Mutter meiner Tochter hatte einen Schlaganfall

Guten Abend,

ich habe lange Zeit überlegt, ob ich so ein wirklich privates Thema ins Internet stellen soll. Ich muss mir das, aber einfach mal von der Seele schreiben. Wenn ich mit jemandem darüber rede bekomme ich immer nur Standard Aufmunterungsversuche wie z.B. "Das wird schon wieder" oder "Zusammen schaffen wir das". Das hilft mir alles nicht wirklich. Meine Ex- Freundin (von der ich seit 6 Jahren getrennt bin) hatte vor einiger Zeit einen Schlaganfall. Ich liebe sie zwar nicht mehr, aber es ist schon ein riesen Schock. Ich muss jetzt, aber für unsere Tochter stark sein. Sie ist 8 Jahre alt und hat das alles mitbekommen. Sie war alleine mit ihrer Mama zu Hause und dann ist es passiert. Ich arbeite selber in dem Berufsfeld und habe ihr schon früh beigebracht, was sie tun muss, wenn sie mal Krankenwagen, Polizei etc. rufen muss. Das hat sie auch alles wirklich ganz toll gemacht. Sie ist auch wirklich sehr tapfer und wenn man sie fragt, dann sagt sie immer, dass ihre Mama ganz doll krank ist und lange im Krankenhaus bleiben muss. Sie weiß noch nicht, dass ihre Mama nicht mehr gesund wird. Der Schlaganfall war sehr schlimm und sie wird körperlich und geistig behindert bleiben. Sie liegt jetzt im Wachkoma und keiner weiß, ob sich das noch mal ändert. Ich weiß nicht, wie ich das meiner Tochter erklären soll. Sie ist 8 und versteht alles noch nicht so. Sie ist bisher total tapfer und hat auch alles bis jetzt gut verkraftet. Ich habe auch schon überlegt mit ihr zum Psychologen zu gehen, aber der Kinderarzt meint, dass das nicht nötig ist bisher. Wenn ich allgemein so an die Zukunft denke bin ich total überfordert. Ich bin plötzlich von heute auf morgen alleinerziehend. Ich weiß überhaupt nicht, wie es weiter gehen soll. Ich muss Kind und Arbeit unter einen Hut bekommen usw. Das größte Problem ist, aber immer noch, dass ich meiner Prinzessin erklären muss, dass ihre Mama nie wieder gesund wird. Habt ihr eine Idee, wie ich das am besten machen kann?

Patrick

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Ohje schlimme Geschichte. Das ist eine sehr schwere Situation. Ich finde deinen Ansatz zum Psychologen zu gehen gut. Keine Ahnung was dein kinderarzt für Probleme damit hat. Ich wüsste auch nicht, wie man ihr das schonend erklärt und so das sie es versteht. Ein kinderpsychologe weiß das sicherlich besser. Setzt dich morgen ans Internet und such nach einem in der nähe. Du brauchst dafür keine Erlaubnis oder Überweisung vom kinderarzt.

Auf einmal alleinerziehend. Ich bin mir sicher das ihr zwei das schaffen werdet. Natürlich wird das für euch beide eine Umstellung aber ihr werdet sicherlich in die neuen Gegebenheiten reinwachsen.

Eine Mama schafft es und ein Papa auch!!!Er macht es nur einfach anders aber deshalb nicht zwingend schlechter!

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Guten Morgen Patrick,
Oh Mann, das ist schwer - für die kleine, für dich.... Es leider aber wohl wirklich so, das Worte immer hohl klingen.

Wir haben gerade auch familiär eine sehr schlimme Zeit. Mein Mann und ich haben einen Kinderpsychologen (bzw. Familien - er hat irgendwie mehrere Schwerpunkte) hinzugezogen. Wir wollten eben nichts verpassen, konnten manche Verhaltensweise nicht einschätzen und wollten einfach professionellen Rat. Wir sind ohne Kinder hin und haben dadurch sehr offen reden können. Das Angebot von Seiten des Psychologen steht aber auch, das die Kinder bei Bedarf jederzeit kommen können. (Das geht nicht über die Kasse sondern über die Firma. Wir hatten direkt als es passiert ist, mailadressen und Telefonnummern bekommen. aber es gibt ja auch ortsansässige Angebote)

Uns hat es geholfen, Dinge besser einzusortieren. Ich würde mir in dem Fall auch Hilfe dazu holen, und wenn der Arzt das anders sieht - wenn du eine Überweisung brauchst, es gibt ja auch noch andere Ärzte....

Wünsche dir und deiner Tochter alles Gute und viel Kraft (und dir Organisationstalent) und der Mama der Kleinen - vielleicht wird es ja doch noch etwas besser..

Liebe Grüße Nadja

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Hallo Patrick,

mein Vater ist nach längerer Krankheit gestorben als ich 6 Jahre alt war. Damals hätte ich mir gewünscht, dass meine Mutter mit mir über seine Krankheit und zu erwartenden Tod gesprochen hätte.

Sprich bitte mit Deiner Tochter, sie hat den Schlaganfall ja mitansehen müssen.

Ansonsten wünsche euch alles Gute, viel Kraft und gute Freunde/Familie, die euch zur Seite stehen.

Gruß

Heike

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Lieber Patrick, erstmal meine Anerkennung, wie Du mit dem Schicksalsschlag umgehst, der euch getroffen hat, sind nicht alle Papas so.

Ich tendiere auch sehr dazu, dass Du einen Kinderpsychologen um Rat fragst, obwohl ich nicht zu denjenigen gehöre, die sofort für jede Kleinigkeit nach Therapie rufen. Aber das ist schon eine ganz ganz schlimme Sache für die kleine Maus - da kann auf einmal ein Zusammenbruch kommen, mit dem keiner rechnet und dann wäre es gut, Du bist darauf vorbereitet. Mit so etwas müsst ihr rechnen, ob bald oder erst in Wochen oder Monaten, kann man nicht sagen.
Mal eine Frage: Gibt es noch liebevolle Omis oder andere Familienangehörige, zu denen die Kleine ein gutes Verhältnis hat? Sie könnten Dir sicher auch helfen, Deine Tochter emotional aufzufangen.
Ich habe gerade etwas recherchiert, ob es ein Buch gibt, welches Dir und Deiner Tochter helfen kann, habe aber nichts gefunden, das meiste ist auf krebskranke oder psychisch kranke Elternteile ausgerichtet und das passt ja nicht.
AUf keinen Fall würde ich ihr sagen, dass ihre Mama nie wieder gesund wird - sowas Endgültiges verkraften Kinder noch nicht. Vielleicht würde ich ihr erzählen, dass Mama durch eine Krankheit im Kopf sich momentan nicht äußern kann und in dem Zustand ist wie zwischen Schlafen und Aufwachen - sie hört ganz sicher, wenn ihr mit ihr redet oder ihr was vorspielt, aber sie kann halt nichts dazu sagen.....so ähnlich soll der Zustand ja sein, sagen manche Studien.
Ist die Mama in einem Pflegeheim? Vielleicht kann Dir das dortige Personal/ein Psychologe auch noch hilfreiche Tips geben?
Ich wünsche euch alles alles Liebe und Gute und den Trotteln, die nur sagen "das wird schon wieder" sag bitte, dass sie lieber den Mund halten sollen als so einen Müll zu reden.
Liebe Grüße von Moni

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Hallo!

Den Kinderarzt würde ich gepflegt ignorieren. Deine Tochter soll ja nicht therapiert, sondern begleitet werden. Ihr sollt gemeinsam begleitet werden. Wo ist sein Problem?

Selber war ich noch nicht von solchen Ereignissen betroffen, aber von anderen bekommt man einiges mit. Wichtig finde ich, dass man das Problem offen kommuniziert. In der Schule, im Hort, bei Freunden. Manchmal tun sich da Netzwerke und Möglichkeiten auf, von denen man nie dachte, dass sie vorhanden sein könnten.
In der Nachbarschaft meiner Freundin ist eine Mutter ziemlich plötzlich tot umgefallen. Zurück blieb der Vater, der als Schauspieler ungewöhnliche Arbeitszeiten hat, und drei Kinder. Die Nachbarn haben sich wie selbstverständlich zusammengerottet und haben Reih um die Kinder betreut. Meine Freundin hat dabei beobachtet, dass die verwaisten Kinder natürlich trauerten, aber nicht so verzweifelt und permanent wie die Erwachsenen. Kinder springen von Trauerpfütze zu Trauerpfütze, Erwachsene versinken im Tränenmeer.
Weil der Alltag beinahe normal weiterging -sie waren ja sonst auch mittags oft bei Freunden- ging und geht das Leben auch weiter.

Außerdem denke ich, dass Kinder sehr viel schneller verstehen als Erwachsene, wenn man ihnen die Situation vernünftig erklärt. Nee, es wird nicht "alles wieder gut"! Ehrlich muss man schon bleiben. Nur ist die Mutter ja auch noch irgendwie da. Man kann sie durchaus noch ins Leben des Kindes integrieren. Nur eben anders.

Deshalb: Ja, ja, ja, nimm dir jemanden, der euch professionell begleiten kann. Dann werden sich dir auch schnell Möglichkeiten erschließen wie du das alleinerziehend hinbekommen kannst. Das hat die Mutter des Kindes auch hinbekommen und viele, viele alleinerziehende Mütter müssen das jeden Tag.

Alles Gute!

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Das kam vielleicht ein bisschen falsch rüber. Ich war nicht beim Kinderarzt um mir eine Überweisung etc. zu holen. Ich war dort, weil sie sowieso einen Termin hatte und hatte den Arzt gefragt, wie er das ganz so einschätzt. Meine Tochter macht auf mich nämlich einen sehr gefassten und tapferen Eindruck, aber ich wollte von jemand Außenstehenden wissen, wie er das sieht. Ich werde mich, aber jetzt wirklich mal informieren, was es für Anlaufstellen gibt.

Ich bin wirklich ziemlich überfordert mit der ganzen Situation, weil ich noch nie so etwas erlebt habe. In meiner Familie ist solange ich mich erinnere noch niemand gestorben ... sogar meine Omas und Opas leben noch. Ich bin, ja selber noch ziemlich jung. Außerdem ist und war niemand aus meiner Familie jemals ernsthaft krank. Jetzt komme ich das erste mal in so eine Situation und muss direkt stark sein für meine Tochter. Außerdem ist Schichtdienst und alleinerziehend nicht die beste Kombination.

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Ich glaube, ich habe das mit dem Kinderarzt schon richtig verstanden. Er hat nur den Moment gesehen und nicht das, was noch kommen wird. Ärzte fahren meist auf der rein körperlichen Schiene. Die können nicht anders.

Nein, es ist überhaupt nicht einfach, plötzlich alleinerziehend zu sein. Zumal der andere Elternteil komplett wegfällt und weder an irgendwelchen Wochenenden noch im Notfall zur Verfügung stehen wird.
Deine Überforderung kann ich gut nachvollziehen.

Deshalb sollst und darfst du dir jede Hilfe holen, die dir zusteht. "Stark" sein bedeutet ja nicht, dass du deiner Tochter gegenüber mit dem Pokerface dastehst und einen auf "Friede, Freude, Eierkuchen" machst. Ihre Mutter ist ein Pflegefall. Da darf sie und da darfst du auch schon mal nicht so "stark" mit umgehen.
Sie ist schon 8, sie wird eine Menge verstehen. Wenn du sie in ihrer Situation ernst nimmst, wird sie auch eine Menge leisten und mitmachen können.

Als "stark" finde ich, dass du dir Gedanken machst, dass dir klar ist, dass du jetzt für deine Tochter da sein musst, dass du Hilfe annehmen kannst, dass du wegen deiner Ex-Frau oder Freundin doch betroffen bist. Und gerade deshalb werdet ihr das Ding irgendwie wuppen. Das wird sicher erst mal nicht leicht, aber das wird gehen.

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hallo,

wie lange ist der schlaganfall denn her? liegt sie wirklich im wachkoma oder ist sie nur noch richtig ansprechbar?

ich hatte vor 5 jahren einen heftigen schlaganfall und mein mann war mit den 3 jungs (einer davon war noch ein baby) plötzlich alleine. es hieß erst, dass ich sterben würde. dann hieß es, dass ich ein schwerstpflegefall bleiben würde, wenn ich überhaupt wieder aus dem koma aufwachen würde.
heute hinke ich noch ein wenig und mein arm will auch noch nicht so richtig, aber sonst lebe ich wieder wie vorher (naja fast, rad fahren, joggen und auto fahren geht nicht mehr ). aber ich schmeiße den haushalt und kümmere mich um die kids.
wenn es aber wirklich so schlimm ist, wie du sagst, dann wirst du mit deiner tochter reden müssen. hat sie ihre mutter schon besucht? auch menschen im wachkoma bekommen viel mit und es hilft ihr vielleicht.

lg und alles gute

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Hallo,

ich kann dir nur raten such dir jemanden der sich auch mit Trauerbewältigung bei Kindern auskennt! Denn ein Trauerprozess wird einsetzten wenn sie begreift das Mama nie mehr ganz Gesund wird. Kinder sind da anders wie Erwachsene. Zumal bei euch die Sitiation ja noch gar nicht klar ist.

Für ein erstes Gespräch brauchst du keine Überweisung und dieser Termin kann ohne deine Tochter stattfinden. Dann kannst du offener sprechen. Vielleicht ist ein Familientherpeut auch gut für dich. Also das du gemeinsam mit deiner Tochter dort hingehst.

Denn auch du hast ja in gewisserweise einen Menschen den du scheibar trotz Trennung noch sehr magst verloren zumindest so halb. Du bist auch geschockt unterdrück das nicht.
Glaub mir Kinder verstehen sehr sehr gut nur meist auf andere weise sie denken noch nicht so verquer wie wir.

Wichtig ist auch offen zusagen was Sache ist bei der Mutter damit die Schule und andere Betreuungspersonen reagieren können wenn deine Tochter plötzlich realisiert. Vielleicht hat sie ja eine beste Freundin/Freund wo sie gerne ist und die Eltern auch sehr mag. Sprech mit ihnen. Oder hat sie noch jemanden dem sie sehr nahe steht und der ihr zur Seite steht?

Als meine Oma an Krebs erkannkte war ich noch wesentlich Jünger. Als klar war es gibt keine Chance mehr haben meine Eltern offen mit uns gesprochen. Als der Anruf kam war ich gerade mal 7. Mir hat es geholfen das meine Vertrauenspersonen wussten was Sache ist. Und mir niemand verschwieg wie es aussieht. Und als der Anruf kam keiner mich einfach da sitzen lassen hat oder aufheitern wollte sondern ich das machen konnte was in der Situation machen wollte.

Sei ehrlich zu deiner Tochter. Vielleicht können die behandelten Ärzte auch weiter helfen mit Anlaufstellen. Oder wenn eine Kinderklinik in der Klinik eingebunden ist vielleicht mal dort die Kinderärzte fragen ob sie mit dir und deiner Tochter mal über ihre Mutter sprechen. Vielleicht ist ja auch einer der Ärzte der Mutter so einfühlsam und kann das. So war es bei meiner Oma zum Beispiel. Die Ärzte der Kinderklink haben uns Enkeln alle fragen dazu beantwortet. Das waren auch Ärzte von der Krebsstation.

Frag einfach überall nach Hilfe die braucht ihr beide!

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Hallo,

es tut mir sehr leid, was in eurer Familie passiert ist.

Ich kann dir die Webseite der Schlaganfallstiftung ans Herz legen:
http://www.schlaganfall-hilfe.de/home

Hier bekommt man viele Infos und man kann auch anrufen, wenn man Fragen hat oder Hilfe benötigt.

Alles Gute für euch,
lilavogel

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Ich wuerde mir professionelle Hilfe holen, wenn nicht fuer deine Tochter dann fuer dich!
Wenn du wen zum Reden hast, hilft es euch beiden.
Alles Gute fuer euch!