Kollege totkrank - Angst vor Besuch.

Hallo,

mein Kollege hat Krebs und wird wahrscheinlich nicht mehr lange leben. Es bricht mir das Herz, denn er ist erst 30 - so alt wie ich! Noch letztes Jahr war er ein junger, supernetter, sportlicher, kerngesunder Kerl, dann wurde Darmkrebs festgestellt und seitdem geht es rappide bergab. Es gibt wohl keine Hoffnung mehr. Wir hatten nie viel miteinander zu tun, aber ich mag ihn sehr.

Ich habe mehrmals mit ihm gesprochen während der ersten Chemotherapien, er hat alles heruntergespielt und war sehr optimistisch. Wir wollten uns schon ein paar Mal treffen, aber es hat immer nicht geklappt und nun habe ich mehrere Wochen nichts gehört. Er hatte wohl eine Not-OP. Dann ist noch seine Mutter völlig überraschend gestorben, die einzige aus seiner Familie, die er noch hatte.

Nun liegt er in Kiel im KH und wartet auf einen Platz im Hospiz. Ein anderer Kollege hat ihn gerade besucht. Er ist wohl sehr dünn. Und er spricht davon, dass er nach dem Hospiz eine Reha machen, den Sommer genießen, irgendwann nach Indien reisen will - er verdrängt wohl. andererseits hat er selbst gesagt, er habe noch ein halbes Jahr. Ich kann überhaupt nicht aufhören, daran zu denken und bin so traurig!
Nächste Woche will ich ihn unbedingt endlich besuchen. Ich freue mich darauf, ihn zu sehen und zugleich habe ich total Angst.

Ich denke, dass ich mit der Situation klarkommen werde, aber ich bin auch unsicher. Ich habe Angst vor der Verzweiflung, die ich spüren werde, wenn ich ihn so sehe. Ich bin nicht gläubig, es gibt für mich keinen Sinn dahinter, es ist einfach nur schrecklich und ungerecht! Ich hoffe, dass ich mich richtig verhalten werde. Ich schaue, wie er drauf ist und worüber er reden mag und will versuchen, mich natürlich zu verhalten. Ich denke, ich werde meine kleine Lena mitnehmen, wenn es ihm recht ist - er wollte sie immer mal kennenlernen.
Meine Gefühle der Fassungslosigkeit muss ich irgendwie unterdrücken, obwohl mir bei dem Gedanken schon das Blut in den Adern gefriert.

Drückt mir bitte die Daumen, dass ich das hinkriege und es ein "guter" Besuch wird. Und drückt vor allem bitte meinem Kollegen die Daumen, dass er das alles so gut wie möglich durchsteht und nicht zu sehr leiden muss.

Danke.
Jana + Lena *18.05.06

1

oh sorry, der Beitrag sollte in "Trauer und Trost" - werde gleich urbia bitten, ihn zu verschieben. SORRY!!!

2

Hallo Jana,

Es tut mir Leid, dass dein Kollege so schwer krank ist.
Du schreibst:"Nun liegt er in Kiel im KH und wartet auf einen Platz im Hospiz."
Also ich glaube du weißt nicht was ein Hospiz ist:
Das ist eine Pflegeeinrichtung in der Totkranke Menschen würdevoll in den Tod begleitet werden. Von da aus geht man in keine Reha mehr.
Wenn es dir wichtig ist, dann besuche ihn noch und verabschiede dich, aber bald.
Und mach dir nicht so viele Gedanken über was ihr dann redet oder wie man sich da richtig verhält, oft hilft es Menschen einfach schon wenn jemand da ist.
Ich wünsche dir viel Kraft bei dem Besuch,
Lg,
Simone#blume

6

Hi Simone,

danke für deine Antwort.
Doch, ich weiß was ein Hospiz ist. ER hat zu meinem anderen Kollegen gesagt, dass er danach Reha machen will. Entweder er weiß nicht, was ein Hospiz ist, oder er verdrängt ganz einfach die Wahrheit. Das ist es ja, was mich so traurig macht.
Er schrieb mir per SMS: "werde mit Glück zum Wochenende entlassen, sofern ein Platz im Hospiz frei wird, drück mir die Daumen".
Meinem Kollegen sagte er aber trotzdem, er wolle den Sommer genießen, vielleicht mal nach Indien reisen etc. Er sagte meinem Kollegen aber auch, die Ärzte geben ihm noch ein halbes Jahr.

Klar ist das alles nicht logisch, aber wie soll er so eine Diagnose mit Logik verarbeiten?
Vielleicht hilft ihm das Verdrängen.

Lieben Gruß
Jana

8

Nimm deine Tochter nicht mit.
Genieße die die Zeit, die du da mit ihm verbringst - ein Kind würde stören- weil man abgelenkt wird und er sich nicht geben kann, wie er möchte.

Halt seine Hand - wenn du es möchtest, nimm ihn in den Arm, wenn er es zuläßt. Man muß nicht reden - man kann auch zusammen schweigen.


sparrow

weitere Kommentare laden
3

hallo jana,

auch wenn es sehr schwer ist,würde ich versuchen,ihm ehrlich deine gefühle zu erzählen.also das du sehr traurig,fassungslos,etc bist.

auch,dass du unsicher bist,wie du dich ihm nun vehalten sollst und angst hast/hattest vor diesem besuch.

aus meiner erfahrung als krankenschwester im umgang mit sterbenden kommen diese besser mit offenen und ehrlichen gefühlen klar(das sie sich schon mit tod und sinn gedanken gemacht haben).

du wirst dann merken,wie er reagiert und wie bereit er ist zu sprechen.aber er weiss auch,wie du dich fühlst.

ich finde es gut,wenn du deine tochter mitnimmst,dass freut ihn sicher und lenkt auch ab.

ich wünsche dir viel kraft.grüsse nuri

7

Hallo Nuri,

ja so hatte ich es mir auch vorgenommen. Ich bin schon öfter mit dem Tod und Schicksalen konfrontiert worden und weiß, dass Ehrlichkeit am besten hilft.

Was mich nur verunsichert ist, dass ich nicht ganz sicher bin, wie klar ihm sein eigener Zustand ist. Er redet vom Hospiz, aber auch von einer Reha danach und einer Reise nach Indien. Das macht ja nicht wirklich Sinn.

Vielleicht ist es momentan seine Art, damit umzugehen - die Wahrheit zu verdrängen. Dann will ich natürlich nicht vor ihm in Tränen ausbrechen und sagen wie fassungslos ich bin. Weißt du was ich meine?
Naja, ich mache das nach Bauchgefühl. Ich frage ihn, wie es ihm geht und dann sehe ich ja, wie er antwortet. Wenn er mit mir über Reisepläne sprechen will, dann träume ich natürlich mit. Und wenn er vom Hospiz spricht, als sei es ein Hotel, dann werde ich natürlich nicht sagen:"Aber da geht man doch zum Sterben hin."

Ach, ich krieg das schon hin. Ich mache das nach dem Motto: "Wenn man keine Ahnung hat, einfach mal Schnauze halten" - ich muss ja keine großen Trostreden halten, will einfach eine schöne Zeit mit ihm verbringen.

Danke nochmal!
Jana

4

ich vergieße in aller früh tränen...

das tut mir so leid. das leben ist echt so ungerecht! oh mann!

nimm die kleine mit! das tut ihm sicher gut. kinder bedeuten leben und liebe...

hör ihm einfach zu wenn er reden will. das tut eigentlich immer gut. einfach das gefühl zu haben da ist jemand der mir zuhört und sich meinen gefühlen und ängsten annimmt. egal wie er sich ausdrückt.

alles liebe und gute und nur das beste für deinen noch so jungen kollegen.
ich hoffe es wird alles wieder gut

#liebdrueck#heul#liebdrueck:-(

5

Hallo,

geh hin, der Rest ergibt sich von alleine. Ein Klassenkamerad von mir ist kurz nach dem Abi auch an Krebs erkrankt und ich wußte gar nicht, wie ich mit ihm sprechen sollte und habe den Besuch lange vor mir hergeschoben. Als ich dann doch gegangen bin, war ich so froh. Ich habe ihm gesagt, dass mir einfach die Worte fehlen, ich wisse gar nicht, ob ich ihn auf die Krankheit ansprechen sollte oder besser nicht und einfach hilflos sei.

Er war so dankbar, dass endlich mal jemand gekommen war und mit ihm geredet hat. Er war total einsam, weil alle Angst hatten und sich keiner mehr bei ihm gemeldet hat. Wir hatten ein tolles Gespräch und ich habe mich geärgert, dass ich so lange gewartet hatte.

lg

15

Hi,

ja, so werde ich es machen. Ich halte mich erstmal etwas zurück und lasse ihn reden wenn er mag. Dann merke ich ja, wie die Stimmung ist und kann entsprechend darauf eingehen. Ich kann sowas eigentlich ganz gut, ich habe auch nicht wirklich Angst vor dem Besuch. Es bedrückt mich einfach wahnsinnig. Naja, wird schon.
Lieben Gruß
Jana

9

Hallo

erst einmal tut es mir sehr leid. Diese Krankheit ist einfach eine Katastrophe.

Wir haben selbst vor einigen Wochen die Tante meines Mannes (sehr nahe Familie) verloren.

Wir waren uns erst nicht sicher, ob wir sie noch einmal besuchen sollten. Es war schon Weihnachten ganz klar, dass es nicht mehr lange dauern wird. Schliesslich haben wir uns für den Besuch entschlossen und sind im Januar noch einmal nach Witten ins Krankenhaus zu ihr gefahren. Unseren kleinen Mathis haben wir auch mitgenommen (6 Monate). Zusätzlich sind noch die Eltern meines Mannes mitgefahren.

Heute sind wir einfach nur froh diesen Besuch gemacht zu haben. Jutta hat ihre Krankheit auch verdrängt und sagte zu Mathis sie werde im Sommer mit ihm im Garten spielen. Es war unendlich traurig, aber auch unendlich schön. Vielleicht gehört das zur Krankheit dazu und die starken Medikamente werden wohl ihr übriges getan haben.

Am schlimmsten für mich war der erste Anblick. Gott sei dank hat sie da geschlafen, denn ich bin weinend aus dem Zimmer gelaufen. Als ich mich daran gewöhnt hatte, dass sie sehr dünn geworden war und eine starke gelbe Gesichtsfarbe hatte, war dann aber alles in Ordnung!

Leider war dieser Besuch wirklich unser letzter, denn eine Woche später ist sie leider verstorben!

Ich wünsche Dir für Deinen Besuch ganz viel Kraft!

Gruss Beate

14

Hallo Beate, danke.

Mein anderer Kollege hat mich schon "gewarnt". stephan ist wohl schon sehr dünn, man kanndas Gebiss durch die Haut sehen. Ich rechne einfach mal damit, dass er sehr schlimm aussieht.
Ich erlebe das nicht zum ersten Mal, meine Eltern hatten 2 Freunde, die an AIDS gestorben sind, meine beiden Omas habe ich auch kurz vor ihrem Tod gesehen.

Der Anblick wird mich bestimmt sehr traurig machen, aber ich komme schon damit klar. Wir stehen uns ja nicht sooooo nah, ist schon was anderes wenn es ein Verwandter oder ein sehr enger Freund ist. Trotzdem bedrückt mich das furchtbar, weil ich ihn einfach gerne mag.
Naja, ich schaff das schon.

Lieben Gruß Jana







12

Hallo Jana,
Mein Onkel ist am 08.03. an dieser scheißkrankheit gestorben und es war einfach nur schrecklich.
Wir waren Anfang Februar noch bei ihm zu Besuch (das hat mir eine Riesenüberwindung gekostet anzurufen und hinzufahren) und da sah man schon dass es nicht mehr gut ging. Es war ein schöner Nachmittag, wir haben zusammen gelacht und geweint. Jetzt ist meine Tante allein (hat keine Kinder) und wir waren sie letzte Woche mit dem Kleinen besuchen. Es hat sie sehr gefreut.
Geh hin! Bald! Das ist sehr wichtig! Wenn du nicht gehst, wird es dir danach sehr sehr leid tun (als 18jâhrige ist damals eine Schulfreundin an Krebs erkrankt und gestorben und ich bin nicht einmal da gewesen).
Nadine & Familie

13

Hi Nadine,

danke. Ich fahre am Mittwoch hin.

LG Jana