Keine Hoffnung mehr auf Veränderung

Ihr Lieben,

ich würde gerne mal eure Rückmeldung zu meiner Situation hören.
Mein Partner und ich sind seit 11 Jahren zusammen, nicht verheiratet, drei gemeinsame Kinder. Von Anfang an war es so, dass er sich schnell über Sachen aufregt und dann laut wird. Auch in Diskussionen, die ich als ganz normalen sachlichen Austausch beginne, passiert das häufiger. Wenn etwas nicht nach seinem Sinne läuft, wird er auch den Kindern gegenüber schnell laut, ohne vorherige Versuche, das ruhig und kommunikativ zu lösen. Das hat mich schon immer sehr gestört, ich habe das öfters angesprochen, aber aus seiner Sicht sind natürlich immer die anderen Schuld, die ihn aufregen. Würden wir uns alle "richtig" verhalten, müsste er ja nicht laut werden.

Im Alltag bin ich diejenige, die sich nahezu alleine um Haushalt, Kinder und zudem noch das Familieneinkommen kümmert. Vor zwei Wochen war ich zwei Tage lang auf Dienstreise und er musste so lange die Kinderbetreuung (Kindergarten- und Grundschulalter) übernehmen. Als ich zurückkam war die Stimmung recht gedrückt und die Kinder sagten nur, Papa wäre sehr laut und unzufrieden gewesen.

Letzte Woche wurde ich dann beim Abholen der Kinder von der Schulsozialarbeiterin und einer Dame vom Jugendamt abgepasst, die mir berichteten, dass mein Partner in meiner Abwesenheit den Kindern gegenüber auch körperlich aggressiv geworden wäre, das hätten die Kinder berichtet. Ich war total geschockt. Mein Partner und ich wurden dann zum Gespräch ins Jugendamt gebeten, wo mein Partner die Aussagen der Kinder bestätigte, was ihm natürlich sehr unangenehm war. Auflage ist jetzt, dass wir eine Erziehungshilfe nach Hause bekommen. Ich war nach dem Gespräch erst mal verdattert, weil ich damit gerechnet hatte, dass ihm eigentlich Mittel zur Bekämpfung seiner Impulsivität angeboten werden müssten. Die Kinder beschreiben das Zusammenleben mit mir sonst als sehr glücklich und harmonisch, auch der Haushalt läuft sauber und ordentlich, einzig die Impulsivität meines Partners ist störend.

Zuhause habe ich dann natürlich mit meinem Partner gesprochen und seiner Meinung nach ist ja alles gut so: mit Hilfe der Erziehungshilfe sollen die Kinder so eingestellt werden, dass er sich über nichts mehr aufregen muss, also Problem behoben. Ich sehe das aber nicht so: vielleicht ist er kurzfristig zufriedener, wenn alles nach seinen Vorstellungen läuft, langfristig wird er immer wieder etwas haben, worüber er sich aufregt, da reicht schon ein angelassenes Licht oder eine nicht geschlossene Wohnraumtür. Wenn keine Einsicht bei ihm da ist, dass er an sich arbeiten muss, wird das Problem aus meiner Sicht bestehen bleiben und ich habe kein Vertrauen mehr, ihn mit den Kindern alleine zu lassen. Ich weiß, dass er eine schwere Kindheit hatte und es da mit Sicherheit auch Ursachen für sein impulsives Verhalten gibt, seine Mutter hatte mir jedenfalls davon erzählt (wir haben ein vertrauensvolles Verhältnis).

Er kann ein liebevoller und lustiger Vater und Partner sein, aber ich spüre, dass mein Vertrauen in ihn und die Hoffnung, dass es langfristig zu einem harmonischen Familienleben reicht, bei dem man nicht das Gefühlt hat durch ein Minenfeld zu laufen, weil ständig ein unerwarteter Ausbruch auftreten kann, verloren gegangen sind. Zudem hat er mit der körperlichen Aggressivität eine Grenze überschritten, die ich nicht mehr tolerieren kann. Die Kinder sagen zwar, dass sie nicht möchten, dass Papa auszieht, aber ohne seine Einsicht, an sich und seiner Impulsivität zu arbeiten, sehe ich eigentlich keine andere Möglichkeit. Momentan ist er für ein paar Tage auf einem Festival, weshalb ich mir dazu nochmal in Ruhe klar werden konnte.
Ich fühle mich traurig. Er kann ein wirklich toller Mensch sein, wir passen ansonsten gut zusammen, aber solange die Einsicht vorherrscht, alle anderen müssten sich ändern und seinen Vorstellungen anpassen, ohne, dass er an sich arbeiten muss, wird das wohl dauerhaft nichts mehr.

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Puh, was für eine schwierige Situation.

Aber einen Zahn kannst du deinem Partner direkt ziehen. Die Erziehungshilfe ist nicht dafür da, dass die Kinder besser erzogen werden.

Die Erziehungshilfe ist da, weil das Jugendamt an der Erziehungsfähigkeit deines Partners zweifelt. Sie also nur wegen ihm da!!!

Er muss an sich arbeiten und sich ändern. Ich hoffe, ihr bekommt jemanden, der es schafft, einen Zugang zu deinem Mann zu bekommen. Wenn nicht, könnt ihr jederzeit mit dem Jugendamt sprechen und darum bitten, jemand anderen zu bekommen. Habe da bitte keine Scheu, es ist immens wichtig, dass die Chemie stimmt.

Ich drücke dir sehr die Daumen, dass es hilft. Vermutlich werden sie auch versuchen, ihn an eine Therapie anzubinden, die er ja anscheinend auch wirklich nötig hat.

Wenn alles nicht hilft, bleibt leider nur die Trennung, denn vermutlich wird auch das Jugendamt nicht akzeptieren, dass er eine Gefahr für die Kinder darstellt, d.h. entweder er geht oder sie nehmen im schlimmsten Fall die Kinder aus der Familie.

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Vielen Dank für deine Einschätzung. Ich sehe das genau wie du.

Ich habe die Tage, wo er weg ist, mal mit seinen Eltern telefoniert. Sie sind seit seiner frühen Kindheit getrennt und leben in verschiedenen Teilen Deutschlands. Sie verstehen mich beide sehr gut und stehen auch voll hinter mir. Beide haben mir unabhängig voneinander geschildert, was für ein schwieriger Mensch mein Partner ist ("fürchterlicher Narzisst") und dass sie es jeweils schon als Kind kaum mit ihm ausgehalten haben. Darüber war ich ziemlich entsetzt. Einerseits haben sie es nochmal viel drastischer geschildert, als ich es jetzt gesehen hätte, andererseits möchte ich mir gar nicht vorstellen, wie viel Ablehnung mein Partner als Kind erfahren hat.

Das zeigt mir, dass hier ganz dringend von professioneller Seite aus gearbeitet werden muss. Dazu ist aber erst mal Einsicht seinerseits nötig, dass er an sich arbeiten muss, und nicht, dass sich immer sein Umfeld komplett an seine Vorstellungen anpassen muss.

Aufgrund seiner Impulsivität traue ich mir aber nicht zu, hierüber alleine mit ihm zu sprechen. Eine neutrale dritte Person dabeizuhaben wäre hierbei hilfreich.

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Ich möchte nur ergänzen: kleine Kinder werden ihre Eltern immer lieben, egal wie schlimm sie behandelt werden. Daher sagen sie das wegen dem Auszug.
Aber du als Mutter solltest nach über 11 Jahren schlechter Erfahrung wenigstens deine Kinder nicht mehr so einem Menschen aussetzen. Er hatte sehr viel Zeit gehabt, mit professioneller Hilfe an sich zu arbeiten, schon bevor es Kinder gab. Er wollte es nicht und du wolltest es deinetwegen auch nicht.
Du hast es nun 11 Jahre mitgemacht und geduldet. Nun leiden eure Kinder massiv darunter, die Schule und das Amt sind involviert. Was muss noch passieren, damit du eine Mutter bist?!?! Denke endlich an deine Kinder und tu alles, damit sie so einem aggressiven Menschen nicht mehr ausgesetzt sein müssen. Mir tun die Kinder so sehr leid.

Ein impulsiver Mensch ist eine tickende Zeitbombe und kein toller Partner und kein toller Vater.

Grüße von einem erwachsenen Kind mit impulsiver Mutter und ohne schützenden Vater

P.S.: was würdest du mit deiner Nichte machen, wenn ihr Vater sie verprügelt? Ihr den Kopf tätscheln und sagen, dass der Papa aber ansonsten ein toller Vater ist, wenn er nicht in der Prügelphase ist?

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Vielen Dank auch für deine Einschätzung. Dass er handgreiflich wurde war jetzt tatsächlich das erste mal. Damit hat er nach meiner Ansicht aber ganz klar eine Grenze überschritten und mein Vertrauen ist weg. Ich habe ihn seitdem keinen Moment mehr alleine mit den Kindern gelassen. Allerdings habe ich auch vorher schon seit längerer Zeit immer versucht zu vermeiden, dass die Kinder mit ihm alleine sind, weil seine "Zündschnur" in letzter Zeit immer kürzer geworden ist.

Ich möchte mich trennen. Die einzige Chance, die ich ihm geben kann, ist, dass er therapeutisch stark an sich arbeitet und wir es dann in ferner Zukunft vielleicht nochmal versuchen können. Aber viel Hoffnung, dass er sich ändert, habe ich nicht. Ich vermute, dass es sich tatsächlich um eine gravierende Persönlichkeitsstörung handelt.

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Liebe Solaris

Ja das hast du alles sehr gut durchblickt, ich kann dir nur zustimmen. Trau dich.