Anstrengende Mutter

Hallo,

Ich weiß, dass der thread nicht wirklich zu der Forumskategorie passt, möchte aber anonym schreiben. Ich hoffe, es sei mir verziehen.
Es geht um meine Mutter, bei der ich mittlerweile keinen Rat mehr weiß und vielleicht hat ja jemand ähnliche Erfahrungen und einen guten Rat, mit ihr umzugehen. Mal davon ab wird es mir aber auch gut tun, einfach mal darüber zu sprechen.
Meine Mutter ist krank und daher schon sehr früh in Rente. Sie hat eine schwere Epilepsie und wegen der vielen Tabletten (-umstellungen) auch psychische Erkrankungen "ausgereift". Diagnostiziert wurden bipolare Störungen. Sie war noch nie der Mensch, der den Kontakt zu Mitmenschen gesucht hat. Mittlerweile geht sie gar nicht mehr aus dem Haus, nicht mal mehr lebensmittel einkaufen oder mit den Hunden spazieren. Sie hat keine Hobbies. Mein Papa "kümmert" sich um sie und übernimmt Tätigkeiten wie einkaufen, aber man merkt, dass seine Geduld mit Mama langsam ausgeschöpft ist. Die Energie, die sie hat, investiert sie nämlich in meinen Bruder und mich, obwohl wir beide schon ausgezogen sind...

naja, soviel dazu. An sich bin ich ihr verhalten ja schon gewöhnt, ihr Bedürfnis nach Kontrolle und ihre Neugierde. Sie hat kein Gefühl von "das-geht-mich-nichts-an" und eine ganze Zeit lang habe ich das unbewusst mitgemacht, indem ich ihr auch vieles erzählt habe. Mein Mann, der ein großes Bedürfnis nach Privatsphäre hat, hat mir aber dann mal den Spiegel vorgehalten und mir dabei geholfen, grenzen zu setzen. Falls jemand an dieser Stelle Vorwürfe machen möchte - es ist kein leichter Prozess, sich von jahrelanger Erziehung / Gewohnheit loszumachen und manchmal (sehr selten) gewähre ich ihr immer noch einen Einblick in unsere Angelegenheiten, damit sie beruhigt ist. Deshalb hat sie nämlich diesen kontrollzwang - um sich selbst zu beruhigen. Das ist keine üble Nachrede, sondern ein Faktum.

Nun bin ich schwanger und maßlos mit meiner Mutter überfordert. Ich will ein paar Dinge aufzählen, die mich gelinde gesagt nervös machen: sie hat selbst mittlerweile 3 schwangerschaftsratgeber gelesen, sie verfeuert all ihr Geld für kindersachen, eine Zeit lang hat sie 3 mal täglich angerufen und wollte mir eine art Ernährungsplan auftischen. Ich saß in der Sonne - sie hat mir Bedenken geäußert. Ich habe bei einem verdrehten Arm EINE ibu genommen - da würde geschimpft. Ich habe EINE thunfischpizza gegessen - das war dann auch wieder falsch. Ihr Leben dreht sich nur noch um ihr Enkel. Natürlich gönne ich ihr die Freude, aber ich befürchte, dass sie in eine manische Phase rutscht und über kurz oder lang wieder in die Psychiatrie muss... ihre Freude gleicht mittlerweile einer Obsession und dieser Zustand ist mir vertraut, weil es bei allem so ist, was sie sich als ihr Hobby auserkort. Dem wird exzessiv nachgegangen. Nun fühle ich mich dabei aber einfach nur noch wie ein Brutkasten, den sie erforscht und observiert und da, wo ich eigentlich noch Geduld mit ihr hatte, ist keine mehr. Denn mittlerweile empfinde ich sie regelrecht als Bedrohung (was natürlich übertrieben ist, aber das Gefühl ist da 😐 mag aber auch meiner Kindheit geschuldet sein, denn es gab auch sehr schlimme Zeiten).

Es haben viele Gespräche stattgefunden. Ruhige, verständnisvolle Gespräche, unmissverständliche Gespräche, gespräche zu zweit, Gespräche zu viert (mit meinem Mann und meinem papa), aber es hilft nichts. Sie will auch nicht akzeptieren, dass ich das mit dem Kind entspannt und locker angehen will. Also das einrichten des kinderzimmers und andere Vorbereitungen. Ich will die zeit zu zweit noch ein bisschen genießen. Das überhört sie einfach und fängt wieder mit einem babythema an. Sie nimmt mir damit die Freude an dem Kind, macht jetzt schon alles schwer und versucht mir regeln aufzuerlegen.

Viele von euch werden jetzt denken - warum mache ich das dann überhaupt mit? Die Antwort ist, weil in mir immer noch das kleine, pflichtbewusste Mädchen steckt, was darauf acht gibt, dass es der Mama gut geht. Weil sie sonst wieder in die Klinik muss. Das Mädchen, das Mitleid hat, weil die Mama ja sonst nichts im Leben hat und ich sie da ruhig ein bisschen unterhalten kann. Aber das Mädchen verschwindet immer mehr, weil ich jetzt nicht mehr nur für mich verantwortlich bin sondern auch für mein Kind... und innerlich fühle ich mich dadurch regelrecht zerrissen, weil ein Teil von mir mich anschreit , nicht mehr ans Handy zu gehen, besuche zu vermeiden, ihr die ganzen Sachen zurück zu geben, die sie für das kleine besorgt hat und ihr nur noch die nötigsten Informationen zu geben (wie die Untersuchungen gelaufen sind usw). Aber wenn ich das auf diese art handhabe, wird sie zwangsläufig wieder in eine ihrer krisen rutschen. 🙈 wenn ich sie nicht so lieb hätte, wäre es nicht so schwer, mich für einen Weg zu entscheiden...

Einen Dank an die, die wirklich bis zum Schluss gelesen haben und bitte zerfleischt mich nicht 😐. Ich habe gewiss noch nicht ausgelernt und mir zu sagen, dass ich eine schlechte werdende Mutter oder schlechte Tochter bin, bringt nichts.
Lieber Tipps, damit ich lerne, wie ich besser werden kann. Ansonsten noch ein schönes Wochenende.

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Nun, wenn Du das weiter mitmachst und Dich nicht anfängst, konsequent abzugrenzen, dann wird wohl Dein Kind bald Deinen Platz einnehmen und dafür zuständig sein, brav der Oma nach der Pfeife zu tanzen, damit die nicht wieder in die Klinik muss. Möchtest Du das?

Hier haben wir ein Paradebeispiel dafür, wie eine psychisch kranke Person die ganze Familie mit krank machen kann. Das kann man mitmachen. Oder man kann den Kontakt abbrechen bzw. auf ein nötiges Minimum herunterfahren. Du hast bald eine eigene Familie, und es ist in Deiner Verantwortung, DORT Deine Energie reinzustecken. Grenz dich ab, zur Not lass vielleicht deinen Mann für Euch sprechen, wenn Du Dich damit schwer tust. Dann soll er eben mal ans Telefon gehen wenn sie anruft und sie abwimmeln und ihr sagen, dass ihre ständige Präsenz Eure Zweisamkeit stört und sie das zukünftig unterlassen soll bzw. Ihr dann eben nicht mehr erreichbar sein werdet. Wenn sie deshalb dann wieder in die Klinik muss, dann gehört sie da wohl auch hin.

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Danke für deine Meinung. Insbesondere dafür, dass du mir vor Augen führst, dass die Psychiatrie für sie momentan kein schlechter Ort wäre. Das vergesse ich manchmal, denn in unserer Kindheit war das immer der worst case. Du hast recht, ich muss mich, mein Kind, meine Familie davor beschützen. Wenn ich ein Gefühl der Bedrohung habe, sollte ich da auf meinen Instinkt hören.

Ist halt nur schwer, weil sie krank ist und wir von klein auf gelernt haben, unsere Bedürfnisse hinten anzustellen.... tatsächlicherweise glaube ich aber, dass ich künftig dafür keine Energie mehr haben werde. Unabhängig davon, dass ich auch zu nichts verpflichtet bin.

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Puh, da hat deine Mutter aber gute Arbeit geleistet. Sie hat dich gut manipuliert, dass dein Pflichtbewusstsein über das steht, was gesund wäre. Nämlich eine gesunde Nähe-Distanz. Deine Mama ist nämlich sehr übergriffig..
Du selber streitest dich mit dir über Pflicht, Moral und Freiheit.
Deine Mutter ist nun Mal psychisch erkrankt. Du musst selber wissen, was deine Partnerschaft bzw deine kleine Familie aushält.

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Vielen Dank für deine Aufmerksamkeit, die schnelle Rückmeldung und den Denkanstoß. Tief in mir weiß ich, wie ich zu handeln habe, aber manchmal brauche ich "den Schritt zur seite" bzw eine objektive Meinung. Denn manchmal sieht man den Wald vor lauter Bäumen nicht und ein anderer muss es dir vor Augen führen. Ich werde leider Konsequenzen ziehen müssen.

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Naja, nüchtern betrachtet hast du die Wahl: Entweder du unterstützt die manische Phase oder die depressive.
Das Problem bist nicht du oder dein Verhalten, sondern ihre Erkrankung (die sie nicht medikamentös behandeln lässt, scheinbar?). Da kannst du dich Verhalten wie du willst, es ist beides genau gleich "falsch". Wenn deine Mutter aufgrund einer Verschlechterung ihres Zustandes erneut in die Psychiatrie käme, wäre das wohl nicht das schlechteste, was ihr passieren könnte. :-( Tue daher das, was für dich gut ist. Für deine Mutter wären beide Wege gleich schlecht (was aber nicht in deiner Verantwortung liegt).

(Ich kann deinen Zwiespalt sehr gut verstehen!!!)

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So wie du mir antwortest habe ich auch das Gefühl, dass du mich verstehst 😐 daher hat es mir sehr gut getan zu lesen, dass es einfach nicht in meiner Verantwortung liegt... für Papa ist es halt oft auch nicht leicht und da komme ich mir manchmal ein bisschen wie ein Verräter vor, wenn ich nicht für die beiden da bin. Aber letzten Endes hat er sich das Leben so ausgesucht. Ich bin da rein geboren worden, schroff gesagt. Den totalen Kontaktabbruch werde ich nicht übers Herz bringen, aber die Grenzen werden schärfer und deutlicher.

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Meine beste Freundin ist ebenfalls bipolar, aber sehr gut eingestellt. Ich weiß aber wie sehr sie vermeintliche Kleinigkeiten aus der Bahn werfen und wie sehr sie sich für einer erneuten manischen Phase fürchtet und alles versucht das zu vermeiden. Daher habe ich das Gefühl, dass deine Mutter sich recht gehen lässt und das Abrutschen in die manische Phase hinnimmt bzw. sogar forciert. Meine Freundin ist bspw. sofort beim Psychologen, wenn sie merkt, dass sie instabil wird, während deine Mutter darin aufgeht.
Dein Vater tut mir Leid, er verhält sich, wie du auch, menschlich total nachvollziehbar und ihr beide wollt, dass es eurer Mutter gut geht. Allerdings führt das dann zu einer Verstärkung ihrer Probleme und schon seid ihr alle in einem Teufelskreis gefangen.
Ein totaler Kontaktabbruch ist glaube ich nicht notwendig, aber eine gesunde Distanz, z.B. eben nicht mehr ans Telefon gehen bzw. abblocken, wenn sie drüber ist. Ich glaube du hast schon ein gesundes Gefühl dafür was mütterliche Sorge ist und was zu viel/krankhaft ist. Setze deine Grenzen, dir zuliebe, deiner Beziehung zuliebe und auch deinem Kind zu liebe, damit sich dieses emotionale Pflichtgefühl und falsche Verantwortlichkeiten nicht in die nächste Generation fortsetzen. :-)

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Phu, da du alle Möglichkeiten der Problemlösung ausgeschöpft hast und sie keinerlei Einsicht zeigt, würde ich an deiner Stelle, den Kontakt auf ein Minimum reduzieren bzw. sogar abbrechen.
Sie tut dir nicht gut, eurer Partnerschaft-, und deinem Kind wird sie vermutlich ebenso nicht gut tun.
Aus pflichbewusstsein und Schuldgefühlen alles über dich ergehen zu lassen, halte ich für sehr ungesund

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Da hast du genau wie deine vorschreiberinnen recht. Und ich habe WIRKLICH versucht, eine Lösung für uns zu finden. 40 Prozent der Schwangerschaft habe ich damit verbracht, nach einem guten Weg für alle zu suchen. Aber es geht nicht und jetzt ist Schluss.

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Ich wünsche dir, das du den Absprung schaffst.
Nicht wenn deine eigene Familie daran zugrunde geht

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Ich zerfleische dich sicher nicht, wuerde dir aber dringend zu einer Tberapie raten, bei der du lernst, dich abzugrenzen. Wenn das Baby erstmal da ist, bekommst du sonst wahrscheinlich einen Nervenzusammenbruch oder dein Mann laesst sich scheiden.

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Das ist auch meine Befürchtung. Danke für die harten Worte.

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Für sie bist du halt ein Kind, das ein Kind austrägt. Deine Mutter hat jetzt eine neue Lebensaufgabe entdeckt, nämlich deine Schwangerschaft zu ihrer zu machen und später sozusagen die Zweitmutter zu sein.
Sie ist älter, erfahrener, wird alles besser machen und wissen als du selbst. Meine Ma ist leider ähnlich auch wenn sie gesund ist und viele Freunde hat und ausgelastet ist. Das ist eine Charakterfrage. Sie war ist eher die starke, bestimmende und mein Vater der Passive. Vom Charakter her bin ich etwas wie mein Papa und habe nicht immer den Mut,
mich durchzusetzen.

Ich schätze es so ein, dass deine Mutter erst „aufblüht“ wenn das Baby da ist. Sie wird sehr engagiert sein. Wenn du mal nein sagst oder was anders tun wirst als sie es für richtig hält, wirst du das aushalten müssen. Du wirst dich distanzieren müssen. Am Telefon sagst du es läuft alles gut mit Baby auch wenn es schreit und Bauchweh hat. Sonst musst du dir 100 Ratschläge und eventuell Vorwürfe anhören.

Ich war am Anfang immer noch in dieser Rolle Mutter-Tochter gefangenen. Mutter hat recht, Mutter weiß es am besten, ich füge mich. Heute würde ich mich eher wie eine erwachsene Frau mit eigener Meinung verhalten und mich verteidigen. Nur so werden die Mütter Respekt vor uns haben. Du hast noch immer einen Mann an deiner Seite, ich war ohne Partner was die Sache noch erschwert hat

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Was ich dir zu den ganzen anderen Ratschlägen noch mitgeben möchte:
Du bist nicht verantwortlich! Versuch dich von dem Gedanken zu befreien, dass du so und so handeln musst, um einen Schub zu verhindern (deine Worte oben!). Deine Mutter ist krank, sie wird aus dem einen oder anderen Grund immer mal wieder eine manische oder depressive Phase haben. Das kannst und wirst du nicht verhindern. Rücksichtnahme ist gut, aber auch die hat Grenzen. Und vor allem, so oder so trägst du keine Schuld.

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Vielen, vielen Dank 😊 das zu erkennen, ist für mich am schwersten und es tut wahnsinnig gut, dass so gesagt zu bekommen.

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Vielleicht solltest du selbs eine psychologische Beratung aufsuchen. Es ist schwer sich abzugrenzen, wenn ein Elternteil psychisch krank ist. Man hat es einfach nicht gelernt. Da sind Muster die man so sehr verinnerlicht hat, dass man sie nur schwer allein durchbrechen kann.

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Darüber habe ich auch schon nachgedacht. Weil ich für mich selbst nach all der Zeit immer noch keinen Weg gefunden habe, adäquat damit umzugehen. Ich mache größtenteils sicher das richtige, indem ich ihr Grenzen zeige. Aber es fühlt sich für ein Stück immer falsch an. Ich hoffe, man versteht, was ich meine. Herz und Kopf sind im ständigen Kampf, was Mama betrifft und dahingehend sollte ich endlich ruhe haben.

Und von meinem Mann kann ich nicht erwarten, dass er dieses Thema lebenslang in unserer Beziehung duldet. Ihr dürft euch das jetzt nicht vorstellen, dass ich mich nicht klar neben ihm positioniere und auch seine Familie ist nicht gerade leicht. Aber trotzdem haben wir bald unsere eigene Familie und da kann man seine Zeit und Energie nicht sämig vergeuden, noch anderleuts Familie am leben zu erhalten

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deine Mutter ist krank und zwar sehrt krank, ist si mit Medikamenten eingestellt?
Sie kann nicht anders, das ist die Krankheit

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Ja, ich weiß, dass sie sehr krank ist und das bedauere ich auch. Ich habe nur immer noch die kleine Hoffnung, dass sich unsere Beziehung durch klare Grenzen bessert... sie ist medikamentös eingestellt, nimmt sehr viele Medikamente, aber die psychischen Auffälligkeiten werden dadurch nicht wirklich besser.