Hausgeburt

o9.o3.o9 Hausgeburt ;-)

Für meinen Mann und mich stand fest, dass wir uns nicht mehr in die Hände von irgendeiner Hebamme ins KH begeben wollten. Die Erfahrungen bei den Geburten zuvor hatte uns völlig die Lust darauf verdorben. Und da ja nun das 4te Kindchen auf dem Weg zu uns war und die Geschwister zuvor alle spontan und ohne irgendwelche Komplikationen geboren worden waren, stand dem nix im Wege, außer eine zu uns passende Hebamme zu finden.

Die erste Hebamme, die zu uns kam, verlies uns in der 27ten Ssw wieder. Sie hatte einen Bandscheibenvorfall und war völlig außer Gefecht gesetzt.

Nach einiger Suche wurden wir im Hunsrück fündig. Zwei Hebammen, Heike und Dorothee erklärten sich in der 3o SSw bereit, mit uns das Kind zuhause zur Welt zu bringen! Unsere Freude war groß und dem Abenteuer Hausgeburt stand nichts im Weg!

Inzwischen war unser Schlafzimmer mit allem bestückt, was für ne Hausgeburt so von Nöten, aber unser ersehntes Kind lies auf sich warten.

Bei ET +11 hat die Fruchtblase unserem Mädchen dann vorsichtig erklärt, dass es jetzt Zeit wird sich die Welt da draußen anzusehen: hoher Blasensprung so um kurz vor drei Uhr in der Nacht.
Ich bin von den Wassertröpfchen aufgewacht und dachte nur angenervt:’ na toll, jetzt pischerst du auch noch auf den letzten Drücker ins Bett!’
In den kommenden 2 Stunden bin ich jeweils von einer schmerzenden Wehe aufgewacht, um 5 Uhr habe ich dann auf der Toilette entdeckt, dass ich zeichne :-)!!
yow! Endlich, es geht los!! Ich habe meinen Mann geweckt, denn unsere Hebammen und auch wir rechneten mit einer zackigen Geburt.

Da ich ja schon die Nächte zuvor immer wieder Wehen hatte, war ich mir nicht wirklich sicher, ob ich unsere Hebamme schon benachrichtigen sollte, davon hat mich aber dann schnell die nächste Wehe überzeugt. Um 5.55Uhr habe ich nach Heike telefoniert. Sie sagte mir, dass sie sich jetzt einfach schon mal auf den Weg macht, denn es waren etwa 70 km zu uns zu fahren sie könne ja einfach wieder Heim fahren, falls es noch nicht losginge.

Mein Herzallerliebster hat dann erst mal die Oma angerufen, die die beiden kleinen Mädchen während der Geburt mit zu sich nehmen sollte und seine Schwester, die der Omi zur Hand ging. Ich habe dann mal meiner lieben Freundin am Händie erzählt, dass sich unser Mädchen auf den Weg gemacht hat, dass sie aber nicht zu kommen brauche, weil es von der Uhrzeit so prima passe und unser Sohn auch gleich in der Schule sei!

Wir hatten also sturmfreie Bude :-) ! Perfekt!!

Um 7.10 kam dann endlich die Heike mit Gebärhocker unter dem Arm und berichtete vom Schneesturm, durch den sie grad gefahren war um zu uns zu gelangen.
Um 7.15 : Portio verstrichen, MM 3-4 cm mittelstraff. Herztöne 130 – 140. Alles gut und die Stimmung supi!

Nachdem sich dann die Aufregung gelegt und mein Adrenalin sich im Blut verpufft hatte, wurden die Wehen regelmäßiger.
Ich bin um 9 Uhr in die Badewanne und um viertel nach zehn wieder raus, musste aufs WC zum pinkeln und ich bat Heike, zu fühlen, ob es voran ginge.
MM 4cm, dünn, Blase sehr prall, Kopf auf BE, Herztöne gut, habe dann mal Pulsatilla C200 genommen
10 25: Gelsemium C6 die Wehen wurden kräftiger, Heike und Martin frühstücken, wir scherzen im Esszimmer, veratmen Wehen, reden über den pubertierenden Sohn und die anderen Geburten. Zwischendurch stehe ich immer wieder am Esszimmerschrank, Martin reibt mir das Kreuzbein beim veratmen und meine liebe Hebi hält mir die Hand.
Unbeschreiblich entspannt ist die ganze Situation.
Mein Mann und ich vergessen Freudentränen und küssen uns. Eine liebevolle Zeit und immer wieder mal eine Wehe, die uns näher zu unserm Kind bringt.
Wehenabstand 5-8 Minuten.
10.40 Caulophyllum C6
11.40 jetzt werden die Wehen deutlich heftiger, ich tauch ganz allmählich in meine Welt ab.
Heike meint, ich sei mitten in der Übergangsphase und wir sollten uns nun mal auf den Weg nach oben machen. Martin hatte unseren Dielenboden im Schlafzimer mit Malerplane und Decken ausgelegt, die Matratze mit Laken-Plane-Laken bezogen, sodass wir nach der Geburt nur eine Schicht vom Bett nehmen müssten.
Wir sind also hoch und damit es nun endlich mal ein bisschen voran gehen sollte, beschlossen wir, die Blase zu öffnen. MM in Wehenpause 4-5cm, während der Wehe 7cm.
Ich saß auf dem Gebärstuhl. Unter mir mit Vorlagen alles ausgelegt und ein Schüsselchen. Wehe kam, Blase lies sich nicht öffnen.
Habe dann ein zwei Wehen wieder stehend am Wickeltisch veratmet.
Um 12.20 hatte ich nen leichten Druck nach unten, Heike hat die Fruchtblase dann mit ner Pinzette aufgemacht, die Herztöne von unserer kleinen waren gut.

12.40!
irgendwie geht es nicht voran. Ich habe starken Druck nach unten und einen ganz gemeinen Schmerz am Schambein, der mich verwirrt. All meine Konzentration gilt inzwischen dem Veratmen der Wehen, manchmal kann ich mich nicht berühren lassen so heftig schmerzt es.

(jetzt beim Revue passieren lassen sitze ich hier mit glühenden Wangen und verwechsele sogar die Zeiten beim Schreiben)

13.20 Herztöne werden alle 10 min kontrolliert, sind gut.
13.45 Versuch, den MM zu reponieren nicht möglich.
14.00 Heike fühlt, dass sich das Köpfchen falsch eingestellt hat und nicht zurückschieben lässt (sagt es uns aber nicht, damit die Situation so konzentriert und angstfrei bleibt)

Ich lege mich auf ihre Anweisung auf die rechte Seite, sie hebt mein Becken an und lässt mich aufs Bett fallen, ich spüre deutlich, wie sich der Kindskopf mit einem Mal in mein Becken einstellt. Heftiges Gefühl, gefolgt von dem Bedürfnis nun endlich mal feste zu Drücken. Ich bin am Rand meiner Kräfte angelangt und muss dass nun auch mal sagen: Leutz, ich habe keine Kraft mehr, wie soll ich dieses Kind nur rausschieben…
14.15
Herztöne 160, das Köpfchen schneidet ein. Ich liege auf der rechten Seite, mein Mann hält mir mein linkes Bein und sieht zum ersten Mal ganz genau, wie sein Kind meinen Körper verlässt. Heike flitzt ins Bad und holt mir nen Handspiegel:-).
Herrjeh, ich habe das Gefühl, dass all mein pressen nichts nützt und dass Kind einfach in mir stecken bleibt.
Unser Mädchen macht in mir eine Bewegung wie ein Fisch auf dem Trockenen – sie krümmt sich!! Und mir entfährt ein vorwurfsvolles:’ Lucie was machst du denn???’
Danach habe ich einfach nur noch das Gefühl, dass sie nun endlich aus mir raus muss und ich drücke und drücke, mit und ohne Wehe. Ihr Köpfchen ist geboren, die Nabelschnur verläuft unter ihen Armen und hinter dem Nacken vorbei, ist zu kurz um über den Kopf gezogen zu werden, Heike friemelt Lucies Ärmchen raus und jetzt kann ich sie endlich aus mir heraus schieben – irgendwie mit unbeschreiblichem
Kraftaufwand…!

Da lag sie dann blau wie eine Jeanshose um 14.20 vor uns.

Heike hat sie 2x abgesaugt, ihr Rescue – Tropfen auf den Nabel gegeben und Aconitum C30.
Sie hat sich nicht bewegt, keine Spannung, wie aus Gummi war unser Kind.
An mir ist das alles vorbeigezogen wie ein Film.
Martin rieb ihr den Rücken mit nem Handtuch, ich ihre Füßchen, wir riefen ihren Namen … Heike beatmet mit dem AmbuBeutel…

…Puls unter 100… aber eine pulsierende Nabelschnur… Schnappatmung…

Martin flitzt ans Telefon, der Arzt muss her… dann, nach 3 unendlich langen Minuten setzt ihre Eigenatmung ein und sie erwacht in unsere Welt, bekommt Arnika C30.

Nach 5 Minuten ist das ganze deutlich besser, und sie schreit sich die Last des Weges aus dem Körper.
Nun sind die kleinen Lungenflügelchen bis unten hin belüftet und sie trinkt an meiner Brust.

Gott sind wir alle erleichtert.

Martin holt für uns Hühnersuppe, die Angst ums Kindchen fällt sichtlich ab.

Dann machen wir uns ans vermessen:

Ihre technischen Daten: Gewicht 4020g, KU 35,5, Schulterumpfang:40cm Länge:51!

Ein wunderschönes Speckbébé – ihr Name ist Lucie Edina.

Um 14.45 wird die Placenta geboren – ebenfalls speckig:-p und vollständig und schillert im Licht seidig und in traumhaften Farben.

Um 15.30 untersucht Heike mich.
Ich habe keine Geburtsverletzungen (Ein 3faches Hoch auf Heikes Kaffee-Vorlagen-Dammschutz!!!) mein Blutdruck ist gut, die Gebärmutter auf Nabelhöhe und die Blutung ist normal.

16.00 Lucie wird noch mal untersucht. Ihre Lunge ist gut belüftet, die Herztöne sind gut, ihre Reflexe sind positiv und sie saugt gut an meiner Brust.

Heike verlässt uns nach einem harten Arbeitstag und fährt nach Hause.

Unsere Kinder kommen heim. Jetzt geht es zu sechst weiter.
Unfassbares Glück erfüllt unser Haus – umhüllt uns alle.

Am nächsten Tag erklärt Heike uns die Geburt. Sie hat ein Becken aus Stoff dabei.
Wahrscheinlich ist unser Kind wegen des plötzlichen hohen Druckes auf ihr Köpfchen bewusstlos geworden. Eigentlich dauert das Einstellen des Kopfes ja eine Gewisse Zeit.
Heike hat auf unsere Kraft als Paar vertraut und auch in meine, was ich ihr von Herzen danke. Allerdings war das ‚Fallen lassen’ ihr letzter Versuch das Kind frei zu bekommen. Bei einem Misserfolg wären wir ins Krankenhaus gewechselt und Lucie durch eine Sectio geboren.

Lucie hat die Strapazen gut überstanden. Kinderarzt und Osteopath sind zufrieden. Inzwischen schläft sie fast jede Nacht durch und macht uns alle sehr sehr glücklich



Größten Dank an die Hebammenpraxis Heike Gundert und Dorothee Mack in Kirchberg.
Ich wünschte, jeder Mensch hätte das Glück, von solchen Händen ins Leben begleitet zu werden.


#herzlich

„Und jedem Anfang wohnt ein Zauber inne, der uns beschützt und der uns hilft zu leben.“


Liebe Grüße,
Patricia





1

Hallo Patricia,

herzlichen Glückwunsch zu eurem kleinen Mädchen!

Wir planen auch eine Hausgeburt und dein Bericht hört sich so unglaublich entspannt und schön an. ich denke eure Situation war grenzwertig, so lange hätten warscheinlich nicht alle Hebammen gewartet und im Krankenhaus wärt ihr warscheinlich viel früher unterm Messer gelandet.
Lass dich bloß nicht unterkriegen wenn jetzt einige hier sagen du bist verantwortungslos.
Ich wünsche euch eine weitere tolle Zeit miteinander.

LG Denise

2

Hallo Patricia!

Wow was für ein Bericht!

Alles Gute für euch Sechs!

Grüße never

3


Wie schön, eine Hausgeburt ;-)

#herzlich-lichen Glückwunsch!


Lg, Fain


http://www.urbia.de/forum/index.html?area=thread&bid=43&tid=2028071

4

Wunderschöner Bericht, lese ja wirklich oft hier, aber heute hab ich echt Tränen in den Augen - wundervoll.
Wünsch Euch alles Gute mit Eurer kleinen Maus
LG, Sandra

5

Danke für diesen tollen Bericht!

GLG
Marjolaine

6

Wow - sehr schön geschrieben!

Und ehrlich gesagt für mich ein weiterer Grund, dass eine nicht ärztlich begleitete Geburt für mich niemals in Frage kommen könnte.

Alles Gute,
Andrea

14

Was hätte der Arzt denn anders gemacht? Ok, EVTL früher zur Sectio gerufen. Aber selbst in der Uniklinik Mainz wird alles versucht, es fällt in den Kursen immer wieder "die hätte bei uns wahrescheinlich keine Sectio bekommen... Wenn ich den Bericht richtig gelesen hab, waren zu jeder Zeit die Herztöne gut.

Aber der Arzt als Wunderheiler unter der Geburt ist immernoch ein weit verbreiterter Mythos (ja, Andrea, ich weiß, dass Dein Mann dieser Zunft angehört. Ich werd ja selbst eine davon, hoffe aber mir immer bewußt um meiner beschränkten Fähigkeiten zu sein!!)

Nix für ungut, Ma

7

Hey...

Ein schöner Bericht...:-)

Ich lese immer gerne HG-Berichte...

ich selber bekomme auch mein4. Kind und will , wie bei den anderen, wieder eine hausgeburt...:-)

lg

melanie

8

Herzlichen Glückwunsch#herzlich

ein wirklich toller Bericht.

Toll das ihr so klasse Hebammen an eurer Seite hattet.

Alles liebe
Ina

9

Hallo Patricia

Ich hab Gänsehaut beim Durchlesen bekommen.
Herzlichen Glückwunsch und Danke für diesen tollen Bericht.

Ich habe vor 2 Jahren meinen Sohn im Geburtshaus entbunden und es war das Beste überhaupt.

Alles Liebe für Euch 6

Séverine