Unwohlsein in neuen Heim

Hallo Zusammen,

ich bin mit meinem Mann vor ca. 15 Monaten in ein Haus gezogen auf dem Land - ca. 60 km von der nächsten Metropole entfernt.

Mein Mann wollte immer ein großes Haus mit großem Garten, leider in der Großstadt nicht bezahlbar. Mir persönlich würde eine kleine Penthouse-Wohnung in der City reichen.

Dennoch habe ich gedacht, ich werde glücklich im neuen Zuhause. Leider ist das nicht der Fall. Ich schäme mich dafür sehr. Ich fühle mich total
Unwohl auf dem Land, habe keinen Bezug zu den Dorfbewohnern und vermisse das urbane Stadtleben sehr. Ich hätte das ehrlich gesagt nicht so gedacht, dachte es würde mir leichter fallen. Unser Haus ist mir viel zu groß, der Garten ebenso. Ich habe immer gedacht, es ist toll so ein großes Haus zu haben, aber im Gegenteil - ich finde es furchtbar.

Um den Garten kümmert sich mein Mann fast allein, war auch von Anfang an so besprochen. Im Haus mache ich fast alles, aber er hilft mir natürlich. Dennoch wird das Ganze immer mehr zur Belastung für mich. Ich fahre regelmäßig in die Stadt, aber es ist immer nur ein Tropfen auf den heissen Stein.

Wir suchen bereits nach einem Haus näher an der Stadt, aber es gestaltet sich schwierig.

Kennt jemand dieses Gefühl? Hat jemand eine Lösung oder Idee?

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Jip, ich kenne es.....bei mir hat es ein paar Jahre gebraucht. Immer wieder bin ich in "meine" Stadt gefahren....sogar die Spielplätze fand ich da besser.

Irgendwann kam der Tag....ich stieg aus, alles roch nach Abgasen und im Eingangsbereich meines Lieblingssupermarktes roch es nach Urin. Danach auf dem Spielplatz waren die Geräte zerstört worden. Und beim Stadtbummel fand ich die Leute alle plötzlich unsagbar unfreundlich und miesgelaunt. Funfact....die Stadt hatte sich nicht verändert, ich nahm das alles nur das erste Mal wirklich wahr.

Das war gut 2 Jahre nach unserem Umzug aufs Land, solange brauchte ich. Und selbst nach über 10 Jahren kommt mir manchmal noch ein leises "In der Stadt wäre das nicht so umständlich!" über die Lippen, aber zurück möchte ich schon lange nicht mehr.....auch wenn mir eine Wohnung wirklich reichen würde. Für jeden Mist ein Auto zu brauchen, das regt mich immer noch auf und wird wohl auch nie verschwinden.

Schlußendlich hat das Kind selber dafür gesorgt, das ich hier richtig ankommen konnte. Durch seine eigenen Kontakte kam auch ich hier richtig rein....ohne dabei richtig mitzumischen. Mittlerweile fahre ich auch nicht mehr euphorisch in die Stadt, im Gegenteil. Und ich habe das Glück, das ich hier einen tollen Job gefunden habe, Pendeln war für mich die Hölle.

Aber, ich kann mir sehr gut vorstellen, das man sich in einem zu großen Haus irgendwie "verloren" fühlt, besonders wenn man aus der Enge der Stadt kommt.

Meine einzige Idee ist wirklich, das du dir einfach mehr Zeit geben solltest. Aber ob das deine Lösung ist, das weiß ich nicht. Ich weiß nur, das man sich selber boykottieren kann, wenn man seinen Blick nur darauf lenkt, was man nicht mehr hat.

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2 Jahre??? Ok, das macht mir doch noch etwas Hoffnung - bei mir sind es nun fast auf den Tag 15 Monate…also hab ich noch ein bisschen😳

Ja, ich fahre auch noch einmal pro Woche in meine Stadt - arbeite dort auch noch, aber meist im Homeoffice.

Habe auch noch alle Ärzte dort, Sanitätshaus etc.

Ich bin gespannt, ob sich das bei mir auch noch ändert oder wir doch wieder zurück müssen. Es wäre halt schade, denn das Haus ist schön, wir haben viel reingesteckt, aber es ist einfach nicht mein Zuhause.

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Hehe, das mit den Ärzten habe ich auch lange so beibehalten....dabei haben wir hier vor Ort zumindest Hausarzt, Gyn und eine ganz tolle Zahnärztin( auch für das Kind)....ich ärgere mich heut über die sinnlose Juckelei in die Stadt. Aber das habe ich erst nach ca 7 Jahren geschnallt.

Ich brauche grundsätzlich nach Umzügen, egal ob es sich dabei um den Wechsel Stadt/Land oder umgekehrt handelt, immer recht viel Zeit um anzukommen. Das kommt aber schleichend, es gab nie den Punkt im Alltag, wo ich das Gefühl hatte angekommen zu sein. Am Betsen stelle ich das nach einem gutem(!) Urlaub fest....wenn auf den letzten Kilometern die Vorfreude steigt, wieder nach Hause zu kommen....dann weiß ich eigentlich erst Bescheid.

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Ohje das ist nicht schön.

Warum findest du keinen Zugang zu den Dorfbewohnern? Dorf ist nicht Stadt, Dorf ist nicht gleich Dorf. Trotzdem sind die Dorfbewohner keine Aliens.

Was fehlt dir an urbanen Leben? Hast du es wirklich so oft genossen was dir fehlt?
Welche Möglichkeiten hast du auf dem Dorf?

Warum dachtest du du fühlst dich im großen Haus wohl? Was hattest du dir erträumt? Was wird dir zuviel?

Hattest du dir keine Gedanken gemacht wie es auf dem Land sein wird?
Hattet ihr mal darüber gesprochen was ist wenn du dich nicht wohl fühlst?

Letztendlich musst du
ankommen im Dorf und dich dort wohlfühlen oder ihr müsst zurück in die Stadt. Was deinem Mann wohl nicht liegt.

Mir hat nach dem Rückzug von der Stadt auf das Land auch einiges gefehlt.
Jetzt ist die Tapas Bar die Gartenmauer mit Rotwein und Snaks mit meiner besten Freundin. Letztendlich ist die Hippe Bar nur der Rahmen

Bearbeitet von Garten123
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Lieben Dank für deine Antwort.

Ich kann einfach nichts mit den „Dorfis“ anfangen - jeder redet über jeden. Hier wird teilweise ein Blödsinn erzählt, dass ist echt der Wahnsinn. Ich vermisse die Anonymität der
Stadt und die vielen Möglichkeiten. Allein zu wissen, ich könnte, wenn ich wollte…mein Lieblings-Sushiladen fehlt mir sehr. Die U-Bahn.
Beim Osterfeuer wurden wir wie Außerirdische angeschaut - in der Stadt da glotzt niemand.

Alles ist hier weit weg, der nächste Supermarkt mindestens 10 Minuten Fahrtzeit. Mich nervt das alles so sehr! Früher war ich in 5 Min. im Trubel, konnte alles erreichen, was ich brauchte. Ich bin auch noch oft in meinem alten Stadtteil in der Stadt - kann dort einfach nicht loslassen. Hinzukommt, dass ich einfach nicht gern Auto fahre - insbesondere keine Landstraße. Ich habe hier 20 Kilometer bis zur Autobahn - der reinste Horror.

Mir war das vorher alles nicht so klar. Hab immer gedacht, ich fühle mich hier wohl und kann den Klassiker vom Leben auf dem Land leben. Aber das Gegenteil ist der Fall - ich finde es einfach nur furchtbar.

Meine Ehe leidet natürlich auch darunter. Mein Mann ist das hier seinen Traum und ich kann das einfach nicht genießen.

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Genau das spüren die Dorfis. Die denken arrogante Tussi.

Über das „Hauptsache die Gosche wackelt“ muss man stehen. Eigentlich ist eine gewisse Anteilnahme da. Kennt man sich sagt es sich halt leichter „Boah ist die fett geworden“ . Meckert ihr auf Arbeit nicht auch mal über die Kleidung einer Person in einer anderen Abteilung?
Auch das Anstarren ist nicht böse gemeint. Eh das sind die Neuen. Ahja. Jenny das sind doch deine Nachbarn …
Wie reagierst du, wenn deine Freundin heute Abend ein neues Mädel im Schlepptau hat?
Das sind die Begleiterscheinungen der fehlenden Anonymität. Dafür läufst du mit verbundener Hand zum Supermarkt und nach 500 m hast du Taxi.

Und zu dem Blödsinn der wirklich manchmal schwer zu ertragen ist. In der Stadtbubble hast du ein begrenztes Umfeld das ähnlich tickt wie du. Sorgfältig von dir ausgewählt. Das ist komfort. Auf dem Dorf stoßen alle zusammen. Da muss man manchmal einen Eiertanz hinlegen. Es müssen verschiedene Charaktere, soziale Schichten, Lebensmodelle und politische Ansichten an einem Strang ziehen.

Nur um das ganze Dorf etwas zu verstehen.

Klingt als ob du etwas blauäugig und gedankenlos umgezogen bist. Fährst nicht gerne Auto ohne geht es nicht. Man muss doch wirklich nicht täglich einkaufen. Endlich kein Schleppen mit dem ÖNPV mehr.
Ohja Sushi hat mir auch wahnsinnig gefehlt. Wie oft gehst du zum Japaner? Dann hat in der einen Stadt so ein pseudo Sushi mit Förderband aufgemacht. Grausig. Seit kurzem gibt es einen Susi in der Nähe. Zum Niederknien. Und eine voll coole Cocktailbar. Mit mehr als Hugo und Aperol Spritz.

In der Zeit ist ein Artikel über gescheitertes Landleben. Es geht vielen so wie dir.
Ich glaube du kommst nie im Dorf an. Finde mit deinem Mann eine Lösung mit der ihr beide leben könnt. Penthouse mit Schrebergarten

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O je, ich kann dich gut verstehen. Vor langer Zeit hatte ich mal einen Partner, der auf dem Dorf wohnte. Furchtbar, wie eingeschränkt das Leben dort war. Sowohl in Einkaufsmöglichkeiten, dem kulturellen Angebot, aber auch der geistige Horizont der Leute. Hauptsache ein Eigenheim, Pool und Trampolin im Garten, zwei Autos und Fleisch auf dem Teller.
Ich liebe das Stadtleben auch. So anonym und verbaut städtisch ist es hier in meiner Wohngegend gar nicht, aber man ist eben tolerant und weltoffen und hat alles, was man braucht, mehr oder minder um die Ecke.
Also, du bist mit deinen Gefühlen nicht allein. Aber wie du das mit deinem Partner verhandelst, der ja andere Bedürfnisse hat, das finde ich schwieriger. Ich habe mir damals einen anderen Mann gesucht, der eine ähnliche Vorstellung vom Leben hatte. Das kommt ja wahrscheinlich bei euch jetzt nicht so in Frage.

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Also ich finde es dezent beleidigend den Menschen auf dem Land pauschal einen geistig eingeschränkten Horizont zu attestieren und genau solche Aussagen dürften mit dazu führen, dass sich Menschen auf dem Land nicht ernstgenommen fühlen.

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Pauschalisieren ist etwas anderes als von seinen eigenen Erfahrungen zu berichten, so wie ich es getan habe. Ich kann die TE halt verstehen.

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An dem Kontakt zu den Dorfbewohnern kann man arbeiten, wenn man will. Such Dir einen Verein,
ein soziales Engagement, um Leute kennen zu lernen. Dass man am Anfang beobachtet wird, ist im
Dorf vollkommen normal und da muss man als "Neuer" drüber stehen.
Ich wohne schon immer in unserem Dorf (ca. 3200 Einwohner), mein Mann ist aus einem etwas
größerem Ort hierhin gezogen. Wir kennen viele "alte" Bewohner und auch viele der neuen
Bewohner, die in den zwei neuen Wohngebieten gebaut haben. Fast alle Familien haben sich
irgendwo engagiert, um Kontakt zu bekommen (und sei es als Elternvertreter in der GS oder
im Kindergarten).
Wenn man sich nirgendwo sehen lässt, kann man halt niemanden kennen lernen. Und dass
es auf dem Dorf anders zugeht, wie in der Stadt, dass weiß man eigentlich vorher. Ist nur schlecht,
wenn man sich nicht drauf einlässt.
Wir wohnen übrigens auch ca. 60 km von der nächsten Großstadt entfernt. Wir fahren da tatsächlich
gelegentlich mal hin, zum shoppen oder Fußball gucken.... aber wir freuen uns immer wieder auf
unser Dorf, wo alles überschaubar ist und fast jeder jeden kennt.
Ein anderes Haus näher an der Stadt, hm, ob das die ideale Lösung ist? Auch da bist Du wieder
die "Neue", die nichts mit anderen Leuten zu tun haben will.
LG
Elsa01

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Es ist schade, dass Du dem Dorfleben offenbar gar keine Chance gibst. Natürlich werdet ihr erst einmal angestarrt. Da geht man hin, stellt sich vor. Wir haben bei unserem Umzug erst einmal eine Einweihungsparty für alle Nachbarn gegeben. Ein Umzug in ein stadtnäheres Haus bringt Dir nichts. Damit ist Dein Grundproblem nicht gelöst
Wenn man ungern Auto fährt, ist Dorf blöd. Aber das wusstest Du doch vorher?
Dorfbewohner kennen sich gegenseitig und reden übereinander. Das ist doch logisch.
Ich bin mittlerweile froh von dem Dreck und Gestank der Großstadt in meine Hängematte im Garten und dem Vogelgezwitscher über mir fliehen zu können.

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Ich glaube tatsächlich, dass ihr in einem anderen Wohnort beide glücklich(er) werden könntet. Macht eine Pro-Liste, wem was absolut wichtig ist. Bei dir wäre das zB.: Öffi-Anbindung, Infrastruktur in erreichbarer Nähe (Läden, medizinische Versorgung), evtl. kulturelles Angebot, bei deinem Mann (grosser) Garten, Eigenheim, "Luft zum atmen".
Dann würde ich in dem Umkreis, der von der Arbeit her machbar ist nach und nach alle Ortschaften anfahren und mich umschauen, Fahrpläne studieren etc.; daraus bekommt ihr eine Liste der Wohnorte, an denen ihr am ehesten einen Kompromiss finden könnt.
Als wir aufs Land gezogen sind, hatte ich eine Vorstellung vom Landleben, ich bin auf dem Dorf grossgeworden. Mein Mann ist mitten in Wien aufgewachsen, ich hatte echt Sorge, ob er sich wohlfühlen wird, aber er geniesst es - man kann es nicht wirklich im Voraus wissen.
Was mir aber tatsächlich extrem wichtig war: die Anbindung an den ÖV. Wir haben Busverbindung in 3 Richtungen, wenn ich nachts um 23.30 im nächsten Ort "übern Berg rüber" ankomme, fährt noch ein Bus nach Hause. Ich durfte wegen Augenproblemen ein Jahr lang nicht Auto fahren, mein Arbeitsweg beträgt 40 km - ohne ÖV-Verbindung hätte ich möglicherweise keine Stelle mehr.

Wenn ihr einen Plan habt, kannst du auch wieder entspannter mit dem Ist-Zustand umgehen.

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Ich kann dich gut verstehen. Ich bin in der Großstadt aufgewachsen, später haben wir drei Jahre auf dem Dorf gewohnt, weil wir dachten für die Kinder sei es schöner. Wir sind aufgeschlossen Menschen und sind auf die Dorfbewohner direkt zugegangen, Vereine, Dorffeste etc. Trotzdem gab es da einfach keinen Draht, die Männer Machos mit rassistischen Sprüchen, dazu ständig Saufgelage, für die Frau gab es eigentlich nur das Thema Kinder, zur wenige berufstätig. Eine komisch negative Grundstimmung, ständig wurde über dies gelästert, über jenes gehetzt. Dazu die fehlende Infrastruktur und besonders ruhig war es auch nicht, ständig Mähdrecher, Häksler, Rasenmäher, jede Menge landwirtschaftlicher Fahrzeuge, kläffende Hunde bei diversen Nachbarn, der überambitionierte Hahn auf der anderen Seite.

Wir sind dann zurück in die Stadt geflüchtet. Zahlen dank explodierter Mieten das doppelte der Miete vor unserem Umzug aufs Land, sind aber endlich wieder glücklich.

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Welcome to my life! I feel you! Genauso ist es! Vielleicht hast du im selben Dorf gewohnt?
Pünktlich Freitagnachmittag fängt hier irgendein Nachbar an zu mähen oder sonst was…Entspannung gleich null. Meine Wohnung in der 2-Millionen-Großstadt war definitiv ruhiger

Wir sind auch total aufgeschlossen, wurden von den einen Nachbarn mit Brot und Salz begrüßt, von den anderen gar nicht (Ureinwohner) wir grüßen immer nett und ich habe zu Beginn immer mal Kuchen oder Marmelade zu den Nachbarn rüber gegeben. Die einen geben regelmäßig was zurück und die anderen sagen nicht mal danke.

Wir sind beide kein Typ für den Schützenverein oder Feuerwehr, für mich sind das reine Saufgelage und Beschäftigungstherapie für die Dorfis.

Mein Mann möchte nicht mieten, wegen der Altersvorsorge versteh ich, für mich bedeutet mieten jedoch auch Freiheit.

Wir sind schon auf der Suche, ist jedoch nicht ganz leicht, etwas bezahlbares zu finden zum Kauf, wo man nicht erstmal mit Bagger durch muss.

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Du fühlst Dich den "Dorfis" überlegen, das liest man in jeder Zeile und das wirst Du auch ausstrahlen. Es gibt in der Stadt und auf dem Dorf nett und doof, klug und dumm. Etwas weniger Arroganz wäre angebracht. Ich bin auch Großstadtkind, wohne aber jetzt schon lange ländlich. Beides hat Vor-und Nachteile. Aber mit Deiner Einstellung wird das nichts.

Bearbeitet von Rubanke
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Hallo,

ja, ich kenne dieses Gefühl gut. Ich hab im Alter von 19 bis 28 Jahren in Wien gelebt, war auch in meiner Kindheit und Jugend schon oft dort und liebe diese schöne große Stadt und ihre Möglichkeiten sehr.

Jetzt bin ich 38 und lebe seit 10 Jahren mit meinem Mann in einer Kleinstadt am Land, ähnlich weit von Wien entfernt, wie du die Entfernung bei euch beschreibst (mit dem Auto ist es eine knappe Stunde ins Zentrum, je nach Verkehr).

Für mich war es anfangs auch so eine Art Zwischenlösung oder Kompromiss. Mein Mann ist in Wien aufgewachsen und hat es gehasst: den Lärm, den Schmutz, die schlechten Schulen in seinem Bezirk, die Kriminalität (die ist in Wien für eine Großstadt eh nicht so schlimm, aber es ist doch was anderes als am Land und er wurde als Jugendlicher mehrmals ausgeraubt und bestohlen). Für ihn war und ist es ein Traum, am Land zu leben.

Mein Traum war ursprünglich, in der Großstadt zu leben.

ABER: ich möchte auch nicht gerne in einer winzigen, teuren Wohnung leben. Und die Miet- und Eigentumspreise in Wien sind mittlerweile explodiert, hier am Land zwar auch, aber dennoch ist es hier noch leistbarer und vor zehn Jahren war es das noch viel mehr. Wir haben hier um einen Preis ein Haus kaufen können, um den hätten wir in Wien keine 1-Zimmer-Wohnung bekommen. Das Haus ist mittlerweile abbezahlt und wir leben hier somit sehr günstig.

Ursprünglich war die Idee, dieses günstige Haus zu kaufen und uns die Option einer zusätzlichen kleinen Mietwohnung in Wien offen zu halten... es eventuell auch später mal nur als Wochenendhaus zu nützen. Das ist immer noch etwas, was wir überlegen, aber momentan eher nicht dran ist.

Ich habe mich also lange Jahre nur halbherzig aufs Landleben hier eingelassen. Mein Freundeskreis war und ist in Wien oder weiter weg, teilweise international. Hier habe ich bis heute keine Freundinnen gefunden... ich weiß aber, dass ich sehr selektiv bin und einfach viele Menschen zur Auswahl brauche, um jemanden zu finden, dem ich mich wirklich herzensverbunden fühle. Das war hier bisher noch nicht der Fall.

Ich habe aber auch die ersten sieben Jahre (bis die Coronazeit kam, in der es in Wien nicht mehr viel Attraktives gab, weil alles geschlossen war - und bis ich dann in dieser Zeit und seitdem, Mutter geworden bin) mein aktives Leben privat und beruflich nach wie vor in Wien gelebt. Ich war mehrere Tage in der Woche dort, bin dort ausgegangen, habe meine Freunde getroffen und meine Kontakte gepflegt. Hier am Land habe ich mich ausgeruht, entspannt, Sport getrieben (schwimmen, Rad fahren, Tennis,...) und Zeit alleine oder mit meinem Mann verbracht.

Das hat auch gut so geklappt und war ein schöner Ausgleich aus Stadt- und Landleben, Anregung und Entspannung, bis es dann eben nicht mehr geklappt hat und ich realisiert habe, dass ich dieses Leben so nicht weiterführen kann, wenn ich ein Kind habe.

Und da hab ich erst einmal die Krise gekriegt, das war letztes und vorletztes Jahr, nach der Geburt meines Kindes und im Babyjahr. Teilweise hatte ich echt das Gefühl, ich vereinsame hier und komme nirgends mehr hin. Es war schrecklich! Ich hab meinem Mann so Druck gemacht, etwas anderes zu finden und wir haben uns einige Optionen angeschaut, aber nichts gefunden, was uns wirklich gefallen hat.

Eine Genossenschaftswohnung viel näher bei Wien und in einer städtischeren Umgebung hatten wir in Aussicht... ein Jahr lang zog es sich hin, die bisherigen Mieter wollten etwas Neues suchen und uns als Wunschnachmieter angeben, aber sie fanden lange nichts.

Und während all dieser Wartezeit ist es doch klammheimlich passiert, dass ich mich mehr und mehr der Gegend hier verbunden fühle und gelernt habe, mit meiner Tochter, die größer wird, die Vorzüge zu genießen. Was es für eine wunderschöne Landschaft ist, wie sauber und sicher und grün! Wie wir direkt von der Haustür weg spazieren, joggen oder Rad fahren können! Wie angenehm es ist, die Einkäufe mit dem Auto erledigen und bis vors Haus fahren zu können (ich fahre sehr gerne Auto und sehe das auch als eine der Voraussetzungen an, um am Land dauerhaft glücklich werden zu können, denn meistens ist der öffentliche Verkehr nur rudimentär ausgebaut, so auch hier)! Wie ruhig es hier ist! Was für schöne Schwimmbäder, Teiche und Seen es hier gibt, die nicht so überfüllt sind wie die wenigen Schwimmbäder in Wien!

Wien ist gleichzeitig auch wieder näher rangerückt, gefühlt, je größer meine Tochter geworden ist (jetzt ist sie 2) und je mehr Übung ich gewonnen habe, mit ihr unterwegs zu sein. Wir fahren regelmäßig hin, ich besuche dort kulturelle Veranstaltungen oder Konzerte und treffe meine Freunde. Aber es ist nicht mehr der Hauptfokus meines Sehnens, ich habe mittlerweile auch hier eine gute Zeit.

Und die Genossenschaftswohnung, die dann schließlich nach einem Jahr Warten doch frei wurde, haben wir abgelehnt. Wir würden es uns dadurch in vielem verschlechtern, vor allem finanziell und platztechnisch und das, was wir dadurch gewinnen würden, ist es mir jetzt nicht mehr wert.

Magst du mal versuchen, vielleicht probeweise, dich ein bisschen auf den Ort, an dem du jetzt bist, einzulassen und zu schauen, ob du dort auch Schönes entdecken kannst und dir vorstellen könntest, dort zu leben?

Ein Wort noch zu "wir suchen ein Haus näher an der Stadt": Achtung! Möglicherweise wäre das "nicht Fisch nicht Fleisch". Ihr wärt zwar näher an der Stadt, aber es ist trotzdem vom Lebensgefühl bei weitem nichts das gleiche, wie wirklich städtisch zu leben, kein Auto zu brauchen und im Zentrum des Geschehens zu sein, mit allen Vor- und Nachteilen.

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Hallo Unsicher,
ich kenne das Gefühl ganz genau!Ich bin zwar schon auf dem Dorf aufgewachsen, aber ich konnte mit den Leuten dort nie wirklich was anfangen. Während alle anderen in den Vereinen waren (und ja z.B. die Feuerwehr übernimmt wichtige Dienste, aber die Saufgelage kommen trotzdem nicht zu knapp), wollte ichmimmer nur weg ziehen. Nach der Matura bin ich in die Stadt gezogen und habe mich das erste Mal wirklich wohl gefühlt. Ich persönlich denke nicht, dass dort auf dem Land glücklich wirst. Es gibt ja auch Dörfer mit viel städtischem Zuzug oder vielen alternativeren Angeboten (also ausser Kirchenchor für Frauen und Feuerwehr für Männer). Noch eine kleine Sidenote, wenn dein Mann ein großes Haus will und du es dann putzen darfst, würde ich auch darüber nochmal sprechen. Ich hoffe ihr findet eine Lösung!LG