Struwwelpeter

Hallo in die Runde,

zunächst: ich habe überhaupt nichts gegen Werke, die aus einem anderen historischen Kontext kommen. Ganz im Gegenteil: ich liebe zum Beispiel Märchen!

Und auch Heinrich Hoffmann finde ich nicht unsympathisch. Er war ja nicht der schwarze Pädagoge, als der er besonders in den 70ern dargestellt wurde, sondern ein Zyniker mit schwarzem Humor (und ein großer Kinderfreund!).

Jedenfalls bekam ich neulich mit, wie meine Eltern meinem 3,5-jährigen Sohn den Struwwelpeter vorlasen. Inklusive der Geschichte vom daumenlutschenden Konrad, die ihm doch nachhaltig in Erinnerung blieb.

Das halte ich doch für reichlich früh und finde es irgendwie nicht prickelnd. Es ist nicht so, dass es ihn sehr ängstigt, aber er erzählt schon immer mal wieder darüber, dass dem Jungen die Daumen abgeschnitten wurden.

Ich finde es prinzipiell gut, solche Werke am Leben zu erhalten. Nicht aus pädagogischer sondern aus kultureller Sicht. Aber muss man das einem 3-jährigen vorlesen? In meinem Umkreis herrschen dazu unterschiedliche Meinungen.

Ich geb es einfach mal zur Diskussion frei ;)

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Hallo,
ich gebe dir völlig Recht - ich finde es ebenfalls gut, wenn historische Literatur weitergetragen wird. Gerade Märchen. Auch Max und Moritz. Der Struwwelpeter allerdings ist für mich wirklich nur pädagogische Literatur und dürfte gerne hinten über fallen. Gerade die Geschichte mit dem Suppenkasper kann ja heutzutage ganz unerwünschte Folgen haben.

Dramatisch finde ich es jetzt aber nicht. Auch bei Max und Moritz werden die beiden am Schluss zu Mehl zermahlen. Und im Märchen landet die Hexe im Ofen und der Wolf im Brunnen.
Natürlich beschäftigt das die Kinder eine ganze Weile. Aber selbst wenn sie mal schlecht träumen:
Bald finden sie heraus, dass man zwar theoretisch in einem Brunnen ertrinken kann (also aufpassen muss!), dass einem aber niemand jemals die Finger abschneiden würde.

Seien wir froh, wenn unsere Kinder keinen anderen Grund für Albträume haben, als solche alten, schnell durchschaubaren Geschichten!!

LG!

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Hi,
ich mag die Geschichten nicht und habe sie auch nicht vorgelesen...ich finde auch die Bilder dazu eher verstörend...
und als kleine Anekdote: Wir bekamen als Kinder die Bücher vorgelesen, mein Bruder lutschte am Daumen, ich holte die Küchenschere und meinte wohl: der Daumen muss ab und er hielt den Finger hin und ich hab zugedrückt...zum glück war die Schere recht stumpf...außer ein bisschen blut ist nichts passiert...
aber hätte passieren können...

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Der Struwwelpeter bzw. die Geschichte von Konrad dem Daumenlutscher hat meinem daumenluschenden Sohn damals immer gut gefallen und er wollte sie immer und immer wieder vorgelesen bekommen. Er hat das nie auf sich bezogen, dass der Schneider mit der Scher also mal zu ihm kommt. Es hat ihn auch nicht ängstlich gestimmt, dass die Mutter sagte „ich geh aus und du bleibst da“.
Es ist nur eine Geschichte, kein Horrorfilm.
Ich habe aber festgestellt, weil ich das Buch schon mehreren Kindern vorlesen sollte, dass einige Kinder sehr berührt sind. Besonders Paulinchen mit den Feuerhölzern und den brennenden Bildern beeindruckt viele Kinder sehr. Da werden die Augen ganz groß, wenn ich vorlese, „Es brennt das Haupt es brennt das Haar, es brennt das ganze Kind sogar“
Da kommen immer Beiträge wie „Mit Feuer darf man nicht spielen!“
Also kurzum: Ich finde es okay dieses Buch Kindern auch heute noch vorzulesen. Manche Geschichten sind aber einfach blöd, wie die mit dem schwarzen Mohr und dem Nikolaus, der Kinder ins Tintenfass taucht. Die mag ich nicht. Obwohl ich’s einigen tatsächlich gönnen würde 😂😂😂

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Gerade die Geschichte mit dem Mohr kann man doch schon als frühes Zeichen gegen Diskriminierung sehen. Die Geschichte fand ich aber auch doof als Kind😅 heute bin ich eher erstaunt, dass mitte des 19. Jahrhunderts schon jemand ein Zeichen gegen Diskriminierung in einer Geschichte verpackt hat.

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Ich sehe es wie du. Allerdings muß ich sagen, daß meine Oma mir als Kind die Geschichten auch vorlas und ich es nicht auf mich bezog. Andererseits möchte ich trotzdem nicht das meine Kinder die Geschichten zu früh hören. Meine große Tochter (5) hat mit 3 mal was von Hensel und Gretel gehört (nur ein Lied, nicht die ganze Geschichte) und hat seitdem furchtbar Angst vor Hexen. Jetzt ist sie langsam bereit, das ich ihr die Geschichte mal vorlesen darf. Werde ich jetzt in Angriff nehmen. Auch bei dem Wolf und den Schweinchen, haben sie Angst vor dem Wolf. Also meine Tochter ist eher der ängstliche Typ, da muss man es definitiv langsam angehen. Aber ich finde ein 3 jähriger braucht diese Geschichten tatsächlich einfach noch nicht zu hören.
LG

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Unser Sohn hat den Struwwelpeter mit drei Jahren geliebt. Musste jeden Abend vorgelesen werden. Natürlich haben wir die Texte verständlich erzählt, aber so dass der kern der Geschichte erhalten blieb.

LG

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Ich finde den Struwwelpeter völlig in Ordnung zum Vorlesen. Man kann das absolut kindgerecht erklären und meine Kinder haben da immer andächtig zugehört, wenn mein Mann das vorgelesen hat.

Als Kinder einer Geschichtslehrerin und frühe Museumsbesucher sind meine Kinder ohnehin quasi gewohnt, nicht nur den lila Laune Bär zu sehen. ;-)

Sie wissen selbstverständlich, dass man früher "Neger" gesagt hat, dass das aus dem Lateinischen kommt und "schwarz" heisst, dass das heute nach Jahrhunderten der Diskriminierung als Beleidigung verstanden wird und dunkelhäutige Menschen so nicht genannt werden möchten. Dazu müssen sie nicht den "Südsee König" in der Modernisierungsfassung von Pippi Langstrumpf vorgesetzt kriegen.

Ich ganz persönlich finde es viel schlimmer, wenn dreijährige Kinder ständig alberne Filmchen auf den iPhones ihrer Eltern und Großeltern sehen.

8

Hallo,

wir haben den Struwelpeter auch und dieses Buch wie auch Max&Moritz werden geliebt.

Klar sind die Geschichten makaber, aber man kann es ja lustig erklären. Ich persönlich habe unseren Kindern dazu erklärt, dass man früher solche Geschichten eben hatte, um zu erziehen in Form von abschrecken (Daumen ab/ in der Mühle gehäckselt). Früher war vieles anders und das verstehen die Kinder dann auch ganz gut.

Aber ich denke auch, das muss jeder handhaben, wie er es als richtig empfindet.
Deswegen auch die unterschiedlichen Meinungen von allen Seiten.

Liebe Grüsse

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Hallo,

ich fand das Buch als Kind ganz grässlich.
Diese Geschichte, wo das Mädchen mit den Streichhölzern spielt und dann verbrennt, hat mich ewig verfolgt.
Ich habe mich auf dem Gymnasium noch nicht getraut, Streichhölzer anzuzünden. #schwitz

Deswegen kennen unsere Kinder das gar nicht, und ich hätte mit Oma und Opa geschimpft, wenn die das vorgelesen hätten.

Dieses Buch gehört ins Museum und nicht in Kinderhände.

LG

Heike

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Mein Kind mag den Struwwelpeter auch nicht und ist immer noch erbost, wie ein Weihnachtsmann so etwas einem Kind schenken kann. (das war väterlicherseits, da hatte ich keinen Einfluss)

Meine Eltern haben das Buch in einer Kinderversion, was echt schön ist, aber mein Kind will nun leider nichtmal das vorgelesen bekommen.

Ich finde auch, dass es erst ein Buch ist, was ab Selbstlesealter sein sollte. Ich mochte es damals ganz gern, aber ich denke auch, dass ich da schon älter war.

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Meine Mama hat mir unseren Struwwelpeter letztens für meine Jungs mitgebracht und ich hab ihn nach ihrer Abreise direkt in die Tonne geworfen. Ich erinnere mich noch an die Wirkung, die er bei mir als Kind hatte und ich hatte wirklich oft schlechte Träume. Sowas würde ich meinen Kindern niemals mehr vorlesen.