Sicher Gebunden?

Habe mich gerade ein wenig in die Bindungstheorie eingelesen und mir dazu meine Gedanken gemacht... und mich natürlich auch gefragt ob mein Kind sicher gebunden ist. Ich finde es teilweise schwer das "richtig" einzuschätzen und würde mich freuen über eine Einschätzung "von außen"
Kindchen ist ca 2 Jahre alt, geht seit es ca 1 Jahr ist zu einer TaMu, Geschwister gibt es nicht. Eingewöhnung damals lief recht normal (zeitlich länger werdende Trennung, zwischenzeitlich Tränen, kleinere "Rückschlge") und nach ca 6 Wochen konnte Kind den ganzen Tag dort bleiben. Man merkt das es Spaß hat gut ausgelastet wird und gerne hingeht. Es ist idR 6-7 Std dort, dannach wird es von Mama oder Papa betreut.
Bringen- Kind wird abgegeben, Mama bleibt oft noch ein paar Minuten da, spielt mit dem Kind wenn es das möchte oder redet noch kurz mit der TaMu/den anderen Eltern, sagt das sie geht, bekommt einen Kuss es wird gewunken, Kind spielt weiter, ohne Theater.

Abholen-je nach Situation wird Mama freudigst begrüßt/umarmt oder kurz angeguckt und weitergespielt und nach einigen Minuten freudigst begrüßt
Spielplatz- Kind bewegt sich relativ frei, geht auch weiter weg, bleibt aber in Sichtweite; fordert Mama manchmal zu spielen auf, wenn fremde Kinder oder Eltern Kind ansprechen guckt es oder läuft zu Mama wirkt dabei ängstlich
Familie- Die Großeltern sieht das Kind nur alle 4-8 Wochen, bleibt aber problemlos mit diesen allein/geht auf den SPielplatz/einkaufen, auch über mehrere Stunden
Fremde- da wir in der Stadt wohnen ist Kind es gewöhnt Fremde um sich zu haben, schäkert in der Bahn zB auch mit diesen, reagiert aber geradezu panisch wenn jemand sie anfassen will, beruhigt sich dann bei Mama
Sonstiges- Kind "benimmt" sich bei der TaMu recht gut, bockt nur selten, fügt sich in die Gruppe, kann sich aber auch den anderen gegenüber durchsetzen, richtige Trotzanfälle hat es dort selten; ABER es kann richtigrichtig wütend werden, vor allem jedoch mir gegenüber- die TaMu ist dann immer sehr verwundert, Kind brüllt, wirft sich auf den Boden, haut um sich... aber NUR wenn Mama da ist, zu Hause auf dem Spielplatz passiert das auch "gerne" mal, am extremsten der Mama gegenüber, bei Papa fällt es seichter aus und bei der TaMu wie gesagt fast gar nicht. Je nach Situation nehm ich Kind in den Arm oder lass es allein (es sagt dann nein mama weg), um sich zu beruhigen, signalisiere das ich zur Verfügung stehe und helfe wenn es gewünscht ist.

So... was meint ihr dazu? Für welche Art von Bindung spricht solches Verhalten (oder braucht es noch mehr Beispiele)?

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Hallo,

Ich bin kein Fan davon, Kinder nach irgendwelchen Theorien zu erziehen. Wenn hier jetzt jemand sagen würde, dass ihr seiner Meinung nach eine schlechte Bindung hättet oder es noch verbesserungswürdig wäre, was würdest du denn dann tun? Klar, man kann versuchen bestimmte Verhaltensweisen zu ändern bei sich, aber es muss ja auch authentisch bleiben. Ich gehe einfach mal davon aus, dass du dein Kind über alles liebst, immer für es da bist und dein bestes gibst wenn möglich. Meiner Meinung nach reicht das, denn dein Kind wird merken, wenn du dich verstellst, nur um irgendwelchem Theorien gerecht zu werden.

LG, Liya

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Für mich klingt das gut.

Was sagt denn dein Gefühl? :)

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Die Bindungstheorie ist m.E. mal ernsthaft aktualisierungsbedürftig...

Nicht, dass sie falsch wäre, aber ich finde sie zu eng gefasst und zu einspurig auf die Mutter fixiert.

Ein Kind ist sehr gut in der Lage viele sichere Bindungen aufzubauen, nicht nur zur Mutter.7

Und soweit ich mich eingelesen hatte - korrigiert mich, wenn ich falsch liege - beruht die Einsortierung in Bindungsarten ja ausschließlich auf dem strange situation test. Also Mutter und Kind betreten völlig fremden Raum, völlig fremde Person kommt dazu, Mutter geht nach sehr kurzer Zeit einfach und lässt das Kind allein in der völlig fremden Situation zurück. Sooo, und dann gucken wir mal, wie viel Angst das allein gelassene Menschlein zeigt und wie es damit umgeht.

mal ehrlich: wann außer in absoluten Notfällen tun wir heutzutage unseren Kleinstkindern ohne Vorwarnung so eine Trennung an? In der Regel haben sie bereits den Ort und oder die Leute kennengelernt und idealerweise bereits weitere sichere Bindungen aufgebaut, so dass - wie auch bei Deinen Beispielen - so ein Kontext gar nicht zustande kommt. Deine Beispiele lassen also eine Einsortierung anhand dieser Theorie nicht zu.

Kinder, die tatsächlich solche Erfahrungen im Alltag machen müssen, vielleicht sogar öfter, haben meiner Meinung nach kein stabiles Umfeld.

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Ja, du hast völlig Recht. Und dieserTest kann auch nur von Fachpersonal ausgewertet werden. Und nur von etwa 12-18 Monate.

Ich denke auch, dass man ihn mal aktualisieren müsste. Stammt der denn nicht auch aus den 50iger Jahren, als Kinder als Säuglinge noch häufig schreien gelassen wurde? Und mütter noch ganz anders mit ihren Kindern umgehen? Und auch Säuglinge nach der Geburt nur zum Stillen zu Mama gebracht wurden?

Würde mich witklich interessieren, ob Kinder, die viel getragen wurde,...wirklich genauso reagieren oder doch "selbstsicherer" auftreten.

LG

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ich glaube der ist noch ein paar Dekaden älter. Jedenfalls aus einer Epoche, die ich nicht wieder braucht und kein Baby der Welt ^^

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Was hast du denn zu dem Thema gelesen? Bindung beruht vor allem auf einer bedürfnisorientierten Elternschaft. Im ersten Jahr geschieht Bindung durch körperkontakt. Ein Baby ist übrigens naturgemäß an seine Mutter gebunden. Die Bindung kann postnatal allerdings durch distanzschaffende Maßnahmen wie Kinderwagen, Schreien lassen, von jemand anders betreuen lassen etc verletzt werden. Ein sicher gebundenes Kind, also eines was die Erfahrung gemacht hat, egal was ist meine Mama kommt immer! Kann auch fremdbetreut werden ohne dass die Bindung zur Mutter leidet. Man spricht von einer unsicheren Bindung, wenn die Mutter im Leben des Kindes unterschiedliche Verhaltensweisen an den Tag gelegt hat zB mal lässt sie das Baby weinen, mal kümmert sie sich. Diese Kinder müssen permanent die Bindung zur Mutter aufrecht erhalten durch nähe, Aufmerksamkeit etc da sie sich ihrer nicht sicher sind.

Ein Baby was sich in einer fremden Umgebung auf Wanderschaft begibt ist zB sicher gebunden. Es weiß, dass Mama aufpasst. Andersherum ist ein Baby, was in fremder Umgebung bindungsverhalten aktiviert nicht unbedingt unsicher gebunden.

Du möchtest jetzt wissen ob deine Tochter sicher gebunden ist. Wenn du dich ihr gegenüber bedürfnisorientiert verhalten hast, dann wird sie auch sicher an dich gebunden sein. Diese Frage kannst du dir am besten selbst beantworten. Das ganze nennt sich auch attachement parenting und ist eine Theorie von William & Martha Sears. Falls du dich für weitere Lektüre interessierst kann ich dir "auf der Suche nach dem verlorenen Glück" und "dein kompetentes kind" empfehlen.

Liebe Grüße

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"Ein Baby, was sich in einer fremden Umgebung auf Wanderschaft begibt, ist zB sicher gebunden."
Das ist so nicht korrekt. Bei kleinen Kindern löst eine fremde Umgebung immer Angst aus. Das ist auch logisch. Ein Kind was abhängig von einer einer erwachsenen Bindungsperson jst, darf diese nicht so mirnichtsdirnichts verlassen. Das ist ja gefährlich.
Logisch wäre eine langsame und vorsichtige Erkundung und eine allmähliche vergrößerung des Erkundungsradius (entfernung zur bindungsperson).
Sicher gebundene kinder begegnen ihrer anfänglichen Angst mit einem anschmiegen an die bindungsperson und lassen sich von ihr dazu ermuntern, sich auf erkundungstour zu machen.

Ein Baby/Kleinkind, was sofort losstürzt, handelt gegen seine instinkte. Es erlebt die bindungsperson nicht als sicheren Hafen, sondern es sieht sich gezwungen, nach einer neuen bindungsperson, oder einem "ding" zu suchen, was verlässlich ist. Solche kinder hängen beispielsweise extrem an Gegenständen, oder sie sind völlig distanzlos fremden gegenüber. Sie empfinden wie alle kinder stress in fremden situationen, haben aber gelernt, dass das zeigen von angst nicht erwünscht ist.

In unsere Gesellschaft sind offene und freundliche Babys erwünscht. Kinder, die fremdeln sind "verzogen" und die mütter dazu "überbehütend". Der wunsch unserer Gesellschaft, nach eigenständigen Persönlichkeiten fördert die Erziehung zum unsicher vermeidend gebundenen Kind - zu erkennen an extrem egoistischen und egozentrischen verhalten im Schulkindalter.

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Also ich kann aus meinem Studium (Psychologie) und aus eigener Erfahrung mit meinem Kind sagen, dass ein sicher gebundenes Baby keine Angst hat sich in einer neuen Umgebung von der Mutter zu entfernen. Die Mutter ist ja weiterhin da und das Baby verlässt sich auf sie und erkundet die Umgebung. Aber egal, ich hab keine Lust darüber zu diskutieren.

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Also wenn du dich mit der Theorie auskennst, dann weißt du auch, dass die meisten Kinder sicher gebunden sind. Ich denke, man würde es teilweise als Laie schon erkennen, wenn das bei einem Kind nicht so ist, weil das Verhalten so extrem ist. Das sind dann oft vernachlässigte oder verwahrloste Kinder.

Letztendlich spielt auch die Persönlichkeit des Kindes mit rein. Ist es sehr neugierig und mutig oder sucht es den natürlichen Schutz der Bezugsperson.

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Finde ich immer gut, wenn man sich mit sowas mal auseinander setzt. :-)

ABER: die Bindungstheorie wird manchmal sehr einseitig beschrieben. Als hätte man alles richtig gemacht, wenn das Kind sicher und organisiert gebunden ist und als müsste man nur einen Fehler beheben, wenn das Kind unsicher oder gar unorganisiert gebunden ist.
Inzwischen ist man davon abgekommen, dass Bindung was stabiles ist. Der Bindungsstil, der zwischen einer Person und einem Kind beobachtet werden kann, entwickelt sich aus einem Vertrauensverhältnis zwischen den beiden. Vertrauen sich beide und nehmen sich beide so an, wie sie sind, ist eine sichere Bindung zu beobachten. Die Fähigkeit einer Person zur Perspektivübernahme (sich in jemanden hineinversetzen) und eine sicherer Bindungsstil hängen stark miteinander zusammen (ist aber kein zwingender Zusammenhang).

Was du beschreibst klingt sehr sicher gebunden.
Fremdeln ist ein gutes zeichen. Sicher gebundene kinder verhalten sich entspannt und fröhlich in der nähe der bindungsperson. Unsixherheiten (fremde Umgebung, fremde Menschen) werden interessiert und fröhlich in der nähe der bindungsperson erkundet (wenn sie auf deinem schoß mit fremden schäkert) jeh fremder eine Situation, desto kleiner der erkundungsradius. Dringt etwas fremdes in ihren erkundungsradius ein (fremde person will sie streicheln) zeigt deine tochter eine bindungsreaktion (schreien).

Dass sie nur bei dir richtigrichtig wütend wird, ist auch ein zeichen für eine sichere bindung. Bei dir kann sie sich sowas trauen. Bei dir darf sie austesten.