitiv sehr weit entwickeltes Kind, mit gewissen Schwächen gerade im Bezug auf Feinmotorik und Koordination. Alles sei aber ansonsten wunderbar. Das einzige Problem sei, dass sie bereits in der dritten Klasse sei.

Wir denken ebenfalls darüber nach, sie Mitte der 3. auch gegen den Willen der Lehrerin zurückzustufen. Aber wir sind uns sooooo unsicher. Ich glaube aber, dass es ihr total gut tun würde, wenn sie erstmal von diesem Druck wegkommt. Sie muss sich einfach deutlich mehr Mühe geben, als die meisten anderen Kinder und es liegt nicht an ihrem Intellekt. Ich weiß also ganz genau, was du meinst.

Teilweise habe ich mir einen Test angeschaut und sie gelobt, weil sie einen "Das hast du gut gemacht!" Stempel hatte. Sie war oftmals ganz überrascht und sagte auf Nachfrage, dass sie sich das gar nicht angeschaut hätte. Sie ist also auch da noch total unbedarft und kein Stück leistungsorientiert. Fängt jetzt durch die Noten langsam an, aber auch da war sie nur kurz geknickt, weil sie zwar nur eine drei in Deutsch hatte, aber keinen "richtigen" Fehler im Diktat hatte, sondern nur Buchstaben angestrichen, die sie nicht korrekt geschrieben hatte (e rutscht hoch über die Linie, so dass es theoretisch auch ein l sein könnte/das r ist ziemlich undeutlich/die Verbindung vom b zum nächsten Buchstaben lässt zu viel Platz etc). Sie KANN es aber schlicht nicht besser! Ansonsten ist sie so extrem langsam, dass sie höchstens 1/3 in der angegebenen Zeit schaffen würde.

All das sind Dinge, bei denen ich doch denke, dass sie das in einem Jahr völlig problemlos auf die Reihe bekommen würde. Und trotzdem...ich weiß es nicht....

LG
Jenx

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Hallo,

ich gebe mal zu bedenken: Mein Mittlerer ist auch ein spätes Herbstkind. Er war mit 6 sehr zurückhaltend, ängstlich und wollte partout nicht in die Schule. Da er ein "Kann" Kind war, beschlossen wir, dass wir ihm das Jahr auf jeden Fall geben. Kindergarten war auch dafür.

Ein Jahr später .... war er noch immer zurückhaltend, ängstlich und wollte noch immer partout nicht in die Schule. Er tut sich mit dem Stoff eher schwer und ist eines der ältesten Kinder seiner Klasse.

Ich habe mir von dem Jahr so viel mehr versprochen.

GLG
Miss Mary