Bessere Lobby für Frauen in gebärfähigem Alter?

Hi zusammen!

Aus aktuellem Anlass beschäftigt mich folgendes Thema sehr. Eine Freundin von mir bekam einen Job nicht, weil sie in den nächsten Jahren evtl. Kinder kriegen könnte, obwohl sie momentan keine konkreten Pläne in diese Richtung hat. Dabei beträgt die Elternzeit in L nur 6 Monate (zusammen mit Mutterschutz ergeben es max. 11 Monate), was ich selbst für einen Arbeitgeber erträglich finde.

Ich persönlich finde es ganz schlimm, dass man als junge Frau oftmals bei Bewerbungen ausscheidet oder nicht interessant für den Arbeitsmarkt ist. Natürlich sind über Jahre fehlende Mitarbeiter nicht sehr wirtschaftlich und Mütter auch oft nicht flexibel was Arbeitszeiten angeht.

Aber müsste es nicht langsam mal einen anderen Denkansatz dafür geben? Wenn von heute auf morgen keine Frau mehr Kinder bekommt, ist es mit unserer ach so tollen Wirtschaft und Menschheit sowieso bald vorbei. Und es sind bisher immer noch nur die Frauen, die Kinder bekommen können. Ist es richtig dafür von vorneherein gebrandmarkt zu sein? Mich ärgert das unglaublich.

LG, Sandra

6

Hi,
mal aus Arbeitgebersicht: für 11 Monate (und hier sind es meistens inzwischen wohl 12-18) einen ERsatz zu finden ist extrem schwer.

Z.B. im Bereich der Erzieherinnen - ICH würde da heute als AG kaum noch eine Frau unter 40 einstellen. warum? Weil hier ein derartiger Mangel an Erzieherinnen besteht, dass die sich aussuchen können, wo sie arbeiten können.

Und mal ehrlich, DIE befristete Stelle (zwangsweise befristet, da ja die frisch gewordene Mama nur für 1-1,5 jahre ausfällt) die ICH an Stelle vieler unbefristeter, die zur Wahl stehen nehmen würde - die müsste schon ganz gewaltig etwas besonderes haben. Haben die meisten aber nicht.

Heißt: gerade in Berufen, wo es schwer ist Mitarbeiter zu finden, oder auch in Berufen, wo es viel Zeit braucht, um jemanden einzuarbeiten sind 1-1,5 Jahre Ausfall einer vielleicht gut "passenden" Kollegin ein riesengroßes Problem, das definitiv nicht immer so einfach zu kompensieren ist wie man sich das vielleicht vorstellt. In meinem (jetzigen) Job dauert es je nach Umfang der Tätigkeit mindestens MOnate, bis man wirklich eigenständig Aufgaben über- und abnehmen kann. Heißt der AG hat die Wahl: entweder die Vertretung schon ein halbes Jahr früher einstellen (und bezahlen natürlich) - oder über viele Monate einen großen Ausfall bei der "Kapazität" der Mitarbeiter in Kauf nehmen. Es kommt ja noch derjenige, der die Einarbeitung übernimmt und dafür viel Zeit aufwenden muss dazu.

Und wie du schon sagst - die Flexibilität leidet. ICH kann meinem AG nicht anbieten, in der Hochsaison eben so zu kommen wie es vielleicht notwendig wäre. WEil ich zu diesen Zeiten keine Kinderbetreuung hätte. Abgesehen davon, dass ich meine Kinder auch gerne ein paar Stunden pro Woche selbst betreuuen möchte...

Heißt: ich kann die Arbeitgeber vollkommen verstehen, wenn sie das vermeiden wollen. Traurig, aber wahr.

So schön (und irgendwie sinnvoll) die ganzen tollen Mutterschutz- und Elternzeitgesetze und Regelungen sind: sie machen Frauen für Arbeitgeber mitunter zu einem echten Problem. Und wer das vermeiden kann, weil er zufällig jemand gleich qualifizierten mit anderem Chromosomensatz einstellen kann...

Der neulich gemachte Vorschlag, das Elterndasein (außerhalb der Elternzeit) mit einem besonderen Kündigungsschutz zu versehen setzt dem ganzen noch die Krone auf. Demnächst werden nicht nur Mütter ein Problem haben einen Job zu finden sondern auch die passenden Väter dazu...wenn diese Idee tatsächlich kommt (was ich - selbst mutter - dafinitiv nicht hoffen würde).

Aber, ganz ehrlich: nur wenige Arbeitgeber sind so blöd und leichtsinnig, das gegenüber Bewerberinnen so offen zuzugeben. Gibt es doch das Verbot der Diskriminierung...wenn deine Freundin das schriftlich hat soll sie mal schön klagen gehen. Und - eigentlich müsste das EU-weit gelten.

Eine wirkliche Lösung in Form der berühmten "eierlegenden Wollmilchsau", also perfekt für alle und jeden fällt mir auch nicht ein.

MEIN AG ermöglicht mir flexible Arbeitszeiten (75% Stelle), schmeißt nicht gleich raus wenn das Kind mal krank ist (auch nicht in der Probezeit) und sieht das positive - dass ich einfach einen guten Job mache und eben die richtige Qualifikation für denselben habe. Wobei auch er erwartet, dass ich bei Problemen (z.B. längere Krankheit vom Kind) nach Lösungen suche abseits davon, dass ich einfach zu hause bleibe (abhängig von der Erkrankung natürlich).

Es gibt also auch andere Arbeitgeber. Angefangen habe ich dort übrigens erst vor kurzem, nach einigen Jahren Elternzeit. Wobei ich auch ein Jahr suchen musste dafür.

Ja, es ist schlimm - nur: so lange Frauen die schwanger werden eben für Arbeitgeber bedeuten dass ER überhaupt keine Möglichkeiten mehr hat als zu allem Ja und Amen zu sagen - so lange wird sich auch nichts daran ändern. Meiner meinung nach.

Dass dabei extrem viel Potenzial verloren geht wiegt offenbar für viele Arbeitgeber nicht so schwer wie die Risiken, die er nun mal leider eingeht, wenn Frau mit unbefristetem Arbeitsvertrag schwanger wird. Und dann nach dem ersten das zweite Kind folgt (und schwupps werden aus einem Jahr plötzlich 3 oder auch aus 3 Jahren 6).

Na ja, es wird zumindest so lange ein Problem bleiben, bis es keine anderen anderen Fachkräfte mehr gibt ;-).

Viele gehen hier inzwischen einen anderen Weg: um das Problem "totaler Kündigungsschutz für Mutterschutz und Elternzeit" zu umgehen ist es heute vollkommen üblich, nur noch befristete Arbeitsverträge zu erhalten. Zumindest so lange es geht - was danach kommt hängt davon ab wie unentbehrlich frau (geworden) ist. Und, je nach Job, da hat man es hier wohl als Frau nicht wesentlich schwerer als als Mann mit gleicher Qualifikation (mein Hauptproblem war der Wunsch nach Teilzeit).

Wobei auch dabei mein AG nicht mitzieht - ich habe einen unbefristeten Vertrag bekommen.

Es ist wirklich ein Problem - aber mir fällt spontan vor allem eines ein (und für DIE Variante werde ich gleich gesteinigt hier, also gehe ich schon mal in Deckung): Einschränkung des Schutzes in der Elternzeit... um die Zumutungen, die Schwangerschaften für Arbeitgeber heute bedeuten zu reduzieren.

Und umgekehrt natürlich auch noch positive Anreize: Förderung von Dingen wie Teilzeitarbeitsmodellen. Förderung von Betreuungsmodellen, die über das hier übliche "
Mo-Fr von 7:30 bis 16:30 mit mind. 4 Wochen Ferien im Jahr" hinausgehen.

Wer weiß, vielleicht würde ja der Punkt "mehr Flexibilität und Verlässlichkeit" auch helfen, dass es Frauen mit Kindern (oder möglichen Kindern) im Berufsleben einfacher hätten.

Viele Grüße
miau2

1

>>>Bessere Lobby für Frauen in gebärfähigem Alter? <<<

Ich bin ja deiner Meinung, aber wer sollte sich da als Lobby starkmachen?

4

Das frage ich mich auch. Aber irgendwie kann das doch alles nicht sein. Da sitzt ein arroganter A... und sagt dir, dass er dich nicht einstellen will, weil du evtl. Mutter werden könntest.

Vielleicht ist es an uns Müttern, unsere Kinder anders zu prägen, denn dieser A... wurde schliesslich auch von einer Frau geboren.

5

Was erwartest Du denn?

Dass der A........... Dich am A.... leckt, weil Du in den nächsten 10 Jahren 3 Kinder bekommst und 1 Jahr arbeitest?

Das hat sicher nichts mit arrogant zu tun, eine Firma leiten ist viel mehr als ein Hormonschub.

weitere Kommentare laden
2

>>>Aber müsste es nicht langsam mal einen anderen Denkansatz dafür geben? <<<

Von wem?

Der Thread weiter unten ist ein gutes Beispiel, warum (vermutlich gerade in kleinen Firmen) manche AG lieber keine Frauen im gebärfähigen Alter einstellen.

http://www.urbia.de/forum/28-finanzen-beruf/3404220-wichtig

3

Von wem?

Tja, gute Frage! Von uns allen, oder? Schliesslich wurde jeder von uns von einer Frau geboren. Dass sich das aber nicht umsetzen lässt, ist mir schon klar. Quoten werden auch nichts bringen und halte ich auch nicht für eine gute Idee.

25

Und wenn diese Dame keine Arbeit angenommen hätte, weil sie eventuell schwanger werden könnte, wäre das richtiger gewesen?

Sinnvoller wäre es wohl, die Männer mehr in die Verantwortung zu nehmen - Elternzeit, Kinderkranktage, Betreuung - dann wären nicht immer nur die Frauen sigmatisiert.

8

Hallo,

ich bin mittelalt, habe drei Kinder, bin nicht mehr gebärbereit und keinen Arbeitgeber gefunden, der sich auf Dauer darauf einlässt UND meinen Ansprüchen genügt.

Also verdiene ich jetzt Geld ohne Arbeitgeber. Das geht sehr gut.

Ich brauch keine Lobby.

Gruß

9

Hallo,

würde mir jemand sagen, dass er mich nicht einstellen würde, weil ich im gebärfähigen Alter bin, würde ich ihn erstmal auf Schadensersatz verklagen, denn das ist klar europarechtswidrig #schein.

Dann bin ich aber der Meinung, dass es nicht Aufgabe der Arbeitgeber ist, das auszubaden, was die Politik verbockt. Hierzulande scheint die Vereinbarkeit von Kind und Arbeit für alle so exotisch zu sein wie Schnee im Sommer. In anderen Ländern mit einem ganz anderen Selbstverständnis läuft das ganz anders.

Ich bin der Meinung, dass es sich gerade in der aktuellen Wirtschaftslage die Unternehmen nicht leisten können, auf die gut ausgebildete junge Frauengeneration zu verzichten, aber gerade kleineren Arbeitgebern kann ich es nachfühlen, wenn diese sich nicht dafür verantwortlich fühlen, das Benachteiligungsproblem zu lösen, weil da hängt halt oft auch mehr als nur eine Existenz dran.

Und leider muss ich auch feststellen, dass das Image der Frauen im gebärfähigen Alter eben auch ganz schnell wegen so einiger Vertreterinnen dieser Art leidet, nämlich dann, wenn man als Arbeitgeber merkt, dass es sich mit der Loyalität indirekt proportional zum schwangerschaftsbedingten Bauchwachstum verhält.

VG,

kitty

10

Hallo,

ich selbst arbeite in der Pflege und diese besteht ja in der Regel zu mindestens 90-95% aus weiblichen Kräften.
Dort kann es natürlich mal schnell passieren das auf Station gleich 3 Pflegekräfte schwanger sind und das ist für den AG sehr schlecht.
Aber er muss damit rechnen. Da es ein Frauenberuf ist.

Als ich schon in Elternzeit war, waren gut 90 Pflegekräfte gleichzeitig schwanger und das bei ca. 1000 Mitarbeitern.

Und meine Schwester hat im Oktober eine neue Stelle angefangen - (Steuerbüro) - dort hat man ihr erzählt, das sie mit 27 Jahren die große Aussnahme ist. Da der Chef nur noch Frauen ab Mitte/Ende 30 einstellt, da diese meistens dann schon ihre Familienplanung abgeschlossen haben.

Ich persönlich kann die AG verstehen, aber ich finde auch es kommt drauf an welchen Beruf man ausübt. Ich als KS werde immer eine Arbeitsstelle finden, da sie gesucht werden.
Bürokauffrauen haben es da ggf. schon schwerer, da es viele von ihnen gibt und sie meistens nur Vormittags arbeiten wollen.

MfG Diana

11

Kuscheldenken legt man irgendwann ab, wenn es einem immer wieder passiert, dass man mit Mühe und Not ein Geschäft durch Ausfälle am Laufen hält und auch noch für andere Mitarbeiter eine Verantwortung (Arbeitsplatzerhalt) zu tragen hat.

Fairness muss von allen Seiten kommen. Aber da nun mal jeder seine ganz eigenen Interessen vertreten muss, kommt man halt selten zusammen.

Es interessiert keinen Arbeitnehmer wie es ohne ihn weitergeht, wenn er/sie ausfällt.
Also plant ein Arbeitgeber ohne Emotionen und nur mit Kalkül. Und da schneiden eben Frauen entsprechend schlecht ab. Schon allein aus dem Grund, weil sie in den seltensten Fällen genug Biss haben und gleich umfallen, wenn es "schwierig" wird.

12

Hallo Sandra,

ich denke, vor allem die Mütter müssen flexibler werden.

Ich habe die Erfahrung gemacht, dass wenn man mit einer für beide Seiten interessanten Lösung kommt, AG sehr kooperativ sind. So wurde mein befristeter, im Mutterschutz auslaufender Vertrag verlängert, weil ich GEMEINSAM mit meinem AG einen Weg gefunden habe.

Solange sich aber die Mehrzahl Frauen als die allein-kompetenten Kindererzieher hält, wird sich meiner Meinung nach nicht viel ändern.

Grüße. Leni

13

So sieht es aus!

24

##
Solange sich aber die Mehrzahl Frauen als die allein-kompetenten Kindererzieher hält, wird sich meiner Meinung nach nicht viel ändern.
##
Und sie der Meinung sind, daß man jahrelang zuhasue beim Kind sein muß.

14

Man muss es aus Arbeitgebersicht sehen. Dann sind Frauen einfach ein Risiko. Ich würde bei gleicher Qualifikation (oder ähnlicher) IMMER den Mann nehmen.

26

Und aus der Einstellung heraus entwickelt sich ein Teufelskreis, der dafür sorgt, dass Familie und Beruf unvereinbar bleiben.