Neuer Partner - noch alleinerziehend?

Ich hab mal eine Frage, wie ihr das so seht. Kein weltbewegendes Thema, aber die Frage stell ich mir gerade.

Ich war/bin seit fast 5 Jahren alleinerziehend mit zwei Kindern. Seit etwa einem Jahr bin ich einer neuen Beziehung, die auch immer enger wird. Wir wohnen nicht zusammen und werden das auch absehbar erstmal nicht, weil der Wohnungsmarkt es nicht hergibt. Aber wir verbringen viel Zeit miteinander in unserer Wohnung. Mein Freund ist sehr oft - bestimmt 5x mal in der Woche - über Nacht bei uns, kommt nach der Arbeit, isst mit uns, unternimmt mit uns am Wochenende Dinge etc.

Nun haben wir uns gestern unterhalten und ich habe was erzählt von einer anderen Mutter, die "auch alleinerziehend" ist, so habe ich das formuliert. Da sagte er "Wieso auch, Du bist es doch nicht mehr." Er fühlte sich da sichtlich angegriffen, und ich habe ihm dann erstmal zugestimmt, aber denke noch immer darüber nach. Letztlich fühle ich mich nämlich immer noch alleinerziehend.

Ich mache unseren Haushalt weitgehend allein - er unterstützt mal hier und dort, ist aber eben auch Vollzeit arbeiten und hat superlange Pendler-Wege und entsprechend echt wenig Zeit nebenher. Unterstützung kommt da von ihm also eher wenig, auch, weil die Möglichkeiten begrenzt sind. Finanzielles haben wir weiter getrennt.

Und was die Kinder angeht: Die drei verstehen sich super, das könnte ich mir nicht besser wünschen - aber es sind eben doch meine Kinder. Er holt mal eins der beiden irgendwo ab, und ich kann mal Laufen oder mit einer Freundin einen Wein trinken gehen, ohne einen Babysitter zu organisieren. Aber: Er kann jederzeit gehen, ich nicht. Wenn die Kinder was brauchen, kommen sie zu mir. Wenn sie krank sind, pflege ich sie. Wenn nachts was ist, stehe ich auf. In welche weiterführende Schule die Große geht, entscheide ich, Informationen dazu sammle ich. Ist auch alles völlig selbstverständlich, das kann ja gar nicht anders sein - es sind eben nicht seine Kinder.

Aber entsprechend finde ich eigentlich, bin ich immer noch alleinerziehend. Jetzt mit Partner, was toll ist - aber oft auch nicht weniger allein als vorher.

Wie empfindet ihr das denn? Ist jetzt alles nicht so wichtig und vielleicht einfach eine Frage der Definition, aber es interessiert mich trotzdem.

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Hallo,
Ich sehe das wie du.
Ich bin selbst in einer ähnlichen Situation und bezeichne mich auch weiterhin als alleinerziehend.
Meine Tochter hat natürlich auch noch einen Vater, mit dem ich wichtige Entscheidungen gemeinsam treffe, aber prinzipiell sehe ich mich als alleinerziehend. Alltägliche Entscheidungen treffe ich alleine, halte zwar oft Rücksprache mit meinem Partner; aber letztendlich trage ich die Verantwortung allein.
Mein Freund bezeichnet uns auch als seine Familie und behandelt meine Tochter so, als wäre es seine, aber auch er widerspricht nicht, wenn ich sage, dass ich alleinerziehend bin - ehrlich gesagt hätte das für mich einen seltsamen Beigeschmack, ich kann gar nicht genau erklären wieso, aber irgendwie fände ich es fast schon anmaßend nach so "kurzer" Zeit, wenn er sich als "vollwertiges Elternteil" sehen würde...
Lg Kokosmilch

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Ja, ich war auch echt erstaunt, dass er das in Frage gestellt hat, und es hat sich für mich nicht gut angefühlt. Ich finde, er verkennt damit total, wie viel Arbeit und wie viel Verantwortung ich eben immer noch alleine trage.

Natürlich weiß ich es total zu schätzen, dass er da ist, wenn ich mal ne Schulter brauche, und es ist für mich sehr viel wert, nicht mehr jede Nacht allein einzuschlafen und auch mal jemanden um seine Einschätzung zu einem Thema bitten zu können, auch, eine Feuerwehr zu haben, wenn ich selbst mal krank bin und so weiter. Aber letztendlich liegt die Verantwortung weiter bei mir, und ob sich das überhaupt einmal ändern kann, das weiß ich gar nicht.

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Hallo. Ich sehe es wie du...
Dennoch empfinde ich es mit Partner schon sehr erleichternd. Bin in einer ähnlichen Situation wie du.

Allerdings bekommen wir ein gemeinsames Kind. Aufgrund des Wohnungsmarktes, seiner Arbeit und dem Vater meiner Tochter werden wir erstmal nicht zusammenziehen und führen eine Fernbeziehung über 200km.

Ich sehe mich also demnächst mit 2 Kids alleinerziehend, obwohl ich mit dem Vater zusammen bin.
Er ist halt nur am WE da. Er findet es auch kränkend wenn ich das sage. Aber es ist ja nunmal so.

Im übrigen finde ich, dass viele Frauen in einer Beziehung mit dem Vater der Kinder auch alleinerziehend sind. Denn nicht jeder kann/möchte so unterstützen, dass man wirklich sagen könnte, es ist gleichberechtigt.

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Positiv zu sehen ist allerdings:

Er empfindet sich als Teil des Teams. Er fühlt sich zugehörig und mitverantwortlich. Vor den Konsequenzen einer tiefen Bindung zu dir und den Kindern scheint er sich nicht zu scheuen und nimmt deine Kids so an, wie sie sind. Sie gehören für ihn zu 100% dazu.
Möglicherweise ist er gekränkt, weil ihn das etwas aus der Familie drängt. Du mit deinen Kids auf der einen und er auf der anderen Seite alleine.
Für ihn seid ihr scheinbar eine Familie. Ob gemeinsame Wohnungen oder nicht. Er liebt euch alle.

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Das stimmt alles, und das bedeutet mir sehr viel und ich möchte es wirklich nicht kleinreden. Trotz allem Integrationswillen auf allen Seiten ist es aber doch so, dass die Verantwortung für so viele Bereiche bei mir bleibt. Und das ist in meinen Augen auch richtig so. Ich würde zum Beispiel mein krankes Kind aktuell noch nicht mit ihm allein lassen. Und er könnte bei seinem Arbeitgeber auch nicht Kind krank machen - weil es nicht seine sind! Ich würde ihn auch nicht auf einen Elternabend schicken, oder ihn nachts das Bett beziehen lassen, wenn jemandem ein Malheur passiert ist. Er ist eben mein Freund, und so sehr ich ihn liebe, der Vater ist er nicht.

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Ich bezeichne mich als getrennt erziehend... aber wir betreuen auch im Wechselmodell.

Ja, für mich bist du noch allein erziehend. Klar gibt es immer welche die es schwerer haben, niemanden haben etc. Aber dein Partner ist max. eine Unterstützung.

Steuerlich gesehen bist du ja auch allein erziehend, solange er nicht bei euch wohnt.

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Sogar wenn sie zusammenleben.
Erst wenn sie heiraten ändert sich die Steuerklasse dann.

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Ist glaube ich so nicht richtig.
Ist aber hier unwichtig, weil mein Gefühl sich nicht am Steuerrecht orientiert. 😉

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Ich sehe dich auch als alleinerziehend. Das, was er übernimmt, macht er freiwillig. Allerdings hat das nichts mit seinen Wegen zu tun. Mein Mann ist auch gependelt und war kaum da, trotzdem war ich nicht alleinerziehend. Rechtlich gesehen bist du auch alleinerziehend.

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Das mit den Wegen habe ich vor allem betont, weil es der Grund ist, warum er nicht mehr im Haushalt macht. Er kommt einfach erst, wenn alles erledigt ist, und dass er um 8 nicht mehr anfängt zu rödeln verstehe ich auch. Aber ja, was Du sagst ist genau das, was ich auch meine - er könnte jederzeit seine Koffer packen.

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Ich frage jetzt zurück einfach um mal noch einen weiteren Denkanstoss zu geben.... Hätte der Vater der Kinder das nicht auch jederzeit gekonnt?

Ich habe mich nicht alleinerziehend gefühlt aber muss feststellen dass die Verantwortung und Verpflichtung und das tägliche Leben zumindest um 80% bei mir lag. Ich habe nach der Trennung nur mal ab und zu vermisst, dass ich nicht mehr kurz in den Supermarkt konnte, wenn die Kinder eingeschlafen waren aber ansonsten hat sich für mich nicht viel geändert.

Also ist es vielleicht wirklich mehr die innere Einstellung und inwieweit du an die Beziehung glaubst als äußere Umstände?

Wie gesagt, soll keine Kritik oder Antwort sein aber deine Frage hat mich auch zum Nachdenken gebracht.

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Interessante Frage. Ich betrachte mich - trotz Wechselmodell und neuem Partner - in der Zeit, in der mein Kind bei mir ist, als alleinerziehenden. Weil ich dann zuständig bin und eben auch keinerlei Ablösung habe. Mein Partner ist schon aufgrund seiner Schichten meist gar nicht da an den Nachmittagen und frühen Abenden und auch wenn er es ist, spanne ich ihn nicht ein, wenn es um die Belange meines Kindes geht. Die beiden verstehen sich sehr gut, es ist auch kein Thema, dass die mal einen Abend zu zweit ohne mich verbringen - aber verantwortlich bin komplett ich.
Mir ist natürlich klar, dass "richtig" alleinerziehend vermutlich bedeutet, dass es keinen Vater gibt, der relevant Betreuungszeit abdeckt. Trotzdem sehe ich das als den entscheidenden Fakt: wenn ich zuständig bin, bin ich das allein, ich bin Ansprechpartner fürs Kind, ich entscheide, ich kümmere mich. Für die Pausen dazwischen bin ich mehr als dankbar, ohne die wüsste ich nicht recht, ob ich alles schaffen würde.

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Für mich bist du auch noch alleinerziehend, da ihr (noch) keine Patchwork Familie seid.
Er ist dein neuer Partner, der sich zum Glück auch gut mit den Kindern versteht.

Dass es deinen Partner kränkt, wenn du das so sagst, kann ich aber auch verstehen.


Wikipedias erster Satz bringt es doch auf den Punkt:
"Eine alleinerziehende Person ist eine Person, die ohne Hilfe einer anderen erwachsenen Person mindestens ein Kind unter 18 Jahren großzieht. Man spricht auch von Ein-Eltern-Familien."

Ich kann verstehen, dass sich viele Verpartnerte Frauen auch alleinerziehend fühlen, aber wenn man einen "Versorger" hat, der das Geld "ran schafft", ist man eben doch weit davon entfernt, alleinerziehend zu sein.

Wenn ich Geschichten von anderen Familien höre, bin ich so und so oft tatsächlich froh einfach alles selber entscheiden zu können.
Auch dass ich in dem Sinn keine Freizeit habe, da ich immer mein Kind habe, stört mich so gut wie gar nicht.
Es ist fast einzig und allein die Zukunftsangst / die Geldsorgen, die es so schwer machen.

Mir blutet mein Herz, dass ich bald arbeiten gehen muss, und entweder länger arbeiten muss, als ich es meiner Tochter eigentlich zumuten möchte, oder aber weniger Geld habe....
In jedem Fall wird es weniger als zuvor sein, und trotzdem müssen wir zusammen damit auskommen.

Deshalb ist es für mich unterm Strich und wenn ich völlig humorlos sein möchte, zynisch, wenn "solche Frauen" sagen, sie wären alleinerziehend.