Mann im Urlaub - und es läuft wie geschmiert...

Hallo zusammen!

Vorab: ich muss ein wenig ausholen, kann also sein, dass der Text etwas länger wird. Ich hab auch im Kopf noch nichts vorformuliert, ich weiß also gar nicht, wo ich am Ende landen werde... schon mal vorab Danke für die Geduld, ich versuche, nicht selbst den Faden zu verlieren.

Mein Mann und ich sind seit 12 Jahren verheiratet. Ich habe eine mittlerweile volljährige Tochter mit in die Ehe gebracht, gemeinsam haben wir noch drei weitere Kinder bekommen. Unser Leben bestand in den letzten Jahren aus einer kontinuierlichen Ansammlung von kleineren und größeren Katastrophen. Wir hatten 2008 die erste Fehlgeburt, 2009 die zweite, 2010 starb der Vater meines Mannes, in 2010 und 2011 folgten zwei weitere Fehlgeburten. Im Januar 2013 kam dann endlich unser Sohn gesund zur Welt, im Mai 2014 folgten unsere Zwillingsmädchen. Als die Mädels fünf Monate alt waren, begann eine der beiden heftig zu krampfen. Es folgten diverse Untersuchungen, KH-Aufenthalte etc. Diagnose: angeborene Gehirnfehlbildung, therapieresistente Epilepsie, diverse andere kleine Baustellen. Schwerstbehindert mit verminderter Lebenserwartung.

Unser Leben war ein Scherbenhaufen, alles, was man sich so vorgenommen hatte, alle Planungen auf einen Schlag weg. Nun ja. Ich bin eher der Typ Mensch, der sich relativ schnell fängt und sich auch selten etwas vormacht. Ich habe die Diagnose unserer Tochter sehr schnell verstanden und mir war auch klar, wie schwer die Einschränkungen sowohl für sie als auch für uns sind. Mein Mann hat sehr viel länger gebraucht. Erst hat er lange nicht sehen wollen, dass sich das eben nicht "verwächst" oder dass Lotta eben nicht nur "ein bißchen langsam" ist. Die Erkenntnis kam dann irgendwann mit voller Wucht und hat meinen Mann so hart getroffen, dass auf einmal nichts mehr ging. Ich glaube, er hat viel in sich hinein gefressen, den Tod seines Vaters nie wirklich verwunden und Lottas Situation hat das Fass zum Überlaufen gebracht. Er ließ sich krank schreiben, konnte nicht mehr arbeiten, war daheim mit kleinsten Sachen schon komplett überfordert. Ich erinnere, dass er mich einmal auf der Arbeit anrief, weil die Haustür offen stand (vermutlich hatte unsere Große sie nicht richtig zugezogen) und er partout nicht wusste, wie er damit umgehen sollte. Gleichzeitig wurde er aggressiver, konnte Lärm und Kindergeschrei nicht mehr ertragen. Als dann die German Wings-Maschine abstürzte und er erkannte, dass es Momente gab, in denen er die Entscheidung des Piloten nachempfinden konnte, wenn auch nur für Sekundenbruchteile, da hat er sich selbst eingewiesen. Er war acht Wochen in einer psychiatrischen Einrichtung, danach zwölf Wochen in der Tagesklinik und begann dann langsam wieder mit der Wiedereingliederung auf der Arbeit. Seine Diagnose lautet Depression in Verbindung mit Erwachsenem-ADHS. Er nimmt seit Ende der Therapie Antidepressiva.

Schwierig ist, dass er mit seinen Medikamenten immer wieder herumexperimentiert. Er ändert nach Gutdünken die Dosierung, setzt an, setzt ab. Ich verstehe, dass die Nebenwirkungen unter Umständen gravierend sein können, ihn eventuell auch massiv einschränken, aber bislang war das Zusammenleben mit ihm ganz ohne seine Medikamente teilweise echt unerträglich. Seine Gesprächstherapie hat er beendet und will sie auch nicht wieder aufnehmen, auch wenn ich glaube, dass ihm das helfen würde. Aber ich kann ihn ja schlecht zwingen.

In den letzten zwei Jahren hat es immer wieder mal gekriselt bei uns. Ich bin stark, habe ein solides soziales Umfeld und bin damit aufgewachsen, dass man seine Probleme beredet und dass die Familie sich gegenseitig unterstützt. Das hilft mir in der schwierigen Situation, in der wir uns befinden, natürlich ungemein. Aber ich bin eben auch nicht aus Stein und mein Mann verhält sich phasenweise eben auch echt unterirdisch mir gegenüber. Manchmal ist er allein die Sonne in seinem kleinen Mikrokosmos, nur seine Belange zählen und Fehler machen ohnehin nur die anderen. Das alles ist Teil seines Krankheitsbildes, ich weiß das. Aber es gibt Zeiten, da sind meine Akkus leer. Ich habe auf der Arbeit die Abteilung gewechselt und bin zu Beginn mit meinem neuen Aufgabengebiet nicht wirklich glücklich gewesen. Meine große Tochter, die auch sehr viel mitgetragen hat, brauchte eine Zeitlang ebenfalls psychologische Unterstützung, in der Schule lief es nicht und daheim war es auch immer sehr schwierig. Lange Rede, kurzer Sinn: ich hab immer mal wieder an Trennung gedacht. Einfach, weil ich müde bin. Weil ich nicht weiß, wie lange ich seine Ausfälle mittragen kann. Weil ich mich nicht wertgeschätzt fühle und ständig immer für alles verantwortlich bin. Gleichzeitig überkommt mich das schlechte Gewissen... mein Mann ist krank, er hat sich das nicht ausgesucht. Und dann ärgere ich mich wieder über besagtes schlechtes Gewissen, denn verdammt, ich hab mir das auch nicht ausgesucht. Und ich habe das Gefühl, dass er sich häufig auf seiner Diagnose ausruht, sie gern als Universal-Entschuldigung benutzt.

Nachdem es nun in den letzten Monaten vermehrt immer mal wieder gekracht hat, ist er nun mit seiner Mutter auf Kreuzfahrt. Die beiden haben ein schwieriges Verhältnis, aber meine Mann ist so erzogen worden, dass er sich gefälligst um die Eltern zu kümmern hat. Ebenfalls eine lange Geschichte, seine Kindheit spielt mit Sicherheit ebenfalls eine Rolle in seiner Problematik. Seine Mutter hat ihn (meiner Meinung nach) emotional erpresst, mir ihr diese Schiffstour zu machen, sie ist gesundheitlich nicht stabil und kann eine solche Reise auf keinen Fall allein machen. Mein Mann hatte vor dem Tod seines Vater mit diesem ebenfalls eine Reise geplant, die dann immer wieder verschoben wurde und letztendlich durch dessen Krebserkrankung auch nie angetreten wurde. Damit hadert mein Mann heute noch. Und genau deswegen hab ich auch keinen Stress gemacht, als es hieß, er fährt zwei Wochen mit seiner Mutter weg. Wer weiß, wie sich ihr Zustand nächstes Jahr darstellt? Ich will nicht daran schuld sein, dass er ihr diesen Wunsch nicht erfüllen konnte.

Seit Donnerstag ist er weg. Und ich kann das erste mal seit über zwei Jahren wieder atmen. Ich bin tiefenentspannt daheim, habe die Bude in Ordnung und die meiste Zeit auch sehr brave Kinder. Mir wird klar, wieviel Unruhe und auch Unordnung mein Mann daheim verbreitet hat und wieviel weniger Belastung ich momentan an der Backe habe, obwohl ich mich allein um die Kinder kümmern muss.

Und jetzt? Wie gehe ich denn damit um? Mein Mann ist kein schlechter Mensch und es ist auch nicht so, dass ich keine Gefühle für ihn hätte, aber ich mir war nicht klar, dass ich in den letzten Monaten in einer Art dauerhaften Anspannung gelebt habe. Natürlich reden wir hier von einem begrenzten Zeitraum, ich weiß nicht, ob ich der Belastung, alleinerziehend mit vier Kindern auf Dauer gewachsen wäre, aber ich mache mir schon so meine Gedanken. Ich kann ihm doch auch nach dem Urlaub nicht einfach sagen, wieviel einfacher alles war? Und dass ich ruhiger und entspannter war? Wie wird er sich denn dann fühlen? Und will ich die Trennung von ihm als Mensch wirklich oder ist mir nur das ganze Durcheinander hier zuviel? Ich bin ratlos.

Danke fürs Lesen, ist doch ziemlich viel geworden. Ich bin nicht viel klarer als zu Beginn meines Textes. Ich weiß auch nicht wirklich, was ich mir erhoffe, vielleicht musste es einfach mal raus.

Liebe Grüße, Nicola

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So, hier noch einmal gesammelt an alle:

Vielen Dank für die Aufmunterungen, die Tipps, die Anregungen und auch die eine oder andere kritische Frage.

Ich habe in den letzten Tagen sehr, sehr, sehr viel nachgedacht. Ich habe zwar nicht unbedingt eine Checkliste zur Hand, aber doch zumindest einen groben Plan, wie ich mir das für uns, vor allem aber für mich und die Kinder, in der Zukunft vorstelle.

Zuallererst werde ich versuchen, schnellstmöglich psychologische Unterstützung für mich in Anspruch zu nehmen. Meine Schwester hat mir die Lebenshilfe ans Herz gelegt, das wird meine erste Anlaufstelle. Ich muss mal alles raus lassen und mich auch einfach mal sortieren.

Mein Mann kommt am 14. aus dem Urlaub wieder und ich habe fest vor, mich mit ihm an dem langen Wochenende mal zusammen zu setzen. Es geht ja nicht darum, dass ich ihm an den Kopf schmeiße, wieviel toller alles ohne ihn ist, das wäre ja auch nur zum Teil wahr. Aber ich glaube schon, dass er wissen sollte, wie es um mich steht, um meine Belastbarkeitsgrenze und dass ich für mich entschieden habe, dass ich unter dieser ständigen Anspannung einfach nicht mehr leben möchte. Wie er damit umgeht, ist dann die große Unbekannte, ist aber letztlich sein Problem. Ich würde mir wünschen, dass er vielleicht von sich aus eine Familientherapie vorschlägt oder sich zumindest, sollte ich das vorschlagen, nicht dagegen sperrt.

Ob wir um eine räumliche Trennung rum kommen, das weiß ich noch nicht. Ich vermute fast, dass das unumgänglich ist, um uns beide den Raum zu geben, Prioritäten neu zu setzen. Ich weiß, dass ihn dieser Vorschlag sehr kränken wird, denn für ihn ist eine räumliche Trennung mit einem Beziehungsaus gleichzusetzen. Aber ich kann dieses mal tatsächlich darauf keine Rücksicht nehmen. Ich hoffe nur, dass er nicht zu seiner Mutter zieht, die sehr vereinnahmend sein kann und ihm vielleicht nicht die nötige Freiheit lässt. Mein Mann hat in unserem Wohnort eine kleine Eigentumswohnung, die er als Ferienwohnung vermietet, das wäre die in meinen Augen bessere Option. Aber diese Entscheidung überlasse ich ihm.

Natürlich hab ich Angst davor, dass es ihm wieder den Boden unter den Füßen weg zieht. Dass er vielleicht wieder einen Burnout bekommt und dann wieder in diese Abwärtsspirale gerät. Aber ich kann die Verantwortung für sein Wohlbefinden nicht mehr tragen. Ich trage bereits die Verantwortung für mich und vier weitere Menschen, mehr ist für mich nicht einfach nicht mehr machbar.

Nochmals Danke an alle. Ich werde Euch auf dem Laufenden halten. ;-)

Ganz liebe Grüße, Nicola

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Das mit der Ferienwohnung wäre ja nun wirklich die perfekte Lösung.

Alles Gute!

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Erstmal tut es mir leid, was ihr in der letzten Zeit alles durchmachen musstet.

Ich würde generell an Deiner Stelle zu Deinem kranken Mann stehen- unter der Bedingung, dass er nicht mehr mit den Medikamenten rumdoktert und bei der Gesprächstherapie dran bleibt. Für eine psychische Erkrankung kann man ja nichts- aber wenn man den Behandlungserfolg gefährdet und damit die ganze Familie zusätzlich leiden muss ist es nicht akzeptabel.

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Du hast von deinem Mann Respekt und Wertschätzung verdient. Wenn er dazu nicht fähig ist, taugt er nicht als Partner.

Ist ihm das klar?

Wenn nicht, lasse ihn hier mitlesen.

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Hi Du!

Ja, vielleicht wäre das hilfreich.

Andererseits glaube ich schon, dass er insgeheim weiß, wieviel ich daheim leiste. Er ist ja auch nicht die ganze Zeit so anstrengend, es sind immer wieder Phasen. Er lässt es mich nur selten spüren und mich stört vor allem die totale Unfähigkeit, einen Fehler zuzugeben. Wobei das mit Sicherheit auch ein Stück weit Charaktersache ist. ;-)

Wie ich in einer anderen Antwort schrieb: mich überrascht einfach das Gefühl der Befreiung, dass ich gerade erlebe. Mir war nicht bewusst, wie angespannt ich gewesen sein muss.

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Möglicherweise kannst du ihm diesen Text zum Lesen geben.

Dann sagst du ihm, dass es nur eine Zukunft gibt, wenn er in der Therapie bleibt und in Absprache mit dem Facharzt die Medikamente nimmt. Änderungen nur nach Rücksprache mit dem Facharzt.

Ansonsten gibt es keine Zukunft, da du schon öfter an Trennung gedacht hast.

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Ich kann ihm doch auch nach dem Urlaub nicht einfach sagen, wieviel einfacher alles war? Und dass ich ruhiger und entspannter war?

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Doch, ich finde schon, dass du das sachlich verpackt durchaus ansprechen kannst. Du hast viel Verständnis gezeigt, trägst seine Krankheit mit und bist auch nur ein Mensch mit begrenzten Ressourcen. Es nützt niemandem etwas, wenn du irgendwann umfällst und keiner hat es kommen sehen.

Kannst du dich ausklinken und eine Kur machen? Das würde dir nochmal Luft verschaffen und man würde mal auf deine Bedürfnisse und dein Befinden eingehen. vielleicht siehst du dann klarer und hast eine Ahnung, wohin die Reise zukünftig gehen kann - ob mit oder ohne deinen Mann. Kannst du von der KK Unterstützung für euer behindertes Kind bekommen, um dahingehend entlastet zu werden, zumal dein Mann ja im Moment auch eher hinderlich als eine Hilfe ist? Ich würde alle Möglichkeiten mal abfragen.

Was ich nicht akzeptieren würde, wäre das eigenmächtige Experimentieren mit den Medikamenten. Das ist Sache der Ärzte und da muss ER dranbleiben bis er eine geeignete Dosierung und Therapie findet. Was sagen die Ärzte zu seiner Erkrankung? Ist sie heilbar und kommt er aus der Depression wieder raus oder wird es ein chronisches Krankheitsbild, das man nur lindern kann?

In guten wie in schlechten Tagen, ist immer schön gesagt. Aber bei manchen Erkrankungen und damit verbundenen Problemen sollte man einfach schauen, wie viele Menschen davon ebenfalls negativ betroffen sind und sich selbst dabei nicht vergessen. Alles was die Persönlichkeit nachhaltig verändert, sollte man hinterfragen. ein Alkoholiker ist auch krank und kommt aus der Schleife nur schwer heraus. Dennoch muss man schauen, wie weit man selbst damit umgehen möchte/kann und nicht bis zur Selbstaufgabe mit im Sumpf der Krankheit versinkt.

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Danke für Deine Antwort. Leider ist das mit der Kur nicht so einfach. Die Idee ist mir auch gekommen, keine Frage. Aber da er leider zwischenzeitlich nicht zuverlässig genug ist, als dass ich ihn mit den Kindern allein lassen könnte (die sind ja nun auch noch sehr klein), käme nur eine Mutter-Kind-Kur in Frage. Das ist mit einem Kind wie Lotta aber kaum realisierbar, da es kaum Kureinrichtungen gibt, die darauf eingerichtet sind. Hier wäre für mich nur Urlaub im Kinderhospiz eine Option, allerdings eine, die für mich derzeit einfach noch nicht in Frage kommt.

Lotta ist gut versorgt, wir haben einen Pflegedienst, der meine Arbeitszeiten abdeckt und ich bin mittlerweile ebenfalls sehr fit in ihrer Pflege. Die Belastung liegt hier eher im emotionalen Bereich als im tatsächlich pflegerischen. Lotta ist schon ziemlich cool, die macht mir von allen fast noch am wenigsten Stress... ;-)

Wegen der Medikation argumentiert er natürlich immer wegen der Nebenwirkungen. Und auch dass sein Arzt ihm eben gesagt habe, dass er im Zweifelsfall die Dosierung anpassen muss, wenn die NW ihn zu sehr einschränken. Ich glaube nicht, dass er dies als Freibrief zum Rumprobieren gemeint hat, das ist wohl eher die Auslegung meines Mannes. Es ist ein Reizthema, das er sehr gerne damit abschmettert, dass ich ja keine Ahnung davon habe, wie sich das anfühlt. Was soll ich darauf antworten? Er hat ja Recht. Ich weiß es nicht.

In einer Gesprächstherapie sieht er keinen Sinn, seiner Meinung nach gäbe es nichts aufzuarbeiten. Er wüsste auch gar nicht, was ich da immer von ihm wolle. Er bezieht sich, wenn er von seiner Erkrankung spricht auch immer nur auf das ADHS. Depressiv sei er nicht (mehr).

Ach Mensch, das hört sich alles so nach Unmensch an. Das ist er nicht, keineswegs. Und wir haben auch durchaus harmonische Zeiten. Und er liebt seine Kinder heiß?, das weiß ich.

Ich weiß so gar nicht, wo mir der Kopf steht. Ich hatte damit gerechnet, dass es anstrengend wird in den zwei Wochen. Anstrengend, aber machbar. Ich wusste, dass es ruhiger werden würde, einfach weil wir nicht aufeinander prallen, aber dass es sich so... befreiend anfühlen würde... damit hab ich nicht gerechnet.

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<<Es ist ein Reizthema, das er sehr gerne damit abschmettert, dass ich ja keine Ahnung davon habe, wie sich das anfühlt. Was soll ich darauf antworten? Er hat ja Recht. Ich weiß es nicht.<<

Ja, aber du weißt, wie anstrengend er wird, wenn er die Medikation vernachlässigt. Das würde ich ihm mal sagen.

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Dein Mann ist keine Stütze, sondern eine zusätzliche Belastung, ob er nun was dafür kann oder nicht.
Ihm anzulasten ist, dass er die Therapie abgebrochen hat und seine Medikamente nicht richtig dosiert einnimmt.
Du merkst jetzt, dass es ohne diese zusätzliche Belastung leichter ist.

Vielleicht wäre es besser, sich zunächst räumlich zu trennen, zumindest bis er etwas gegen seine Krankheit tut und eine deutliche Besserung einsetzt.

Es geht hierbei in erster Linie um Dich, aber auch um die Kinder, die ein ruhiges, geregeltes Umfeld brauchen.

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Räumliche Trennung hatte ich schon mal angesprochen. Gerade weil ich die Spannung raus nehmen und eine Eskalation verhindern wollte. Ich will es nicht soweit kommen lassen, dass nachher in Wut Dinge gesagt werden, die man nicht mehr zurück nehmen kann. Er wollte nicht. Ist einfach nicht gegangen und hat so getan, als hätte es dieses Gespräch nie gegeben. Vermutlich hatte er Angst vor der Situation, die jetzt ja eingetreten ist: dass ich ohne ihn leichter klar komme.

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Nein, hat er nicht, im Gegenteil, er ist sich deiner viel zu sicher!
Vielleicht solltest du mal aufhören ständig und überall Verständnis für ihn zu haben...

Er nimmt dir Kraft, Energie, Harmonie und du bist so erzogen worden, dass man stark sein muss, festhalten, kämpft....ja, super Eigenschaften, aber nicht wenn so über die Grenzen geht und man nichts zurück bekommt...

Er saugt dich aus ( zu Unrecht oder nicht, ist mal egal ) ...du siehst es, spürst es...sagst es und nach kurzer Zeit rechtfertigst du ihn wieder, eigentlich ist er ja lieb, eigentlich, eigentlich, eigentlich....

Natürlich ist er kein Unmensch und er hat seine Diagnosen, wenn jemand sich aber an etwas nicht hält und nichts weiter macht, dann reicht es irgendwann...

wenn du selber dir so wenig Wert bist, wie sollst du dann einen Wert für ihn haben....und mitv "Wert" meine ich Emotionen, Liebe usw...und nicht ne Stütze...denn mehr bist du nicht für ihn....

Entweder er unternimmt ernsthaft etwas oder er muss seinen Weg gehen....so sehe ich das und so habe ich das auch gemacht.Ich habe eine Ewigkeit gebraucht um das Gefühl von Ballast nicht mehr an meinen Hals zu spüren obwohl wir schon lange getrennt waren, dennoch tat es einfach nur gut und Kinder haben dennoch ihren Vater, er wohnt halt nur nicht da und ansonsten kann man Kinder so ziemlich alles super erklären, man muss nur ehrlich sein....

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Hallo,
Bei einer Bekannten war das ähnlich.
Sie sind zusammen,haben sich aber räumlich getrennt. Das hat vieles entspannt.
Evtl wäre das eine Option?

Die alles alles Liebe und Gute
Marina

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Im Grunde leidet ihr ja alle unter seinem Verhalten. Er selbst, die Kinder und natürlich Du. Und ich würde ihm durchaus reflektieren, dass seine Ignoranz dazu führt, dass alles schlechter wird. Für die ganze Familie.

Wenn ich eins gelernt habe ist das, einen kranken Menschen lässt man nicht im Stich. Es sei denn, er zieht sein Umfeld durch nichtvorhandene Krankheitseinsicht mit runter. Ich hab schon Beziehungen daran zerbrechen sehen, dass ein depressiver Partner den Anderen mit der Zeit ebenfalls depressiv hat werden lassen.

Ich würde klare Worte vorbereiten und ihm auch sagen, dass Du nicht ihn loswerden willst, aber seine Erkrankung und die damit verbundenen Unannehmlichkeiten.

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Diese Unterhaltung haben wir in den letzten Monaten immer wieder geführt. Er weiß, dass ich am Ende meiner Kräfte bin.

Weißt Du, genau das ist das Schwierige an der Situation. Ich habe häufig das Gefühl, dass er sich gern auf der Diagnose ausruht. Mir fehlt die Bereitschaft, vielleicht jenseits der Medikament dauerhaft an einer Verbesserung seines Zustandes zu arbeiten. Gleichzeitig komme ich mir so gemein vor, wenn ich ständig darauf rumreite, dass er in meinen Augen zuwenig tut.

Ich bin mittlerweile mit Sicherheit auch nicht immer einfach im Umgang. Ich bin selbst schnell gereizt und genervt, bin häufig bestimmt auch unfair. Genau das habe ich ihm neulich auch gesagt, dass ich die Person, die ich bin, wenn ich mit zusammen bin, eigentlich gar nicht leiden mag.

Während dieser Gespräche zeigt er oft Einsicht, es passiert aber einfach nichts. Er reißt sich ein paar Tage zusammen, vielleicht läuft es sogar ein paar Wochen gut, aber irgendwann kommt die Talfahrt. Und manchmal bin ich mir nicht sicher, ob ich es nicht sogar unbewusst provoziere... keine Ahnung, ich bin echt ratlos.

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Sich zusammenreißen ist kein Therapieansatz. Nein, Du provozierst gar nichts, sonst würde das bei Euch anders aussehen. Du steckst nur Grenzen, aber er lernt eben auch, wie er die immer weiter dehnen kann, indem er Dir absichtlich oder krankheitsbedingt ein schlechtes Gewissen macht.

Du hast das Gefühl, dass er sich auf der Diagnose ausruht, weil das auch so ist. Witzig ist, dass viele Erkrankte dann auch noch behaupten, es würde ihnen ja eh nichts helfen und sie würden ja alles probiert haben. Dazu zählt dann ein halbes Jahr Therapie plus willkürliche Tablettenabsetzerei. Und das ist dann "alles probiert".

Eine Therapie dauert Jahre und manchmal dauert es auch lange, bis die richtige Medikamentengabe fest steht. Es ist nicht immer das erstbeste Medikament das Richtige. Und auch die Dosis muss ein Fachmann bestimmen, nicht der Patient. In meinem engsten Umfeld gab es auch erst jetzt nach zwei Jahren die richtige Diagnose und kann erst jetzt richtig behandelt werden. Weil die Symptome von manchen Erkrankungen sehr ähnlich sind.

Er muss sich helfen lassen, sonst musst Du Dich irgendwann ganz von ihm trennen, um Dich und die Kinder zu schützen. Das weisst Du aber selbst schon.

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Ich würde ihm klar sagen, dass es nur noch ein Zusammenleben gibt, wenn er bereit ist, seine Krankheit aktiv in Angriff zu nehmen.

Sprich: Seine Medikamente wie vorgeschrieben einnimmt und die Therapien macht, die ihm angeraten werden.

Ansonsten würde ich mich trennen - und wenns nur räumlich ist.

Dir und deinen Kindern nutzt es gar nichts, wenn du irgendwann zusammenklappst. Momentan bist du der Motor der Familie, und der muss laufen, sonst geht ihr alle den Bach runter.

Gruss
agostea

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Alles richtig. Das ist ja das Schlimme. Ich weiß das selbst. Und er weiß es auch, gesagt habe ich ihm das jedenfalls oft genug.

Eine räumliche Trennung hatte ich bereits angesprochen. Er will das nicht. Wahrscheinlich weil er vor der Situation, die jetzt durch seinen Urlaub eingetreten ist, Angst hatte.

Im Grunde weiß ich genau, dass wir mit großer Wahrscheinlichkeit auf eine Trennung zusteuern. Aber irgendwo in diesem chaotischen Mensch steckt der Mann, den ich geheiratet habe. Zwischenzeitlich ist er auch immer wieder da. Und ich weiß, dass er sowohl mich als auch die Kinder wirklich liebt. Aber Du hast recht: es ist an ihm, uns das auch zu beweisen und seinen Teil dazu beizutragen, dass diese Familie funktioniert.