Angst vor dem gemeinsamen Sorgerecht unbegründet?

Hallo,
ich bin ganz frisch Alleinerziehend und der Kindsvater möchte das gemeinsame Sorgerecht.
Ich bin prinzipiell nicht davon abgeneigt, nur ist es momentan ziemlich schwierig in der Kommunikation zwischen uns, er sieht auf eignen Willen unsere Tochter nur einmal in der Woche und ich habe Angst, sobald wir die gemeinsame Sorge tragen, dass er quasi einfach unsere Tochter mit über Nacht nehmen kann, es herrscht eine Distanz von 70Km und ich stille sie noch. Ich glaube er denkt, dass so dann auf meine Anliegen gegenüber unseres Kindes er einfacher Pfeifen kann - was ja ebenso keine Basis dafür stellt.
Also ich bin überhaupt nicht davon abgeneigt, würde damit nur gerne noch warten da ich mir gerade ein neues Leben aufbaue mit Umzug etc... und auch erstmal psychisch klar kommen muss. Er hat mich nach 1o,5 Jahren zwei Monate vor Geburt für eine Andere verlassen, unsere Tochter ist jetzt 3 Monate alt.

Sollte er klagen, bekommt er es. Das ist mir bewusst und ebenso weiß ich, dass er sich toll um sie kümmert. Trotzdem habe ich Ängste in der Abhängigkeit von ihm zu sein dadurch!

Daher die Frage sind diese Ängste berechtigt oder völlig überzogen?
Was passiert bzw ist anders sobald die gemeinsame Sorge gegeben ist?
Welche Vor - und Nachteile gibt es?

Ich bin noch ziemlich neu und hole mir gerne Infos ein :)

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also, prinzipiell hat Umgang nichts mit Sorgerecht zu tun. Beides stellt das Wohl des Kindes in den Mittelpunkt. Umgang ist viel mehr altersabhängig und kann so vereinbart werden wie ihr es für euch und euer Kind für richtig haltet. Beim Sorgerecht gibt es dann Situation bei denen du nicht mehr alleine entscheiden darfst (Umzug, Pass, Kita, Schule, bestimmte medizinische Behandlungen, Kontoaufmachen, Erben etc)

ich würde wirlich auch erstmal auf Zeit spielen. Ihr seid doch erstmal noch viel zu involviert mit der Trennung. Also erstmal Leben aufbauen und wieder auf einen Nenner kommen und dann könnt ihr euch ja mal in einer Erziehungsberatung treffen und euch BEIDEN genau erklären lassen, was sich ändert und auch was für Verantwortungen er dann auch hat. Er soll dann ja nicht nur ne Unterschrift leisten sondern sich auch Schulen mitangucken etc...

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Er kann mit und ohne Sorgerecht nicht einfach ein Stillbaby von der Mutter fernhalten. Das wäre völlig entgegen des Kindeswohls, also da mach Dir mal keine Sorgen.

Am besten sagst Du ihm, er soll beim zuständigen Jugendamt (das ist das an dem Ort, wo das betroffene Kind wohnt) einen gemeinsamen Termin machen. Da kann er mit Dir zusammen aufgeklärt werden, was genau das Sorgerecht, was das Aufenthaltsbestimmungsrecht und was das Umgangsrecht im Einzelnen regeln.

Beim Sorgerecht geht es nämlich im Grunde nur um Belange wie Bankkonto (kannst Du jetzt schon ohne seine Erlaubnis einrichten), um Kita- und Schulwahl (müsste er begründen, wenn er gegen Deine Wahl ist und unsere Schule hat z.B. gar nicht nach dem Sorgerecht gefragt) und um bspw. Unterschriften bei geplanten notwendigen Operationen (müsste er auch begründen, wenn er nicht zustimmt). Google halt mal, welche Entscheidungen nur gemeinsam getroffen werden dürfen, das kann man ja überall nachlesen.

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Hallo,
der Papa hat sowieso ein Umgangsrecht. Das hat er auch ohne Sorgerecht. Du schreibst, er ist ein liebevoller Papa - das sind doch schon einmal tolle Voraussetzungen. Warum glaubst du, er nimmt die Kleine mit? Etwas Vertrauen gehört schon dazu. Stell dir mal vor, wie es ihm gehen muss. Er vertraut dir doch auch, dass du nicht mit eurer gemeinsamen Tochter einfach abhaust.

Das Sorgerecht beinhaltet weniger als du denkst. Es sind nur eine handvoll wichtiger Entscheidungen, bei denen dann in Zukunft der Papa mit einbezogen wird. Was garantiert kommt wäre Ausweis/Reisepass, Bankkonto/Sparbuch, Schulwahl. Was unter Umständen kommt wäre die Unterschrift bei speziellen Ärzten/vor geplanten, nicht lebensnotwendigen Operationen und bei einem Umzug.

Euer Kind wohnt bei dir in der Wohnung. Bei alleinigem Sorgerecht ist es deine Entscheidung, wenn das Kind umziehen soll und wohin es soll. Bei gemeinsamen Sorgerecht musst du einem Umzug des Kindes immernoch zustimmen.

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Die Anderen haben Recht :)

Und nur mal in Ergänzung, Ausweis/Reisepass fällt bei getrennt lebenden Eltern mit gemeinsamem Sorgerecht NICHT in den Bereich gemeinsamer Entscheidungen, außer ein Streit über das Aufenthaltsbestimmungsrecht ist anhängig.

Die Meldebehörden sichern sich zwar gern ab, aber das Einfordern der Unterschrift des Anderen ist rechtswidrig.

https://www.fachanwalt-thomas.de/Wordpress/kann-ein-elternteil-einen-reisepass-alleine-beantragen/

Das beigefügte Foto, Punkt 6.1.3.4, ist aus dem Gemeinsamen Ministerialblatt des Auswärtigen Amtes", herausgegeben vom Bundesministerium des Inneren am 23.12.2009, 60. Jahrgang, Nr. 81.

Möge es denen helfen, die einen Pass brauchen.

LG

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Liebe Kuestenqueen, vielen vielen Dank!!! Ich habe extra nochmal nachgefragt bei der Behörde und die haben bestätigt ich brauche eine Einverständniserklärung. Find ich ja auch total überflüßig, da es ja nur um eine Passerneuerung geht und ich hier ja nu lebe, arbeite etc und es keinen Grund gibt zu befürchten, dass ich mich ins Ausland absetzen möchte.

GLG

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Mittlerweile gehört die Passausstellung übrigens zur Alltagssorge, das heißt, dass du es selbst mit gemeinsamen Sorgerecht ohne die Unterschrift des Vaters machen kannst.
Voreaussetzung ist, dass du und dein Kind zusammen wohnen und über 6 Monate getrennt vom Kindsvater.

Einige Behörden haben das leider noch nicht auf dem Schirm, es gibt aber natürlich die entsprechenden Gesetzestexte dazu!

Selbst so erlebt. Meine beste Freundin hat ewig rumgemacht um ne Vollmacht vom Vater zu bekomme, um dann beim kreisverwaltungsreferat in München aufgeklärt zu werden, dass das mittlerweile unnötig ist! Ich war dabei ;-)

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