Schimpfen- Warum nicht und was ist das für euch?

Hallo ihr Lieben,

Ich habe gerade im anderen Thread über den Straßenverkehr gelesen, dass einige bedürfnisgerecht und ohne Strafen und Schimpfen erziehen.

Strafen weglassen verstehe ich und kann ich nachvollziehen (willkürlich, fürs Kind nicht nachvollziehbar, kein Zusammenhang zwischen "Fehlverhalten" und Folge, usw.). Das wollen wir auch nicht.

Aber was ist das schlimme für euch am Schimpfen und was ist das überhaupt für euch? Ich bin ja ein großer Fan von authetischer Erziehung: Auch Mama und Papa sind nur Menschen und auch, wenn wir "großen" unsere Gefühle natürlich in Bezug auf die Kinder etwas im Griff haben sollten bzw. halt kindgerecht ausleben sollten, sind die Gefühle halt da und haben ihre Berechtigung.

Wenn ich mich jetzt also ärgere, weil mein Sohn nach mehrmaligem Auffordern inkl. Erklärung und Ankündigung der Konsequenz immer noch Mist baut, "darf" ich dann nicht lauter/schärfer werden in der Stimme?

Natürlich gibt es hier auch keine Beleidigungen und kein "nie machst du..." und "immer bist du...".
Ist das mit Schimpfen gemeint? Was versteht ihr darunter?

Liebe Grüße
Merveilleux

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Puh, heiklere Thema.

Ich bin eindeutig Pro schimpfen, wenn es notwendig ist. Grenzen sind Teil der Gesellschaft. Und manchmal muss man auch mal laut werden um diese Grenze aufzuzeigen.

Das hat aber nichts mit willkürlichem herum schreien, herunterputzen und Macht ausüben zu tun. Sowas hat in der Erziehung nichts zu suchen.

Leider ist „Schimpfen“ in der modernen Erziehung aus der Mode geraten, was ich für Falsch halt.
Ich höre immer häufiger zartes Gesäusel: „XY bitte tritt deinem kleinen Bruder nicht immer ins Gesicht“. Der Bruder wird vermöbelt, XY wird liebevoll versucht was anderes schmackhaft zu machen. Da könnte ich kotzen.
Bei mir gibt es da klare Worte, und bei Wiederholung, geht es ab nach Hause. Unter den Augen rollen der Säuselmami‘s.

Wenn Kinder ohne schimpfen ihre Grenzen akzeptieren, super. Würde ich mir auch wünschen, ist bei uns aber leider nicht so.

LG

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"Das hat aber nichts mit willkürlichem herum schreien, herunterputzen und Macht ausüben zu tun. Sowas hat in der Erziehung nichts zu suchen."

Genau das finde ich auch.

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Eine meiner Nichten ist so ein Kind, da muss man nie laut werden. Ich hab sie fast täglich gebabysittet (über Jahre ) und ein einziges Mal musste ich lauter Nein sagen. Das war's. Leider ist meine Tochter das Gegenteil 😭

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Hei
Ein Beispiel. Wenn ich meinem Sohn damals drei mal erklärt habe mit dem Laufrad wird nur bis zu einem bestimmten Punkt gefahren und ihm auch die Gefahren erklärt habe und er fährt immer weiter dann ist das Laufrad für den Tag weg.
Und natürlich bin ich dann auch mal lauter geworden wenn ich gemerkt habe er fährt einfach weiter. Was wäre denn die Alternative gewesen?
Oft lernen Kinder aus ihrem eigenen Fehlern zb. Rutschen die Rutsche rückwärts runter oder stellen den Becher zu nah an die Tischkante und er fällt runter.
Wenn er von der Rutsche fliegt wird er es warscheinlich beim nächsten mal anders machen bzw den Becher nicht mehr so nah an die Tischkante stellen.
Ich finde ganz ohne strafen und schimpfen geht es nicht.

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Bei dem "Wir erziehen ohne Schimpfen" frage ich mich immer, ob die Eltern Heilige sind, wobei: selbst Jesus konnte ziemlich wütend werden😂😂
Ich glaube nicht, dass irgendjemand das schafft.

Ja, natürlich geben wir uns alle Mühe, nicht zu schimpfen. Wenn unsere Tochter nicht gehorcht, dann reden wir erst mal normal mit ihr, wenn das nicht hilft, dann wird der Ton ernster. Und manchmal schimpfen wir halt auch.
Ich in mir sicher, das wird noch häufiger vorkommen, wenn sie und ihr Bruder älter werden.
Ich bin zwar eigentlich ein ziemlich ruhiger und gelassener Mensch, aber auch meine Geduld hat ihre Grenzen und wenn die erreicht ist, dann schimpfe ich auch mal.
Ich finde es auch nicht schlimm, ich finde es sogar sehr gut.
Nicht, dass ich finde, dass man es darauf anlegen sollte, aber ein Kind sollte lernen, dass es Grenzen gibt und dass auch Mama und Papa nur Menschen sind.
Bei Kindern wird so viel Wert darauf gelegt, dass sie ihre Emotionen ausleben dürfen. Warum sollten sie nicht auch erleben, dass auch Erwachsene Emotionen haben?
Ich halte nicht viel davon, ein Kind in Watte zu packen und in einem Kokon aufwachsen zu lassen.

Wir wollen schon ohne Strafen erziehen, aber mit Konsequenzen.
Ohne geht es auch im Erwachsenenleben nicht. Konsequenzen gehören dazu und ich halte sie für sehr wichtig. Wenn unsere Tochter Bücher anmalt, kommen die Stifte weg (nicht für immer, versteht sich, aber für den Moment).

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Schimpfen heißt übrigens nicht anbrüllen, beleidigen, beschimpfen ... und erst recht keine Gewalt.

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Genauso sehe ich das auch! Ich frage mich dann halt immer wie das gar nicht lauter werden und meckern dann im Alltag wirklich funktionieren soll und sehe immer dieses säuselnde Hippie-und Sozialpädagogenklischee vor Augen.

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Ich gehöre zu dieser aus heutiger Sicht pädagogisch überaus unwertvollen Sorte mit der Ansicht "lieber 1x zu viel geschrien, als 1x zu viel beim Bestatter" - es ist durchaus passiert, dass ich auch Mal sehr sehr laut werden musste, aber ich habe gelernt es zu dosieren, und wirklich nur zu schimpfen, wenn alles andere nicht hilft. Ich halte es mit meinem Kind und ihren Freunden genau gleich, und die dazu passenden Mütter scheuen sich auch nicht, meiner Tochter die Leviten zu lesen, wenn was grobes vorgefallen ist. Ich bin sehr dankbar dafür, dass die Dynamik innerhalb unserer Gruppe halbwegs ähnlich ist, und keines der Kinder aus allen Wolken fällt wenn es Mal geschimpft wird.

Im gleichen Atemzug lobe ich allerdings auch überschwänglich, wenn in schwierigen Situationen "richtig" reagiert wird. Meine Tochter hat zb. einen sehr wilden, bewegungsfreudigen Charakter, aber Straßenverkehr sitzt (auch dank zusätzlichen Trainings der Krippe!!!) bombenfest. Stehenbleiben, an der Ampel drücken, warten, Unterschied zwischen rot/grün... ich finde es mit 2 1/4 keine Selbstverständlichkeit dass ich da aktiv nichts sagen muss, und das honoriere ich auch aktiv, indem ich ihr sage wie brav sie xyz gemacht hat.

Also nein, ich finde schimpfen nicht schlimm. Ganz im Gegenteil, ich glaube wenn man darauf achtet, dass es sich mit dem Lob in der Waage hält, ist es sehr gut auch Mal aufzuzeigen, wie mies eine bestimmte Aktion war.

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So musst du doch ständig jede Aktion deines Kindes bewerten und bist die Jury im Leben deines Kindes. Das wäre nichts für mich. Wenn wir eine Straße überqueren und nichts besonderes vorfällt, sage ich einfach nichts.

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Da geht es doch gar nicht um eine Bewertung, sondern eher um eine positive Bestätigung: Ich habe gesehen, dass du etwas toll gemacht hast und dich an die Regeln gehalten hast.

Das Kind bekommt dann einfach eine kurze Wertschätzung und seine Leistung wird gesehen und gewürdigt.

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Also negatives schimpfen ist für mich was ich manchmal auf dem Spielplatz höre:

Du bist eine Ziege
Du nervst/ hör auf zu nerven
Halt jetzt endlich Mal den Mund
Jetzt ist aber Feierabend!!

Ich finde aus diesen Aussagen kann ein Kind nur schlussfolgern: Mama mag mich grad nicht/es ist egal wie ich mich fühle Hauptsache ich bin jetzt leise o.ä.
Ich sehe daraus nichts positives entstehen.

Da wir menschlich sind, wie du auch sagst.. ist es halt so, dass man nicht immer ganz ruhig bleiben darf. Wenn meine Tochter mir sehr laut und Ohr schreit, dann rufe ich laut AUA!!! Und sage danach: du tust mir sehr weh!
Sie kann ja durchaus hören was ihr Verhalten mit anderen macht.
Wenn sie schlägt und nicht aufhört: du tust mir weh, hör auf damit.
Das finde ich natürlich.

Und ich finde es unrealistisch, dass man zum 20ten Mal liebevoll und ruhig: schatzilein bitte Leck die Klobürste nicht ab, das ist nicht gesund... Sagt.

Natürlich wird man dann energisch wenn das Kind es nicht akzeptieren möchte.
Aber Beleidigungen oder Aussagen wie oben finde ich einfach nicht nützlich.

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Deine Beispiele sind für mich aber nicht "schimpfen", sondern "beleidigen" bzw "beschimpfen".

In der Spielplatzsituation wäre "Schimpfen" für mich z.b. mit strengerem Tonfall zu sagen: "Xy, nicht Schubsen! Wir haben da doch vorher darüber geredet - und wenn das nicht funktioniert , gehen wir nach Hause!" und dann eben beim nächsten Schubser heimgehen."

Ganz ohne Beleidigungen oder so.

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Deine ersten Beispiele fallen für mich auch unter Beleidigungen und nicht unter schimpfen.

Und nein, ich würde auch nicht 20 mal freundlich flöten, man möge es unterlassen, die Klobürste abzulutschen. In manchen Situationen muss man schneller deutlich werden. Was für ein Kind "deutlich" ist, ist auch sehr vom Temperament des Kindes abhängig. Bei manchen Kindern reicht streng gucken, bei manchen eben auch nicht.

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Klassisches Schimpfen ist für mich mit Demütigung und lauter Stimme verbunden.
Strafen erinnern mich an die frühere Prügelstrafe, also keine Konsequenzen, sondern es soll nur weh tun.

Beides kommt für uns nicht in Frage. Erhebe ich auch mal die Stimme, wird der Ton schärfer? Ja. Ich schreie aber nicht. Wir beleidigen und demütigen nicht. Sondern wir verbieten und erklären die Regeln, setzen Grenzen. Körperliche Gewalt ist natürlich auch tabu.
Wir wenden aber Konsequenzen an: wer auf die Straße läuft, geht an der Hand; wer nicht anhält, darf heute kein Laufrad mehr fahren; wer Dinge wirft, bekommt sie erst morgen wieder. Wird geschlagen oder geschubst gehen wir nach Hause, denn so verhält man sich nicht auf dem Spielplatz oder bei Freunden (kam tatsächlich nur 1x vor). Wer sein Spielzeug kaputt macht, bekommt es weggenommen. Ist es schon kaputt, landet es im Müll und kann nicht mehr genutzt werden.
Wir fahren gut damit.

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Hallo,

Bei Kleinkindern finde ich Schimpfen nicht so angebracht. Ich finde, ich kann auch authentisch sein, indem ich zum Beispiel wütend bin, ohne gleich das Kind anzumotzen. Ich habe zum Beispiel meinem Großen von Anfang an beigebracht, dass er bei Wut mit dem Fuß aufstampfen soll (oder ähnliches). Ich sage dann auch schon Mal "Mann bin ich wütend!" oder erlaube mir ein "Orrrr" aber ich richte es nicht gegen das Kind. Ich zeige also die Emotion, ohne das Kind anzugreifen oder anzumeckern. Laut werde ich nur bei akuter Gefahr (bspw Kind will auf die Straße rennen - da muss das "Stop!" Dann natürlich laut genug sein, dass es auch ankommt BEVOR das Kind überfahren wurde) aber danach schimpfe ich nicht sondern bespreche ganz ruhig und freundlich, warum das gefährlich war.

Bei Kindern im Schulalter muss ich zugeben, dass ich auch mal meckern kann wenn mit voller Absicht provoziert wird. Da ist dann aber Beleidigen, Runterputzen oder so auch nicht drin.

LG :)

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Bei Kleinkindern (oder sogar Babys) bringt schimpfen einfach gar nichts, das sie es nicht verstehen. Sie machen ja auch nichts mit böser Absicht.

Wenn das Kleinkind also das Wasser auf den Boden schüttet, was bringt es laut zu schimpfen: "Ich hab dir doch gesagt, dass du das nicht machen sollst"?

Klar freue ich mich nicht darüber. Ich beschreibe dann die Situation: "Oh, jetzt ist der Boden nass und wir müssen das Wasser aufwischen."

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Mein Mann und ich sind da total gegensätzlich. Während er ganz ruhig bleibt und alles sofort vergeben und vergessen ist, mache ich klare Ansagen und bei mir folgen Konsequenzen.
Das macht es in unserer Patchworkfamilie schwierig, da ich mich eigentlich nicht in die Erziehung von K2 und K3 reinhängen will. Andererseits lebe ich auch hier und muss mit ihnen klar kommen. Und ich erwarte einfach gewisse Dinge von einer 8jährigen und einer fast 12jährigen.

Mal zwei Beispiele:

- K3 hat mit ungefähr sechs Jahren den Papa im Schwimmbad vom Beckenrand aus voller Absicht mitten ins Gesicht getreten.
Ich hätte mir das Kind geschnappt und wir wären gegangen. Er erwartet eine Entschuldigung und alles ist gut.
Für die Kinder bedeutet das, dass sie sich nur entschuldigen müssen und alles ist wie zuvor. Ich vertrete aber die Ansicht, dass es manchmal nicht mit einer Entschuldigung getan ist, besonders wenn Dinge absichtlich kaputt gemacht wurden.

- Wir saßen zusammen in einer Eisdiele. Die Kindsmutter hat auf der anderen Straßenseite direkt an einem Kreisel gehalten und den Kindern was zugerufen. Die Kleine war damals gerade fünf geworden und ist einfach auf ihre Mutter zugelaufen. Ein Schrei von mir und sie ist ganz knapp vor der Straße zum Stehen gekommen.
Ich werde nur laut, wenn es wirklich wirklich wichtig ist. Dann aber verlassen sich die Kinder auf mich. Das kann also nicht so falsch sein.



Auf mich hören die Kinder. Auf ihren Vater nicht. Ganz im Gegenteil. Er wird ignoriert. Er kann im Zimmer stehen und mit ihnen reden; die spielen einfach weiter und machen absolut nicht, was er möchte.
Ich gehe ins Zimmer, die Kinder schauen mich an und hören mir zu.

Unterm Strich bin ich mit meiner Erziehung erfolgreicher, was das Befolgen von Regeln und das ordentliche Miteinander angeht. Bei mir gibt es Konsequenzen. Ich muss aber auch nicht um die Liebe der Kinder fürchten. Ich bin ja nur die dämliche Stiefmutter. Mein Mann hat natürlich die durchaus berechtigte Angst, dass ihn die Kinder nicht mehr leiden können, wenn einmal ein böses Wort fällt.


Also, ich bin der Meinung, dass man durchaus lauter werden oder schärfer sprechen darf. Ich halte leider absolut nichts vom Säuseln, da ich täglich erlebe, wohin das führt.