Verloren nach Trennung

Hallo ihr Lieben,

ich brauche dringend euren Rat.

Mein Mann und ich haben uns nach ca. 15 Jahren (davon 2 verheiratet) getrennt. Wir haben ein gemeinsames Haus bewohnt, aus dem ich jetzt ausgezogen bin. Ich habe eine kleine Wohnung nahe meines Arbeitsplatzes gefunden, die mir bei der Besichtigung auch super gefallen hat. Ich habe mich wochenlang darauf gefreut endlich einzuziehen, Möbel ausgesucht, alles hübsch dekoriert.

Als dann der Tag des Einzugs näher rückte, habe ich aber schon gemerkt, dass sich innerlich etwas sträubt. Ich wollte nicht ausziehen. Ich habe es auf die Trennung geschoben und den großen Schritt, das gemeinsame Leben mit dem Auszug ja nun irgendwie komplett hinter mir zu lassen, das Ende zu besiegeln. Es gibt dann keinen Weg mehr zurück. Ich habe zuvor noch nie allein gewohnt.

Nun sitze ich in der Wohnung und fühle mich komplett unwohl und einsam. Ich fühle mich beengt, in unserem Haus hatten wir viel mehr Platz und einen schönen Garten. Ich frage mich, wie das sein kann, dass das innere Gefühl der Wohnung gegenüber plötzlich völlig umgeschlagen ist. Ich hatte mich doch darauf gefreut hier neu zu starten. Am liebsten würde ich sofort wieder ausziehen. In dem Haus wohnen mehrere Parteien und man ist sehr gesprächig. Das wird mir langsam zu viel. Wenn ich nach hause komme, bekommt es immer jemand mit, möchte ein Gespräch anfangen. Das ist nett und ich fand es anfangs auch schön quasi "unter Leuten zu sein", aber schon jetzt ist mir das zu viel. Da muss ich aber noch einen Weg finden, es nett aber deutlich zu sagen...

Dazu kommen plötzlich Gefühle, versagt zu haben, mit Anfang 30 in einer kleinen Wohnung zu sitzen, und alles zuvor aufgebaute ist weg. Mein Mann lebt weiter in dem Haus und steckt das Ganze (augenscheinlich) super weg. Ich merke, dass ich nicht so stark bin, wie ich dachte – das trifft mich sehr. Ich möchte das wegstecken und nach vorne sehen, aber es klappt einfach nicht.

Durch Corona ist die ganze Situation nochmal verzwickter, Freunde treffen ist schwierig, ich bin im Home-Office. Ich hocke den ganzen Tag in dieser Wohnung und habe Zeit zu grübeln, fange an auch körperlich zu merken, dass es mir nicht gut geht (flauer Magen, zittrig, kein Hunger).

Wenn ich meine Familie besuche und eigentlich froh sein sollte, doch mal unter Leuten zu sein, merke ich, dass ich mich nicht voll auf die Gespräche, die Aktivitäten etc. einlassen kann, weil ich meine Situation immer im Hinterkopf habe und nicht abschalten kann.

Ich weiß, dass man sagt, die schlechten Gefühle nach einer Trennung gehen vorbei. Aber wie lange dauert das? Habe ich ein schlechtes Gefühl bei der Wohnung, weil ich eigentlich in mein altes Leben zurück will? Wird es besser? Macht es Sinn das vielleicht einige weitere Wochen auszusitzen und zu hoffen, dass es besser wird? Am liebsten würde ich sofort nach einer neuen Wohnung schauen und umziehen. Ich habe aber Angst, dass meine Sinne mir wieder einen Streich spielen und es mir mit einer neuen Wohnung genau so geht.

Gibt es gleichgesinnte? Was könnt ihr mir raten?
Ich bin einfach für jede Reaktion dankbar und brauche einfach mal den Austausch.

Liebe Grüße

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Das geht mir momentan ähnlich.

Ich war sehr unglücklich in meiner Ehe. Es gab sehr triftige Gründe mich zu trennen. Ich hab mich voller Energie in die Wohnungssuche und - Einrichtung gestürzt und dachte, ich mach mit der Energie weiter.

Und nun sitze ich hier und ich hab das Gefühl, zur Ruhe zu kommen und das ist wahrlich nicht nur angenehm. Denn nun fängt das Nachdenken an.
Viele Trauernde berichten ja nach einem Todesfall, dass sie nach der Beerdigung in ein Loch gefallen sind: Vorher gab es ja genug zu planen, genug zu tun, man war noch geschockt etc....für Trauer hatte man zu viel um die Ohren....

So ähnlich, denke ich, ist das bei uns und ganz viele, viele Getrennte, mit denen ich gesprochen haben, kennen diese Phase.

Ich fühle mich gerade einsam. Das Drama der ständigen täglichen Reibereien ist weg, die haben die Leere in mir vorher gefüllt (zwar auf ungute Weise, aber da war halt keine Leere), ich hab Schuldgefühle, die Familie auseinandergerissen zu haben und meinem Sohn die Folgen zuzumuten, dass seine Eltern nicht klar kommen. Ich habe einen sozialen Abstieg zu verkraften: Vorher Haus, jetzt viel kleinere Wohnung im Dachgeschoss, merke ich jedes Mal beim Einkäufe hochhieven. Mein Lebensentwurf ist gescheitert. Mein Mann fehlt mir, nicht als Partner, sondern als Gewohnheit, unsere festgefahrenen Rituale (Tatort gucken etc.) fehlen mir. Und Corona macht es irgendwie gerade auch schwer neu durchzustarten.
Ich tingle gerade so ein bisschen durch die Datingbörsen. Hab ich mir vorher supercool vorgestellt, mittlerweile denke ich: Ist wie zu Mac Donalds gehen. Irgendwie erst mal ganz geil, aber unmittelbar danach ist einem direkt schlecht und man weiß, dass das definitiv nicht gesund ist.
Ich hadere damit, jetzt wieder alles alleine entscheiden zu müssen. Es war einfacher über den Partner zu meckern, der das falsche Fernsehprogramm ausgesucht hat, als mit der Erkenntnis zu leben, dass man so viel innere Unruhe in sich trägt, dass man gar nicht mehr in der Lage ist, einen Film zu gucken...

Ich habe viel mehr Zeit als vorher (Wechselmodell) und viel weniger zu tun. Ich fühlem mich wie ein Wald nach einem Rodungsbrand: Alles wüst und leer....

Aber hey: Das darf alles gerade sein. Es ist okay sich so zu fühlen. Ich glaube sogar, dass es gesund ist, sich so zu fühlen. Was wären wir für Menschen, wenn wir einfach so weitermachen würden wie bisher, wenn uns eine so drastische Änderung der Lebensumstände, das Scheitern eines Lebensentwurfs NICHT aus der Bahn werfen würde.

Mein Ex-Mann ist so. Der tut als ob nichts gewesen ist. Der lebt augenscheinlich glücklich und froh wie der Mops im Haferstroh in unserem Haus. Finde ich ehrlich gesagt krasser...so abgebrüht möchte ich nie werden bzw. ich möchte mehr Kontakt zu meinen negativen Gefühlen, ich mag meine Höhen und ich mag meine Tiefen... Momentan durchwandere ich halt ein Tal... das ist okay. Es geht wieder aufwärts irgendwann.

Abgebrannte Wälder machen einen sehr fruchtbaren Boden. Und die Kack-Pandemie ist auch irgendwann vorbei.

Drück dich. Kopf hoch.

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Richtig gut beschrieben! Ich fühle jedes einzelne Wort.

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Ich glaube, dass das ganz normal ist und auch vorbeigeht. Sei gut zu dir, hege und pflege dich und gönn dir etwas.
Schau nicht mehr auf ihn, sieh dich.
Fühle deine Gefühle und lasse los, dann fängt das Leben dich auf.
Alles Gute für dich 🙂

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Ich kenne das Gefühl sehr gut. Ich war vor 5 1/2 Jahren in einer ähnlichen Situation. Ich habe mich getrennt, ich zog aus... Wollte einen Neuanfang... Dann war es soweit. Ich habe mir. Alles hübsch gemacht. Wir hatten Kinder, habe das Zimmer der zwei hergerichtet etc. Dann endlich der Umzug und wenn die Kinder da waren war alles super. Aber dann gab es auch Tage, da war ich ohne Kinder. Das waren anfangs die schlimmsten. Ich saß abends immer da und habe geweint...
Aber es war einfach die fehlende Gewohnheit. Das neue und unbekannte macht einem Angst, man geht einen Schritt in den Nebel und man weiß nicht wohin man tritt.
Ich habe angefangen mich neu zu entdecken. Habe neue Dinge probiert, Sport, Kochen, Filme etc. Ihh habe es dann regelrecht genossen. Es hat etwas gedauert aber ich habe es nie bereut.

Wie meine Vorrednerin sagte, schau nicht auf deinen Ex, achte auf dich. Du hast nicht versagt, Beziehungen gehen kaputt und ebnen dir den weg für neues.... Dieses Gefühl wird gehen...

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Hallo,
Hier hast du eine Gleichgesinnte!
Ich bin ebenfalls 30, war 10 Jahre mit meinem Mann zusammen, davon 3,5 verheiratet, haben ein Haus gebaut und einen kleinen Sohn.
Leider hat es mit uns nicht geklappt und seit Juli wohnen mein Sohn und ich in einer Wohnung.
Ich war anfangs auch fest überzeugt, dass ich den richtigen Weg gehe und gefühlsmäßig ging es mir richtig gut. Der Auszug war für mich ein "Antrieb", endlich wieder glücklich zu werden.
Jetzt, wo ich langsam zur Ruhe komme, kommt doch immer mal wieder alles hoch und ich frage mich, ob ich wirklich das richtige getan habe und ob wir nicht doch zu früh aufgegeben haben. Hin und wieder sitze ich echt mal da und bin nur am heulen.
Aber dann kommen wieder gute Tage - und da wird mir klar, dass man die ganzen schlechten Sachen und die Gründe für sie Trennung doch sehr schnell vergisst und verdrängt und man nur an die positiven Sachen zurückdenkt.
Man vermisst nur die "oberflächlichen" Dinge und den Status als "glückliche Familie", den man jetzt nicht mehr hat.

Ich sage mir immer wieder, dass ich mich niemals ohne Grund getrennt hätte... Davon gab es mehr als genug. Und ich wäre ihn dieser Ehe definitv nie glücklich geworden. Ich gebe mir alle Zeit der Welt, das ganze zu verarbeiten. Eine Trennung ist so eine große Sache, die kann man nicht von heute auf morgen vergessen.

Ich wünsche dir alles Gute!

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Vielen Dank für eure lieben Antworten.

Es hilft mir schon sehr mir das Problem einfach mal von der Seele geschrieben und mich darüber ausgetauscht zu haben.

Es ist so ungewohnt und schwer, aber ich werde wohl einfach warten müssen, bis die Zeit die Wunden etwas heilt. Gerade geht es mir wieder etwas besser und ich versuche weiterhin stark zu sein. Es wird besser werde, irgendwie und irgendwann.

Ich ertappe mich öfters dabei, den Fehler zu machen meinen Mann und mich zu vergleichen. Ob es besser klar kommt, mehr Spaß hat, leichter die neue Routine aufbaut. Und wenn ich merke, dass er einen guten Tag hat, geht es mir schlechter. Das ist so dämlich, aber ich muss noch lernen es abzustellen und mich ganz auf mich zu konzentrieren... puh :)

Euch wünsche ich auch alles Gute!

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Ich verstehe dich. Es ist doch total nachvollziehbar, dass dich die ganze Situation in eine Krise stürzt. Immerhin hat sich dein Leben stark verändert. Und auch, wenn die Trennung gewollt war, sind da eventuell doch starke Gefühle von Verlust, Trauer und vielleicht auch Ängste.
Es liest sich etwas so, als wärst du ganz rational und objektiv betrachtet alle wichtigen und richtigen Schritte gegangen, die man geht, wenn man eine Beziehung nicht weiterführen kann.
Trennung, Auszug, neue Wohnung usw. hast du hinter dich gebracht und jetzt hast du den Anspruch an dich, dass sich da doch die Freude über das "neue Leben" einstellen und es sich irgendwie befreiend anfühlen sollte, was nicht der Fall ist. Da kann man sich von den eigenen Gefühlen schnell verraten fühlen.

Ich denke, du solltest da nicht zu hart mit dir sein. Sonst überholst du dich am Ende emotional selbst und fühlst dich immer schlechter, weil du einerseits unter der Trennung leidest und zusätzlich auch noch darunter, dass du nicht "stark" genug bist, dich über die neue Wohnunh zu freuen und das neue Leben zu genießen.

Ich kann mir vorstellen, dass es dir hilft, die Trennung richtig aufzuarbeiten, so dass sich auch deine Gefühle in Bezug auf deine neue Situation in eine positive Richtung entwickeln können. Es kann auf jeden Fall ja nicht schaden, sich da professionelle Hilfe in Form von Gesprächen zu suchen.

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Also, meiner Meinung nach würde eine neue Wohnung gar nichts bringen. Denn es ist mMn nicht die Wohnung an sich, die das Problem ist, sondern die 15 Jahre, die ihr zsm erlebt habt. Das ist schon ne Hausnummer. Sowas kann man nciht innerhalb weniger Monate vergessen, egal was da war. Alles neue wird sich umso neuer anfühlen.

Ein schönes Haus ist natürlich nicht zu vergleichen mit einer kleinen Wohnung!!! Natürlich fühlt sich das toller und schöner an. Alleine einen kleinen Garten für sich zu haben.... aber gut, darum geht es ja nicht. Das sind materielle Dinge die dir fehlen. Und ein zurück gibt es nunmal nicht. Das Haus kannst du nur behalten, wenn du die Ehe wieder willst. Und selbst wenn du sie wieder willst, wer weiß ob da jetzt nicht der Wurm drin ist bei euch. Sollte dein Mann sich trennen, verlierst du’s eh wieder.

So gesehen würde ich das Haus und alles erlebte einfach als schöne Vergangenheit sehen. Ein Teil deines Lebens, aber der Abschnitt ist vorbei. Das braucht Zeit um es zu verstehen.

Mit 30 alleine in einer Wohnung zu leben hat nichts mit Versagen zu tun!! Entschuldige mal. So leben viele Leute (inkl. mir!) man kann sich auch seine Wohnung schön einrichten und wer weiß, vielleicht lernst du irgendwann auch wieder einen neuen netten Mann kennen.

Gib dir selber mal etwas mehr Zeit. Leb da mal ein paar Jahre in der Wohnung, dann gewöhnst du dich schon daran.

Covid ist für uns Singles alle schwer. Eine schwere Zeit die auch irgendwann wieder vorüber gehen wird!!!! Das muss man jetzt aushalten..

Darf ich fragen wieso ihr euch getrennt habt?