Trennung nach 6,5 Jahren mit Kleinkind

Guten Morgen,

aus völliger Verzweiflung wende ich mich nun an euch und versuche es soweit kurz zu fassen.
Er: 40, Wissenschaftlicher, sehr pragmatisch, sehr intelligent, weniger gefühlsbetont.
Ich: 34, arbeite im sozialen Bereich (Lehrerin), sehr gefühlsbetont, emotional.
Zusammen seit 6,5 Jahren. Er hat vor knapp 3 Jahren seiner Heimatstadt den Rücken gekehrt, als ich schwanger wurde. (100 km entfernt, arbeitet noch dort).

Er pendelt täglich zur Arbeit, hat einmal die Woche Homeoffice. Das war so abgesprochen, eigentlich wollte er sich hier eine neue Arbeit suchen. Er fühlt sich hier aber einfach nicht wohl. Ich habe nun vor einem Jahr gesagt, dass ich, da beruflich flexibel, mit ihm zurück in seine Heimatstadt ziehen werde. Großes Hoch, viel Freude, erneute Schwangerschaft. Die endete in einer Fehlgeburt mit der Mitteilung, dass ich lieber nicht wieder schwanger werden sollte, beim Kaiserschnitt wurde gepfuscht. Zudem ist mein Vater seit etwa einem halben Jahr (merklich) erkrankt. Merklich deshalb, weil wir darüber nicht reden. Meine Mama ist vor 20 Jahren sehr dramatisch ums Leben gekommen, er will mich schützen. Ich vermute Parkinson oder eine beginnende Demenz. Es ist furchtbar mit anzusehen. Unter diesen Bedingungen kann und will ich hier nicht weg.
Das habe ich meinem Pater vor 3-4 Monaten verkündet - in einem sachlichen Gespräch, einen Kompromiss unterbreitet. Warum nicht erstmal in die Mitte ziehen, jeder hat einen Arbeitsweg von 35-40 Minuten, wer weiß wie es in 2-3 Jahren aussieht. Will er nicht, er hat dicht gemacht, mir Vorwürfe gemacht, Gespräch beendet. Und nun zum Hauptproblem:

Seitdem ist er mir gegenüber furchtbar gefühlskalt, abweisend, distanziert. Er gibt pampige Antworten, ist nicht einsichtig, respektlos. So ist er sonst nicht! Er ist ganz klar unglücklich und lässt mich nicht an sich ran.
Vor 3 Wochen nun gab es einen sehr heftigen Streit, von dem wir uns nicht wieder erholt haben. Ich habe vor 1,5 Wochen eine Liste bei ihm entdeckt, in der er alle negativen Eigenschaften (eine Menge) von mir nieder schrieb. Jedoch auch seine eigenen Unzulänglichkeiten. Zudem gab es eine Seite mit "Vorkommnisse seit Geburt" - ich sei nach der Geburt völlig überfordert und erschöpft gewesen, er hat alles getan was geht. Das stimmt! Aber was will er, mir das Kind wegnehmen? Zudem schrieb er nieder, dass er sich hier partout nicht wohl fühlt, wieder weg will. Er hätte sich bei der Entscheidungsfindung über den Wohnort unterbuttern lassen. Dabei sei gesagt: Er ist ein sehr schwacher/feiger Mensch (ohne Wertung), sagt generell immer Ja, lässt andere entscheiden. Ich bin eher impulsiv, extrovertiert. Scheint ihn mittlerweile auch zu stören. Es war nie Thema wo wir uns niederlassen - es war immer klar, dass es hier sein wird. (Mein Papa + Freundin wohnen hier. In seiner Stadt gibt es niemanden, seine Eltern wohnen 2 Stunden entfernt. Gerade mit Kind nicht unerheblich, Betreuung etc.)

Anderer Punkt: Das schönste Produkt unserer Beziehung, unser 2-jähriger Sohn. Er ist wirklich ein ganz toller und engagierter Papa. Er hat seit 6 Monaten jedoch eine extreme Mamaphase, Papa darf gar nichts mehr. Das verletzt ihn auch sehr.

Durch all die Vorkommnisse im letzten Jahr und die vielen Verletzungen haben wir nun verlernt miteinander zu reden. Wir kommunizieren nicht mehr. Ich war nun letzte Woche für 5 Tage auf Klassenfahrt. Seitdem ich wieder da bin: Schweigen. Kurze Bemerkungen à la "Noch sind wir beide für die Erziehung verantwortlich" seinerseits, als Reaktion auf einen giftigen Kommentar meinerseits. Jetzt eben habe ich erfahren, dass er anfängt Babysachen auf Ebay Kleinanzeigen zu verkaufen (Maxi Cosi). Er mistet aus, bereitet sich wohl auf seinen Auszug vor. Am Sonntag meinte er zwischen Tür und Angel, dass er mit mir sprechen muss - ich war perplex, Kind auf dem Arm und Angst vor der Endgültigkeit. Habe mich zurückgezogen. Seitdem das alte Spiel: Wir reden 3-4 Sätze miteinander (wenn`s ums KInd geht), ansonsten nichts. Unsere Beziehung scheint vorbei.

Ich weiß nicht was ich mir von euch erhoffe - ich bin fassungslos und traurig. Ich möchte den Mann nicht verlieren, aber er hat scheinbar mit mir abgeschlossen. Ich habe Angst vor einem klärenden Gespräch, Angst vor der Endgültigkeit, Angst IHN zu verlieren. Ich bin keine einfache Frau (durch Verlust der Mama arge Trennungsängste und damit einhergehende Charaktereigenschaften). Wir lieben unser Kind beide sehr. Ich gehe ab dem 2. Halbjahr wieder in Elternteilzeit: Mehr Zeit für die Familie, Entschleunigung (habe vor einem Jahr wieder angefangen zu arbeiten, 70-80 Stunden Wochen waren die Regel (korrekturintensives Fach)) Auch das hat sicher seinen Teil zu der aktuellen Situation beigetragen.

Alle Freunde (und ich habe Gott sei Dank sehr viele tolle Freunde) raten mir zu einem Gespräch und ich bin so feige und kann nicht. Er ist aktuell so gefühlskalt, ich habe Angst. Ich bin die Woche krank geschrieben, telefoniere viel mit Freunden, weine, trauere ... aber ich will dieses Mann nicht verlieren. Reden/Kommunizieren können wir jedoch auch nicht mehr.

Hilfe!

1

Tut mir leid, dass du in dieser Situation bist.

Macht es das „nicht miteinander kommunizieren“ einfacher? Ist so die Beziehung die du dir bis ans Ende deiner Lebenszeit wünscht?

Ich vermute nicht. Ohne darüber zu reden werdet ihr beide allerdings nie erfahren was Sache ist.

Ich kann dir versprechen, es kommen wieder bessere Zeiten.

Anmerkung zu deinem Vater, ihn auch darauf ansprechen! Sag ihm das du nicht geschützt werden möchtest, du bist erwachsen und willst erfahren was los ist. Schließlich betrifft es auch dich und dein Leben. Falls er Demenz hat wird es dich früher oder später sehr stark betreffen! (Erwachsenenvertretung)

Wünsche dir alles Gute

7

Erwachsenenvertretung: Muss nicht zwingend von Angehörigen wahrgenommen werden. Natürlich wird vom Betreuungsgericht zuerst nach Angehörigen gefragt aber wenn diese nicht in der Lage sind (wohnen zu weit weg, Job, Familie, eigener Erkrankung...) KANN auch ein Berufsbetreuer vom Gericht eingesetzt werden.

9

Klar muss das kein Angehöriger sein. Ich würde trotzdem wissen wollen was mit meinem Vater los ist. Auch wenn ich es selbst vielleicht nicht übernehmen will.

2

Hallo,

mir scheint, ihr habt ein gewaltiges Kommunikationsproblem, sowohl dein Partner und du als auch dein Vater und du.

Ihr solltet aber dringend miteinander reden, da haben deine Freunde schon Recht.

Zuerst mit deinem Partner. Setzt euch einen Termin für das Gespräch. Versucht, ohne Vorwürfe auszukommen - sprecht über das, was euch beschäftigt. Was sind eure Wünsche, Erwartungen? Wo seid ihr kompromissbereit, wo nicht? Gibt es noch eine gemeinsame Basis auf Beziehungsebene? Ist da noch Liebe, Wertschätzung, Zuneigung?

Wenn ihr dieses Gespräch nicht alleine führen könnt, sucht euch Unterstützung in Form einer Paarberatung. Davon unabhängig würde ich dir eine Therapie ans Herz legen, damit dich deine Verlustängste langfristig nicht mehr so sehr blockieren. Du merkst jetzt selbst - einfach nicht drüber reden macht die Probleme nicht kleiner, im Gegenteil.

Genau dasselbe gilt für deinen Vater. Ich hätte längst Himmel und Hölle in Bewegung gesetzt, um zu erfahren, was er hat. Du vermutest dies oder jenes... Das ist dein Vater, nicht der Nachbar. Geh zu ihm - er soll mit der Diagnose rausrücken. Zeig und sag ihm, dass du seine starke Tochter bist, die das schon verkraften wird - was bleibt einem auch sonst anderes übrig?

Kurzum: du musst dafür sorgen, dass du stärker wirst in Konfliktsituationen, dass du ins Reden und folglich ins Handeln kommst, bevor andere dich vor vollendete Tatsachen stellen.

Geh's an, nimm's in die Hand!

Liebe Grüße,
DieKati

Bearbeitet von DieKati
3

Merkst du, dass du voll auf Verteidigung bist?

Schreibe doch auch einmal eine Liste … alles, was dir an negativen Punkten an dir und ihm aufgefallen ist. Dinge, die nach der Geburt unrund gelaufen sind.

Keine Vorwürfe, keine Verteidigung.

Warum kann es nicht das Ziel sein, die Beziehung zu retten? Du schreibst, er schreibt negative Punkte von dir und ihm auf. Das zeigt definitiv schon, dass ihm aufgefallen ist, dass in eurer Partnerschaft etwas falsch läuft. Er zählt auch nicht nur deine Fehler auf, denn seine stehen dort ja auch. Und alles auf was du kommst ist, dass er dir das Kind wegnehmen will?

4

Lieben Dank für deine Nachricht. Weshalb ich das vermute ist die Art und Weise, wie er es schrieb. (K schlimme Verlustängste, Tod der Mutter von K als K ... Jahre alt war). Schon so, als würde er es einem Berater/Anwalt vortragen. Zugegeben, "Vorkommnisse seit Geburt" klingt auch fies. Weshalb sollte man so etwas aufschreiben, dass das Kind die ersten Wochen/Monate nachts beim Papa war, weil Mama zu überfordert/müde etc. Mir klingt das nicht nach Reflexion der Bziehung sondern nach Gründe sammeln. Wofür auch immer. Aber ja, vllt liege ich damit auch falsch.

Gründe für meine Verteidigung könnten sein, dass ich seit 6 Monaten rede, mich erkläre, das Gespräch suche ... ich habe ihn damit in die Ecke getrieben. Er wollte nicht mehr reden. Dann aber diese Liste ...

Bearbeitet von Matruschka2
5

Ehrlich gesagt ist das genau das, was man bei einer super Mediation erwarten würde.
Und wenn er das so empfindet, ist das vollkommen legitim…zumal du das ja auch bestätigt hast.
Ich erwarte von meinem Partner auch, dass er traumatische Erlebnisse aus meiner Vergangenheit permanent berücksichtigt. So sensibel sollte er schon sein.
Und das ein Kind zu Beginn eher beim Vater ist als bei der Mutter, weil diese überlastet ist,…nun dafür hat das Kind 2 Elternteile. Wie gut dass das die Natur/Gott so eingerichtet hat.

Alles keine Gründe um sich zu rechtfertigen. Nimm es als Tatsachen. Fertig. Es war so. Du kannst deinen Partner loben und dich bedanken (im Namen deines Kindes), dass er so ein toller Papa war/ist.

Du bist Lehrerin. Du weißt doch wie man redet.
Geh zu deinem Vater, solange es noch geht und sprich mit ihm. Über einen Umzug mit ihm zu reden war denkbar ungünstig. Du weißt ja offiziell noch nicht mal etwas von einer Erkrankung. Frage ihn doch indirekt, ob er bei X oder Y Hilfe brauchen kann und biete konkrete Lösungen an! Denkst du denn, dass dein Vater überhaupt je beim Arzt deswegen war? Betroffene merken das doch oft überhaupt nicht oder ignorieren es.
Bezüglich deines Partners: Bereite dich auf ein Gespräch vor und sage deinem Partner, dass du mit ihm ein Gespräch führen möchtest zu diesem Thema. Gib auch ihm die Möglichkeit der Vorbereitung. Ziel ist die Partnerschaft zu retten und nicht sich zu verteidigen. Höre dir an, was er zu sagen hat. Er hört sich an, was du zu sagen hast.

weitere Kommentare laden