Wie lange darf man traurig sein?

Ihr Lieben,

ich hatte die letzten zwei Wochen ziemlich schlechte Laune und wieder mehr an meine Fehlgeburt gedacht. Es gab Tage, da war ich zornig. Es gab Tage, da war ich einfach nur antriebslos. Es gab Tage, da war ich nur schlecht drauf... Mal habe ich an die Fehlgeburt an sich gedacht (Bilder vor Augen), an den Moment wie ich es erfahren habe oder mir vorgestellt wie schlimm es für mich war zum Ausschabung "gezwungen" zu sein. Dazu kamen dann freudige Nachrichten von gleich zwei Freundinnen, die nun im 5. Monat schwanger sind (soweit wie ich jetzt wäre). An beiden Abenden bin ich abends nach Hause und habe total angefangen zu weinen.

Nun habe ich mich mit einer anderen guten Freundin getroffen, die meinte, ich muss mir professionelle Hilfe holen, weil mein Verhalten "nicht normal" wäre. (Sie hat das nicht böse gemeint... Ich nehm's ihr also nicht übel, aber ich grüble seitdem, ob sie Recht hat?) Jeder geht anders mit dem Verlust um. Ich bin bis jetzt davon ausgegangen, dass es vollkommen okay ist, wenn es mir noch schlecht geht und ich mich der schlechten Laune noch etwas hingeben kann. Ich glaube auch schon, wenn ich den Entschluss fasse wieder nach vorne zu blicken, ich das auch alleine hinbekomme...!?

Wie war es denn bei euch? Gab es auch Leute, in eurem Umfeld, die der Meinung waren ihr braucht Hilfe? Und wo habt ihr Hilfe erfahren?

Liebe Grüße

1

Ich finde nicht, dass es unnormal ist. Ich kann heute noch um mein Sternchen weinen, die Trauer geht nie so ganz weg - muss sie ja auch nicht.
Aber ich kann den Rat deiner Freundin trotzdem unterstützen. Ich hatte professionelle Unterstützung nach der FG und mir hat das sehr gut getan um es zu verarbeiten. Auch die Folgeschwangerschaft ist ja unter dem Aspekt nicht leicht, es kommen noch mehr Ängste hoch - auch dafür ist es gut und ratsam, einen Therapeuten zu haben. Das ist nichts schlimmes, die Leute können wirklich sehr helfen. =)

2

Hallo scheseka,

erstens trauert jeder unterschiedlich lang und ob du Hilfe für die Bewältigung des Geschehene benötigst, können dir deine Ärzte sagen.

Ich bin seit nicht ganz 7 Wochen auch eine Sternenmama. Mir selbst geht es gut und ich bin nicht mehr traurig. Jedoch gibt es Momente, wo ich darüber nachdenke. Aber eher an das, was ich jetzt verpasse und noch nicht durchleben darf. Für mich stand schnell fest, dass wir es gleich wieder versuchen werden.

Ich weiß jetzt nicht wielange dein Verlust jetzt her ist, jedoch würde ich an deiner Stelle überlegen, ob die Trauer dein Leben bestimmt oder es nur kleine Momente sind. Falls du dauerhaft von den Gedanken begleitet wirst, solltest du dir Hilfe suchen um das Geschehene zu verarbeiten.

Ich wünsche dir genügend Kraft, deine Fehlgeburt zu akzeptieren und dein Leben mit Freude weiterzuleben. #liebdrueck

Viele Grüße
ardnas94

3

Ich glaube man kann es schon selbst sehr gut einschätzen ob man Hilfe braucht. Wenn es dir mit der trauen "gut" geht dann ist es doch ok. Als in meinem bekannten Kreis eine erfahren hat das unsere Tochter gestorben ist ist sie zu Besuch gekommen um mit uns zu reden. Sie selbst hat vor 17 Jahren ein Kind im dritten Monat verloren und als wir uns unterhalten haben hat sie auch noch geweint weil bei ihr alles wieder hoch gekommen ist. Diese Trauer wird für immer ein Teil von uns bleiben, sie wird sich im Laufe der Jahre verändern aber niemals komplett verschwinden. Wenn du das Gefühl hast du möchtest mit jemandem darüber reden dann ist psychologische Hilfe vielleicht das richtige für dich. Für mich war das nichts, bevor die Geburt bei uns eingeleitet wurde hatten wir ein Gespräch mit einer Psychologin und mir hat das überhaupt nichts gebracht. Für mich war es besser mit meinem Mann oder anderen Menschen die ich wirklich kenne zu reden. Allerdings muss man auch dazu sagen das diese Personen relativ schnell das "Interesse" verlieren. Mein Mann wollte auch unbedingt das ich mir Hilfe hole, aber ich wusste das ist nichts für mich.
Wie lange ist es denn bei dir her? Wenn du jetzt im 5. Monat wärst kann es ja noch nicht lange sein?
Reden hilft meistens...

4

Ich bin ehrlich gesagt nie der Typ gewesen, der sich "professionelle" Hilfe holt. Ich rede viel mit Freunden darüber und hab meinen Weg gefunden damit umzugehen, offen und ehrlich. Ich kommunizier aber eben genauso ehrlich, wenn ich ein paar schlechte Tage habe und Freunde mich fragen, wie es mir geht. Gibt auch einige, die selbst schon Fehlgeburten durchleiden mussten und immer wieder sich lieb nach meinem Befinden erkundigen.

Die Diagnose MA war an Ostern mit anschließender Einnahme von Cytotec / Fehlgeburt und erneuter Ausschabung Ende Mai.

Mein eigenes Gefühl sagt mir, dass ich einfach urlaubsreif bin... Nach all dem habe ich noch keinen Urlaub nehmen können. Schon lange nichts mehr für mich gemacht und die Arbeit frustriert mich zusätzlich. Ich hatte schon vorher einen neuen Job zu suchen, aber die SS kam dazwischen und hätte ganz wunderbar gepasst. Auch um endlich mal den Absprung zu schaffen. Leider ist's in meiner Branche schwierig eine unbefristete Stelle zu bekommen und mit Kinderwunsch oder in der Früh-SS zu bewerben, ist mir zu heikel...

Ihr merkt, es schwingen auch noch andere Faktoren mit...

Wenn wir Ende des Monats endlich im Urlaub sind, wollen wir auch wieder versuchen schwanger zu werden. Ich denke, das wird die Stimmung heben, wenn ich mich dafür wieder bereit fühle. :-)

Danke für eure lieben Antworten!

6

Vielleicht denkst du ja auch mal über eine Kur nach? Ich war auch total überarbeitet, schon vor der Schwangerschaft. Habe nach der Geburt oft drüber nachgedacht meine Ärztin danach zu fragen habe es dann aber doch nicht gemacht. Vielleicht wäre das ja eher was für dich?
Wenn du aber selbst nicht das Gefühl hast das es dir schlecht geht und du Hilfe brauchst dann würde ich es lassen.

5

Jetzt wo ich gerade die zweite FG hinter mir habe, trauere ich wieder sehr konkret um mein erstes Sternchen, mit dem ich jetzt schon in der 30/31. Woche wäre.

Weil ich der Meinung bin, dass dieses Päckchen zu groß für mich ist, habe ich mir inzwischen eine Psychologin gesucht.

Du wirst dein ganzes Leben an dein Sternenkind denken und um es trauern. Die Trauer sollte dich nur nicht vollständig einnehmen.

Wenn du das Gefühl hast das die Trauer deinen Alltag zu sehr beeinflusst und du bist nicht mehr alleine heraus hast, würde ich auf jeden Fall nach professioneller Hilfe suchen. Wir sind nicht alleine und wir müssen das nicht alleine schaffen.

7

Trauer ist keine Frage der unmittelbaren Entscheidung,sondern ein Gefühl.Es zu unterdrücken wäre nicht gesund.Es steht dir zu,dich so zu fühlen wie es eben ist.Ich hätte am 1. Mai ET gehabt,das heißt meine Geschichte ist schon "älter" als deine,und dennoch kommen dann und wann Gefühle der Wut,Trauer und auch des Neides,vermutlich niemals Mutter zu werden.
Zwar konnte ich irgendwann bewusst die Entscheidung treffen,dass ich mit der Situation ok bin und unsere Zukunft eben anders aussieht als gehofft,aber dennoch lasse ich es zu,wenn diese Momente kommen.
Es heißt,dass Trauer ca ein Jahr Zeit braucht,bis dahin brauchst du keine externe Hilfe,alles ist in Ordnung mit dir,meine Liebe!

8

Du darfst trauern und traurig sein! Du wirst selbst den Zeitpunkt bemerken wenn es wieder bergauf geht !
Bei mir zb ist es so dass ich leider 6 Fehlgeburten nach einem gesunden Kind habe und die letzte Fehlgeburt mich weiterhin nicht aus dem Schockzustand raus ziehen konnte bzw kann bin ich seit der Ausschabung schon 2 Monate nicht arbeiten gegangen und werde weiterhin mich zurückziehen und psychische Unterstützung bekommen... vorher war es anders man war natürlich traurig und weinte aber nach sehr kurzer Zeit ging es immer direkt auf die Arbeit..

Gib dir Die Zeit und wenn du Hilfe benötigst dann hole sie dir ..

9

Liebe Scheseka

Deine Frage hat mich gestern auch beschäftigt. Bei mir ist es morgen zwei Wochen her seit wir erfahren haben, dass das Herz stehen blieb und am 28.7 hatte ich die Ausschabung in der 9. SSW. Meine Arbeitskollegin meinte gestern dass es schon gut wäre wenn ich mir psychologische Hilfe holen würde damit ich meine Gedanken und Gefühle leiten und kontrollieren könne und nicht in dieser Trauer verharre. Mich hat dies tief getroffen, ich arbeite seit Montag, bin konzentriert, weine nicht alle 5 Minuten im Büro aber bin halt nicht die gewohnte Spasskanone, ich bin traurig, müde und erschöpft (es war der 2. Abgang in 3 Monaten, dass erste mal von alleine in der 5 SSW, damit konnte ich viel besser umgehen) und ich denke ich habe das Recht zu trauern um meinen Stern und den Weg in meinem Tempo und für mich zu gehen, trotzdem hat sie mich tief getroffen und sehr verunsichert, ich fühlte mich unter Druck gesetzt und habe zu aller Trauer wahnsinnig an mir gezweifelt. Unsere Mitmenschen sind leider nicht immer eine Hilfe, manchmal ist es aber wohl auch einfach ihre Hilflosigkeit oder das Bedürfnis uns helfen zu wohlen, nur sind halt auch Ratschläge manchmal in der Situation nur Schläge ohne Rat und Hilfe. Ich wünsche Dir das Du Deinen Weg findest, positiv wird es Schrittweise und Rückschläge kommen immer wieder. Fühl Dich umarmt.

10

Ohje, Danke für deine liebe Nachricht! Ich kann genau nachempfinden wie du dich auf der Arbeit gefühlt hast. 10 Tage ist wirklich gar keine Zeit… Da war ich zwar auch schon längst wieder auf der Arbeit, konnte mich aber nicht gut konzentrieren. Habe damals auch gesagt bekommen, dass ich jetzt schon langsam wieder funktionieren müsse, denn die Arbeit darf schließlich nicht liegen bleiben. Als würde sich das Leben nur um die Arbeit drehen... Als könnte man mit einer Fehlgeburt sofort abschließen...! Lass dich bitte zu nichts drängen – und schon gar nicht wegen der Arbeit!

Die Schwangerschaft war bei mir eine Nervenzerreißprobe. Erst Verdacht auf ELSS, dann kurz vor dem OP doch wieder aufatmen, dann verschiedene Komplikationen mit Hämatom, freier Flüssigkeit, unförmiger Dottersack.. Bei jedem US gab es andere gute und schlechte Neuigkeiten. Wir haben wirklich gekämpft und die Hoffnung bis zum Schluss nicht aufgegeben. Als das Herz dann endlich schlug, kam 2 Wochen später die Blutung und die Diagnose MA. 3 Wochen hatte ich die Fehlgeburt mit Cytotec einleiten müssen. Nochmal 2 Wochen später musste ich erneut ausgeschabt werden. Ich hatte insg. 11 US-Untersuchungen bei 5 Frauenärzten und 6 Blutabnahmen. Das können Außenstehende (also meine Freundin z.B.) gar nicht nachempfinden, wie gestresst man nach einer solchen Tortur ist, wie verzweifelt man ist und wie sehr es einfach wehtut. Ich hatte am Ende einen Blutdruck im Ruhezustand von 151-107-91. Und dass man ein Weilchen dafür braucht, dass auch psychisch zu verarbeiten, finde ich vollkommen normal. Es sind jetzt 2,5 Monate und ich bin unter Leuten wieder die Alte, aber wenn ich alleine bin, kommen immer wieder die Tränen. Aber ich finde das nicht schlimm.

Ich weiß ja woher es kommt. Ich mach mir Sorgen, weil die Untersuchungen noch andauern… und ich bin zornig, weil mir die Unbeschwertheit genommen wurde. Ich werde wahrscheinlich nie wieder unbeschwert eine Schwangerschaft genießen können. Das fällt mir wirklich schwer das zu akzeptieren. Kommt vielleicht noch, aber im Moment finde ich das einfach nicht fair!

Liebe Grüße #blume

11

Ich gehe den Weg in meinem Tempo habe aber aufgehört zu erwarten dass mein Umfeld Verständis hat, ich erwarte einfach das sie akzeptieren dass ich den Weg in meinem Tempo gehe.

Da war bei Dir ja nicht nur die Fehlgeburt sondern auch die ganzen Wochen davor eine grosse Zitterpartie, das braucht sehr viel Energie und die Batterien müssen zuerst wieder geladen werden und ich finde es noch schwieriger so Erlebnisse zu verarbeiten wenn auch die Batterien leer sind. War es Deine erste Fehlgeburt?

Ja, ich weiss ganz genau was Du meinst und ja ich kenne diese Wut aufs Leben. Der erste Abgang hatte ich in der 5. SSW, wir haben es knapp eine Woche gewusst dann Blutung und alles vorbei. Bei der 2. SS hatte ich immer Angst vor der Blutung, dann der Herzschlag, keine Blutung, SS Symptome ok alles gut vertrau Deinem Körper und dann der Schlag. Ich frage mich immer wieder wie soll ich mich in einer nächsten SS behruigen wenn ich närvös bin, es gibt ja nichts auf was Du bauen kannst, ausser Deinem Körper und dem Leben zu vertrauen. Aber ja mich macht es auch wütend dass mir das genommen wurde und auch warum ich immer den harten Weg gehen muss, aber auch das wird wohl seinen Grund haben.

Liebe Grüsse

weitere Kommentare laden