Schwanger im Pflegedienst - Familienbetrieb

Hallo ihr Lieben,

ich habe grade etwas auf dem Herzen und dass es mal so weit kommt, hätte ich wirklich nicht gedacht und bin grade irgendwie total fassungslos...aber ich fang mal an zu erzählen.

Es ist so, ich arbeite in einem wirklich kleinen familiären Intensiv Pflegedienst mit u.a. 24 Std Beatmungspflege. Familiär heißt, meine Mutter ist die PDL und Inhaberin und arbeitet selbst mit in der Pflege, desweiteren sind meine Schwester, eine Kollegin, eine 400€ Kraft und ich in der Pflege und jemand im Büro angestellt.

Ich versuche schon länger mit meinem Mann eine Familie zu gründen, das ist auch bekannt, zumal ich vor etwa einem halben Jahr eine Fehlgeburt hatte.
Jetzt bin ich erneut in der etwa 9. Woche schwanger.
Vom Typ her bin ich jetzt nicht zimperlich, betrachte eine Schwangerschaft nicht als Krankheit, und mache weiterhin Sport, wenn auch abgewandelt (sprich, kein Krafttraining mit Gewichten mehr, aber viel Joggen und Fahrradfahren).
Vor etwa einer Woche habe ich meiner Mutter /Arbeitgeberin von meiner Schwangerschaft erzählt, sie freute sich, fragte, wie es mir geht, und ob sie was am Dienstplan ändern solle, ich sagte, ich fühle mich super, und alles sei gut.

Jetzt hatte ich eine Broschüre zum Thema Mutterschutzgesetz in der Hand, welche sie mir selbst vor langer Zeit mal ausgehändigt hatte, und lese dann so Sachen wie kein Heben von Lasten mehr als 5-10 kg Gewicht, kein Arbeiten mit potenziell infektiösen Angelegenheiten, pipapo. Und denke, ja Mist, trifft ja schon zu alles.
Im Frühdienst machen wir die Pflege inklusive Waschen, Anziehen, auf den Topf setzen, im Bett lagern komplett alleine, zur Not könnte ich mir jedoch (was jetzt das Lagern/Hochziehen im Bett betrifft) Familienangehörige meiner Patientin von nebenan zur Hilfe holen, sofern die da sind.
Ab mittags ist die Lebensgefährtin zu Hause.
Dennoch sind Sachen wie das Auf-den-Topf-setzen einfach Aufgabe der Pflegekraft, in dem Fall meine.
Was an und für sich auch nicht schwer ist, aber es übersteigt einfach eindeutig das Gewicht, was eine Schwangere heben darf.

Dazu kommt, dass meine Patientin einen Keim im Urin hat, der antibiotika-resistent ist. In der häuslichen Pflege sind da bis auf das obligatorische Hände-desinfizieren keine weiteren Maßnahmen vonnöten, im Krankenhaus allerdings liegt sie mit diesem Keim im Isolationszimmer und die Fahrer vom Transportdienst haben die Pflicht, vollvermummt aufzukreuzen, soviel dazu.

3. Punkt, ich hatte bereits eine FG...und bin da, was das angeht, jetzt einfach etwas vorsichtiger. Die FG war zwar sehr früh, etwa in der 7. Woche, und war bis dahin allen schon 2 Wochen bekannt, ich habe aber ganz normal weiter gearbeitet (und leider auch meinen Kraftsport ohne Einschränkungen weiter gemacht). Muss im Nachhinein natürlich nicht an der Arbeit oder am Sport gelegen haben, das ist klar!
Dennoch will ich da jetzt einfach nichts riskieren.

Ich komme mal langsam zum Punkt...der da ist, dass ich nun meiner Mutter/Arbeitgeber gesagt habe, dass ich mir mal das Muschg durchgelesen habe, und wir diesbezüglich vllt mal quatschen sollten. Stimmung war direkt pissig, nach dem Motto, worauf ich hinaus wolle, ja, dann müsse ich halt ins BV. Ich sage, ich möchte gerne weiterarbeiten, ich könnte Nachtdienste machen (die sind meistens sehr ruhig sodass wir selbst auch mal stundenweise die Augen zu machen können), oder Spätdienste, wenn die Lebensgefährtin zu Hause ist, wir haben auch andere Patienten, die ich versorgen kann, ich würde auch ins Büro gehen. Ja ne, sie braucht da Planungssicherheit, nachher würde ich wieder irgendwelche Paragraphen entdecken und was finden, was ich angeblich nicht dürfte...#kratz
Außerdem wäre das Muschg ja nur eine Art Richtschnur, wenn etwas unklar sei und immer auch irgendwie Auslegungssache #kratz Ich sag, äh, nein?! Das ist ein Gesetz, woran man sich halten MUSS, da gehts nicht darum, was man möchte, oder wie man sich fühlt?! Sie dann, jaja....ich solle mich jetzt einfach ganz auf mich und meine Familie konzentrieren und sie wünscht uns alles Gute. #augen

Naja, ich bin jetzt im BV, gebe morgen mein Dienstauto ab, und kann irgendwie grade nicht fassen, dass meine eigene Mutter offenbar genauso so ein unverantwortlicher Arbeitgeber zu sein scheint wie ganz viele andere auch. Ich meine, wir reden von ihrem potenziellen Enkelkind :-(

Ich bin sowas von enttäuscht grade, bin mir aber trotzdem unsicher, ob ich übertreibe...

Ich würde mich freuen, wenn ich mal ein paar Gedanken von jemandem von euch dazu lesen könnte.

LG

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Das hast du gut gemacht. Zwar schade, dass deine Mutter auch "nur" eine Chefin ist und so reagiert hat, aber ist halt so. Wer weiß wofür diese Erfahrung gut ist, sowohl für sie als auch für dich.

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Hallo,
ich würde sagen, du verlangst von deiner Mutter/Chefin etwas, was sie unmöglich leisten kann (absolute Perfektion in der Mutterrolle und der Rolle als Chefin in einer Person zeitgleich). Gleichzeitig hat sie Schwierigkeiten, ihre beiden Rollen Dir gegenüber klar abzugrenzen. Das führt grundsätzlich zu Problemen.

Du sagst deiner Mutter, dass du schwanger bist. Sie freut sich und gratuliert Dir. Du erhältst die Broschüre über das Mutterschutzgesetz VON IHR. Sie ist es, die dich umgehend fragt, ob sie den Dienstplan ändern soll.
Dann sagst du deiner Mutter im Gespräch, dass deine Arbeit gegen die Bestimmungen des MuSchG verstoßen. Sie will dich ins BV schicken (die einzige richtige Lösung bei der Konstellation im Unternehmen). Du willst aber gern weiter Nachtdienste machen. Also wenn du das MuSchG gelesen hast, weißt du, dass die Aussage deiner Mutter ziemlich treffsicher war „Der Arbeitgeber darf eine schwangere oder stillende Frau nicht zwischen 20 Uhr und 6 Uhr beschäftigen.“(§5 MuSchG). Also du hast ihr einen Vorschlag unterbreitet, der ganz klar gegen das MuSchG verstoßen hätte.

So...warum nochmal bist du jetzt sauer und enttäuscht?
Weil sie sich ans MuSchG hält? Weil sie sich nicht ans MuSchG hält?

Deine Mutter versucht die ganze Zeit irgendwie ihre beiden Rollen unter einen Hut zu bringen. Sie ist deine Mutter, aber sie ist auch deine Chefin. Sie gibt Dir Sonderrechte als Arbeitnehmer. Die hättest du in keinem anderen Unternehmen. Gleichzeitig fordert sie über die Familienschiene sehr viel von dir. Das hast du seit du dort arbeitest akzeptiert und nie in Frage gestellt.
Mit deinem Gespräch hingegen hast du klare Fronten verlangt (was dein Recht ist). Du wolltest ein Gespräch zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer. Deine Mutter hatte hier nicht die Möglichkeit zu widersprechen. Aber plötzlich springst du wieder zurück in die Tochterrolle und forderst Sonderrechte. Und hier hat Dir deine Mutter klar gemacht, dass du jetzt als Arbeitnehmer vor ihr sitzt. Sie hat sich vollkommen korrekt verhalten - zumindest, was die Endresultate angehen. In welcher Lautstärke und in welchen Ton das Gespräch geführt wurde, kann hier niemand beurteilen.

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Hallo Kathi, danke für dein Feedback.
Als ich durchblicken ließ, dass meine bisherigen Tätigkeiten nicht so ganz Muschg-konform sind, kam sie von selbst sofort mit dem BV an, das ist richtig. Was aber nicht zwingend die einzig richtige Lösung sein muss, was auch nie meine Intention war, das habe ich ihr auch versucht deutlich zu machen.
Ich habe ihr angeboten, weiterhin Nächte und Spätdienste zu machen, um ihr diesbezüglich entgegen zu kommen, weil ich ja weiß, wie es personaltechnisch bei uns bestellt ist.
Ich hatte schon die Tage vorher gelesen, das Nächte angeblich möglich sind, sofern die werdende Mutter schriftlich ihre ausdrückliche Zustimmung hierfür gibt, das hätte ich natürlich gemacht, habe ich ihr auch gesagt.
Und mit dem BV kam sie nicht freudestrahlend an, im Gegenteil wirkte es eher trotzig.

Ich verstehe nicht, was du mit Sonderrechten meinst? Inwiefern habe ich Sonderrechte?
Ich sehe nicht, dass ich welche habe, will ich ja auch gar nicht #kratz

Ich bin sauer und enttäuscht, weil sie mich in diese Lage gebracht hat, dass ich sie an das Muschg erinnern musste, ich ihr erklären musste, wo ich mich da inwiefern gefährdet sehe (was eigtl ihre Aufgabe ist, eine Gefährdungsbeurteilung zu verfassen und ggf mit mir zu besprechen) und mir mit all dem das Gefühl gibt, mich dafür rechtfertigen zu müssen, warum ich mich um mein ungeborenes Kind sorge und darum, nicht noch eine FG zu bekommen.
Meinst du mit Sonderrechten, dass ich mir gewünscht hätte, sie hätte etwas "mütterlicher" reagiert? Ja, dann kann ich das bestätigen.

Hingegen habe ich jetzt fast ein schlechtes Gewissen, überhaupt schwanger geworden zu sein und mich dann auch noch um das Kind in mir zu sorgen

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Hallo Marla,
ich verstehe natürlich, dass du deiner Mutter auch weiterhin helfen möchtest, aber insbesondere nachdem du sie auf das MuSchG hingewiesen hast, ist ihr das absolut nicht möglich. Verstöße werden mit sehr hohen Strafen für den Arbeitgeber geahndet. Und es ist einfach eine Tatsache, dass Nachtarbeit (auch mit Zustimmung der Schwangeren) verboten ist.

Eine Sonderbehandlung ist euer gesamtes Verhältnis. Kein normaler Chef würde seiner Arbeitnehmerin die Mutterschutzrichtlinien geben. Kein normaler Chef würde seiner Arbeitnehmerin nach Mitteilung anbieten den Dienstplan zu ändern (ja, es war die falsche Reaktion, aber es zeigt den ungeheuren Einfluss, den du auf „den Chef“ hast). Euer gesamtes Verhältnis ist voller solcher „Kleinigkeiten“.

Ich denke, du darfst ihr verzeihen, dass sie wie so ziemlich alle Kleinunternehmer die sich ständig ändernden deutschen Gesetze tatsächlich nicht alle im Kopf hat. Ja, es ist richtig gut, wenn die Schwangere dann ihre Rechte kennt und dem Arbeitgeber einfach mal einen dezenten Hinweis gibt.

Warum bist du sauer, weil du jemanden an ein Gesetz erinnern musst? Weißt du wieviel Gesetze es in Deutschland gibt?
Warum sollst du ein schlechtes Gewissen haben?
Andere Menschen werden Dir in deinem Leben noch verdammt viel einreden wollen. Stehe zu deiner Überzeugung. Genieße deine Schwangerschaft.

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„ kann irgendwie grade nicht fassen, dass meine eigene Mutter offenbar genauso so ein unverantwortlicher Arbeitgeber zu sein scheint wie ganz viele andere auch“

Vermute keine böse Absicht dahinter, sie WEIß es wahrscheinlich einfach nicht besser (wie übrigens ganz viele andere auch) ! Das ist natürlich keine (!) Entschuldigung, aber vllt eine Erklärung.

Ich hätte da keine wischi-waschi-Kompromissvorschläge gemacht sondern ganz klar professionell auf die Gefährdungsbeurteilung bestanden. Diese muss ja so oder so gemacht werden.
Die Mutter-Tochter-Konstellation hätte ich da vollkommen außen vor gelassen!

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Ich habe nicht zu ihr gesagt, "weil du meine Mutter bist, erwarte ich jetzt das und das von dir", oder "weil du meine Mutter bist, könntest du mal", das hat mich halt im Nachhinein einfach so enttäuscht.
Das Gespräch ansich verlief am Telefon wirklich professionell, sag ich mal, aber ich kenne sie ja mittlerweile und meine, meistens einschätzen zu können, ob der Ton jetzt patzig/zickig/pissig/vorwurfsvoll gemeint ist oder eben nicht.

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Von einer Pflegekraft finde ich den Ausdruck „auf den Topf setzten“ echt nicht schön

Nur mal nebenbei

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Wie würdest du es nennen?

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Toiletten, Toilettenstuhl oder so.

Finde auf den Topf echt fragwürdig.

Genauso wenn Leute sagen ich füttern sie jetzt. Man reicht das Essen an.

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Also ihr Lieben, danke, dass ich mich einmal auskotzen durfte, ich habe gestern mein Dienstauto abgegeben und die Stimmung war gut, normal und freundlich :)

Ich glaube, das war wahrscheinlich wirklich die allererste spontane Reaktion aus Sicht der "Chefin" und ich hab mich direkt angegriffen gefühlt, obwohl das vllt gar nicht so gemeint war...jedenfalls bin ich jetzt gut drauf und kann entspannt (und etwas gelangweilt *lach*) mein BV genießen ;-)