"Beziehung statt Erziehung"

Hallo ihr Lieben, wollte mal nachfragen, ob es hier Familien gibt, die "unerzogen" leben? Hab in letzter Zeit einiges darüber gelesen, finde es sehr interessant und suche Austausch 😊 Lg

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Hallo,

zum Thema Beziehung kann ich Dir sagen, was ich auf Antworten meiner Tochter geantwortet habe:
Sie: "Du bist nicht mehr meine Freundin."
Ich: "Ich bin nicht Deine Freundin, ich bin Deine Mutter."
Natürlich hat man eine Beziehung zu seinem Kind, aber ein Kind nicht zu erziehen und machen zu lassen ist grundsätzlich kein Weg, ein Kind groß werden zu lassen. Auch wir Erwachsenen müssen uns an Regeln halten, das lernen wir von klein auf und das ist gut und richtig so. Was die lapidaren Erziehungsstile anrichten können, sehen wir gerade am Arbeitsmarkt. Die Lehrlinge, die sich heut zu Tage vorstellen, kannst Du zu einem großen Teil komplett vergessen. Verweichlicht, auch Ihre Rechte pochend, ihre Pflichten nicht kennd oder kennen wollend und Mutti regelt auch bei Ihrem 18-jährigen Kind noch die kleinsten Details.
Ich hoffe wirklich, daß der Trend künftig wieder in Richtung Erziehung geht.

LG

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>> Sie: "Du bist nicht mehr meine Freundin."
Ich: "Ich bin nicht Deine Freundin, ich bin Deine Mutter." <<

Eine meiner Lieblingsantworten... #rofl

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Meine auch #schwitz

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ich finde das eine schliesst das andere nicht aus. die mischung macht es. und ja, ich kenne kinder/familien, die "unerzogen" leben. nur kann ich dir sagen, ich moechte die nicht in meinem haus haben. da ist jeglicher respekt verloren gegangen.

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Ok, "Unerzogen" ist aber nicht gleichzusetzen mit "Laissez-faire". Es gibt Regeln und den Kinder werden auch Grenzen aufgezeigt, da wo meine Grenzen überschritten werden und der Erwachsene nimmt auch die Führungsrolle ein. Aber die Sicht auf die Kinder ist einfach ne andere. Kinder müssen nach diesem Konzept, so wie ich es verstehe nicht irgendwohin "erzogen" werden, sondern sie kommen als soziale Wesen auf die Welt, die gerne mit den Bezugspersonen kooperieren wollen, aber noch manchmal Unterstützung brauchen, um gewisse Dinge zu lernen. Aber ich will hier gar nix zur Diskussion stellen, jeder hat das Recht auf seine eigene Meinung und kann die Werte, die er hat ja so an die Kinder weitergeben wie er das gern will, so lang keine Gewalt im Spiel ist. Mich hat nur interessiert, wie Familien, die dieses "Modell" leben, das in der Praxis umsetzen. Ich bin übrigens auch absolut für einen respektvollen Umgang und bestimmte Regeln. 😊

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Warum muss man Kinder nach einem Konzept erziehen? Warum muss man nach einem Modell leben? Wo bleibt das Bauchgefühl?
Und Unerzogen ist sehr wohl mit "Laissez-faire" gleich zu stellen!

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Ich erziehe nach keinem Erziehungsstil, sondern einfach nach Bauchgefühl und fahre damit ganz gut. #kratz

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"Unerzogen" gibt es nicht, maximal ein Kind, das ohne jeglichen anderen Kontakt zu Menschen aufwächst. Jede Beziehung zu anderen Menschen erzieht einen - Kinder erziehen sich gegenseitig z.B. zum Teilen oder Zuhören. Man kann sich auch selbst erziehen ("Wenn ich pünktlich sein möchte, stehe ich um x Uhr auf, dafür stelle ich mir den Wecker!".

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P.S.: Beziehung und Erziehung schließen sich nicht aus, würde auch gar nicht gehen!

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Es ist wohl auch eine Definitionsfrage.
Mein Mann lebt ja auch mit mir zusammen, und ich sage ihm auch, womit ich leben kann und womit nicht, und ich bitte ihn irgendwas zu machen oder sein zu lassen etc. und trotzdem würde ich nicht sagen, dass ich ihn „erziehe“.

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Wie leben so.... Allerdings nicht nach "unerzogen" sondern wir orientieren uns an Jesper Juul. Mein Sohn ist acht und es geht tatsächlich auf. Wie haben einen emphatischen, wundervollen Sohn der gut in der Schule ist viele Freunde hat und niemals (außer Haus) respektlos ist. Zu Hause probiert er sich natürlich schon immer mal wieder aus.... aber völlig im Rahmen. Ich kann die Bücher nur jedem ans Herz legen, es hat auch unsere Beziehung (von meinem Mann und mir) total bereichert.... und hat im Ursprung nichts mit laissez faire zu tun.... das machen leider viele (mM nach häufig aus Bequemlichkeit oder mangelnder Fähigkeit sich abzugrenzen ) daraus. Alles Liebe!!

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Danke für deine Antwort, endlich mal jemand der auf die ursprüngliche Frage eingeht... Ich finde die Bücher von Juul auch toll, es ist eigentlich alles simpel und einleuchtend, aber die Umsetzung in der Praxis ist für mich manchmal noch nicht so einfach, grad in der Autonomiephase und wenn ich selbst gestresst bin... Aber schön zu hören, dass es bei euch so positive Früchte trägt, das bestärkt mich auf jeden Fall! Alles Liebe für euch A.😊

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Wir distanzieren uns ebenfalls vom Konzept der Erziehung. Im Grunde also leben wir "Unerzogen", ich sag das aber nicht so gerne, da ich schon das Gefühl habe, dass die genaue Auslegung von Konzepten wie Attachement Parenting oder Unerzogen in der Praxis ganz unterschiedlich ausgelebt werden und ich möchte niemandem auf den Schlips treten, indem ich mich mit jemandem in einen Topf werfe, der das womöglich anders sehen würde.

Mein Anstoß, herkömmliche Erziehung infrage zu stellen, kam durch Jean Liedloffs Kontinuumkonzept.

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Oh ja, das klingt interessant. Mit Liedloff hab ich mich noch nicht beschäftigt, hab ich aber vor. Vielen Dank für die Anregung!😊

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Unerzogen geht mMn gar nicht, sofern man sich mit dem Kind beschaeftigt und den Alltag mit verbringt. Man erzieht ja ganz automatisch durch vorleben.

Ich halte mich an keinerlei Buecher oder so, habe aber schon ein paar Ansaetze gelesen und nehme davon mit, was mir sinnvoll erscheint. Ich weiss, dass meine Mutter einiges falsch gemacht hat (zumindest in meinen Augen) , und das mache ich nun besser (wieder, in meinen Augen :D ). Z.B. nicht Strafe durch Liebesentzug oder sich nicht bewusst sein, wie weit das Kind in seiner Entwicklung ist, und dadurch unter oder ueberschaetzen.

Bei uns im Haus gibt es Regeln, die sich daraus ergeben, was unsere Grenzen sind.
Von mir aus sind das einfache Sachen wie Schuhe ausziehen beim Reinkommen (da musste ich uebrigens meinen Mann auch erstmal "erziehen"), Spielzeug wieder wegraeumen bevor man was anderes anfaengt, kommen da ganz von allein, weil es MIR eben auf den Keks geht, wenn der Strassendreck drinnen ist oder alles voll mit Krams liegt.
Auch meine Tochter (4) hat auf diese Weise schon "Regeln" aufgestellt, mit denen mein Mann und ich gut leben koennen, und mein Mann natuerlich ebenso.
Wir fahren damit gut und ich habe das Gefuehl, dass bei uns dreien eine respektvolle, liebevolle Beziehung zueinander besteht.

Kommt es zu einem Interessenskonflikt, wird versucht ein Kompromiss zu finden, wenn es allerdings etwas ist, dessen Konsequenzen meine Tochter nicht abschaetzen kann, oder es sogar gefaerlich sein kann, wird natuerlich auch schonmal die Elternkarte gespielt.

Ich weiss nicht, welches Erziehungs"konzept" das nun ist.

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Ja, man muss das ja auch alles nicht dogmatisch sehen. Es geht meiner Meinung nach eher um das Bild was man vom Kind hat. Also, dass es auch mitentscheiden kann und nicht zum Gehorsam mit allen möglichen Mitteln, wie Liebesentzug (hab da leider auch meine Erfahrungen), Strafen, etc. gezwungen wird. Aber das, was ihr so macht, ist bei uns schon ähnlich und find ich auch absolut erstrebenswert. Danke für deinen Beitrag!

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Moin!
Wir erziehen unsere Kinder auch nicht im Sinne von starren Regeln und Bestrafungen.
Wir folgen auch keinem bestimmten Kozept im Umgang mit den Kindern.
Ich habe über die Jahre viel über Entwicklungspsychologie, Pädagogik und familiärer Erziehung gelesen.
Für unseren Alltag konnte ich viel aus den Büchern von Jesper Juul und aus „Liebe und Eigenständigkeit - Erziehung ohne Lob und Strafe“ mitnehmen. Es gibt zwischenmenschliche und innerfamiliäre Regeln, deren Missachtung unangenehme Folgen haben und Privilegien gehen immer mit Pflichten einher.

Richtig „unerzogen“ leben wir also nicht. Auch dem Konzept „bedürfnisoruentiert Aufwachsen“ folgen wir nicht in vollem Umfang, obwohl wir dem mit der konsequenten Wahrnehmung der Gleichwertigkeit aller Familienmitglieder mMn schon sehr nahe kommen.

Ach ja, meine Kinder sind 18, 8 und 6 Jahre alt und wir und ihr gesamtes Umfeld sind mit ihrem Verhalten allgemein sehr zufrieden.

LG nobyna

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Ja, da hast du ja schon einiges an Erfahrung sammeln können und kannst bestätigen, dass die Kinder trotzdem nicht über "Tische und Bänke" gehen, wenn man keine Bestrafungen einsetzt.;-) Mich interessiert, wie ihr das ganz konkret handhabt, wenn sich einer aus der Familie nicht an die Regeln hält? LG #winke

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Was verstehst du unter Bestrafung?

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Hi,
ich lebe mit meinen beiden auch so. Für uns ist das ganz wunderbar und meine Kinder sind bisher ganz wohlgeraten. Was genau beschäftigt Dich denn?
Liebe Grüße
die Landmaus

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Also mich interessiert, ob ihr von Anfang an so lebt oder erst mit der Zeit draufgekommen seid. Und wie das in der Praxis aussieht, wenn das Kind, irgendwas macht, was euch stört, z.B. dauernd Schimpfworte benutzt. Da hatte ich, z.B bei meinem Sohn irgendwann nicht mehr den Nerv es zu ignorieren oder zu erklären und hab dann auch irgendwann aus lauter Frust Fernsehverbot verhängt. Total sinnlos war das, hat nur kurz geholfen und irgendwann hat es sich ausgewachsen. Hätte es ohne Verbot der Lieblingssendung aber ja auch. Ach und es gibt noch viele Beispiele, wo ich mir dann irgendwann gedacht hab, ich will nicht das mein Kind nur auf mich hört, weil ich es erpresse...Deshalb meine Frage, was macht ihr, wenn das Kind eine eurer Grenzen überschreitet?

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Ich denke, wir leben schon immer so. Ich bin Juristin und hab immer schon den Umgang von Menschen miteinander als unangenehm wahrgenommen. Insbesondere den Umgang bei Konflikten. Ich hab schon vor den Kindern eine Ausbildung zur Mediatorin gemacht und mich viel mit gewaltfreier Kommunikation beschäftigt. Als ich schwanger war, hab ich dann das kompetente Kind von Jesper Juul gelesen und das Buch von Anne Walgren. Beide fand ich wundervoll. Ich bin in sehr schwierigen Verhältnissen aufgewachsen und hab das als Chance begriffen, mich ganz frei entscheiden zu können, wie Ich mit meinen Kindern umgehen will. Und für mich war klar, ich will die beiden begleiten. Ihnen die Welt zeigen und sie anleiten, darum zurecht zu kommen.

Strafen, ausgedachte Konsequenzen oder ähnliches, gibt es hier nicht. Ich will das in meinen Beziehungen zu Menschen nicht. Wenn mein Sohn Schimpfworte benutzt, sag ich ihm, nochmal, was ich erlebt habe, sag ihm, wie ich mich gefühlt hab und sag ihm, was ich von ihm möchte. Dann frag ich ihn, wie er sich gefühlt hat, was ihn bewegt hat, das zu tun und heöfeihm seine Gefühle zu benennen und zu überlegen, was für ihn besser gewesen wäre. Und dann versuchen wird das.
Das klingt jetzt langwierig, ist es aber nicht. Man macht das ja ganz automatisch in wenigen Sätzen.

Mein Sohn ist Autist und er ist dennoch sehr empathisch. Meine Tochter ist neurotypisch und ebenfalls empathisch, liebevoll, sozial und zugewandt. Wir haben auch Reibereien. Mir wird es auch mal zuviel. Aber wir lösen das miteinander.

Ich binde die beiden stark in meinen Alltag ein. Sie helfen viel und tun das gern, vor allem, weil es dabei immer zu sehr schönen Gesprächen kommt. Ich bin so sehr zufrieden. Und die Kinder haben auch in anderen Umfeldern keine Schwierigkeiten. (Mal davon abgesehen, dass ein Autist in sozialen Situationen immer zu kämpfen hat.) Eher im Gegenteil. Ein anderes Miteinander wäre für mich unvorstellbar. Ich hab oft gehört, ich würde schon sehen, was ich davon hab. Und ja das seh ich... eine liebevolle, zufriedene und glückliche kleine Familie. Für mich ist das prima :)

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