Hilfe - Trotzphase extrem!

Hallo zusammen
Ich komme mit meiner 2.5-Jährigen Tochter an meine Grenzen und mittlerweile auch mein Mann. Ich erhoffe mir von euch ein paar Tipps aus Erfahrung. Unser Erziehungsstil ist am ehesten autoritativ (also klare Regeln, aber gleichzeitig viel Fürsorge, Liebe, Wärme, Wertschätzung und Unterstützung). Sie ist mit ganz viel gentle parenting aufgewachsen, also viel getragen, begleitet etc. sie war ein high need baby und ist auch ein sehr anhängliches high need Kind, kann viel und fordert viel.

Sie tickt momentan fast bei jedem "Nein" oder "warte kurz" komplett us. So weit so normal für die Trotzphase. Nun kommt aber dazu, dass sie so oft deswegen so wütend wird, dass sie dann haut, beisst, schlägt, tritt, kneift und an den Haaren zieht. Ausserdem kreischt sie extra so laut und schrill, dass einem die Ohren weh tun. Diese Aktionen kommen aus dem nichts, man kann ihren unglaublichen Zornesanflug meist gar nicht kommen sehen. Das schlimmste ist, sie nutzt schamlos schwache Momente aus. Z. B. wenn man sie mit beiden Händen gerade am Angurten ist im Autositz, und man sich nicht wehren kann, kratzt die einem das Gesicht blutig, weil sie wütend war, dass man sie vor einem vorbeifahrenden Auto weggezogen hat....nur ein Beispiel. Abends tickt sie aus, wenn Papa sie nicht Einschlaftragen möchte. Monatelang schläft sie wunderbar ein beim Liegen und jetzt plötzlich muss herumgetragen werden (was einfach bei dem Gewicht nicht mehr möglich ist) , ein Kompromiss akzeptiert sie nicht. Wir bleiben konsequent - sie schreit dann wie am Spiess.
Sie ist für ihr Alter sehr weit, was Sprache und Soziales angeht. Wenn ich einen Fehler mache oder mich nicht korrekt verhalte, hält sie mir dies vor. Sie verhandelt gut und man kann mit ihr schon so vieles so toll besprechen. Aber wenn sie momentan ihre Anfälle hat und dies 15-20 mal am Tag, dann ist sie wie wildgeworden. Zuhause handhabe ich es mittlerweile so. Im Wohnzimmer gibt es klare Regeln, dass wir freundlich zueinander sind und keine Spielsachen werfen. Wer sich nicht daran hält, muss mit in den Korridor für eine Pause, wo wir die Regeln nochmals anschauen. das klappt super, leider unterwegs überhaupt nicht. Und bei meinem Mann alleine mit ihr abends (wenn ich die kleine Schwester ins Bett bringe) klappt gar nichts. Sie trotz bei allem - Windelnwechseln, Zähneputzen...) alles ist ein Kampf...und immer mit ärgern (Wasser extra ausleeren, hinter die Türe und dort auf den Boden Pipi machen etc.)
Kennt ihr sowas auch, - hört das bald mal auf und habt ihr Tipps?
Vielen Dank und liebe Grüsse

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Ich kann dir das Buch "Nein aus Liebe" von Jesper Juul empfehlen.
Wir praktizieren ein echtes Nein, ohne Abweichungen und strenge Regeln, ohne ihre Würde zu verletzen seitdem meine Tochter 1,5 J. ist.
Hauen, Kratzen, Beißen, mit Absicht Wasser ausschütten etc wurde beim ersten Mal "ausprobieren" mit ca 1,5 J. direkt im scharfen Ton und mit Konsequenz z.B. "Wir gehen direkt nach Hause, weil mir dein Verhalten nicht gefällt" unterbunden.

Sie ist jetzt 3 J. alt und sehr sozial, bei Kindern und Erwachsenen gleichermaßen beliebt und ein sehr kommunikatives, fröhliches Mädchen.
Ja, sie ist auch mal wütend. Das darf sie auch sein. Dann reden wir in einem angemessenen Ton über ihr Problem bzw das, was sie gerade bewegt, und finden schnell eine Lösung.

Vielleicht hilft euch das Buch ja auch weiter 🍀

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Was machst du denn, wenn sie "extra etwas macht"?

Beim Kratzen würde mir zwar auch nichts einfallen (außer eventuell, beim Angurten einen dicken Schal etc. zu tragen, den man so hochzieht, dass sie nicht spontan kratzen kann, also keine Gesichtshaut erwischt. Sähe komisch aus, wäre aber effektiv und würde ihr auch zeigen, dass man nicht gekratzt werden möchte).

Also bspw. Wasser ausschütten - hier ist ein Lappen, wische es bitte wieder auf. Ich bleibe so lange hier stehen, bis der Boden (einigermaßen) trocken ist.
Pippi machen - wirklich mit Absicht, um euch zu ärgern? 😳 - hier ist ein Lappen, hier sind ggf. Handschuhe, wische es bitte wieder auf und mache den Boden sauber. Ggf. mit Hilfe.

Oder läuft es so - Wasser ausschütten - Mama ärgert sich - ich schaue zu, wie Mama die Pfütze beseitigt? Das wäre dann ja lustig für sie.

Ggf. könnte man für eine Weile später - ein oder zweimal - auch eine Konsequenz folgen lassen: Es gibt jetzt nur noch wenig Wasser, das nachgeschenkt wird oder Wasser aus einem verschlossenen Becher mit festem Strohhalm, weil sie das ja sonst wieder auskippt. Man geht eine Weile - ein oder zwei Stunden lang - alle 20 min auf Toilette, falls sie das Pippi wieder nicht halten kann. Also so, dass sie merkt, dass diese Sachen für sie halt nicht lustig sind.


Kannst du die "Nein" oder "Warte kurz" abmildern? Also statt "warte kurz" - "kannst du bitte xy machen" - etwas, das für sie auch Sinn ergibt, also schon mal die Jacke holen oder so? Oder dir etwas holen? In der Zeit hast du dann Zeit, deine Aufgabe zu beenden und sie muss nicht nur warten. Oder vielleicht kannst du sie bitten, dir dann etwas aufzuzählen, ihr eine intellektuelle Aufgabe geben, bei der sie ihr Wissen demonstrieren und nachdenken muss.

Statt "nein" vielleicht erst mal sagen, was sie darf und dann nein sagen? Sie möchte Schokolade - "magst du eine Banane essen? Schokolade gibt es erst heute Nachmittag!"
Ich würde mir da mal eine Liste mit möglichen Alternativaufgaben machen und schauen, ob das besser wird.

Kann sie beim Anschnallen mithelfen? Dann könnte sie parallel nicht kratzen. Kann man das mit ihr trocken üben - wenn sie noch nicht im Kindersitz sitzt - und sie dann bitten, die den Gurt zu reichen oder beim Anschnallen die Schnalle mit reinzudrücken? Und das dann zu loben, also, dass sie das sonst fast alleine kann?
Und vielleicht auch mit ihr gemeinsam überlegen, was sie alles alleine kann und darf. Was sie am Tag allein entscheiden kann. Vielleicht auch, was sie nach dem Nein trotzdem alleine entscheiden kann. Also bspw. ihr fahrt los, ja, sie muss sich anschnallen lassen, aber danach kann sie entscheiden, welches Lied als Erstes gehört und vielleicht gemeinsam gesungen wird. Und wenn sie kratzt, geht das eben nicht, da muss Mama sich erst mal wieder mit ihrem eigenen Lieblingslied trösten.

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Hallo,

ich habe 3 Mädels und ihre Trotzphasen sind unterschiedlich verlaufen.
Hier hat es gut geklappt wenn wir für Trotzanfälle einen Reizarmen Raum, bei uns der Hausflur, aufgesucht haben. Da konnte man auch nicht viel anstellen.
Reden und erklären hat die Situation oft noch verschärft weil das Gesagte überhaupt nicht aufgenommen wurde. Trotzanfälle habe ich immer begleitet außer es bestand der Wunsch das ich gehe.
Wenn sie kratzt, schlägt, kneift würde ich ihr Hände festhalten und ihr auf Augenhöhe ins Gesicht sagen: „Hör auf zu kratzen, beißen, kneifen! Das tut mir weh“ Ich würde es minimal lauter, mit einem bestimmten Gesichtsausdruck und fester Stimme sagen.
Ich würde mir übrigens keinen Schal ums Gesicht wickeln damit mein Kind mich nicht kratzt. Zieh ihr Handschuhe an!
Wenn sie absichtlich irgendwo hinpinkelt braucht sie wahrscheinlich noch eine Windel.
Wenn sie Wasser absichtlich verschüttet braucht sie wahrscheinlich noch einen Trinkbecher für Babys.
Ich habe die Erfahrung gemacht das Kinder oft einen Schritt zurück gehen bevor sie einen Schritt nach vorn machen. Sie besinnen sich auf das Vertraute bevor sie sich dem Neuen stellen.
Ich denke das deine Tochter etwas beschäftigt was sie noch nicht benennen oder auch begreifen kann und ihr Verhalten ist das Ventil dafür.

Liebe Grüße

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Vorab: ich kann mich glücklich schätzen, dass unser Junior wirklich pflegeleicht ist was seine Wutanfälle angehen. Daher kann ich dir nur eher allgemein einen Tipp geben, was ich bei meinem Kind beobachte: die Wutanfälle kommen meist mit voller Wucht (und aus dem Nichts) aus 2 Hauptgründen: Hunger und/ oder müde!
Wir haben dadurch zum Beispiel unter der Woche nachmittags eher mal mit Drama zu tun, weil er bei der Tagesmutter ist und dort nicht seinen Mittagsschlaf zu Ende machen kann. Das merkt man nachmittags sofort, dass der erste Wutanfall oft schon passiert wenn wir auf dem Heimweg sind. 🫣 Kann es bei euch etwas ähnliches sein? Ist die Betreuung vielleicht sehr anstrengend?

Ansonsten klappt es bei uns mit viel Erklärung warum gerade etwas Nein ist, mit alternativen Angeboten (anderer Zeitpunkt oder andere Option) und auch mit Konsequenz (Nein ist Nein und Basta). Fürs beißen hat mein Kleiner sein Kuscheltier und darauf verweise ich seit Anfang an. Das hat er eigentlich auch immer dabei und in der Hand, dass das in der Regel die erste Wut abbekommt. 😁 Spielzeug werfen ist für mich noch akzeptiert, solange keine Personen beworfen werden.

Der Papa darf Junior aber abends auch nicht ins Bett bringen bzw nichts machen. Windel, Zähne putzen, Buch lesen, Milchflasche... Alles muss ich Abends machen sonst bricht die Hölle aus. Ja, es ist manchmal blöd, aber ich sehe es als Phase an. Irgendwann ist es auch wieder anders, also lasse ich Junior da seinen Willen und bringe ihn ins Bett so wie er sich das vorstellt. Einen Kampf vorm ins Bett bringen, bringt ja keinem was. 🤷 Kann bei euch vielleicht der Papa die kleine Schwester ins Bett bringen und du eben die Größere?

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Mein Vierter war auch EXTREM - wir haben:

- Nein auf ein minimum reduziert- nur bei akute Gefahrensituationen
- Ansonsten haben wir zb geantwortet: Ja du darfst X nach Y machen (anstatt nein) oder Ja ich helfe dir mit X wenn ich y gemacht habe (anstatt warte kurz)
- ihm eine "lange Leine" gelassen. Er durfte definitiv viel mehr als meine anderen drei Kinder.

Er ist bis heute mein temperamentvollstes Kind und sehr willensstark, was er sich vornimmt schafft er, ist sehr selbstbewusst, steht für sich, die richtige Sache und andere ein. Was ich damit sagen will: diese für uns anstrengenden Eigenschaften im Kleinkindalter sind später sehr wertvoll!

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https://m.youtube.com/watch?v=QdeJ_Heh0ZE&pp=ygUcbGVybmFrYWRlbWllIGdyb2xpbXVuZCBUcm90eg%3D%3D

Vielleicht?

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Meine Tochter ist bisschen älter (fast 3) aber auch sehr sehr weit. So wild wie deine ist sie nicht ;) Aber sag niemals nie. Ich habe ein bisschen was von ihr in deiner Beschreibung gesehen.

Ich glaube Kinder die so gut entwickelt sind haben manchmal Angst vor der eigenen Courage. Sie sind eine Mischung aus Baby und größerem Kindergartenkind.

Manchmal tendieren wir dazu, unsere Tochter zu überschätzen (v. a. emotional) und zu überfordern. Mit Geschichten, Infos, Gesprächen o. ä. Es ist ja auch verlockend, sie versteht so gut wie alles und verhält sich manchmal schon fast wie eine Freundin von mir. Sie übernimmt Rollen die ihr zu groß sind. Da müssen wir richtig aufpassen. Sie ist ein Kleinkind.

In Kombination mit der Trotzphase und dem Größenwahn einer fast 3jährigen ;) ist das extra heikel. Vielleicht ist das ein Ansatz über den man sich Gedanken machen kann. :)

Bearbeitet von sakura25
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Ich fühle mit dir 😫
Mein Sohn ist auch zurzeit so und mich bringt es auch an die Grenzen.
Vorallem wenn wir draußen beim einkaufen sind Bsp.heute waren wir in einem Drogerie Markt da wollte er in das Einkaufswaagen mit dem Auto kurz darauf hin stieg er aus und war an an der Spiel Ecke habe ihm auch genug Zeit gelassen .
Und irgendwann hat er sich einen Einkaufswaagen für kleine geholt und ist durch den ganzen Markt durch gerannt mit dem Waagen 🤦🏻‍♀️irgendwie habe ich ihn überreden können das wir an die Kasse gehen.Es ist auch zurzeit so das er so laut schreit an der Kasse das einem die Ohren weh tun natürlich dann auch diese komische Blicke ich könnte mich manchmal echt auf den Boden schmeißen und heulen.
Beiden tut er nicht aber wenn nicht alles nach seinem willen geht schlägt er auch ordentlich ins Gesicht.
Zurzeit weiß ich auch einfach nicht mehr weiter.
Er ist sehr temperamentvoll ,sehr aktiv zuhause klappt es besser wie draußen.