Austausch Trauerbewältigung bei Entscheidung zum Spätabort

Hallo ihr Lieben,

ich bin ganz neu hier und erhoffe mir Mütter von Sternenkindern kennenzulernen, die sich bewusst dazu entschieden haben, ihr Baby gehen zu lassen, um diesem und sich selbst Leid zu ersparen.

Kurz zu unserer Geschichte:
Mein Freund hat aus erster Ehe zwei Kinder, wobei das jüngere der beiden einen seltenen Gendefekt und ist geistig und körperlich schwerstbehindert (de novo entstanden).
Wir haben uns aus diesem Grund in unserer Schwangerschaft zu einer ausführlichen Diagnostik entschieden, da wir uns kein zweites Kind mit einer solch starken Beeinträchtigung vorstellen können - auch für das Kind selbst nicht, wir sehen ja, wie sich eine solche Beeinträchtigung auf das Kind und sein Leben auswirkt.
Die Chancen waren schwindend gering (ca. 1%), dass unser Baby den gleichen Gendefekt aufweist wie seine Tochter und doch erhielten wir Ende Juni die Diagnose Gendefekt - ein anderer und noch seltenerer. Wir entschieden uns also schweren Herzens dafür unseren Schmetterling Anfang Juli in der 26. SSW fliegen zu lassen.

Ich wünsche mir hier keine Kommentare, die unsere Entscheidung verurteilen. Vielmehr suche ich wirklich dringend Mütter, die kürzlich ähnliches durchleben mussten, um wieder leben und morgens aufstehen zu lernen.

Schreibt mir gerne privat, ich hoffe, dass wir uns gegenseitig ein offenes Ohr, Zuspruch und Trost schenken können und uns gemeinsam ausweinen können.

Viele Grüße
eine Mama ohne Baby in den Armen, dafür mit ihrem Schmetterling im Herzen

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Hallo Schmetterling,

mein herzliches Beileid!
Euer Verlust tut mir sehr sehr leid!

Ich stand zwar nicht vor so einer schweren Entscheidung und mein Abort war nicht ganz so spät, aber ich habe meinen Sohn vor 2 Wochen in der 16. SSW wegen einer Infektion verloren.

Ich fühle eine tiefe Leere und zu vielen Dingen muss ich mich aufraffen.
Ich möchte nicht in den Urlaub fahren o.ä. , sondern schwanger sein und meinen Sohn zurück.
Letzteren kann ich nicht zurück bekommen, aber ich hoffe, bald wieder schwanger werden zu dürfen.

Zum Glück haben wir schon eine Tochter. Sie verbreitet so viel Lachen und Lebensfreude, das man sich dem kaum entziehen kann.

Nimm dir Zeit, um alles verarbeiten zu können. Schaff dir Erinnerungen an dein Kind, zum Beispiel eine Erinnerungsbox mit Dingen von/ für euer Kind. Wir haben Erinnerungsstücke von den Hebammen erhalten. Die werden da rein kommen.

Ich wünsche euch ganz ganz viel Kraft für diese schwere Zeit!

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Liebe Schokomaus,

hab vielen vielen Dank für Deine liebe Nachricht und all Deine Anregungen zur Trauerbewältigung.

Es tut mir wahnsinnig leid, dass auch Du Deinen Sohn verloren hast. Es ist wirklich das Allerschlimmste, was einer Schwangeren (oder aus meiner Sicht generell einem Menschen) passieren kann. Meine Hebamme vom Geburtshaus hat so passend gesagt, dass es egal ist in welcher Woche und auf welche Weise man sein Kind verliert - man verliert sein Kind und das muss immer so gesehen werden.

Ich fühle genau wie du, was die Leere angeht. Es erscheint mir gerade alles irgendwie unwichtig, weil ich das Wichtigste nicht mehr bei mir habe.
Wir haben ebenfalls einen Urlaub geplant, in dem auch die Hochzeit unserer lieben Freunde stattfindet, auf die ich mich wirklich so gefreut habe. Aber ich hab mir dieses Event nunmal als Schwangere vorgestellt, genauso wie alle anderen geplanten Sachen in den nächsten Monaten und habe jetzt wirklich Angst davor, alles ohne meinen Sohn im Bauch zu erleben. Es fühlt sich nicht richtig an.

Und ja, auch wir wollen unbedingt ein Baby. Der Wunsch ist ja nach wie vor da. Aber ja, ich möchte auch unbedingt unseren Sohn zurück...

Es ist wunderbar, dass Dir eure Tochter so viel Freude in der schweren Zeit bringt. Bei uns ist das etwas schwieriger. Ich hab die beiden Kinder meines Freundes über alles lieb, aber mir versetzt es so häufig einen Stich, wenn ich mich mit den beiden beschäftige. Ich versuche da ein gesundes Mittelmaß an Kids-Zeit und Selfcare-Zeit zu finden.
Wie alt ist Deine Tochter? Habt ihr ihr den Verlust ihres Bruders erklären müssen/wollen?

Wir haben ebenfalls eine Box von den Hebammen bekommen, haben eine super Sternenfotografin gehabt und uns ein Stück von der Decke, in der unser Schmetterling eingewickelt war abgeschnitten und mitgenommen (die riecht immer noch so fantastisch nach ihm!). Was ist in deiner Box drin?

Hast Du gute und liebe Unterstützung aus deinem Umfeld?
Kann ich Dich unterstützen? Sag mir gerne was Du brauchst, egal ob es eine aufmunternde Nachricht jeden Morgen ist, um aus dem Bett zu kommen, eine Kerze, die ich für euren Sohn anzünden kann oder ob du ein offenes Ohr brauchst, um dich auszuweinen - ich glaube, dass Gespräche so viel helfen bei der Verarbeitung und, dass unsere Kinder auf diese Weise immer weiterleben werden.

Auch euch wünsche ich von Herzen ganz viel Kraft in dieser schweren Zeit.

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Vielen lieben Dank auch für deine Worte!

Meine Tochter ist noch nicht ganz 2,5 Jahre alt (korrigiert 2) und daher müsste man es ihr nicht erklären.
Unsere Nachbarn und gute Freunde haben letzte Woche ihren Sohn bekommen.
Ich freue mich schon, ihn zu sehen, aber das wird bestimmt schwer.

Ich hoffe so sehr, bald wieder schwanger zu sein.
Ich denke, das ist die einzige Möglichkeit, das Ganze zu verarbeiten und seinen Frieden damit zu schließen.

Wenn ihr noch kein gemeinsames Kind habt, ist das natürlich nochmal schwerer und dann nochmal mehr, wenn da noch "Bonus"kinder sind.

Auf die Lieferung der Erinnerungsbox warte ich noch.
Einen Sternenfotografen hatten wir in der Nacht leider nicht, aber die Hebammen und wir haben Bilder gemacht.

Ich habe schon einige FG hinter mir. Die anderen waren bis zur 11. SSW.
Das war auch sehr sehr schlimm. Aber nicht vergleichbar mit dem jetzt erlebten.

Gespräche in dieser Situation mit "Gleichgesinnten' tun tatsächlich sehr gut!

Wenn du Gesprächsbedarf hast, biete ich mich auch sehr gerne an!

Euch viel Kraft und ich drücke dir die Daumen, dass du bald wieder einen positiven Test in der Hand hast und dann alles gut geht!

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Liebe Schmetterling,

erstmal mein aufrichtiges Mitgefühl und Gratulation zum Mama sein! Ja, du bist Mama und eine ganz tolle noch dazu!

Bei mir ist es schon länger her (mein Stern ist schon 2), aber ich möchte dir an die Hand geben, dass es spezielle Kurse/Angebote für Sternenmamas / Sterneneltern gibt. (z.B. verwaiste Wiege/ verwaiste Eltern). So musst du z.B nicht in einen Rückbildungskurs gehen, wo sich alles um volle Windeln, schlaflose Nächte und Bauchschmerzen usw. dreht.

Mir hat es tatsächlich geholfen, nach zwei Wochen wieder arbeiten zu gehen, meinen Gyn zu wechseln (der hat sich ziemlich daneben benommen) und mir professionelle Hilfe zu suchen. Aber auch heute noch gibt es Tage, da ist es total schwer.

Es ist alles frisch, aber such jetzt schonmal jemand professionellen und lass dich auf die Liste setzen. Absagen kannst du noch immer, aber die Wartezeit ist extrem.

Sprich viel mit deinem Partner, auch über die Gefühle, die du gegenüber deinen Bonuskindern hast. Und sprecht auch mit den Kids (die Große war glaub ich 9?!) Erklärt ihr, dass es nicht an ihnen liegt, dass du dich zurückziehst.

Und ganz praktisch: setz dir kleine Tagesziele. Z.B. 'Heute ist mein Ziel mich zu duschen und Haare zu waschen.' Am nächsten Tag ist es dann ein Zimmer zu saugen / wischen.... Usw.
Du bist im Mutterschutz (in D) und musst nicht arbeiten, wenn du es nicht kannst.
Bittet Freunde/ Familie die eventuell schon besorgten Babysachen wegzuräumen (!) -wenn ihr es selbst nicht könnt oder schließt die Tür bis ihr soweit seid.

Lass deine Gefühle zu! Was war ich sauer/wütend/neidisch auf all die Schwangeren um mich Rum. Das ist ok!
Und stell dich drauf ein, dass es um den ET nochmal richtig heftig wird.

Mehr fällt mir gerade nicht ein - ist jetzt auch lang geworden!

Ah eines noch: ich musste damals von hier eine Pause einlegen...

Liebe Grüße
Schwertmaid

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Liebe Schwertmaid,

tausend Dank für deine Worte und Unterstützung. Es tut mir unglaublich leid, dass auch ihr einen solchen Verlust erleben musstet :(

Ohja, von den Kursen weiß ich von meiner Hebamme, die extra meinte, dass bei denen im Geburtshaus eben nur Rückbildungskurse mit Baby stattfinden und sie mir das nicht antun möchte. Sie suchen mit mir nach einem Kurs für verwaiste Mamas.

Ich habe jetzt von knapp vier Wochen Mutterschutz bzw. Urlaub und glaube auch, dass die Arbeit dann wieder gut tut.

Ich hatte am Anfang der Schwangerschaft auch so eine miese Erfahrung mit einer Frauenärztin! Magst du da (gerne auch privat) ein bisschen von deiner schlechten Erfahrung teilen?

Ich bin bei einer Psychologin in einer Schwangerschaftskonfliktberatung jetzt so lange wie ich das brauche und das hilft so unglaublich doll! Ich merke auch, dass die Wochen wie eine Achterbahnfahrt von meinem Gemütszustand her sind... und dass ich nach einem einigermaßen guten Tag am nächsten Tag meist keine Energie mehr habe.

Ich habe gemerkt, dass Gespräche aktuell so wichtig sind! Auch wenn ich viel mit meinem Freund streite, rücken wir danach doch immer mehr zusammen und können besser aufeinander Rücksicht nehmen. Aber ja, ich sollte nochmal mit seinem Sohn reden, damit er sich nicht vernachlässigt fühlt.

Danke für deine Alltagstipps, das werde ich mal versuchen so umzusetzen.

Darf ich dich fragen, warum du eine Pause von hier einlegen musstest?

Liebe Grüße!

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Liebe Schmetterling,

ich bin zu dem FA in der Schwangerschaft gewechselt, weil er direkt 3 Häuser weiter seine Praxis hat. Zunächst war es auch ok, aber als ich kein ETS wollte, wurde es schon komisch. Nachdem ich meinen Sohn verloren hatte, kam nur ein: 'Hätten Sie das ETS gemacht, dann wären Sie noch schwanger. Kommen Sie im Herbst zur jährlichen Vorsorge. Auf Wiedersehen.'

Ähm nein und nochmal nein. Mein Sohn hatte Trisomie 18, da hätte kein ETS dieser Welt etwas dran geändert. Und ich hab mich dann über meinen Hausarzt krank schreiben lassen und über die dortige Arzthelferin meine jetzige superliebe und einfühlsame Gyn gefunden. Ja sie ist weiter weg und im Winter hochschwanger war es nicht so lustig zu ihr zu fahren, aber sie hat mich von Anfang an super betreut. Durfte 3Tage nach dem Test zu ihr, sie hat mich jedes Mal geschallt und jede meiner Sorgen/Nöte/Ängste ernst genommen.


Männer trauern anders, das ist für uns manchmal schwer zu verstehen. Aber gerade bei einer Schwangerschaft haben wir Frauen nochmal eine sehr viel intensivere Bindung. Mein Mann konnte es sogar bei unserem Regenbogenzwergal bis einige Wochen nach der Geburt nicht glauben und wahrhaben, dass da jetzt wirklich ein lebendiges kleines Wesen unser Leben auf den Kopf stellt.

Mir war es zu viel. Die Geschichten hier im frühen Ende, dann über den Liveticker die glücklichen Schwangerschaftsmeldungen und dann tatsächlich der Punkt, dass es bei uns nicht mehr klappen wollte, aber gefühlt bei allen anderen.

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Ich hatte bereits in der 9.SSW eine Ausschabung wegen Eines MA. Das kann man nun nicht genau vergleichen. Aber ja, sicher, im Grunde ist es egal wann es passiert denn es ist dein Kind. Ob größer oder kleiner…für dich ist dies jetzt noch kein Trost, aber wenn/ falls du noch einmal Mutter wirst, dann ändert sich die Perspektive auf diesen Verlust. Denn ohne ihn hätte es dieses neue Leben nie gegeben. Ich betrachte meinen Sohn manchmal und denke „wie schade wenn’s dich nicht gegeben hätte, da war ein anderes Leben welches nur kurz den Platz gehalten hat damit du ihn einnehmen konntest“. Und es ist gut so wie es ist.
Und da es bei euch so unwahrscheinlich ist dass es nochmal so kommt, denke ich wirst du vllt auch diese Gedanken eines Tages haben können…