Wahrnehmungsstörung und Erziehung

Hallo,

bei meinem Sohn (6) ist letzte Woche eine auditive Wahrnehmungsstörung festgestellt worden. Nun muss noch abgeklärt werden, ob er auch eine visuelle und eine sensomotorische Wahrnehmungsstörung hat.

Er bekommt mittlerweile seit mehr als 2 Jahren Logo, Ergo und einen Integrationsplatz in der Kita. Die Einschulung wurde ein Jahr zurückgestellt.

Nun haben wir schon relativ lange Probleme mit dem Verhalten von ihm und wissen nicht so recht, wie wir damit umgehen sollen. Wir wissen nicht, ob es an seinem Wesen oder an uns liegt.

Er ist immer nur am quaken, weinen und verweigern. Er sagt immer, er kann das nicht. Es ist nicht zum aushalten. Bei jeder Kleinigkeit fängt er das jaulen an.

Das geht schon morgens los, wenn er sich anziehen soll. Die Hose tut weh, die Socken sitzen nicht richtig, das T-Shirt kratzt. Er zieht freiwillig nur 2 Hosen an. Mehr nicht, wenn er die nicht bekommen kann, ist hier die Hölle los.

Ich bin, was das betrifft sehr konsequent. Er würde dann ohne Hose gehen, das möchte er ja auch nicht. In der Kita ist das so bei der Vorschularbeit. Er braucht Einzelbetreuung, sonst geht gar nichts. Gruppenangebote macht er nicht mit.

Er kann total lieb sein und hilft auch mal seiner kleinen Schwester. Ist total süß. Andererseits ärgert er sie immer und behauptet, dass sie ihn geärgert hat. Sie ist kein Engel, aber vieles bekommt man ja doch mit. Wenn er sich entschuldigen soll, heult er mindestens eine Stunde rum, bevor irgendwas von ihm kommt.


Ich weiß nicht mehr, wie ich noch reagieren soll und bin manchmal total überfordert.

Er möchte immer nur, dass einer von uns mit ihm spielt. Was anderes dürfen wir nicht machen. Er versteht das einfach nicht.

Ich spreche mit ihm in klaren kurzen Sätzen, weil man uns sagte, dass er das sonst nicht verarbeiten kann.

Ich schaffe es trotzdem nicht, dass hier mal einen Tag ein wenig Ruhe herrscht und alle ruhig und glücklich sind.

Er wirkt immer müde, auch wenn er gerade erst aufgestanden ist. Schläft schlecht und ist schnell überfordert.

Wir haben klare Regeln aufgestellt, die jeder von uns einhalten muss.

Kann mir einer helfen und mir mal ein paar Tipps geben wie ich mich am besten verhalten sollte?

Ruhig mit ihm reden bringt nichts, schimpfen auch nicht.

Ich bin von Haus aus ein sehr ruhiger Mensch und es dauert lange bis ich laut werde, aber momentan kann ich nicht mehr.

Danke für jeden noch so kleinen Tipp.

LG wunsch_fee

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Hallo liebe Wunsch-fee!

Ich kann Dir leider nicht alt zu viel schreiben, aber als ich den morgendlichen Ablauf gelesen haben, vor allem die Diskussionen wegen jeder Kleinigkeit, da musste ich sofort an meinen Neffen denken... der ist Asperger Autist...

Meine Schwester schildert häufig ähnliches Verhalten. Sie versuch den Tag sehr strukturiert und Berechenbar für meinen Neffen zu gestalten. Jetzt alles zu schildern würde den Rahmen sprengen, aber wenn Du Fragen hast, dann frag ruhig!

Ich hoffe, dass Du bald eine Diagnose oder ähnliches bekommst, die Dir hilft Deinen Sohn etwas besser zu verstehen und dass Du somit auch besser mit diesen Situationen umgehen kannst!

LG

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Hallo,

ich mußte beim Lesen auch gleich an Asperger Autismus denken...ist das mal untersucht worden?

Ansonsten, was das Weinerliche betrifft: dein Sohn ist nicht gesund, er hat handicaps von denen er weiß. Es gibt Kinder, die dagegen an arbeiten und allen zeigen wollen wie gut sie sind und was sie alles dennoch schaffen können und es gibt Kinder, die dadurch entmutigt werden-wie dein Sohn- und die sich aufgeben. Für die Weinen und "ich kann das nicht" das einzige ist, wodurch sie sich wertvoll fühlen und meinen, gesehen zu werden, die sich selbst wirklich aufgegeben haben, weil sie eben nicht sind wie andere.

Da hilft emotionale Stärkung durch Therapeuten oftmals nur noch.

Was kannst du als Mutter machen? Du kannst versuchen so normal wie möglich mit ihm umzugehen und ihn versuchen in allem, was er versucht, zu bestärken. Das erfordert natürlich viel Kraft, Geduld und Ausdauer und ist mit nem weiteren Kind auch schwierig. GRade wenn das 2. Kind gesund ist, fühlt das 1. Kind sich oft noch minderwertiger.
Es gibt für solche Kinder natürlich auch diesbezüglich Therapien, grad auch mit Tieren. Habt ihr Haustiere? Wäre viell auch etwas, wo er merkt, das ist seins, darum muß er sich kümmern, das kann er (mit Mama zusammen).
Du kannst auch versuchen, ihn sehr mit einzubinden, das er der Große ist, der seiner Schwester zeigt, wie das Leben funktioniert. Du schreibst ja, sowas macht er gerne mal. Ansonsten sind aber unter Geschwistern Streitereien bis zu nem gewissen Rahmen wirklich normal.

L.G

HAruka

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Hallo,

danke erst mal für eure Antworten.

Mit dem Asperger Syndrom konnte ich erst mal nichts anfangen. Hab mich dann reingelesen bin aber unsicher, ob es überhaupt zutreffen könnte, da nicht alle Punkte so sind wie beim AS.

Ja, er braucht viel Bestärkung. Die versuchen wir ihm immer zu geben. Er wird auch für winzige Kleinigkeiten gelobt und von uns bestärkt es immer wieder zu versuchen. Und ja, es ist anstrengend.

Momentan sind wir immer noch in der Abklärung. D. h. er bekommt nun schon seit mehr als 2 Jahren Ergo und Logo. Jetzt waren wir gerade beim Pädautologen. Dort wurde eben festgestellt, dass er auf jeden Fall eine auditive Wahrnehmungsstörung hat.

Nächste Woche haben wir einen Termin bei einer Psychologen um die anderen Sachen abklären zu lassen. Ist die Psychologing auch für AS zuständig oder muss ich da zu irgend einem besonderen Arzt?


Ich hoffe es ja nicht. Bisher hieß es überall, dass er an sich ein Kind wie jedes andere ist und nur langsamer als andere.


Er ist ja ein Frühchen gewesen und da hieß es immer wieder, dass es sich verwächst. Kommt denn AS bei Frühchen eher vor?

Ich weiß einfach nicht mehr, wo mir der Kopf steht. Irgendwann hat man immer mal ne Phase, wo man denkt, es geht so nicht weiter.

Ist sowas eigentlich vererbbar? Habe nämlich die leise Vermutung, dass auch mein Mann betroffen ist. Der zeigt ähnliche Züge in seinem Wesen, geht aber ganz anders damit um. Nur, dass es nie erkannt wurde.

Danke nochmals.

Lg wunsch_fee

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Hallo Wunschfee,

ja, Autismus ist vererbbar. Es gibt Familien wo mehrere Kinder betroffen sind. Aber sofern es Asperger ist, ist es eine "nette" Form von Autismus meist kombiniert mit hoher Intelligenz.

Bei meinem Sohn wurde letztes Jahr frühkindlicher Autismus auf hohem Niveau diagnostiziert- ich hätte eher Asperger gedacht, aber wegen der diagnostizierten Sprachverzögerung "geht" das nicht. Bis dahin lief er unter globaler Entwicklungsverzögerung (Motorik, Sprache, sozio-emotional).

Ich möchte nicht wissen, wie viele IT'ler bzw. Vorgesetzte Asperger sind- es gibt halt immer nischen, wo man damit gut leben kann.

Ich habe deinen Ursprungsposting jetzt nicht gelesen, werde es aber gleich mal machen und dir dann nochmal Rückmeldung geben.

LG Ninna

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Hallo, noch mal ich!

Die sensorische Empfindlichkeit kann ein Zeichen von Asperger sein- es gibt Kinder die tragen NUR eine Hose oder nur EIN Tshirt.
Auch der Kontakt zu anderen Kindern udn die Aufmerksamkeitsspanne kann gestört sein.
Das mit dem Entschuldigen kenne ich auch von meinem Sohn.

Aber , ich kann dir Mut machen: Mein Sohn hatte im Mai 2010 vom Kindergarten einen Bericht bekommen, der für mich sehr nach Asperger klang. Ich habe die Erzieherin danach gefragt , und sie meinte, sie hätte es nicht bewusst so formuliert, aber er hätte tatsächlich autistische Züge.

Dann habe ich mich mal hingesetzt und aufgeschrieben,w as mir an ihm auffiel und habe dann einen termin in der Autismusambulanz gemacht. Achtung! Nicht jeder Psychologe kann das diagnostizieren. man sollte sich umschauen, wohin man sich wendet. Schau mal in Rehakids unter dem Forum Autismus. Der User Markus B (selber Autist) hat eine Übersicht zusammengestellt der beratungsstellen, die gut sind und verschickt diese auf Anforderung und verleiht auch kostenfrei Bücher zum Thema.

Mein Sohn wurde auch ein Jahr von der Schukle zurückgestellt und dieses jahr hat ihm seeeeeehr gut getan. Er hat Freundschaften geschlossen, spielt Fussball nach Regeln (nicht nur nach seinen!) und ist sehr aufgewschlossen geworden und selbstbewusster. Das hat mit der Förderung im Kindergarten zu tun, aber auch mit unserem Wissen um seine Schwierigkeiten.

Nun kommt er auf eine Integrationsschule, die speziell den Förderschwerpunkt Autismus hat und Aspies (er wird so behandelt, als wär er einer) wunderbar integriert. zwei Lehrer in der Klasse , 20 Kinder, davon 5 mit Behinderung (darunter 2 Aspies) und dann noch ein Schulhelfer. Die Klasse bleibt bis zur 6. Klasse so bestehen und das Lehrerdoppel wechselt nur einmal nach drei Jahren um Konstanz zu zeigen.

Klingt alles erst mal blöd, aber man kann gut damit leben.

LG Ninna

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Bei unserem Sohn waren auch Vermutungen überWahrnehmungsstörungen eine Etappe auf unserem langen Weg zur Diagnose.

Mittlerweile hat sich herausgestellt, dass unser Sohn das Tourette-Syndrom hat, kombiniert mit Zwangsstörungen, Impulskontrollstörung und Störung der Sozialkontrolle.
Diese Häufigkeit an "Syndromen" und "Störungen" ist übrigens bei Tourette nicht die Ausnahme sondern eher die Regel.

Im Alter von 4 Jahren hat er mit einem "Schulterzuck-Tic" angefangen, den wir anfangs noch auf eine schlecht sitzende Jacke geschoben haben.
Dann kam der Blinzeltic (den wir für nervöse Unruhe hielten), später dann ein häufiges Räuspern und Grunzen.
Zu dem Zeitpunkt wurde dann auch die Diagnose gestellt.

Bei Kleidung ist mein Sohn auch sehr heikel: Das ist Teil seiner Zwangsstörung. Ein Tag, der in den falschen Klamotten beginnt endet für die gesamte Familie in der Zerreißprobe.

Unser Sohn wird mittlerweile medikamentös gegen Tourette und Zwangsstörung behandelt. Restlos helfen tut das nicht. Aber manchmal hilft schon das Verständnis, dass er für seine "Macken" nichts kann. Dass sein Gehirn halt "anders verdrahtet" ist als ein gesundes Hirn.

Und letztlich fordert man von einem Diabetiker ja auch nicht, doch bitte endlich mal Insulin zu produzieren und die lästigen Zuckerschocks jetzt bitte mal zu lassen. ;-)

Seit wir das so sehen, ist es zwar noch nicht Entspannung pur, aber es gibt deutlich weniger Krisenherde als früher.


Liebe Grüße,

3wichtel

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Hi

dein posting hat mich sehr berührt.

Die Erschöpfung und Hilflosigkeit obwohl ihr auf dem richtigen Weg seit im Alltag. ( sind viele andere nicht- du machst das sehr gut ! ) ich kann das soooo nachvollziehen....

Hab die Beiträge durchgelesen: jeder hat seine Erfahrungen und du hast viele gute Tipps bekommen weshalb ich dich nicht zutexten will.

Nur soviel:
Ich glaube, dein Sohn ist mit "Wahrnehmung" ( oder der Verabeitung der Wahrnehmung ) in mehreren Bereichen absolut überfordert.

Er braucht immer das selbe ( Hose/ Shirt usw. ) weil ihm wiederkehrendes, Bekanntes, Sicherheit gibt.
Auch das dauernde Beschäftigen müssen mit ihm gibt ihm Sicherheit.
In diesem Fall den eigenen sozialen Stand und das er dich "sicher" hat.
Ich glaube, auch da hat er KEINE Wahrnehmung auf die er sich "verlassen" kann. Dafür spricht auch der Umgang mit seiner Schwester.
Er weint nicht weil er sich nicht entschuldigen will sondern weil ich nicht versteht was er falsch gemacht hat wenn ihm jemand sagt das er es falsch gemacht hat.

Aus meiner Erfahrung mit meinen Töchtern weiss ich, dass sich die Diagnosen völlig mischen können ( glücklich der, der sagen kann: mein Kind hat Asperger! oder AD(H)S! oder, oder, oder, so )

Meine hatten Wahrnehmungsstörungen.
Autismus und ADS waren einfach diagnostizierte "Co- morbidäten"- also Dinge die als Zugabe dabei waren.
Vor noch ein paar Jahren hat man das cerebrale Dysfunktion genannt was nichts anders heisst als:
Gemisch von vielem was irgendwie an der Verabeitung im Hirn liegt was aber keiner sauber auseinanderdiagnostizieren kann.... ;-)

Meine z.B haben u.a. jahrelang Schleichtiere auf Macken in der Bemalung untersucht und sie sortiert aufgestellt ( Autismus ),
konnten das Türloch beim durchgehen und das Glas beim Eingiessen nicht treffen ( Körperwahrnehmung ),
sich nicht strukturieren (ADS),
Veränderungen im Alltag ( Kleidung, Essenszeiten, bekannte Abläufe ) nicht verarbeiten (Autismus)
ihren Handlungsplan nicht zu ende bringen (ADS ),
sind mit Schlappensocken in linksverkehrte Schuhe gestiegen und Kilometer ohne klagen gelaufen ( physische Wahrnehmung )... die Liste könnte lang werden....

Aber: beide sind sehr beliebt, haben viele Freunde, sind sozial kompetent und werden von Lehrern bzw. Gruppenleitern als sozial und "ausgleichend" in der Gruppe geschätzt. ( KEIN Autismus und KEIN ADS ).
Dafür haben sie aber tagelange "Kopfschleifen" ob sie wohl richtig reagiert haben und ob es wohl richtig war was sie da oder da gesagt haben ( keine soziale Wahrnehmung )

beide sind jetzt 19 und tragen z.B. immer die gleichen 2 Jeans obwohl sie bestimmt 6 haben. Glücklicherweise können sie inzwischen selber die Waschmaschine bedienen und wir lachen drüber.....

wie also lautet die Diagnose? lach

So wie du es machst, machst du es gut. Du gibst und forderst Strukturen. Das passt für alle Kinder, besonders für unsere.
Gib dem Sicherheitsbedürfnis wie z.B. immer gleichen Klamotten nach. Man kann das erweitern.

Es wird besser werden. Versprochen.
Durchhängen und keine Lust mehr haben ist WIRKLICH erlaubt!
( ich hab aktuell auch ( mal wieder ) nen Hänger: zieht bitte aus, bitte, bitte, zieht aus ...... lach )

und vor allem wünsche ich dir ganz viel Kraft.
nimm dir Auszeiten

liebe Grüße
Petra











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Hallo,

genau das hat mein Sohn auch, heute ist er 10 Jhare,im Moment stationär wegen Tests, meistens bentigen die Kids Medikamente,damit es beiden besser geht,sowohl Kind als auch Eltern.Die Kinder machen das nicht mit Absicht,sie können auch nicht aus Ihrere Haut,glaube mir.Ich habe mich über Jahre auch gewehrt gegen Medis,nun muss er ,weil es überhand nimmt,es geht ihm besser.
Versuche es so genau wie möglich abzuklären.

Die Kinder fühlen sich auch nicht wohl,aber sie können nicht anders,versuche einen Smily Plan zu machen mit einem kleinen Ziel in der Woche, am Ende der Woche bekommt er eine kleine Belohnung,wenn er z.b morgens seine Hose angezogen hat ohne zu nörgeln.Setzte ihn kleine Ziele,die r auch schafft,wenn er etwas postives damit verbindet,fällt es ihm leichter.Nächste Woche dann ein anderen Ziel mit Smily sammeln.Das ist erstmal ein Anfang und zur Überbrückung.Ich kann mir sehr gut vorstellen,wie es dir und der Familie geht. Trotzdem Kopf hoch, es geht immer weiter

Gruß Anke

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Huhu, sorry kann dir leider nicht helfen, aber ich habe genau das selbe mit meinem Sohn, er leidet an wahrnehmungsstörungen in allen bereichen, er wird im Februar 5 und verhält sich genau wie dein Sohn.

Wir bekommen Hilfe von der Frühförderstelle.
Schreib mich ruhig an.:-)