Der Hass gegenüber Menschen auf der Straße...

Hallo, ich kann mal wieder nicht schlafen, weil es einer dieser Tage war.

Unser großer 5 ist blind.
Wenn ich mit ihm durch die Stadt laufe werden wir angestarrt, es wird getuschelt, ihr kennt das sicher. Manchmal hört man auch ein "ohhhh, der Arme". Das hasse ich noch mehr, weil er zwar die Blicke nicht sieht, aber das hört er!
Es gibt Menschen die keine Ahnung zu haben scheinen was ein Blindenleitstreifen ist. Die es nicht für nötig halten einen Blinden auszuweichen, oder so knapp vor uns queren (natürlich im Laufschritt), dass es ihm den Stoxk wegreist.

Ich hasse Menschen. Der Eunsch in mir diese Menschen anzuschreien, manchmal auch Ihnen einfach ins Gesicht zu schlagen ist inzwischen bei jedem Gang durch die Stadt vorhanden...

Kennt das außer mir noch jemand?

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Hallo,

es tut mir leid, dass Du so extrem empfindest.
Aber ehrlich, ich habe das Gefühl, dass du alles nur auf die Blindheit Deines Kindes beziehst, egal, ob es wirklich damit zu tun hat.

Ich kenne auch keine Blindenleitlinien, sorry. Ich hab genug eigene Probleme im Leben mit den Therapien, die mein Kind braucht, ich kenne nicht jedes Hilfsmittel aus Bereichen, die uns zum Glück nicht betreffen.

Unser Kind hatte ein paar Monate eine Kopforthese, ich denke also, ich kenne das Gefühl, dass alle nur auf das eigene Kind starren. Aber ich finde ehrlich gesagt, dass es gar nicht so ist. Wenn man ein Kind mit Auffälligkeiten hat, fühlt man sich finde ich oft beobachtet, angesprochen, obwohl man es nicht ist. Und wegschauen? Geht ja auch irgendwie nicht, das wirst Du doch genauso auf Euch beziehen. Entweder man starrt hin oder man schaut betroffen weg? Wie ginge denn "normal"?

Auf der anderen Seite beschwerst Du Dich aber, dass Dein Kind manchmal auch von deren geschnitten wird, dass man ihm über den Langstock stolpert.... Das passiert einem mit einem "normalen" Kind genauso. Was willst Du also? Also willst Du doch, dass man den Sonderstatus Deines Kindes erkennt, ihm dementsprechend begegnet. Irgendwie klingt es für mich, als könnte man es Dir irgendwie nicht recht machen.

Ich kann Dir nur raten, Dir eine Begleitung zu suchen, eine Seelsorgerin, eine Selbsthilfegruppe, wo Du über Deine Gefühle, Deine Sorgen reden kannst. Aus einem Hass heraus wirst Du es nie schaffen, deinen Frieden mit "den Menschen" zu schließen. Und Dein Kind auch nicht.

Ich kann Dir nur raten, in diffusen Situationen das ganze nicht auf Dich und Dein Kind zu beziehen, vielleicht fragt der Mann, der Euch entgegenkommt, ja seine Frau wirklich nur, ob sie die Parkuhr richtig gestellt hat und meint gar nicht Euer Kind.

In offen unangenehmen Situationen, wenn jemand also laut "oh das blinde Kind" oder so sagt, dann antworte doch auch. In solchen Situationen kannte ich nix, da hab ich zb gesagt "ja, er hat ne Kopforthese, aber hören und verstehen kann er Sie schon gut!"


Alles Gute Euch!

Bearbeitet von DORFkind77
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Mit Unwissenheit und / oder Mitleid kann ich umgehen. Die Menschen sind ja nicht böse bzw. im Gegenteil "zu" Mitfühlend.

Aber ja, es nervt durchaus gelegentlich.

Falls du es noch nie gesehen hast: Es gibt einen Youtuber/Tiktoker der seit ca einem halbem Jahr ziemlich gute Aufkläreungs- und Awareness-Videos dreht und die auch eine für diese Niesche beachtliche Verbreitung finden. Manchen Menschen wird dadurch auf höfliche Weise klar, dass es dumm ist auf einem Blindenstreifen zu stehen usw.
Andere Menschen werden selbst dann entweder zu ignorant, abwesend etc sein.

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Ich verstehe deine heftigen Emotionen, sie helfen euch aber nicht.
Die Menschen in deinem engen Umfeld kannst du aufklären und hoffen, dass mit der Zeit mehr Verständnis und ein besserer Umgang mit der Situation entsteht.
Die Menschen "auf der Straße" kannst du kaum verändern.
Letztendlich hast du zwei Möglichkeiten :

Deine Wut und deinen Hass nutzen und konstruktiv in Aktionen in eurer Stadt einsetzen. Z. B. Für Aufklärungskampagnen (vielleicht mit anderen zusammen) oder für Begegnungen/Sportverein für Gesunde und Blinde.

Oder du akzeptierst, dass du die anderen nicht ändern kannst und nutzt deine Energie da, wo sie etwas ändern kann.

Jetzt sind diese heftigen negativen Emotionen nur "Energieverschwendung" und schaden dir und deiner Familie.

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Ganz schön ungerecht solche aggressiven pauschalisierenden Aussagen. Andere Menschen können nichts für die Blindheit Deines Sohns und Du kannst auch nicht voraussetzen, dass alle den richtigen Umgang damit kennen. Es steht Dir aber frei, aufzuklären und Info zu vermitteln, was ein guter Umgang wäre.
-Und ich kenne dies auch nicht so. Wenn ich Leute mit Behinderungen sehe, dann nehme ich sehr oft war, dass andere Menschen eher hilfsbereit sind. Das würdest Du aber vermutlich gar nicht mehr wahrnehmen, da Deine Aufmerksamkeit ja so auf potentiell bösartige Menschen ausgerichtet ist.

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Das kann ich nur so unterschreiben.
Ich würde zwar jederzeit ausweichen und natürlich Rücksicht nehmen und hilfsbereit sein, da ich aber niemanden in meinem Umfeld habe der blind ist, kenne ich leider nicht jede Einrichtung die es für Blinde in öffentlichen Gebäuden oder auf der Straße gibt.
Und wenn ich ja eh nicht gucken soll, wie soll ich dann sehen, dass da jemand ist, der blind ist und meine Hilfe braucht.

Und diese Pauschalisierungen finde ich auch schrecklich. Ist das gleiche wie bei Motorradfahrern, die ja alle gleich sind, weil sich einer an der roten Ampel vordrängelt.
Die 10 die ganz normal hinten anstehen sieht man nur leider nicht.

Liebe Grüße

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Hallo, generell gesehen verstehe ich Hass gegenüber Menschen, aber ehr in andere Richtungen.

Wie soll man sich verhalten in eurem Fall? Ignorieren?

Also Platz machen und so tun als wäre nix? Klingt vllt logisch, aber man sieht es auch selten.

Ich würde ehrlich gesagt auch hinschauen und denken, wow Respekt wie die beiden das hinbekommen. Und ja, er würde mir zu gleich auch leid tun.

Ich bin zb so eine, wenn ich jemanden mit Rollstuhl/Rollator etc sehe, frage ich oft ob sie Hilfe benötigen (an Bordsteinen, vor einem Regal..) vllt kommt das auch negativ an? So nach dem Motto, denkt sie ich bin nicht in der Lage es alleine zu schaffen?

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Liebe Bubenmama92,

Du solltest Dir Hilfe suchen, denn ein Hass auf fremde Menschen ist ein deutliches Zeichen, dass es Dir nicht gut geht. Suche eine Selbsthilfegruppe von bestenfalls anderen Eltern mit blinden Kindern oder körperbehinderten Kindern. Suche den Austausch, damit du merkst, dass es anderen ebenso geht, diese aber anders mit der Situation umgehen.

Die meisten Menschen haben kaum Berührungspunkte mit behinderten Menschen und wissen nicht, wie sie sich verhalten sollen. Vieles wird durch Unwissenheit gesagt oder getan und selten mit schlechter Absicht.

Gehe für Deinen Sohn offen mit seiner Behinderung um und vermittle ihm, dass er ein Mitglied in unserer Gesellschaft ist. Dass nicht jeder Mitmensch ihm etwas schlechtes möchte. Er spürt und registriert Deine Ablehnung, kann sie aber mit seinen 5 Jahren nicht einordnen. Du wünscht ihm doch, dass er sich irgendwann selbstständig in der Öffentlichkeit bewegen kann und sich dabei wohl fühlt und nicht jeden Mensch als potentielle Gefahr sieht.

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Dann möchte ich dir etwas erzählen, was sich so tatsächlich zugetragen hat.
Wir waren mit Freunden und ihren Kindern und unseren Kindern zusammen im Museum und waren gerade dabei ein Gebäude über eine Treppe zu verlassen. Auf der Treppe vor uns ging äußerst langsam ein älteres Ehepaar. Mein jüngster Sohn ging ganz normal, ohne irgendjemanden auch nur zu berühren, auf der linken Seite vorbei … wir alle hinter ihm. Auf einmal plärrte die Frau los, ob wir nicht sehen könnten, dass ihr Mann schwerbehindert sei und ob wir da nicht Rücksicht nehmen können. Er habe immerhin einen GdB von 70.
Ich gestehe, soetwas ist mir noch nie in meinem Leben passiert und ich war sprachlos. Nicht so jedoch unser Freund, der tatsächlich Lehrer ist. Er nahm meinen Jüngsten und sagte ganz ruhig zu der Frau, ob sie denn wisse, dass er einen GdB von 100 mit den Merkzeichen B, G und H hat? Eigentlich müsste sie ja zur Seite gehen, denn das Kind ist ja viel mehr behindert.

Bedenke immer, dass du nie weißt, wer dir gegenüber steht. Nicht jede Behinderung ist auf dem ersten Blick erkennbar. Wenn dich das Verhalten eines anderen ärgert, dann sprich es freundlich an.

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Das Verrückte ist, ich wollte gerade schreiben, dass die unangenehmsten Begegnungen, die mein schwerbehindertes Familienmitglied hatte, durch die Bank weg mit anderen Behinderten waren, die genau wie du es schilderst sehr offensiv-aggressiv auf vermeintlich Gesunde losgesprungen sind.

Sei es im Bus beim Behindertensitzplatz, beim Behindertenparkplatz oder ironischerweise Blinde, die so schnell gelaufen sind und dabei ihren Stock so forsch vor sich geschwenkt haben, dass der schwer Gehbehinderte nicht rechtzeitig ausweichen konnte, den Stock zwischen die Beine geschlagen bekam und deswegen gestolpert und gestürzt ist.

Jedes Schicksal ist ungerecht und schwer, aber nicht jeder der einem begegnet ist besser dran oder das geeignete Ziel für Frust.

Liebe TE: Du darfst es ungerecht finden und es gibt viele Menschen, die einfach nur im Tunnelblick vor sich hin hetzen, aber für dich und deinen Kleinen wäre es wichtig, wenn du/ihr eine andere Perspektive fändet. Wut darf mal sein, aber sie darf nicht euer Leben begleiten.

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Ich habe das Gefühl, diese große Wut, die du anderen Menschen gegenüber empfindest, ist ursprünglich die Wut auf euer Schicksal.
Du scheinst noch sehr mit eurer Situation zu kämpfen. Das ist ja auch klar. Aber du tust mit dieser Wut niemandem etwas Gutes.
Such dir Hilfe. Einen Gesprächspartner, psychologische Unterstützung, eine Selbsthilfegruppe, ……
Versuch, diese Energie, die du in die Wut steckst, lieber in Unterstützung für dein Kind umzuwandeln.

Bezüglich Rücksichtnahme hatte ich vor einigen Wochen ein seltsames Erlebnis.
Wir waren als Familie in einem Spaß-und Erlebnisbad. Rutschen, Strömungskanal, Massagedüsen, Kinderbecken usw.
Wir plantschten im Nichtschwimmerbecken herum, als mich plötzlich eine ältere Frau angeschrien hat in voller Lautstärke. Sie stand im Nichtschwimmerbecken. Sie hätte eine Augen-OP gehabt und sie darf kein Wasser in die Augen bekommen. Es sei voll unverschämt von uns, so herumzuplanschen. Wir sollten das mal erleben, wie das ist, krank zu sein. Wir könnten ja froh sein, dass wir gesund sind, und sie erwartet Respekt.
Ich war völlig baff.
Wer bitte geht in ein Spaßbad und erwartet, keine Wasserspritzer abzubekommen ?

Ich will das jetzt nicht mit deinem Kind vergleichen, dass alles Recht der Welt hat, ungehindert auf der Straße zu gehen.
Ich wollte nur sagen, dass die Sichtweise sehr verschieden sein kann. Je nachdem, ob man betroffen ist oder nicht.

Ich wünsche euch alles Gute und dass ihr auch auf Menschen trefft, die etwas positives in euer Leben bringen.

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"Ich habe das Gefühl, diese große Wut, die du anderen Menschen gegenüber empfindest, ist ursprünglich die Wut auf euer Schicksal."

Den Eindruck hatte ich beim Lesen auch.

Natürlich nerven mich andere Menschen manchmal. Mein Sohn nutzt einen Rollator und verhält sich nicht altersentsprechend. Vor allem über manche Ratschläge, die ich schon bekommen habe, kann ich nur den Kopf schütteln.

Aber da muss man an seiner eigenen Gelassenheit arbeiten, sich aufs Kind fokussieren. Es hilft weder dem Kind, noch einem selbst, wenn man ständig wütend ist.

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Nein, ich kenne das nicht.

Ich bin amputiert und natürlich starren da auch Leute drauf. Klar, warum auch nicht, ist was besonderes.
Mich stört auch, wenn sie dann schnell weggucken o. ä.

Manchmal spreche ich sie einfach darauf an. Viele Menschen hatten noch nie Berührungspunkte mit Behinderten oder mit dieser Art von Behinderung.

Manchmal ist es auch anders, als man denkt.
Ich bin mal vor dem Laden vom Fahrrad gestiegen, Kind aus dem Fahrradsitz gehoben. Zwei Frauen so in den 40ern hatten mich beobachtet, auch ziemlich offensichtlich auf meine Prothese geguckt, und getuschelt. Ich habe die beiden freundlich angesprochen und gesagt, dass ich ihnen gerne Fragen beantworten kann - ich habe kein Problem, über meine Behinderung zu reden.
Sie waren zwar etwas verlegen, haben mir aber dann gesagt, dass sie keine Fragen hatten, es einfach nur bewundernswert fanden, wie sicher ich unterwegs bin. Sie stellen sich das schwer vor, wenn man nur eine Hand so wirklich benutzen kann.
Ja, gut, ich finde nicht, dass ich Bewunderung brauche, aber meine Güte, sie meinten es lieb, daraus werde ich ihnen keinen Strick drehen.

Wenn du etwas hörst wie "der Arme", dann frag doch einfach mal: "Warum?"
Sie können sich wahrscheinlich einfach nicht vorstellen, wie das ist, wenn man nicht (oder kaum) sehen kann. Hättest du mich vorher gefragt, hätte ich auch gesagt, dass es absolut furchtbar ist, als Rechtshänder die rechte Hand amputiert zu bekommen. Da hätte ich auch jedem gesagt: "Du tust mir leid!" Heute würde ich das weit von mir weisen. Ich bin nicht arm dran (eher Arm ab🤭🤭), sondern ein ganz normaler Mensch.
Von daher: Lass deinen Sohn doch erklären, dass es ihm gutgeht und er glücklich ist.

Wenn sie auf dem Streifen stehen, weise sie freundlich darauf hin. Die meisten meinen es nicht böse, sondern sind einfach nicht achtsam.

Wenn du so einen Hass empfindest, dann empfehle ich es dir, professionelle Hilfe zu suchen.