Kinder obwohl beide Partner psychisch krank?

Guten Morgen zusammen,

Ich weiß leider gar nicht was ich mir von diesem Beitrag erwarte. Ich muss meine Gedanken aber nun einfach mal loswerden, da ich mich nicht traue, in meinem Umfeld offen darüber zu sprechen…. Alleine wenn ich die Überschrift lese, kommen mir selbst die Gedanken „Ohje das kann doch gar nicht gut gehen“.

Erstmal kurz zu uns: Mein Mann und ich sind seit fast 10 Jahren zusammen und seit eineinhalb Jahren verheiratet. Wir führen eine sehr harmonische Beziehung und haben sehr viele Gemeinsamkeiten. Wir haben einen Altersunterschied von 10 Jahren, ich war 21 und er 31 als wir zusammen kamen und damals haben wir schon beschlossen, dass wir vor 30 Bzw. 40 keine Kinder bekommen.
Ich habe gefühlt schon immer mit leichten Depressionen zu kämpfen. Habe es aber im großen und ganzen im Griff. Nehme Antidepressiva und gehe bei Bedarf zur Psychotherapie. Ich arbeite Vollzeit und habe meinen Master nebenberuflich per Fernstudium gemacht, ich bin also durchaus belastbar.
Mein Mann hatte bis vor zwei drei Jahren gar nichts mit psychischen Erkrankungen zu tun. Somit war uns beim Thema Kinder klar, dass er ja im Fall des Falles der „gesunde“ Part sein wird.
Nach mehreren angehäuften Schicksalsschlägen wurde ihm dann eine bipolare Störung diagnostiziert, da war er schon 38. Er war auch stationär in Behandlung . Die bipolare Störung ist in seiner Familie (Cousin,Cousine von ihm) bekannt und daher war die Diagnose jetzt nicht ganz soooo neu für uns. Die Disposition, so etwas zu entwickeln ist ja doch erblich.
Seit mehr als zwei Jahren ist er stabil, wird jedoch sein Leben lang Lithium nehmen müssen.
Arbeiten tut auch er Vollzeit.

Wir wohnen in einer Eigentumswohnung, die meine Eltern für uns gekauft haben, haben einen tollen Freundeskreis. Wir Verdienen beide gut und haben sichere Arbeitsstellen. Also die Rahmenbedingungen für ein Kind sind nicht ganz so weit unten angesiedelt.

Aber ja, dennoch bleibt der Gedanke über die psychische Komponente. Gerade weil wir beide diese Probleme haben und nicht nur einer von uns .
Die letzten Jahre konnten wir das Kinder Thema nach hinten verschieben. So langsam höre ich aber die Uhr ticken, denn man kann ja auch nicht davon ausgehen, dass es beim ersten Versuch klappt.
Wir sind aber zudem auch sehr im Zwiespalt, ob das in unserer Situation so sinnvoll ist, Kinder zu bekommen. Was ist wenn wir die Krankheiten vererben, unser Kind ein Leben lang leiden muss? Das möchten wir natürlich nicht… Andererseits kann das natürlich auch Kinder von gesunden Eltern passieren.
Zudem wird eine Schwangerschaft mit Depressionen sicherlich kein Spaziergang. Ich habe schon auf Sertralin umgestellt, da das in einer Schwangerschaft „das Mittel der Wahl“ ist. Ohne werde ich es glaube ich nicht schaffen. Denn wenn es mir körperlich nicht gut geht und ich kränkel, falle ich auch psychisch in ein tiefes Loch.
Weiterhin ist mir zwar klar, dass ein Kind mit einer Menge Verantwortung verbunden ist aber ich befürchte, dass mir bzw. uns diese Belastung nicht so richtig bewusst ist, weil gerade, wenn einer von uns sich in einer Krankheitsphase befindet, ist man ja nur mit sich selbst beschäftigt. Das könnte echt schwierig werden.
Andererseits denke ich mir, es gibt so viele, die das Familienleben gewuppt bekommen, da schaffen wir das doch auch…
Gedanken über Gedanken, die ich mir seit Monaten mache und einfach keine Lösung finde.
Eins wissen wir beide: wir würden in 10 Jahren, wenn es dann endgültig zu spät ist, da sitzen und es bereuen, dass wir es nicht versucht haben…
Aber andererseits würden wir wenn es schwierig mit einem Kind wäre, fragen was wäre wenn wir uns doch dagegen entschieden hätten.

Vielleicht haben einige von euch schon ähnliche Gedankengänge hinter sich oder sogar Erfahrungen gemacht, wenn einer oder beide Elternteile psychisch krank sind. Letztendlich ist aber auch jede Familie individuell und egal wie wir uns entscheiden, wird es entweder die richtige oder die falsche Entscheidung sein…. Und nein, ihr könnt uns diese Entscheidung nicht abnehmen. Ich musste meine Gedanken jetzt einmal mal nieder schreiben und das tat schon sehr gut.

Ich hoffe, mein Beitrag kommt nicht egoistisch rüber. Ich mache mir einfach nur sehr viele Gedanken…

Habt ein schönes Wochenende!

VG die Reisequeen

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Hallo,

Also erstmal muss ich sagen, dass ich mich mit bipolarer Störung nicht auskenne und welche Auswirkungen diese Krankheit hat. Bitte sprecht doch mit dem behandelnden Arzt deines Mannes den Kinderwunsch.

Allerdings kenne ich mich mit Depressionen aus, denn die habe ich selber.
Allerdings habe ich die Diagnose erst nach der Geburt meines ersten Kindes erhalten. Ich hatte eine extreme Wochenbettdebression mit mehreren Wochen Klinikaufenthalts. (Die Depression richtetet sich gegen mich selbst, nicht gegen das Kind, dass habe ich immer geliebt und gut umsorgt).
Beim nächsten Kinderwunsch habe ich mir Unterstützung geholt. Es gab bei uns ein Programm für Mütter mit psychischen Krankheiten an dem ich teilgenommen habe. Die haben mich in der Kinderwunschzeit, Schwangerschaft und nach der Geburt begleitet. Ärzte und Psychologen. Ich habe prophylaktisch Antidepressiva bekommen. Konnte ich dann ca. ein Jahr nach Geburt langsam ausschleichen. Danach war ich noch zwei Jahre in Therapie. Nun beim dritten Kind ging es ganz ohne. Ich habe keinerlei Einschränkungen im Alltag. Ich weiß, dass ich nicht geheilt bin und dass die Depression nur schlummert und auch wieder kommen kann. Aber ich kenne mich und meinen Körper so gut und mit den erlernten Taktiken kann ich beschwerdefrei leben.
Mit 3 Kindern, Hund, Haus, 30 St. Job.

Mein Gedanke bei dir ist, wenn du oder dein Partner die Diagnose erst nach dem Kinderkriegen bekommen hättet müsstet ihr auch zurechtkommen. So könnt ihr euch aktiv darauf vorbereiten. Es ist nicht so, dass einem die Kinder weggenommen werden, nur weil man krank ist. Solange das Kindeswohl nicht gefährdet ist.
Bespreche das doch mal mit deinem Therapeuten und dein Mann sollte das auch tun.

Ich hatte auch überlegt bloß kein Kind mehr zu bekommen, wegen der Krankheit obwohl ich mir sehnlichst mehrere Kinder gewünscht habe mein Leben lang. Dann habe ich beschlossen mir mein Leben nicht von der Krankheit bestimmen zu lassen. Sie hat ihren Raum, ja, aber in dem darf sie bleiben. Ich bestimme über mich selber, nicht die Krankheit.

Ich wünsche dir alles Gute.
Liebe Grüße 🍀

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Hallo Anni,
vielen Dank für deinen Beitrag und vorallem deine Geschichte. Hut ab vor deinem starken Willen, das Leben mit drei Kindern und Hund so gut zu meistern! Gerade solche Erfahrungen machen mir Mut, dass auch alles gut werden kann!
Das mit der ärztlichen Begleitung ist sehr wichtig und ohne werden wir dieses Thema auch nicht angehen.
Ja, das mit dem „was wäre wenn“ ging mir auch durch den Kopf. Die Diagnose meines Mannes wurde erst mit 38 gestellt. Wir hätten da vorher schon locker Kinder haben können.
Die Disposition hatte er wohl schon in sich aber durch die Schicksalsschläge ist es quasi „ausgebrochen“. Das kann uns quasi bei dem Nachwuchs auch passieren.

Die Bipolare Störung ist sehr vielfältig. Ich habe mich damals im bipolaren Forum umgesehen und da gibt es Menschen, die aufgrund der Erkrankung nicht mehr Geschäftsfähig und erwerbstätig sind und sich hoch verschuldet haben und aggressiv sind. Das ist bei meinem Mann alles bei weitem nicht der Fall. Er ist von Natur aus ein ruhiger Mensch. Wenn man ihn erlebt, würde man nie im Leben darauf tippen, dass er diese Krankheit hat.

Viele Grüße und einen schönen Tag !

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Hallo Reisequeen,

Einen richtigen Rat habe ich leider für dich nicht. Wie du schon selbst sagst ein richtig oder falsch gibt es nicht.
Ich persönlich finde es sehr schwierig.
Die Bipolarestörung ist vererbbar, wie du weist und die Chance das es passiert ist gar nicht mal so gering. Die Erkrankung ist je nach Ausprägung schlecht einstellbar. Dann kommt noch die kompetente von deiner Depression.
Also ist die Genetik die ihr dem Kind mit gibt unter Umständen nicht besonders berauschend.
Jetzt könnte man natürlich sagen aber andere… usw.
Da müsst ihr jetzt abschätzen ob ihr das Risiko eingehen wollt. Ihr evtl von eurem zukünftigen Kind zuhören bekommt, hättet ihr mal lieber nicht.
Oder aber ihr habt total Glück und bekommt ein gesundes Kind.
Dann wäre noch die Frage wie stabil schätzt ihr euch ein ? So ein Kind ist eine große Belastung.
Wie kommt ihr mit evtl. wenig Schlaf zurecht ? Was würde das mit euren Erkrankungen machen ?
Was ist wenn ihr es nicht schafft? Wer könnte euch helfen ? Sowas immer im Voraus klären und nicht erst wenn’s brennt.
Was sagen eure Ärzte dazu ?
Ich würde erst den Thema Kinderwunsch angehen wenn ich das alles mit gutem Gewissen beantworten könnte. Und immer an das mögliche Kind denken. Das kann nicht entscheiden ob es auf diese Welt mit diesem Vorraussetzungen geboren wird.
Ich hoffe, dass ich etwas weiterhelfen konnte.

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Hallo Mili,

Vielen Dank für deinen konstruktiven Beitrag!
Das ist uns völlig bewusst und da es keine Entscheidung von heute auf morgen ist, werden wir uns da natürlich noch weiterhin mit befassen und natürlich sind wir bereits mit unseren Ärzten und Therapeuten im Gespräch.
Habe aber irgendwie das Gefühl dass die sich da ungern festlegen möchten. Also wir werden nicht bestärkt aber abgeraten wird uns auch nicht…
Ja das mit dem wenigen Schlaf ist ein Thema, was mich auch beschäftigt. Aus beruflich Stressigen Wochen weiß ich, dass es immer irgendwie ging, aber ja das kann man natürlich nicht vergleichen.
Unser Freundes- und Familienkreis weiß da leider nicht im Detail darüber Bescheid (insbesondere über meine Erkrankung, da ich eigentlich einen weitestgehend normalen Alltag führe) Denke aber schon, dass wir da mit Unterstützung rechnen können, wenn es notwendig ist. Als mein Mann in der Klinik war, habe ich auch gemerkt , dass ich mich auf deren Rückhalt verlassen kann.
Viele Grüße

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Du hast hier ja schon hilfreiche Hinweise bekommen. Einen Aspekt möchte ich noch ergänzen: Wenn ihr Angst habt, dass dein Mann die Disposition für die bipolare Störung vererben könnte, könntet ihr in einer Kiwu-Klinik ja auch eine Befruchtung mit Fremdsperma machen lassen.

Euch sollte bewusst sein, dass ein Kind eine große Belastung sein kann - psychisch und körperlich. Was würde das mit euch machen, wenn es ein Schreibaby wird, das stundenlang täglich weint und sich nicht beruhigen lässt? Oder das Kind mit einer Behinderung zur Welt kommt? Oder es direkt Zwillinge werden? ......

Ich habe übrigens auch trotz psychischer Erkrankung ein Kind bekommen. Allerdings war ich schon seit Jahren nicht mehr in Behandlung als ich schwanger geworden bin. Als ich akut krank war, hätte ich mich definitiv nicht um ein Kind kümmern können und es hätte in eine Pflegefamilie gemusst, da damals auch niemand aus meiner Familie das Kind hätte zu sich nehmen können.

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Vielen Dank für deine Antwort und Erfahrung Clouddancer,
Ja, den Gedanken mit einem Schreibaby hatte ich auch schon. Man kann es leider so gar nicht vorhersagen, wie wir Situation meistern werden. Aber es tut alleine schon gut, verschiedene Gedanken hierzu zu lesen.
Die Entscheidung werden wir natürlich nicht von heute auf morgen treffen.
Viele Grüße:-)

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Huhu, ich kenne mich weder mit Depressionen noch mit Bipolaren Störungen aus, aber ich finde es beeindruckend, wie reflektiert ihr damit umgeht! Jemand, der sich so viele Gedanken macht, macht bestimmt einen guten Job als Eltern! Klar, solltet ihr das natürlich mit Rücksprache und Unterstützung von Fachkräften entscheiden und ich kann dazu nicht beitragen, aber bei dir merkt man ja anhand deines Geschriebenen, dass bei dir Substanz dahinter steckt und du alles dafür tun würdest, dass es dem Kind gut geht, sonst würdest du dir jetzt nicht solche Gedanken machen!

Ich wünsche euch alles Gute! 🤗

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Hallo Reiswqueen ,

Ein wenig deiner gesichte trifft auch auf meine Reise des Eltern werdens zu. Ich und mein Mann sind mittlerweile seit 16 Jahren zusammen . Mein Mann war immer wieder in depressiven Episoden gefangen was uns auch immer ein stück weit von der Entscheidung zu einem Kind abgehalten hat . Ich selbst hatte vor einigen Jahren auch mit starken Depressionen zu kämpfen die ich aber gut behandeln konnte . 2019 war ich dann endlich wieder frei von Medikamenten und der Kinderwunsch kam immer mehr auf . Mein Mann und ich haben uns entschlossen aktiv zu werden und ich war 3 Monate später schwanger . Mein Sohn kam im September 2020 putz munter zur Welt und ich hatte Gott sei Dank mit deiner depressiven Verstimmung mehr zu kämpfen . Mein Mann jedoch wurde immer kränker und kränker bis hin zu suizid Gedanken . Er wurde stationär aufgenommen und es wurde nach Jahren eine. Bipolare Störung bei ihm diagnostiziert . Er wurde genau wie dein Mann auf Lithium eingestellt zusätzlich noch sertralin und mirtazapin . Seit er richtig eingestellt ist kann er wirklich super mit jeder stressigen Situation umgehen . Ich kann sagen für uns war es trotz allem der richtige Weg und wir hätten es sicher beide irgendwann bereut . Wir sind nun mittlerweile in der Planung für Nummer 2 allerdings bisher ohne Erfolg was wir leider ein wenig dem Lithium zuschreiben . Spermiogramm wird demnächst gemacht und dann sehen wir weiter .

Vielleicht kann dir meine Erfahrung ja ein wenig helfen

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Liebe Jenny!
Vielen Dank, dass du deine Erfahrungen mit mir teilst!
Das sind ja wirklich ähnliche Voraussetzungen wie bei uns und ich finde es toll, dass du da so offen drüber schreibst. Ihr macht das sicherlich ganz ganz toll.
Hatte seine schwere Episode etwas mit der Geburt eures Sohnes zu tun oder waren es andere Auslöser?
Wahrscheinlich würdet ihr ansonsten nicht über ein zweites Kind nachdenken.
Solche Beiträge machen mir Mut! Aber natürlich bin ich auch froh, kritische Stimmen dazu gelesen zu haben. Das holt mich wieder auf den „Boden“, dass es auch alles andere als gut laufen kann.

Viele Grüße und einen schönen Sonntag!

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Liebe reisequeen,

Ja die Geburt unseres Kindes war mit ein Auslöser für die schwere Episode meines Mannes . Allerdings gab es schon vor der Geburt Ausläufer die wir übersehen haben da wir zu der Zeit auch noch keine richtige Diagnose hatten . Seit er wirklich gut eingestellt ist muss ich allerdings sagen das er ein wieder wirklich normales Leben führen kann und mit Stress wirklich gut umgehen kann . Natürlich ist ein Baby und auch Kleinkind wirklich stressig und kann einem an den Nerven zehren aber alles in allem war es der beste Weg den wir für uns wählen konnten . Letzten Endes muss da ja auch jeder für sich selbst entscheiden ich kann dir nur mit zusprechen es zu wagen . Die erbliche Sache ist ja auch kein Muss . Kinder mit Vorerkrankung der Eltern sind natürlich sensiblere zu behandeln was das Thema angeht allerdings wenn die Basis bei den Eltern stimmt ist die Wahrscheinlichkeit doch eher geringer auch eine bipolare Störung zu entwickeln .

Ich wünsche euch das beste . Liebe grüss Jenny

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Hey, eigentlich ist die Sache ganz einfach. Hast du/habt ihr einen Kinderwunsch? Falls ja ist die Antwort doch logisch... ihr würdet es in jedem Fall bereuhen wenn ihr es nucht versuchst. Ich kenne mich mit psychischen Krankheiten aus..bin Sozialpädagogin. Es kann sein, dass während du schwanger bist du überhaupt keine Depressionen bekommst wegen den Hormonen. Das sorgt die Natur ganz einfach dafür, damit du das Kind gesund auf die Welt bekommst. Und zweitens brimgt ein Kind nicht nur Belastungen sondern auch Glücksgefühle, die umbeschreiblich sind wenn du dein Neugeborenes das erste mal im Arm hast (hanbselbst noch keins aber planen es). Dein Leben wird sich zu 180 Grad wenden, so kann es auch gut sein dass deine Depressionen fern bleiben, du gar keine Zeit dafür mehr hast. Ich denke es ist vor allem die Angst, dass ihr/du es nicht schaffst eine gute Mutter zu werden, falls dich eine Episode erwischt. Aber jetzt hast du noch kein Kind, kennst das Gefühl auch noch nicht, von daher ist es super schwer dies zu bewerten.
Ich will dir Mut zusprechen, zumal es sehr viele Frauen und Männer gibt die mit psychischen Problemem kämpfen, aber dennoch Eltern werden. Meine persönliche Meknung ist, dass Kinder kriegen die mentale Gesundheit stärkt und sogar helfen kann.
Viel Glück!!

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Super, dass ihr eure Erkrankungen so weit im Griff habt, dass es so gut läuft! Das braucht sehr viel und ist eine tolle Leistung. Ich würde in dieser Situation aber ganz sicher auf Kinder verzichten. Kinder sind eine enorme Belastung, der man sich über viele Jahre lang nie entziehen kann. Fremdbestimmung ist für Personen mit affektiven Störungen Gift. Ihr könnt eure Skills zur psychischen Stabilisierung nicht mehr anwenden. Psychisch kranke Eltern sind für Kinder eine grosse Hypothek fürs Leben.

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Hallo Rabi,
vielen Dank für deine Antwort und Meinung.
Ich bin froh, auch solche kritische Stimmen zu dem Thema zu lesen, denn dann wird mir vor Augen geführt, dass es auch sehr sehr schwer werden kann. Dem bin ich mir bewusst.
Wir werden die Entscheidung sicherlich nicht von heute auf morgen treffen. Werden uns aber über das Thema „Fremdbestimmung“ sicherlich Gedanken machen müssen….
Viele Grüße und einen schönen Sonntag!

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Ich finde es sehr gut, dass ihr da nicht leichtfertig entscheidet.

Ich bin sicher, dass es viele Hilfen gibt und es kann alles super werden!

Trotzdem möchte ich dir von einem Fall im Freundeskreis erzählen, denn es ist nicht immer alles prima.

Die Tochter der besten Freundin meiner Mutter hat sowohl Depressionen als auch eine bipolare Störung.
Sie arbeitete sogar als Erzieherin und kam klar, aber die Ärzte rieten ihr von eigenen Kindern ab.
Nun ja…sie wollte dann doch, wurde schwanger und setzte aufgrund ihrer Episoden die Medikamente teilweise ab, ohne jemandem etwas zu sagen.
Auch ihr Mann ist beeinträchtigt.

Es gibt genau 2 Wochen gut. Mittlerweile lebt sie mit dem Winzling bei ihren Eltern. Ihr Mann kommt jeden Abend vorbei.
Die Eltern kümmern sich nun 24/7, weil sie nicht mit den Bedürfnissen des Babys klar kommt.
Eigentlich wollten die Eltern (beide frisch in Rente) nun viel reisen etc, aber stattdessen haben sie mit Mitte/Ende 60 nun einen Säugling.

Die Mutter bzw Oma saß schon mehr als 1x weinend bei meiner Mutter im Wohnzimmer und sagt selbst, dass sie nicht weiß wie lange das klappen soll…

Ich weiß - klingt schlimm und man hofft natürlich auf das Gegenteil.
Aber es kann eben auch so laufen und dann muss geklärt sein: was wird aus dem Kind?

Ich wünsche euch alles alles Liebe und hoffe, dass eure Ärzte euch Lösungen aufzeigen können.

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Hallo liebe Reisequeen (was für ein schöner Nickname!),

ich finde es sehr verantwortungsbewusst, wie ihr beide euch über dieses Thema Gedanken macht. Und überhaupt nicht egoistisch. Dieses Thema hat ganz viele Facetten.

Ich teile mal was von mir: meine Familiengeschichte liest sich wie ein Lexikon der psychischen Krankheiten. Von Depression über Schizophrenie bis zu Alkoholismus und Essstörungen ist da so ziemlich alles dabei. Mein Vater z.B. war schwer depressiv, immer wieder, das erste Mal kurz nach meiner Geburt und dann wieder, als ich eine Jugendliche war (dazwischen wohl latent, mit Medikamenten einigermaßen unter Kontrolle) und hat sich dann schließlich, als ich 14 war, das Leben genommen und mich und meine Schwestern als Halbwaisen und unsere Mutter als Witwe zurückgelassen.

Meine Schwestern und ich haben - wie wohl fast alle aus der Familie - eine, ich nenne es mal, erhöhte Sensibilität geerbt. Wir wissen, dass wir verstärkt aufpassen müssen in diese Richtung in unserem Leben. Bei mir hat das dazu geführt, dass ich mich besonders viel mit Psychologie und Selbsterfahrung, aber auch mit Spiritualität, mit Abgrenzung und einfach mit Ich-Selbst-Sein beschäftige. Das hilft mir sehr im Kontakt mit mir selbst und mit anderen, und auch beruflich. Und es sind immer wieder auch schwierige Situationen und ich hatte auch schon dunkle Phasen in meinem Leben, genauso wie meine Schwestern.

Aber andererseits... haben das nicht ganz viele Menschen? Wie viele der angeblich ach so gesunden sind denn schon wirklich auf allen Ebenen gesund? Hier in Österreich, wo ich lebe, erfüllt mindestens jeder Zehnte die Kriterien für pathologischen Alkoholmissbrauch... da rede ich noch nicht von anderen Süchten oder von diversen psychischen Krankheiten. Und dann gibt es noch all die körperlichen Krankheiten. Wer von uns hat schon ein Erbgut, das garantiert, dass wir selbst das Erwachsenenalter unserer Kinder erleben und ihnen nichts Problematisches vererben können?

Und: so schlimm das alles war mit meinem Vater. Ich bin froh, am Leben zu sein. UND ich bin auch froh, dass ich ihn als Vater hatte. Weil, weißt du, er war ja nicht nur die Depression. Er war auch ein sehr intelligenter, feinfühliger, weiser, achtsamer Mensch. Ich habe in diesen 14 Jahren ganz viel Tolles von ihm mitbekommen, das mich bis heute positiv prägt. Klar hätte ich mir gewünscht, er hätte einen anderen Ausweg gesehen und ich hätte ihn gerne länger gehabt, ich hätte ihn gerne heute noch... aber auch mit dieser Geschichte würde ich ihn nicht gegen einen anderen Vater eintauschen wollen. Ebenso die anderen Familienmitglieder... gemeinsam mit den psychischen Krankheiten kommt da auch ganz viel Feinfühligkeit, Kreativität und diverse Begabungen... und vielleicht zu viel Traumatisierung und zu wenig sich schützen können vor einer oft sehr harten Welt. Da ist auch so viel da, was es wert ist, vererbt zu werden... und vielleicht zu etwas sehr Schönem werden kann ohne die Traumatisierungen.

Dennoch war es natürlich ein ordentlicher Rucksack und ich habe auch lange überlegt, ob ich mich diese Familienlinie fortzusetzen traue. Hab deshalb auch erst mit 36 ein Kind bekommen, letztes Jahr. Und ganz ehrlich - Schwangerschaft, Geburt und Babyzeit - umso mehr in diesen Zeiten - ist auch kein Spaziergang. Oft ist es hart, oft gelange ich an meine Grenzen. Doch es ist auch wunderschön.

Ich wünsche mir, dass meine Tochter ganz viel Gutes geerbt hat, sowohl von meiner Seite als auch von der meines Mannes und dass wir ihr in der Kindheit und Jugend ganz viel mitgeben können, was sie stärkt, auch in schwierigen Situationen.

Wenn du noch Fragen hast oder ich dir mit meinen Erfahrungen irgendwie weiterhelfen kann, kannst du mich auch gerne anschreiben. Alles Gute euch!