Ich habe ihn einfach vergessen

Letzte Woche kippte direkt vor mir ein Mann beim Überqueren der Ampel kerzengerade um und fiel mit dem Hinterkopf ungebremst auf den Asphalt. Ich schob gerade den Buggy mit meinem 26 Monate alten Sohn. Er war angeschnallt, ich betätigte die Bremse des Buggys, ließ mein Kind auf dem Fußweg im Buggy und lief dann zum Mann. Es waren viele Leute vor Ort, aber nur ich und eine andere Frau waren direkt am Mann, Sprachen ihn an, drehten ihn in die stabile Seitenlage, ... Ungefähr drei bis vier Minuten nach dem Sturz (schätze ich, gefühlt war es länger) fuhr zufällig ein Krankenwagen vorbei (andere hatten für den Mann schon die 112 informiert; dies war aber ein anderer Wagen). Zwei Sanitäter stiegen aus und unterstützten uns dann auch. Erst in diesem Moment, als mir gewissermaßen die Verantwortung abgenommen wurde, wurde mir klar, dass mein Kind mit mir unterwegs war und die ganze Zeit im Buggy saß. 😭 Eine liebe ältere Dame hatte sich zu ihm gestellt. Er war auch völlig entspannt und hatte interessiert zugeguckt, aber hätte ihn jemand mitnehmen wollen, hätte ich bis dahin überhaupt nichts gemerkt. 😢

Mich bewegt diese ganze Situation sehr. Mir ist klar, dass mein Gehirn in dem Moment nicht voll zurechnungsfähig war. Mir war sofort klar, dass der Sturz potentiell tödliche Folgen gehabt haben könnte. Aber ich ging bisher immer davon aus, dass ich auch in solchen Situationen NIEMALS mein Kind vergessen würde 😢 Das hat mich zutiefst geschockt ... Mehr noch als diese furchtbare Situation um den gestürzten Mann selbst leider. Und das schmerzt schon sehr. Ich wüsste so gern, ob er es geschafft hat.

Ich weiß gar nicht, was ich von euch lesen will. Ich musste es mir einfach mal von der Seele schreiben 😟

ELTERN -
Die besten Kinderwagen 2024

Top Preis-Leistung
schwarzer Kinderwagen Kinderkraft MOOVE 3 in 1
  • 3-in-1 Kombifunktion
  • geringes Gewicht
  • große Liegefläche
zum Vergleich
5

Ich finde es toll und richtig dass Du geholfen hast. Klar gibt es immer Horrorszenarien die man im Kopf haben kann. Aber eigentlich ist doch alles super gelaufen, ihr beide habt dem Mann geholfen, eine ältere Dame hat sich stillschweigend wie selbstverständlich um Deinen Sohn gekümmert. Eigentlich funktioniert unsere Gesellschaft in weiten Teilen noch so sozial und gesund wie sie funktionieren sollte, und Du hast einen Teil dazu beigetragen dass es so bleibt indem Du mit gutem Beispiel vorangegangen bist. Danke #pro

6

Sehr gut geschrieben. Es waren die richtigen Personen am richtigen Ort. Das just in dem Moment ein Kinderkidnapper vorbei kommt ist sehr unwahrscheinlich, aber ich kann dein Kopfkino verstehen 😬 ich denke du bist auch noch etwas "traumatisiert"

7

Danke, dass ihr alle so lieb seid. Mich verwundert es, dass ihr das alle anscheinend gar nicht als so schlimm wahrnehmt. Ich hätte wirklich niemals gedacht, dass ich mein Kind einfach komplett ausblenden könnte. Mir macht das Angst.

Wenn er nicht angeschnallt gewesen wäre (das war an dem Tag Zufall, weil er so rumgezappelt hat. Meistens saß er bisher unangeschnallt drin.), hätte ich ihn dann nicht "vergessen"? Ich befürchte leider doch. Ich habe nicht bewusst gedacht: "Oh toll, er ist ja angeschnallt und die Bremse fest. Dann kann ich ja zum Mann gehen". Die Bremse war sicher Routine, aber der Rest einfach Glück im Unglück, befürchte ich. In welchen Situationen kann mir sowas noch passieren?

Ich glaube, mein größtes Problem ist, dass ich angenommen habe, dass meine Mama-Antenne zuverlässig immer aktiv ist. Ich bin mir nun aber sicher, dass sie es ein paar Minuten nicht war - auf einer belebten Straße in einer unübersichtlichen Situation :-( Das bereitet mir so sehr Kopfzerbrechen, auch wenn ja diesmal meinem Kind nichts passiert ist.

weiteren Kommentar laden
1

Ich finde es ganz toll, dass du so selbstverständlich Erste Hilfe geleistet hast!

2

Toll, dass du Erste Hilfe geleistet hast. Und dein Gehirn hat in dieser Ausnahmesituation genau richtig reagiert. Dein Kind angeschnallt im Wagen und du hast die Bremse betätigt. Dann war für dein Gehirn das Kind in Sicherheit und du hast dich um den anderen gekümmert.
Du hast nix falsch gemacht. Ich verstehe, dass deine Gedanken jetzt kreisen, aber gleich an Kinderentführer zu denken...

3

Hallo Liebes,
Ich denke nicht, dass du ihn im wahren Sinne des Wortes "vergessen" hast. Er war da, du hast ihn angeschnallt und Buggy auf Bremse. Er war so gesehen sicher. Klar, sind viele Fremde unterwegs und es hätte viel passieren können, aber es ist es nicht 👍 Es war eine Ausnahmesituation und du hast sehr gut gehandelt ❤ Dem Kleinen Mann geht es gut und er hat sogar eine ältere Dame unterhalten (ich bin mir sicher sie wusste, dass du dem Mann hilfst und hat in der Zeit auf den Kleinen aufgepasst).
Mach dir bitte keine Vorwürfe. ❤

Liebe Grüße
Optimistin mit Daria (22 Monate alt)

4

Ich finde, dass du intuitiv richtig gehandelt hast. Du hast dem geholfen, der am dringendsten Hilfe gebraucht hat. Du hast den Buggy ja auf dem Gehweg geparkt, von daher war dein Kind ja schon mal in Sicherheit. Wenn es geweint hätte, hättest du dich sicher ihm zugewendet. Von daher kann ich kein Fehlverhalten erkennen.

9

Andere Situation: ich bin im Dezember als zweite am Unfallort bei einem schweren Verkehrsunfall gewesen. Ein Roller-Fahrer lag schwerverletzt auf der Strasse. Ich war mit einem kleinen schwarzen Auto unterwegs, mitten im Wald, Bundesstrasse, keine Haltemöglichkeut, es war bereits dunkel. Im Auto mit mir meine Jüngste hinten im Kindersitz. Ich hab den Warnblinker angemacht und ausgestiegen, hab mich aber nicht getraut, mich vom Auto zu entfernen, weil ich Angst hatte, dass jemand in mein Auto reinrast, das man - abgesehen vom warnblinker - schlecht gesehen hat. Da es eine Bundesstrasse war, waren schnell viele Menschen vor Ort, ich hab dann anderen zugerufen, was zu machen ist, Verkehr abbremsen, Warndreieck etc. Am Patienten selbst waren schnell Helfer.

Der Roller-Fahrer ist gestorben und ich denke täglich wenn ich vorbei fahre daran, ob ich falsch reagiert habe. Ich versuche mich zu erinnern, ob da schon jemand bei ihm war, als ich angekommen bin (ich war das zweite Auto am Unfallort, es war also jemand da aber ich bin mir nicht sicher, ob derjenige am Patienten war). Ich habe auch sehr damit zu kämpfen, ob ich alles richtig gemacht habe. Aber was ist richtig und was ist falsch? Wäre dort jemand mit 80 oder schneller in mein Auto gerast, hätte es die kleine vielleicht nicht überlebt. Aber habe ich RICHTIG reagiert? Was wäre besser gewesen? Helfen tut es jetzt nix mehr!

Ich finde was toll, dass du geholfen hast und im übrigen auch, dass du im Nachhinein reflektiert. Aber was wäre denn besser gewesen? Den kleinen mit Buggy direkt mitnehmen vielleicht - vielleicht auch nicht... er hätte im weg gestanden, hätte vielleicht geweint weil er Angst bekommen hätte in dem gewusel, du hättest dich nicht mehr aufs helfen konzentrieren können. Es war alles gut so wie es war. Und du hast deinen kleinen ja nicht beim Kaffeetrinken vergessen oder im kindergarten.

LG Bianca

16

Ich muss jetzt einfach fragen und bitte, bitte, sieh es nicht als Angriff. Was hast du denn erreicht indem du am Auto stehen geblieben bist? Hast du dich da nicht eher selbst gefährdet? Ich bewundere, dass du trotz Kind im Auto angehalten hast.

17

An mich hab ich in dem Moment eigentlich gar nicht gedacht. Ich habe den Notruf abgesetzt und mit Warnweste die nachfolgenden Fahrzeuge angehalten, mein warndreieck gesucht und es dem nächsten in die Hand gedrückt. Dann bin ich weitergefahren...

Naja weiterfahren wäre an der Stelle keine Option gewesen, es war ein wirklich schwerer Unfall. Aber vom Auto entfernen wollte ich mich eben auch nicht.

Schwierige Situationen sind das manchmal... 😪

weiteren Kommentar laden
10

Du solltest deinem Unterbewusstsein mehr zutrauen. Dein Körper hat in dem Moment viel Adrenalin ausgeschüttet, Du warst total fokussiert und auch Deine Erinnerung ist jetzt fokussiert, sehr wahrscheinlich hast du aber aus dem Augenwinkel wahrgenommen, dass es Deinem Kind gut geht, es ruhig und sicher ist und eine vertrauenswürdige Person bei ihm steht und es daher aus dem "Fokus" genommen. Du hättest anders gehandelt, wenn Dein Kind geschrien hätte. Du hast Dich in dem Moment um denjenigen gekümmert, der Dich gebraucht hat.
Und Deinem Kind hast Du etwas ganz, ganz wichtiges vorgelebt!!!

11

Ich kann mich nur anschließen: Hut ab! Du hast genau richtig reagiert! Man wünscht sich doch immer helfen zu können, wenn was passiert und du hast es getan. Das Gehirn kriegt wesentlich mehr (unterbewusst) mit als wir denken. Du hast automatisch dein Kind in Sicherheit gebracht und dann geholfen. Dein Hirn musste ihm in diesem Moment auch ausblenden, sonst hättest du nicht helfen können. Aber ich bin mir absolut sicher dass du gemerkt hättest wenn dein Kind geweint hätte. Und du hättest ihn auch nicht ausblenden können wenn du gewusst hättest, daß er nicht sicher ist. Dass in so einer Situation ein Kidnapper vorbei kommt, ist auch mehr als unwahrscheinlich und der Mann brauchte dich in der Situation mehr als dein Kind.
Es war ansonsten eine Extremsituation und da sind "extreme" Maßnahmen erforderlich
Du darfst darauf keine Rückschlüsse ud andere Situationen ziehen.

12

Hey
Ganz ehrlich, dein Sohn war in Sicherheit! Du hast die Bremse betätigt und ihn auf den Bürgersteig gelassen! Der Mann war in unmittelbarer Lebensgefahr! Natürlich muss man da helfen und wie sollte das gehen wenn man eine Kinderwagen dabei hat?
Also alles richtig gemacht, und auch von der Frau die bei deinem Sohn geblieben ist!
Ich finde es toll das es doch noch Menschen gibt die etwas weiter wie bis zur Nasenspitze denken!
Der Gedanke, das jemand deinen Sohn hätte mitnehmen können, ohne das du es merkst ist natürlich nachvollziehbar. Aber ich bleibe dabei, alles richtig gemacht!
Lg