Arbeitsvertrag unterschrieben und dann doch kein Arbeitgeberwechsel

Ich arbeite seit einigen Jahren bei einem IT-Dienstleistungsunternehmen im Raum Frankfurt und bin dort für den Vertrieb zuständig.

Bei meinem aktuellen Arbeitgeber gibt es einige Punkte, die grundsätzlich verbesserungswürdig sind und mich dazu veranlasst haben über einen Arbeitgeberwechsel nachzudenken. Unser Inhaber möchte bei allem involviert sein und ich kann daher nicht so eigenständig arbeiten, wie ich möchte. Wenn ich z.B. einen Neukunden gewonnen habe, übernimmt er die Gesprächsführung in den Kundenmeetings zusammen mit anderen Kollegen aus der Geschäftsführung bzw. der Technik und ich bin eher nur nebenläufig dabei.

Auch bei historisch gewachsenen Kundenbeziehungen und Kontakten bin ich außen vor und auch Angebote / Preise bestimmen bzw. erstellen leider Andere. Und das auch selbst bei Kunden die ich akquiriert habe. Dennoch habe ich ein sehr gutes Verhältnis zu dem Inhaber und fühle mich nach langjähriger Firmenzugehörigkeit sehr verbunden. Die Situation im Unternehmen würde ich als sehr stabil beschreiben.

Mich hat vor kurzem eine Firma kontaktiert, welche in einem ähnlichen Umfeld tätig ist wie mein aktueller Arbeitgeber. Das Jobangebot war grundsätzlich sehr interessant und da es auch mit mehr Entscheidungsfreiheit und Verantwortung verbunden ist, habe ich es mir dann auch angehört. Zunächst im Rahmen eines 1-stündigen Webmeetings und dann auch in einem längeren persönlichen Gespräch mit der Geschäftsführung und zukünftige Kollegen aus dem Vertrieb. Im Anschluss habe ich dann auch ein Vertragsangebot erhalten.
Ich habe lange überlegt, ob ich wechseln soll oder nicht da ich doch irgendwie unsicher bin. Letztendlich habe ich noch einige Kleinigkeiten im Vertrag anpassen lassen. Es gab dann letzte Woche einiges bei meinem Arbeitgeber was aus meiner Sicht nicht in Ordnung ist und mich dann auch dazu bestärkt hat zu wechseln. Ich habe dann den neuen Vertrag unterschrieben.

Meinem aktuellen Chef habe ich noch nicht mitgeteilt das ich wechseln möchte. Bei einer Gelegenheit habe ich anderen Tag einig Punkte angesprochen, die mir nicht gefallen und er meinte dann man könnte über alles sprechen und es wäre wichtig gut zu kommunizieren. Zudem ständen in der Firma auch einige Veränderungen / Umstrukturierungen an. Jetzt habe ich ein sehr schlechtes Gefühl und bin mir nicht mehr sicher, ob es die richtige Entscheidung ist. Hinzu kommt, dass ich mir nach dem letzten Gespräch mit der neuen Firma auch nicht mehr absolut sicher bin, ob die Chemie dort stimmt und ob ich da letztendlich glücklich werde. Das Verhalten des Gesprächspartners war nicht mehr so positiv wie ich es zuvor wahrgenommen habe und ich denke das er Schwierig sein kann.

Ich frage mich, ob ich jetzt doch noch einen Rückzieher machen soll und was für Konsequenzen für mich daraus resultieren könnten? Welche Möglichkeiten gibt es aus dem Arbeitsvertrag wieder rauszukommen und was könnte ich alles tun, um doch bei meinem aktuellen Arbeitgeber weiterzumachen? Laut Arbeitsvertrag ist eine vorvertragliche Kündigung ausgeschlossen. Die in der Probezeit vereinbarte Kündigungsfrist beträgt vier Wochen zum Monatsende. Eine Vertragsstrafe wird allerdings nicht explizit erwähnt.

Bin aktuell leider etwas ratlos und wäre Euch für Ratschläge wirklich sehr dankbar.

Viele Grüße
Sebastian

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du hast einen Vertrag geschlossen und den musst du auch einhalten. Bei einer Kündigung kann dir der neue AG, die Kosten für eine erneute Stellenvergabe anlasten.

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ich habe den Vertrag nicht leichtsinnig oder mit der Absicht geschlossen nicht anzutreten. Da steckt kein böser Wille dahinter. Ich bin mir wirklich nicht mehr sicher ob es die richtige Entscheidung ist.
Übrigens hat der neue Arbeitgeber die Stelle immer noch ausgeschrieben, obwohl ich vor über einer Woche unterschrieben habe. Und grundsätzlich wäre ich auch bereit eine Entschädigung zu zahlen. Immerhin haben sie sich ja auch die ganze Zeit genommen.

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Als ich begonnen habe, deinen Text zu lesen, kam es mir vor, als ob du schon seit Längerem nicht mehr glücklich in deiner jetzigen Firma bist - oder es vermutlich nie warst.

Jetzt bekommst du eine Chance, dies zu ändern und so zu arbeiten, wie du es dir schon immer gewünscht hättest.

Dein jetziger Arbeitgeber erwähnt, dass man mit ihm über alles reden und somit Situationen ändern kann.
Warum hat das dann die letzten Jahre so nicht geklappt??? Entweder "lügt" ER oder DU hast nie versucht, was an deiner Arbeitssituation zu ändern.

Ich habe den Eindruck, dass du jetzt einfach kalte Füße bekommst, weil du Angst vor Veränderungen hast und es jetzt halt Ernst wird....
Aber bedenke, wenn du glücklich im Job gewesen wärst, dann hätte dich eine andere Stelle doch nicht interessiert, oder??

Drum mein Rat:

Nutze die Chance auf einen Neuanfang und mach das Beste daraus.

Die Kündigungsfrist beim alten AG kannst du schon einhalten, oder??
Wenn ja - dann teile ihm deine Kündigung schnellstens schriftlich mit und trete deinen neuen (hoffentlich verantwortungsvolleren Job) an.

Alles Gute!

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danke für Deine Antwort. Bei meiner vorherigen Firma konnte ich schon komplett eigenständig arbeiten. Aktuell ist es halt leider eher Inhaberfokussiert. Auch wenn ich nicht richtig glücklich bin und es von der Tätigkeit so nicht passt gibt es sicher auch noch einige Punkte die dafür sprechen.

Ich habe mich jetzt ja nicht aktiv beworben, sondern wurde von einer Firma zu der ich vor langer Zeit kontakt hatte angesprochen weil eine Stelle frei wird. Von der Kündigungsfrist würde es schon noch passen

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Dann greif zu und nutz die Chance, die sich dir bietet. :-D

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Ich würde den Vertrag kündigen.
Zu wann solltest du denn dort arbeiten?

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also spätestens zum 01.11.2022. Ich habe eine Kündigungsfrist von 3 Monaten zum Monatsende bei meinem aktuellen Arbeitgeber

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Sorry, aber Du hast ein Problem. Meistens funktioniert das heutzutage nicht mehr zu sagen "ach, ich habe es mir anders überlegt, ich trete die neue Stelle doch nicht an".
Du hast leider ab Datum xx ein neues Arbeitsverhältnis. Das kannst Du durch Kündigung beenden. Je nachdem was auch im Vertrag vereinbart wurde. Probezeit? Evtl. kürzere Kündigungsfrist?

Und dann hast Du noch deinen aktuellen Arbeitgeber. Bei dem Du auch antreten sollst.

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Wie hausstaubmilbe tippe ich auf kalte Füsse.

Sorry, was sind das für Zustände am jetzigen Arbeitsort? Du solltest für jede Aqkuisition bitteschön einen Bonus bekommen; stattdessen wirst du in Kundengesprächen zum Nebenschauspieler degradiert. Nach dem zweiten Mal hätte ich das Gespräch schon gesucht. Scheinheiliger geht es ja nicht mehr vom Inhaber, dass man über alles reden könne. Der hat wahrscheinlich gemerkt, dass du auf dem Absprung bist. So einer, der mich jahrelang ausnutzt, hat meine weitere Investition in die Bude nicht verdient.

Was lernst du nun daraus, damit dasselbe nicht am neuen Ort nochmals passiert? Lerne, Missstände zeitig anzusprechen. Sonst wirst du wieder und wieder ausgenutzt.

Alles Gute und mach dich für dich stark. Du BIST ein guter Vertriebler - zeige es! Lg

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ich glaube gewisse Missstände lassen sich bei meinem aktuellen Arbeitgeber nicht ändern. Ist ja nicht so das nie etwas angesprochen wurde und zudem haben es Kollegen auch versucht. Es gibt einen kleinen Kreis die aus gewissen Gründen besser gestellt sind und profitieren. Bei den anderen / neuen Mitarbeitern dagegen gab es immer eine große Fluktuation.
Allerdings gibt es neben den ganzen nicht optimalen Dingen dennoch auch positive Aspekte.
Bin mir wirklich nicht mehr sicher was richtig ist. Daher habe ich auch überlegt wie ich irgendwie fair vom Vertrag zurücktreten kann. Wäre auch bereit die Firma zu entschädigen. Es kann aber auch sein das ich die neue Stelle antrete?

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Angenommen, du könntest die Firma entschädigen. Bei denen dürftest du dich wahrscheinlich nie wieder blicken lassen. Wenn du z. B. nach einem Jahr soweit wärst, deinen jetzigen AG zu verlassen, müsstest du das Vertrauen zur ‚neuen‘ Firma neu aufzubauen versuchen. Ausser natürlich, du hast in deinem Gebiet viele weitere Optionen.. dann mach es so, wie du es dir überlegst.
Ich frage mich nur, weshalb man es soweit kommen lassen muss, dass man gefühlt in so einer komischen Sackgasse steckt. Und warum man sowieso nicht offen für Neues sein kann. Ein Job ist nur ein Job. Ausprobieren, schauen, wenn‘s nicht gefällt, weiter.. jahrelange Treue, egal was, ist nicht mehr zeitgemäss, finde ich.