Mein Sohn (5,5) hört mir nicht zu!

Hallo,

das Problem, habe ich ja schon genannt - momentan haben wir recht häufig Meinungsverschiedenheiten, die damit enden, dass er beleidigt und schimpfend in sein Zimmer rennt - ich lasse ihn dann etwas zur Ruhe kommen und versuche dann später mit ihm über die Situation zu sprechen.

Aber: er hört mir nicht zu. Er sieht mich nicht an, redet dann einfach von völlig anderen Dingen, die überhaupt nicht relevant sind - es gelingt mir einfach nicht, ihm klar zu machen, dass man über die schief gelaufenen Dinge reden muss.

Meist entfacht der Streit, weil er seinen kleinen Bruder mal wieder gehauen hat - daran arbeite ich schon sooo lange, aber es hört nicht auf. und wenn ich wieder und wieder mit ihm drüber reden will....naja, das oben beschriebene Procedere.

Kann mir jemand helfen? Wie kann ich erreichen, dass mein Sohn mir tatsächlich mal zuhört???

lg, cica

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Hallo,

das Problem ist nicht der kleine Bruder im Speziellen. Mein Sohn ist Einzelkind und hört in den verschiedensten Situationen nicht zu, u.a. auch wenn er was angestellt hat und ich mit meinem Sohn (nach seiner Abreagierphase) darüber reden möchte.

Ich sehe das als Schutzmechanismus nach dem Motto "ich weiß, was ich falsch gemacht habe, du musst mir das jetzt nicht noch einmal haarklein unter die Nase reiben" an. Und dann lasse ich meinen Sohn auch in Ruhe (bzw. spreche das noch später an, wenn es was Außerordentliches war).

Mein Sohn ist ähnlich alt wie deiner (meiner wird im Juni 6) und eigentlich muss man nicht wirklich nochmal seinen Kindern erklären, was sie falsch gemacht haben, wenn sie etwas falsch gemacht haben, von dem sie genau wissen, dass es falsch war.

Er haut seinen kleinen Bruder? Dein Sohn weiß ganz genau, dass das falsch ist. Ich würde in dem Fall einfach abwarten, bis dein älterer Sohn in einer Verfassung ist, darüber zu reden, warum er seinen kleinen Bruder gehauen hat.

"Wie kann ich erreichen, dass mein Sohn mir tatsächlich mal zuhört???"

Na ja, nehmen wir an, dein großer Sohn haut einmal pro Woche deinen kleinen Sohn und folglich bekommt dein großer Sohn einmal pro Woche dasselbe "Blabla" zu hören ("warum haust du ihn, das tut ihm doch weh, er hat dir doch nichts getan" etc.)

Sprech deinen älteren Sohn doch mal in einer Form an, die er nicht erwartet:
"ja, an deiner Stelle (wenn ich so alt wäre wie du) hätte ich X jetzt auch gehauen, aber würdest du das toll finden, wenn du X wärst? Was meinst du, wie wir das Problem, weswegen du X gehauen hast, am Besten vermeiden können?" o.ä.

Ich bin übrigens der Meinung, dass man Alltagsprobleme wie "großer Bruder haut kleinen Bruder" nicht jedes Mal bis zum Erbrechen ausdiskutieren muss, manchmal reicht es auch zu sagen "ich bin jetzt sauer, weil...." ;-)

LG,
J.

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Hallo,

das kenne ich auch. Ich drehe den Spieß dann immer um und frage z.B. "Weißt du, warum ich mit dir reden will?" oder "weißt du, warum ich vorhin sauer war?" Dann muss er nämlich reden und das funktioniert besser, als wenn ich ihn "frontal zutexte";-)

vg, m.

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Juniorette hat das eigentlich schon ganz toll beschrieben … sehe ich jetzt genau so, dass man einem 5 1/2-Jährigen Kind, nachdem es gefühlt zum 3000 mal seinen kleinen Bruder malträtiert hat und sie ihm gefühlt 3000 mal erklärt haben, dass er das nicht machen darf und warum er das nicht machen darf … ernsthaft nicht mehr erklären müssen, dass er seinen kleinen Bruder nicht hauen darf. Das wird er wissen (darum hört er nicht zu; sie sagen ihm nichts neues mehr, sondern, spielen nur immer und immer wieder die gleiche Schallplatte ab) … und nicht nur das … ich denke sogar, dass ist bei Kindern in dem Alter auch schon bereits der Regelfall, dass die ganz ganz ganz genau wissen, was die dürfen, und, was die nicht dürfen.

Ich würde mich hier also viel eher Fragen: »Warum haut er seinen kleinen Bruder, obwohl er weiß, dass er das nicht darf?« Der offensichtlichste Grund bei Geschwisterkindern ist mE immer »Eifersucht«. Das Kinder eifersüchtig auf Geschwisterkinder sind, ist ein recht normales Naturgesetz … eigentlich geht es dabei hauptsächlich um das Erlangen von Mama’s Aufmerksamkeit. Das Problem bei dem ganzen ist folgendes: Artiger Kinder bekommen weniger Aufmerksamkeit von Mama, als unartige Kinder. Was sich dann recht schnell dazu entwickeln kann, dass ein Kind nur noch unartig ist. Denn, wenn es einfach nur brav im Kinderzimmer sitzt und spielt … telefoniert Mama plötzlich mit ihrer besten Freundin … aber … wenn man mal testet, ob das Spielzeug bruchfest ist, in dem man damit auf Bruders Kopf schlägt … lässt Mama sofort alles andere stehen und liegen und rennt zum Schauplatz des Verbrechens. Und … wenn es um Aufmerksamkeit geht, sind Kleinkinder recht narzisstisch eingestellt … egal, wie viel Sie denen davon geben … die können nie genug haben.

Hier würde ich versuchen, den Spieß umzudrehen. Also Aufmerksamkeit gerade dann spenden, wenn die Beiden sich vertragen und ganz toll miteinander spielen. Auch in anderen Bereichen darauf achten, den positiven Dingen die Aufmerksamkeit zu schenken, und nicht den negativen Dingen. Wenn er seinen kleinen Bruder haut, sollte ihre Aufmerksamkeit dem kleinen Bruder gelten … ihn also trösten und sich um das »Opfer« zu kümmern. Im Gegenzug sollten Sie auch Situationen finden, wo ihr Großer mal Mamas alleinige Aufmerksamkeit bekommt und die Mama ganz für sich alleine hat. Auch das - so eine Art Qualitätszeit mit Mama - kann ein wenig dazu beitragen, dass solche Geschwisterstreitigkeiten ein wenig abschwächen. Auch sollten Sie vielleicht mal überlegen, gemeinsam mit ihrem Großen eine kleine Konsequenz zu finden, wenn er seinen kleinen Bruder mal ärgert. Die Konsequenz sollte ein: »Den Schaden, den er angerichtet hat, wieder gut zu machen« sein. Wenn ihr Großer z.B. schon lesen kann, könnte er ja seinem kleinen Bruder Abends mal einen kleinen Teil der gute Nacht Geschichte vorlesen. Oder er hilft mal mit, dass Kinderzimmer seines kleinen Bruders aufzuräumen. Oder er betreut einfach mal eine Zeit lang das Lieblingskuscheltier des kleinen Bruders … es gibt hier unendlich viele Möglichkeiten, die viel erfolgsversprechender sind, als zu versuchen, auf Ihren Großen da einzureden, dass er seinen kleinen Bruder nicht hauen darf. Denn diese Botschaft ist schon sehr lange angekommen.

Grundsätzlich aber - um ihre eigentliche Frage zu beantworten: Bei meinem Sohn ging dieses Reden am besten immer Abends, wenn wir ihn ins Bett gebracht hatten, noch mal ganz lange mit ihm gekuschelt und geschmust haben und er sich einfach sicher und wohl behütet gefühlt hat. Dann war er eigentlich immer recht offen und gesprächig, hat zugehört und sich das auch mal zu herzen genommen. Nur mit ihm zu sprechen, direkt nachdem er irgendetwas angestellt hatte … oder da eine halbe Stunde später, wo beide Parteien immer noch unbewusst aufeinander wütend sind, hat da auch nie so wirklich geklappt. Zumal - war zumindest bei uns so und ich kenne keine Eltern, die das Problem nicht in irgendeiner Form haben - wir Eltern im Regelfall auch recht emotional handeln und auch übereagieren, wenn ein Kind jetzt - wie in ihrem Falle - dort zum 3000 mal seinen kleinen Bruder gehauen hat. Meistens ist das dann kein Reden mehr, sondern eher ein Schimpfen, Schuldzuweißen oder, man kommt plötzlich auf die goldige Idee, ein 5-Jähriges Kind zu fragen: »Warum hast du denn schon wieder deinen kleinen Bruder geschlagen?« Die Frage kann ich ihnen auch so beantworten: »Weil es Spass macht, Mama!; und mein Lego ist plötzlich langweilig geworden.« Das wird Ihnen nur nicht dabei helfen, dass Problem zu lösen.

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Vielen Dank für die ausführlichen Antworten. Was ich nur einfach schwer in meinen Kopf bekomme, ist, zu verstehen, woher diese Eifersucht kommt.

Klar, mein Großer war eine Zeitlang unser "Ein und Alles" - aber auch heute bekommt er seine Exclusiv-Zeiten. Aber nicht den ganzen Tag. Er hat Schwierigkeiten, sich selbst eine Beschäftigung zu suchen, langweilt sich dann und fragt mich alle drei Minuten, ob ich dies oder das mit ihm spiele.

Ehrlich gesagt, sage ich dann auch oft "nein" weil ich nicht immer die Zeit dafür habe. Aber ich spiele oder beschäftige mich schon jeden Tag mit ihm.

Der Kleine spielt immer etwas. Ihm ist ganz selten Mal langweilig. Und wenn dem Großen dann fad ist, geht er zum Kleinen und startet den Zoff. Schon muss ich mich wieder einmischen und - ja, genau- dann hat er wieder meine Aufmerksamkeit im negativen Sinne.

Was soll ich also machen, in genau dieser Situation.?? Ich muss mich doch einmischen, wenn er mit dem Stänkern anfängt?

Lg, Cica

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Woher diese Eifersucht kommt … ich glaube, dass lässt sich - mit einer Allegorie - recht leicht erklären: Stellen Sie sich einfach mal vor, Sie müssten Ihren Mann plötzlich mit einer zweiten Frau teilen. Also selbst, wenn ihr Mann ihnen »Exklusiv-Zeit« gönnt, wären Sie immer noch Eifersüchtig. Und ich denke nicht, dass ihr Mann irgendetwas tun könnte, damit Sie nicht mehr Eifersüchtig wären. Wäre es ein Trost für Sie, wenn ihr Mann sagt: "Aber Schatz, ich hab' euch doch Beide gleich lieb..."

Mehr ist das bei ihrem Großen auch nicht. Er muss jetzt plötzlich - mit einem Geschwisterkind - die Mama - die für ihn die mit Abstand wichtigste Person auf seinem Planeten ist - teilen. Er muss die Zeit, die er mit ihnen hat, teilen … er muss die Liebe, die er zu ihnen empfindet, teilen; denn: Er (aus seiner subjektiven Wahrnehmung) liebt sie mehr als das Geschwisterkind. Und aus seiner subjektiven Wahrnehmung muss er Ihre Liebe jetzt plötzlich mit einem anderen Kind teilen: Er möchte nicht »gleich viel wie sein kleines Geschwisterkind« geliebt werden; er möchte ihr Lieblingskind sein, damit kein Zweifel darüber erhaben ist, dass Er Ihr Lieblingskind ist. Das ist also recht banal … und, wie sie es drehen und wenden, sie werden das nicht vermeiden können, dass er sich häufiger Eifersüchtig fühlt, selbst schon, wenn Sie das kleine Geschwisterkind mal loben, eine Geschichte vorlesen, nach dem Baden abtrockne, ins Bett bringen, mit ihm alleine spielen … noch schlimmer sind für ihn Situationen, wo er merkt, dass er anders behandelt wird: Er muss sich alleine anziehen, weil er ja schon »ein großer Junge ist«, sein Bruder wird von Mama angezogen; er darf nicht mehr mit dem Essen rummatschen, beim kleinen Bruder schimpft die Mama aber nicht usw. Es stellen sich plötzlich - für Kinder - ganz interessante Problemfelder: Hat die Mama das Kind, dem sie "zuerst" die Spagetti auf den Teller tut oder zuerst die Jacke anzieht oder zuerst ins Auto hievt jetzt lieber, als das andere Kind?

Was die Langeweile des Großen und dem daraus folgenden, angefangenen Zoff mit dem Kleinen angeht … was am einfachsten klingt und sicherlich am schwierigsten zu realisieren ist: Lassen Sie diese Situationen: »Dem Großen wird ‚fad‘« gar nicht erst entstehen; er scheint Sie dort nämlich momentan ganz intensiv zu brauchen. Wenn Ihr Sohn z.B. noch nicht in einem Verein ist, melden Sie ihn irgendwo an (Fussball, Pfadfinder, Vielleicht eine Fremdsprache oder eine Musikschule) … irgendetwas, wozu ihr Großer Lust hat, und, wo er 1-2 mal in der Woche »raus aus den 4-Wänden« kommt und der Mama nicht auf der Pelle hängen muss. Sofern Sie ihre Eltern oder Brüder und Schwester in der Nähe haben, versuchen Sie dort fixe Termine zu finden: Das die Omi ihnen z.B. Mittwochnachmittags die Kinder abnimmt und mit denen in den Zoo oder auf den Spielplatz o.ä. geht. Am wenigsten »Aufmerksamkeit« brauchte mein Sohn in dem Alter, wenn er einen gleichaltrigen Spielkameraden im Haus/Garten/Vor der Straße hatte oder bei einem Gleichaltrigen zum spielen war. Auch können Sie an ihrem Sohn einfach mal Aufgaben delegieren, um der Mama zu helfen. Klar gewinnen Sie dadurch keine Zeit, nur, Er ist dann beschäftigt.

Sofern das von finanziellen Situation z.B. möglich ist - delegieren Sie doch einfach mal Aufgaben, die Ihnen Zeit kosten und weniger Spass machen, als mit ihren Kindern zu spielen (Haushalt, Garten o.ä.) vorläufig erstmal an eine Haushaltshilfe/Gärtner ab. Um dort einfach mehr Zeit zu haben und öfters »ja« sagen zu können. Genießen Sie die Zeit einfach, denn, Sie werden die nie wiederkriegen, auch wenn ihn das momentan alles ein wenig viel/lästig erscheint. Nur - mein Kurzer ist mittlerweile ein pubertärer 13-Jähriger … sein durchschnittlicher Tagesablauf sieht: »Guten Morgen; Schule; Guten Tag; Essen, Hausaufgaben; Tschüss; Skateboard, Kumpels, Freundin; Bin wieder da; Duschen, Abendbrot, Internet; Gute Nacht; Schlafen« aus. Der Tag, wo Sie dieses »Willst du mit mir spielen?« vermissen werden; wird kommen … und m.E. früher, als einem lieb ist.

Und ich denke, wenn man es hinkriegt, das alles irgendwie zusammenpackt, so, dass es diese »Dem Großen ist fad und als Langeweile ärgert er dann seinen Bruder«-Situationen gar nicht mehr so häufig geben kann, wird sich das Problem mit der Zeit von selbst lösen, weil Kinder auch immer mehr Freiräume bekommen. Irgendwann wird ihr Großer eingeschult … irgendwann darf er dann plötzlich - mit den anderen Kindern - gemeinsam alleine zur Schule laufen … irgendwann organisieren die plötzlich selbstständig ihre Spieldates … Hausaufgaben kosten plötzlich Zeit … andere Interessen werden geweckt, und, Mama/Papa werden plötzlich zunehmend uninteressanter, weil man plötzlich viel lieber auf dem Bolzplatz mit seinen Kumpels Fussball spielt … und ehe man sich versieht, sind die plötzlich 13 und sprechen nur noch mit Ihnen, wenn Apple ein neues iPad vorstellt und die das unbedingt haben wollen :-p