Schlecht erzogen oder nachgeburtliche Geschwisterkrise?

Hallo,

ich bin mit meinen Nerven langsam am Ende.
Seit ein paar Wochen, evtl vielleicht schon vor der Geburt (vor 8 Wochen) ist mein Sohn (4 Jahre) fast wie ausgewechselt. Er ist so frech geworden.

Erst dachte ich er testet jetzt einfach aus aber ich glaube er möchte Aufmerksamkeit (wenn es sein muss auch negative).
Er macht Sachen die er nie gemacht hat wo ich dachte sowas würde er nie machen.
Wenn wir was verbieten was schon immer eine Regel ist, entweder haut er uns, schreit uns an, spuckt das Essen dass er gerade im Mund hat auf den Boden, schüttet die Brösel vom Tisch/Teller absichtlich auf den Boden, schmeißt von der Oma die Handtasche durch die Gegend, schmeißt mein Handy runter, wenn ich sage es ist schluss mit Fotos anschauen. schmeißt den Müll absichtlich auf den Boden anstatt in Mülleimer,
will ein Brot, wenn das gemacht ist will er was anderes, erpresst mit Sachen wie: wenn ich nicht fernseh schauen darf dann geh ich auch nicht ins Bett, geht dann hinters Sofa dass man ihn nicht nehmen kann, wäscht sich nicht die Hände nach Toilette, braucht zum Essen ne Stunde, steht ständig auf, macht was er will. etc
Einmal hat er gedroht dass er sein Becher Wasser auf den Boden kippt wenn er nix süßes kriegt.
Hat er dann aber doch nicht gemacht,
Und er hört fast gar nicht mehr, er gibt auch meist keine Antworten, reagiert gar nicht wenn man was frägt.
Ich habe versucht ihm so viel Aufmerksamkeit wie möglich zu geben.
Oma fährt Baby spazieren, ich gehe auf Spielplatz mit ihm etc. Aber anscheinend ist es ihm zu wenig.
Er tut mir soooo leid, andererseits bringt er mich aber so auf die Palme, alles ruhig und freundlich bleiben bringt nix. Ich werde dann genervt, streng, lauter, so sehr ich mich bemühe anders zu reagieren, es gelingt mir nicht.
Der Kindergarten hat auch gesagt dass er total frech geworden ist und es sehr anstrengend ist seit ein paar Tagen, ob zu Hause irgend was los sei.

Was soll ich nur tun? Liegt es am Geschwisterchen oder hab ich von Haus aus was falsch gemacht?
Zum Geschwisterchen ist er übrigens zucker süß er liebt es total und zeigt keine Eifersucht. Daher hab ich es am Anfang nicht damit in Verbindung gebracht.

Wie kann ich denn liebevoll Grenzen setzen wenn er auf nix hört? Ich kann doch nicht alles durch gehen lassen. Es gibt halt nun mal Regeln.

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Hi,

also da würde ich tatsächlich auf Geschwisterkrise tippen. Es ist ja wohl erst seit einem kurzen Zeitraum so ? Also kurz vor der Geburt ? Das ist typisch.

Manche Kinder haben es kurz vorher, manche direkt nach der Geburt und manche noch später. Bei uns kam es erst, als die kleine so 3 Monate alt war. Ich hatte mich schon in Sicherheit gewiegt und dachte bei uns würde alles so rosarot weitergehen. Tja. 🤣
Es hat bei uns 8 lange Wochen gedauert (bei manchen ist es kürzer, bei manchen noch viel länger, kann man auch nachlesen). Junior wusste einfach nicht, wo sein Platz ist. Wie denn auch ? Es ändert sich eben trotzdem alles. Die Kinder müssen viel öfter warten, es können Sachen aus Rücksicht nichtmehr gemacht werden oder erst "später". Sie müssen die Eltern teilen.

Wir haben versucht unseren Sohn immer zu bevorzugen und haben das sprachlich auch begleitet. Mein Sohn war zu dem Zeitpunkt allerdings erst zwei. Aber ich denke, sowas hilft immer gut.
Es war denn ein "Nein, nun ziehe ich erst Junior an. Du musst warten" oder "Ich Stille dich gleich, jetzt bekommt erstmal Junior ein Brot" Unsere Tochter hat natürlich nicht geschrien aber war dann am quengeln.
Oder wenn die Kleine wirklich geweint hat, aber der Große hingefallen ist "Nun muss ich erstmal deine Brüder trösten, der hat sich dolle weh getan" ich habe sie dann meistens beide auf dem Arm gehabt. Aber diese sprachliche Begleitung hat ihn eben gut getan.
Aber es hat trotzdem eine Weile gedauert. Mittlerweile klappt es richtig gut zwischen den beiden und die Eifersucht ist weg. 😅

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Hi. Ich habe am Anfang auch versucht meinen Größeren zu bevorzugen. Hab neben dem stillen mit ihm gespielt. Da hat mein Mann schon gesagt: ist dir die Kleine egal?
Hat anscheinend nichts gebracht.

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Naja, aber die Kleine ist ja auch Grad erst da. Und der große muss sich da noch einfinden. Es kann ja durchaus länger dauern als bei uns.

Ich würde weiter versuchen ihn etwas in den Mittelpunkt zu stellen und viel mit ihm zu machen.

Manchmal dauern diese Geschwisterkrisen lange. Ich kann die raten das (Hör)Buch das Geschwisterbuch vom gewünschesten Wunschkind zu hören/lesen.

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Wir sind in einer ähnlichen Situation, nur dass das grosse Kind erst in ein paar Wochen 4 Jahre alt wird und das Baby noch ein paar Wochen im Bauch bleibt. Der Grosse ist seit einigen Wochen wie ausgewechselt. Das vorher kuschelige, empathische, vernunftbegabte Kind haut, schreit, kneift, provoziert, stachelt extra Streit an (kommt z.B. aus dem Nichts an und meint "Mama du weisst gar nicht wie man xy macht", "du machst xy falsch") - kurz, super Stimmung hier ;-) Dazu erfolgen natürlich sämtliche Aktivitäten mit maximalem Lärm, in der Wohnung wird gestampft anstatt gegangen, Dinge fliegen durch die Gegend, ... .

Wir haben es einen Monat mit schimpfen und relativ "harten" Konsequenzen versucht, also z.B. kein Sandmännchen wenn das Zähneputzen nicht gut klappt. Hat nichts genutzt, wir waren alle nur wütend und in einer Negativspirale. Er KANN sich aktuell einfach nicht regulieren, da müssen wir Grossen ran. Seit ein paar Tagen wählen wir unsere Kämpfe noch bewusster, schimpfen viel weniger (nützt eh nichts) und achten noch stärker darauf, eine ruhige und wohlwollende Grundhaltung auszustrahlen. Das war zuletzt superschwierig, da sein Verhalten - sorry - echt nur noch genervt hat. Ich liebe ihn über alles, aber beim 57ten Wutanfall pro Tag wegen Nichtigkeiten und jahrelang bekannten Regeln waren wir Erwachsenen auch echt am Limit. So langsam entspannt sich die Situation etwas. Ob das nach der Geburt des Babies so bleibt, weiss ich natürlich nicht, aber ich bin froh über die Trendwende.

Was hier auch hilft: ganz klare Strukturen schaffen mit möglichst wenig Spielraum für Blödsinn. Wir müssen ganz eng am Kind bleiben und unterstützen, da er beim kleinsten Öffnen von Abläufen anfängt, Quatsch zu machen. Früher konnte man sagen "Geh bitte ins Bad und wasch dir die Hände" - kein Problem. Heute steht gefühlt das halbe Bad unter Wasser. "Zieh bitte schon mal Pulli und Hose an, wir wollen gleich raus" - Trampolinspringen auf dem Bett. Ich versuche nun, ihm rechtzeitig Hilfe anzubieten, und begleite ihn wieder stärker bei diesen Aufgaben. Freies Spiel führt aktuell fast nur zu Wutanfällen, so dass wir wieder mehr lesen, basteln und basteln. Freies Spiel bei Müdigkeit geht gar nicht, da kommen ihm die wildesten Ideen. Bei Hunger wird er ungeduldig und frech.

Also zusammengefasst hilft uns: Hunger und Müdigkeit vermeiden, keine unrealistischen Erwartungen stellen, nur die wichtigsten Kämpfe führen, eng begleiten und unterstützen, viele gemeinsame Aktivitäten, viel viel viel lieb haben und sich selbst Pausen gönnen.