Eigenes Aufwachsen vs selbst Eltern sein

Hallo ihr Lieben,
Mir gehen zur Zeit so viele Dinge durch den Kopf, dass ich gerne mal erfahren würde, wie es euch in der Situation geht und wie ihr damit umgeht. 😊

Unser Sohn ist etwas über 2 Jahre alt, ein toller kleiner Kerl, macht gerne überall mit, ist neugierig, lieb und hilft viel. Wir erziehen bedürfnisorientiert, allerdings auch konsequent wenn er jetzt auch mal testet ob und wo es Grenzen gibt. Er war ein Frühchen und fordert viel und intensive Nähe, auch wenn er kein Kuschler ist. Das zeigt er meist, dass er dann anfängt Quatsch zu machen wenn es mal nicht genug war... Er geht 12-16 Stunden pro Woche in den Kindergarten, damit ich in der Zeit arbeiten kann, alles andere machen wir zusammen damit sein Grundbedürfnis nach Nähe erfüllt ist.
Mein Vater sagte neulich mal, dass der Zwerg ja gar nicht hört (er beschäftigt sich immer toll mit unserem Sohn und auch sehr leidenschaftlich) - aus meiner Sicht war der Zwerg müde 18:30, hatte einen ausnahmsweise langen Tag ohne mich und hat dem Ausdruck verliehen, indem er seine Mütze auf den beiden hat fallen lassen (also wirklich kein großes Drama, hat sich aber geweigert sie aufzuheben und dann wurde es eine Art Machtkampf mit meinem Vater...) Als ich sagte es war ein langer Tag ohne mich und er wirkt müde, sagten meine Eltern „tja kein Wunder, so viel wie er dich hat, du musst aber ja auch mal wieder irgendwann RICHTIG (100%) arbeiten...
Ich hoffe ihr wisst, was in dem Moment in mir los war. Seitdem aber auch davor dreht sich in meinem Kopf so viel darum wie ich selber aufgewachsen bin.
Meine Mutter hat 2 Wochen nach meiner Geburt wieder Vollzeit gearbeitet, wir hatten ein Kindermädchen (dennoch eine schöne Kindheit unsere Eltern haben mit uns als kleine Kinder viel unternommen) mit viel Freiraum. Ich war aber ab 12 Jahren den ganzen Tag alleine, sodass nicht mal aufgefallen ist wenn ich Schule geschwänzt habe oÄ. Und ich obwohl meine Eltern mich über alles lieben, eine komische Beziehung zu ihnen habe, ihnen wenig von mir erzähle, sie aber auch nicht nachfragen. Klar, es gibt viel schlimmeres! Ich habe eine super Ausbildung finanziert bekommen, meine Eltern lieben mich sehr auf ihre spezielle Art und vergöttern ihren Enkel und helfen wo sie nur können.
Klar habe ich bei meinen Entscheidungen meine Kindheit und das schreckliche Alleinsein im Kopf und möchte meinem Sohn zeitlich ermöglichen mehr von mir zu haben, mit dem Kompromiss weniger zu arbeiten damit wir ihm trotzdem Ausbildung etc. Ermöglichen können.
Wir werden bald sehr viel näher bei meinen Eltern leben, uns täglich sehen und mir graut es jetzt schon irgendwie vor den Fragen/Erwartungen, die ich mir vorstelle. Gleichzeitig möchte ich meine Eltern nicht für ihre Lebensart verurteilen oder ihnen Vorwürfe machen. Ich bin allerdings recht emotional und glaube bei genug (empfundenem) Druck würde ich explodieren und genau das tun.
Kennt jemand von euch dieses Dilemma? Wie seid ihr damit umgegangen?
Ich habe überlegt in einem ruhigen Moment ein Gespräch dazu zu führen und „klarzustellen“ dass ich einen anderen Lebensweg für mich definiert habe und sie bitte diesen nicht in Frage zu stellen und mich dabei zu unterstützen.. oder auch als Brief (das Gespräch wollte ich eigentlich häufig schon führen und ist nie zustande gekommen).. habt ihr noch Ideen?
Ich will einfach nur die Bedürfnisse meines Kindes decken und das nicht nur wenn er ein Kleinkind ist... für mich ist es das Normalste der Welt, ich glaube aber nicht dass meine Eltern diese Bedürfnisse bei mir erkannt haben (damalige Zeit war Erziehung ja auch anders). Mir schwirrt das alles durch den Kopf ud lässt mich gar nicht mehr los.. wie seid ihr mit dem Thema eigene Erziehung und es selber anders zu machen umgegangen? Ich möchte sehr gerne ein enges Verhältnis für sie zum Enkel ermöglichen, dadurch ergeben sich natürlich auch potentielle Reibungspunkte.

Danke fürs lesen, es ist lang geworden.. 🙈 ich freue mich auf eure Ideen dazu...
Glg

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Ich würde da nicht so ein großes Drama draus machen. Warte doch erst mal ab, ob es sich überhaupt in die Richtung entwickelt, wie du befürchtest...
Falls ja, würde ich situationsbedingt reagieren. Also schon mal sagen, dass du es anders machst, als sie denken, dass es richtig ist. Und dass du ja dann auch das Problem haben wirst, falls es schief geht, und nicht sie. Sag ihnen, dass du deine eigenen Erfahrungen in der Erziehung machen möchtest. Ich würde da gar nicht soooo viel theoretisieren, erklären und begründen, warum du was wie machst. Meistens verstehen die Älteren das sowieso nicht, weil sie es ja anders gelernt und gemacht haben.

Also, einfach gerade raus, nicht verkomplizieren, mit der Bitte um Akzeptanz. Fertig! Mehr als nein sagen können sie eh nicht, und dann? Richtig: nichts 😄🤷‍♀️

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Danke dir, super geschrieben! 😊 Das Argument „mein Problem falls es schief geht“ finde ich super 😅😁👍👍👍

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Hast du ein engeren Verhältnis zu deinem Vater oder der Mutter? Führe dich ein Gespräch mit einem und erkläre einfach wie es dir dabei geht 🤷‍♀️
Nicht kompliziert machen, sondern einfach genauso sagen wie du es geschrieben hast, ohne Vorwürfe usw.

Und sonst einfach mal abwarten! Reibungspunkte gibt es immer egal bei was und in jeder Beziehung 😉

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Gute Frage! Mein Vater hält sich aus allem raus, ist aber recht unkompliziert, meine Mutter mischt sich bei allem ein und macht es sehr kompliziert! 😅 und vielen Dank! Du hast eindeutig recht 😊

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Hi!
Ich kenne es ähnlich. Ich hatte an sich eine sehr schöne Kindheit und meine Eltern haben im großen und ganzen alles gut gemacht, doch hätte ich mir als Kind öfter mehr Empathie gewünscht und hab mir als Kind schon gesagt, dass ich das anders mache, wenn ich mal Kinder hab. Es war halt oft ein das muss so sein und auf mein warum das nicht so sein soll wurde oft nicht gewartet. Ich mache ihnen auch keinen Vorwurf, man hatte früher einfach oft auch einen anderen Erziehungszugang. Sie waren ja grundsätzlich eh super nur hätte ich es mir halt etwas anders gewünscht. Ich versuche das bei meinen beiden auch so gut es geht durchzusetzen und entschuldige mich, wenn ich nicht so reagiere, wie ich es mir gewünscht hätte.
Meine dreijährige hört auch öfter nicht, was ja durchaus normal ist. Ich bekomme dann öfter mal so halb im Spaß Seitenhieb "na du hast ja ein schlimmes Kind". Ist auch nicht böse gemeint, ich fasse es aber doch als versteckte(?) Kritik auf. Ich sag dann einfach "ja was soll ich machen" im "Spaß" zurück und gut ist.
Die Frau von meinem cousin ist dafür dann wieder allen zu streng🤷
Wie mans macht, macht mans falsch.
Ich hab hier mal gelesen, jede Generation hat das Recht seine Kinder auf die eigene Art und Weise zu versauen...
Nimms einfach hin und sag ich mach das halt anders als ihr. Wenn man da nicht groß diskutiert, dann läuft das am besten. Weil jede Begründung läuft auf eine Kritik ihnen gegenüber hinaus und das fassen sie ja auch sicher nicht gut auf, weil aus dir ist ja offenbar auch ein gesunder Erwachsener geworden.
Lg

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Ja, genauso empfinde ich es auch!
Mir gefällt der Ansatz anders machen ohne zu begründen, dann fällt definitiv der Punkt mit dem Vorwurf weg.. 😊 super Idee! Vielen Dank 🙏

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Hier ist es ähnlich

Unser Sohn,1,5 Jahre alt, schläft von Anfang an mit bei uns im Bett. Wir lassen ihn nicht weinen, unnötig quengeln..
Er muss zu niemandem auf den Arm wenn er nicht will, zeigt er das er uns braucht , sind wir da usw
Am Anfang haben wir darauf geachtet das ihm Besuch nicht zu viel wurde.

Durften uns auch schon einige Sprüche anhören : er schläft nie alleine; er hat uns im Griff ; er muss auch mal nörgeln“ ihr verwöhnt ihn zu sehr; „ er braucht auch mal den Trubel- ihr beschützt ihn zu sehr..er wird dadurch überhaupt nicht offen usw.

Und was soll ich sagen- alles richtig gemacht , bis jetzt 🙈

Er ist total offen, lächelt alle an, auch fremde auf der Straße. Weint eigentlich nie, es sei denn er Herdbuch weh getsn( ist aber auch wahrscheinlich Typ Sache)
Was ich damit sagen will- hör auf dein Bauchgefühl.

Wir werden auch noch nie den Großeltern sprechen müssen. Ihnen erklären warum und wie wir es handhaben . Das müssen sie akzeptieren.
Such das Gespräch ohne Schuldzuweisung.

Früher war die „Erziehung“ anders..man wusste es nicht besser.

Meine Kindheit war schön aber mir wurde nichts zugetraut, alles abgenommen.
Dadurch hab ich kein gutes Selbstbewusstsein, kann nicht gut Entscheidungen treffen usw.
Die Kindheit ist einfach so prägend.

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Ohja... bei uns vieles gleich! 😊
Da fällt einem dann tatsächlich so ein Satz wie „der hat dich aber voll im Griff... jetzt hat er seinen Willen aber durchgesetzt“ oder was auch immer gleich so krass auf die Füße.
Ich wünschte ich könnte da einfach total gelassen drüber stehen 😅 und was kann ich nicht!?! 🙈😂
Oben gab es den tollen Tipp zu sagen wir machen es anders, aber ohne es zu begründen.. ich glaube wenn man das gut schafft, ist es ein guter Ansatz der sehr vorwurfsfrei ist... 😊 vielleicht auch eine Idee falls ihr das Gespräch dann mal führen wollt.. 😊👍

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Meine Eltern haben ihre Sache damals eigtl ziemlich gut gemacht und daher erziehe ich ziemlich genau so, wie sie es auch gemacht haben 😂 natürlich gibt es Unterschiede, aber nicht so gravierend. 😊

Trotzdem muss man sich bewusst machen: wir Kinder sind nun erwachsen und leben unser eigenes Leben, mit unseren Entscheidungen. Dafür muss man sich nicht rechtfertigen. Man muss es nicht gleich machen wie die Eltern. Die müssen es auch nicht gut finden, sondern akzeptieren.

Anders ist ja auch nicht unbedingt besser oder schlechter.

Wenn du nicht mehr „richtig“ arbeiten willst (siehst du, meine Mutter ist z.B. schockiert, dass ich demnächst 25-30 Stunden wieder arbeiten will und Motte schon mit 2 in die Kita geht 😂), dann ist das so. Da würde ich einfach sagen „wir haben es anders geplant.“ fertig!

Wenn dein Vater dein Kind betreut und abends um 18.30 Machtspielchen führen will - sein Bier. Ich würd es nur nicht MIR zum Vorwurf machen lassen ;)

Deine Kindheit ist deine Kindheit und du bist jetzt in der Rolle der Eltern, die Verantwortung für ihr Kind übernehmen und nicht mehr Kind, dass sich vor seinen Eltern rechtfertigen oder fügen muss. Das kann man auch freundlich und nett kommunizieren :)

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Du hast es absolut auf den Punkt gebracht 😉

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Sehr schön gesagt!👍 😊
Vielen Dank!!! Es hilft einfach immer wieder hier um Hilfe zu bitten und sie auch zu bekommen. 😍

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Zur Situation mit der Mütze: Ich sehe das immer wieder bei Eltern, z.B. letztes Wochenende, wo Schnee lag, dass andere Eltern am Schneehügel versucht haben, Erziehung bei ihrer offensichtlich schon erschöpften Tochter zu machen. Ich denke, je müder die Kinder sind, desto eher muss man ihnen Entscheidungen abnehmen und Diskussionen vermeiden. Ich hätte einfach zusammengepackt, ihm ohne Diskussion die Mütze aufgesetzt und ihn dann raus getragen.

Und das andere ist ein wiederkehrendes Thema, das man mit Eltern hat. Ich bin ähnlich wie du aufgewachsen. Die falsche Berufswahl, die falschen Hobbies, Erziehungsfragen etc. Bei mir ging das nicht ganz ohne Konfrontation mit ihnen. Letztlich geht es darum, dass du deinen eigenen Weg gehen musst und dass sie das akzeptieren müssen. Möglicherweise relativiert sich einiges, wenn sie mit der Zeit merken, dass vieles ganz gut kommt, auch wenn du es nicht so machst, wie sie es gerne hätten.

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Danke dir! Ohja mir tun diese Kinder immer sooo leid, offensichtlich totmüde und die Eltern statuieren ein unnötiges Exempel... 😔 ...ich denke auch, ich werde mich „positionieren“ müssen, weil es einfach zu viele Themen sind, die häufig unterschwellig angedeutet werden und das macht auf Dauer auch keinen Spaß. Hast du es mit deinen Eltern klar angesprochen? Wie ist es ausgegangen?
...bezüglich der Mütze war es schwierig, wir waren dort ein paar Tage zu Besuch, sonst hätte ich es genauso gemacht wie du schreibst. In dem Moment habe ich einfach mal abgewartet und habe im
Nachhinein mit meinem Vater in Ruhe drüber gesprochen. Er war tatsächlich dann nicht unempfänglich dafür. Ich denke mit ihm wird es einfacher als mit meiner Mutter.. 😅🙈