größere "Projekte" zu ende führen

Wie hilft man einem Jungen (11 Jahre alt) dabei, Vorhaben zu ende zu führen, die nicht an einem einzigen Nachmittag zu erledigen sind - ohne Stress, Druck oder Frust zu verursachen.

In diesem konkreten Fall würde ich gerne dem Sohn meiner Freundin dabei helfen sein Zimmer "auszumisten" und vielleicht auch umzustellen/-gestalten.
Momentan quillt es über mit Spielzeug, Sammelkarten, Büchern etc. alle Regale sind total voll, Arbeitstisch ist voll, Couch ist voll etc. Er hat mir erzählt, dass er ganz viel davon nicht mehr wirklich mag.

Ich denke darüber nach, ihm vorzuschlagen sich von den Sachen die er nicht mehr haben will zu trennen, dann mit ihm das Zimmer neu zu ordnen und so zu gestalten, dass er sich wieder richtig wohl fühlt.

Aus meiner bisherigen Erfahrung mit ihm weiss ich, dass er wohl am Anfang begeistert wäre und dann aber nach 30 bis 45 Min. die Lust verliert....
Wenn ich ihn dann am kommenden Tag auf's weitermachen anspreche, kommt meisst... "keine Lust".

An der Stelle weiss ich nicht genau, wie ich mich am besten verhalten soll....

Wie bringen wir / er Dinge, die man nicht an einem Tag in 45 Minuten schafft am besten zu ende?

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Hallo!
Es ist eine tolle Idee, dass du ihn dabei unterstützen möchtest.
Ich würde das Projekt in kleinere Etappen aufteilen, welche jeweils nicht mehr als 1-2h dauern.
Als erstes mit ihm zusammen setzen und besprechen, was er wie genau haben möchte. Auch, wohin er mit den alten Sachen möchte (verkaufen, verschenken, wegwerfen). Punkte aufschreiben und Umstellung des Zimmers aufzeichnen. So hat er (und du) eine konkrete Vorstellung davon, wie es werden soll.
Danach auch jede Etappe als Liste aufschreiben und danach (mehr oder weniger) vorgehen.
Ich hab die Erfahrung gemacht, dass es so einfacher ist meinen Sohn (10j) am Ball zu halten.
Viel Spaß beim Ausmisten und Umräumen
lg minitouch

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Hm ,meine Tochter ist noch jünger, aber wenn so etwas ansteht, dann weiß sie das es nicht in einer Stunde erledigt ist.
Wir sprechen vorher klar ab, was wir vorhaben, sogar in welcher Reihenfolge. Ich besorge vorher Gedöns, was wir brauchen (neue Kisten oä) Das Ziel ist klar udn nur solange sie mitzieht wird weitergemacht. Manchmal ist zwischendurch die luft raus und wir machen eine Pause, Eis essen oder so. Aber danach geht es weiter.
Wenn sie eins weiß, dann das ich sie im Chaos sitzen lasse, sollte sie komplett dicht machen, dann ist mir auch egal ob das Bett noch hochkannt im Zimmer steht. Das sind aber Dinge, die sie schon von mir lange kennt. Ich finde es ist einfach ein Erziehungsding, das die KInder lernen, das man auch mal was durchziehen muß.
Wenn dir das Problem schon bekannt ist und keine weiteren Defizite hat, dann würde ich die Aktion zum Anlaß nehmen, da mal genauer hinzuschauen...wurde ihm bisher zuviel abgenommen, kam er immer mit allem durch? Was sagt die Mutter dazu? Wenn sie die Einstellung hat "och, laß den armen Jungen doch", dann würde ich mir an deiner Stelle gut überlegen ob ich die Baustelle aufmache.

Unterm Strich stellst du die Regeln für die Aktion auf, erfüllt er seinen Teil nicht, dann du deinen auch nicht. Legt gemeinsam Etappenziele fest...bis Mittag müssen die Regale und der Kleinkram durchsortiert sein, bis zum Abend alles putzen zB.. Bei Verweigerung geht es halt einfach nicht weiter.

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Ich finde es auch super von dir dass du dich da so kümmerst und dir Gedanken machst! Mir wäre es wichtig dass ganz klar ist es ist sein Projekt und du unterstützt ihn. Am Anfang würde ich gemeinsam das Ziel besprechen und einen Plan machen. (Vielleicht kann er die Dinge ja verkaufen oder verschenken oder spenden und es fühlt sich dadurch für ihn noch sinnvoller an.) Dabei würde ich versuchen Vorschläge zu bringen und etwas zu lenken aber ihm auch Möglichkeit und Aufgabe geben aktiv mit zu überlegen und selber zu entscheiden was und wie und wann alles gemacht werden soll. Den Plan vielleicht auch irgendwo aufhängen und dann etappenweise abarbeiten und abhaken/durchstreichen. Wenn du merkst die Luft ist gerade raus Pausen anbieten aber ihm auch klar sagen dass es in seiner Hand liegt ob und wann weitergemacht wird weil es schließlich sein Projekt ist. Du unterstützt ihn gerne aber es muss von ihm ausgehen. Es ist natürlich manchmal schwer aus zu halten dass ein Projekt auch mal eine Weile offen bleibt nicht voran geht und es vielleicht auch sogar teilweise so ist dass man am Ende viel mehr Arbeit hat weil man immer wieder ein Stück weit von Vorne anfängt aber ich finde es ist eine gute Möglichkeit für ein Kind sich auszuprobieren und zu lernen Verantwortung zu tragen ohne dass man es überfordert und es jemanden schadet denn schlimmstenfalls lebt es einmal eine Weile in einem unordentlichen halb ausgemisteten Zimmer. Dann würde ich ihn einfach ab und zu darauf ansprechen wie es mit seinem Projekt aussieht aber es auch akzeptieren wenn es gerade nicht weitergeht.

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Alles in kurze Schritte einteilen.
Z.B. Tag 1: Couch
Tag 2: Arbeitstisch
Tag 3: Bücher
Tag 4: Sammelkarten
Usw.
So dauert es zwar, aber es sind nur kurze Einheiten pro Tag. Und am besten mit dabei helfen und nicht alleine das Kind stehen lassen.
Und nach "getaner Arbeit" ein kleines Eis ;-)

5

erfahrungsgemäss sind solche Vorhaben oft nicht intrinsisch entstanden, sondern ein Projekt von Mama. -- klar hat das Kind da keinen Bock drauf.

Wenn das Kind das wirklich will, dann hält es auch durch. - -und wenn nicht, dann halt nicht. Dann ist das doch nicht Dein Problem, sondern seine Unordnung, in der er leben will.

Praxistip: bei uns gings ganz fix:

Wir haben in 2,5 Stunden zu dritt (Mama+Papa+Kind) das komplette Zimmer meiner Tochter ausgemistet - und es war wirklich VOLL:

1 Umzugskarton: "für die Diakonie"
1 Umzugskarton: "ebay verkaufen+verschenken"
1 Kaufsack Müll
ein paar Umzugskartons "behalten".
Dann war das Zimmer LEER

von links nach Rechts jedes Regal + Kiste auf den Boden ausgeleert und alles in die vier Kartons Verteilt.

Am nächsten Tag wurde geputzt und Umgestellt und die "behalten-Kartons" kamen in eine Ecke des Zimmers.
Es war dann Kinds Aufgabe, die Kartons wieder auszupacken und sein Zimmer neu einzurichten.
Sie hat immer nur rausgeholt, was ihr gefehlt hat, hat gar nicht alles ausgepackt -- sie wollte nie alles auf einmal reinräumen. -- das ist jetzt 5 Monate her. okay - es war auch Platz in der Ecke für die 3 Kartons übereinander und ich habe das jetzt lange gewähren lassen.

Letzte Woche habe ich den Rest mit Ihrer Einverständnis entsorgt (auch in Kategorien, Diakonie+Ebay+Müll).

die "verkaufen-kiste" war das schlimmste. -- da steht der Rest immer noch bei uns im Keller, weil es einfach nicht so einfach ist, alles einzustellen, und auch loszuwerden ... aber hey: wenn wir es nicht bald weg haben, dann kommt das eben auch auf die Diakonie.

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Wichtig beim ausmisten ist, das Ganze so anzugehen, dass man nicht abends vor einem Haufen Chaos sitzt und am nächsten Tag weiter machen MUSS. Solange man jedes Mal das Zimmer wieder bewohnbar macht kann sich das Projekt ja gerne etwas hinziehen.

Ich würde mit ihn wöchentlich oder 2x die Woche einen festen Termin machen, zumindest immer den nächsten Termin ausmachen, wo ihr weitermachen wollt.

Und einen Plan aufstellen, ihm vielleicht sagen, was er bis du wieder dabei bist selber schon machen kann, quasi eine kleine Hausaufgabe (am besten ein kann, kein muss).

Sehr motivierend finde ich, wenn man beim ausmisten die ausgemisteten Sachen auch gleich entsorgt und nicht in eine Kiste irgendwo abstellt zum "irgendwann entsorgen". Vor allem wenn ihr was verkaufen wollt, gehört zum Ausmistbesuch auch, die Sachen zu fotografieren, Preise zu überlegen und in eBay Kleinanzeigen etc. einzustellen.
Oder eben direkt den Müllsack zur Tonne bringen, zum Altkleider Container laufen etc.

Es ist so befreiend, wenn die Sachen wirklich weg sind! Vor allem, wenn man noch ein bisschen Geld dafür bekommt, dann macht ausmisten sogar richtig Spaß! :)

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In dem Fall bist du ja die treibende Kraft. Wenn ich es richtig verstehe, möchtest du ihm ein Vorhaben vorschlagen. Davon abgesehen: Weshalb möchtest du das gerne? Warum erledigen das nicht dir Eltern? Oder haben sie dich darum gebeten?

Ich hätte ehrlich gesagt nicht unbedingt die Erwartung, dass sich ein Elfjähriger für eine "Ausmisten- und Aufräumen" Aktion so wahnsinnig begeistern lässt... Auräumen macht den wenigsten Kindern richtig Spaß, das wird nicht per se als tolles Event angesehen😆

Wenn das Ausmisten und Aufräumen trotzdem unbedingt passieren soll, würde ich das Ganze auf 2 Tage verteilen und es dann möglichst zügig mit ihm durchziehen. Vielleicht noch nebenbei Musik anmachen und ihm in Aussicht stellen, hinterher Pizza zu bestellen oder so.

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Grundlegend eine tolle Idee.

Ganz klar würde ich nicht länger als 1 bis 2 Stunden pro Tag investieren und dann klar absprechen was er sich wünscht und sagen was machbar ist.

Ich denke wenn er selbst entscheidet wo sein Kram am Ende hin kommt das er auch mehr Ordnung halten wird.

Die spielsachen müssen ja nicht gleich weg kommen und können erst einmal in Kisten. Ich würde aber auch über Verkauf nach denken um einen sich selbst einen großen Wunsch zu erfüllen.

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Danke für die vielen wertvollen Ratschläge und für die Zeit, die Ihr Euch alle genommen habt.
Überall war etwas interessantes und hilfreiches dabei - teilweise auch zwischen den Zeilen.

Wichtig für mich waren vor allem:
- die Erinnerung daran, dass immer ER die Hauptperson ist. Es passiert mir manchmal, dass ich bei Hilfestellung vergesse, dass es ja am Ende nicht MIR gefallen muss, sondern dass ich lediglich unterstütze. (Gilt übrigens auch im Umgang mit Erwachsenen ; )
- klare Planung in Vorfeld. Hilft ihm sicherlich sehr und die meissten Fehltritte können wir dabei schon vermeiden ohne unangenehme Überraschungen oder Missverständnisse.
- aufteilen in Tagesetappen. Super Vorschlag, auf den ich - obwohl so naheliegend - nicht gleich gekommen wäre. Weil ich selbst eher der Typ "rein und durch bin. Ist zwar am Ende ein bisschen mehr Arbeit. Aber ich glaube die Tatsache, dass man schon nach kurzer Zeit fertige Ergebnisse sieht wird sehr motivierend sein.
- nicht mehr Gebrauchtes weggeben/verkaufen. Auf alle Fälle : )
- seine Mama ist happy über die Idee und hat mich gebeten mit der Frage an ihn noch bis zum Anfang der Ferien zu warten.


Meine Frage hatte sich übrigens nicht auf diese eine Sache beschränkt.
Andere Beispiele wären z.B. Ein kompliziertes Modell zusammenbauen, eine bestimmte Fähigkeit lernen (z.B. Instrument) - alles eben, was Geduld und auch Disziplin über längere Zeit erfordert....

Sein Wunsch war beispielsweise "Programmieren lernen". Ich habe ihm dann ein altersgerechtes Buch dazu besorgt und ihm zum Start 10 Einzelstunden "ungeteilte Aufmerksamkeit und persönliche Hilfe damit" zugesichert. Zeit durfte er sich beliebig aussuchen.

Das ganze ist aber nach der zweiten Stunde eingeschlafen, wohl weil "supergeniale Spiele programmieren" ein bisschen mehr Aufwand als erwartet erfordert hat ; )

An der Stelle bin ich dann aufgrund meiner eigenen kindheitserfahrungen hin und her gerissen... zwischen "streng sein" oder "ist seine Entscheidung".

Ich weiss auch nicht, ob er echt keine Lust hat, oder ob er nur mitteilen will... "ich möchte dass du noch viel mehr auf mich eingehst".
Als Kind habe ich selbst oft das Gegenteil von dem gesagt ich was eigentlich meinte... z.B. "lass mich in Ruhe", wenn ich eigentlich Aufmerksamkeit wollte etc.
Ich hatte mir damals gewünscht, meine Eltern hätten mich besser verstanden anstatt auf das zu hören was ich sage.

Daraus ergibt sich jetzt noch die Zusatzfrage.
Wie macht ihr das? Also wie den Wünschen des Kindes wirklich auf den Grund gehen - anstatt nur auf das zu hören was es sagt?

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Sorry, wenn ich das so sagen, aber für mich hörst du dich wie ein reichlich verkopfter Theoretiker an, der bislang kaum Berührpunkte mit Kindern hatte.

Kinder funktionieren nicht nach Plan. Die einen sind so, die anderen so. Die einen meinen, was sie sagen, die anderen nicht oder nicht immer oder nicht in jeder Situation. Da nützt kein pauschaler Rat aus dem Internet, hier braucht man Gefühl.

Dass ein 11jähriger nicht so viel Spaß am Programmieren entwickelt, das er sich da mal eben stundenlang reinfuchst, war fast zu erwarten. Das würde dir bei bestimmt 90% aller 11jährigen so gehen. Die Kinder müssen auch erstmal schauen, was sie wirklich interessiert und was passt. Ein Buch und ein wahrscheinlich ungeübert Lehrer sind nicht unbedingt die besten Vorraussetzungen dafür.

Und was das Zimemraufräumen angeht: Halte dich da raus. Ihr möchtet doch eigentlich, das der Kerl sein Zimmer in Ordnung bringt. Natür,ich stört auch das Kind das Chaos, aber eigentlich seid ihr die Triebfeder. Und als außensteheder Freund der Mutter kannst du bei der Aktion eigentlich nur verlieren, gerade wenn du schon übers streg sein nachdenkst. Halte dich da raus, das ist Sache der Eltern.
Wenn Mutter und Sohn das Zimmer wirlich in Angriff nehmen, dann kannst du bestimmt gerne helfen. Da sind sicher beide dankbar. Ansonsten würde ich davon Abstand nehmen, es ist einfach nicht dein Job und belastet schlimmstenfalls das Verhältnis zum Kind.

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ZWEI Stunden hat der kleine Kerl Deiner Programmierlehrstunde gelauscht? Hut ab, ich wäre wahrscheinlich schon schneller geflüchtet und z.B. meine 14jährige Enkelin auch.
Du hattest noch nicht viel Kontakt zu Kindern, stimmt's?
Aufräum"projekt", programmieren, komplizierter Modellbau - alles Dinge, die im strukturierten Erwachsenengehirn logisch erscheinen, aber sicher nicht bei einem Kind.
Einem Kind, welches keinen Bock hat auf Modellbau oder programmieren, kannst Du so richtig die Lust verhageln, wenn Du es unbedingt dazu bringen willst.
Aufräumen ist ganz was anderes, das MUSS sein, dafür hast Du schon viele tolle Tipps bekommen.
Aber ansonsten - setz Deine Vorstellungen nicht als selbstverständlich für das Kind voraus, das geht voll in die Hose.
Mein zweiter Mann wollte aus meinem Sohn auch den gleichen vielseitigen Handwerker machen, der er selber war - komplette Fehlanzeige, das wurde nichts.
Als er etwas älter war, brachte ich ihm fotografieren und den PC nahe.....er fotografiert heute noch und sehr gut - und beruflich ist er SAP-Ausbilder geworden ;-)
Ich denke mal, er wird auch zuhause unfallfrei eine Bohrmaschine bedienen können, aber das, was mein Mann sich dachte, wurde aus ihm ganz sicher nicht.
Mach gerne was mit ihm, was ihm Spaß macht, aber wenn er nicht der Typ für Langzeitprojekte ist, kann man ihn dafür auch noch nicht begeistern. Solange er Geduld genug hat für seine Hausaufgaben, ist alles im grünen Bereich. Es ist ein KIND !
LG Moni