Denkt keiner an die Erzieher?

Ich muss mir jetzt mal was von der Seele schreiben.
Ich bin Erzieherin in einer Kita in NRW. Wir betreuen unter anderem Kinder von Ärzten/Pflegern usw. die direkten Kontakt mit COVID-19 Patienten Haben. Also sind wir generell schon einem großen Risiko ausgesetzt. Natürlich sind das alle Erzieher, da wir nicht auf Abstand gehen können, keine Plexiglas Scheibe zwischen uns und den Kindern ist usw. Das wollen wir natürlich auch nicht!
Seit einigen Wochen kommen sehr viele Kinder sichtlich krank in die Kita. Ständig gibt es Diskussionen mit Eltern, die uneinsichtig sind.
Jetzt gibt es den zweiten lockdown und der Appell an alle Eltern ihre Kinder, wenn irgendwie möglich zuhause zu betreuen.
Versteht mich nicht falsch, Kinder deren Eltern arbeiten gehen, betreue ich sehr gerne. Aber es waren heute fast ALLE Kinder da. Kinder deren Eltern diese Woche Urlaub haben. Kinder, deren Mutter in Elternzeit ist. Kinder deren Eltern mit dem Schulkind zuhause sind.
Es macht mich wütend!!! Sind wir allen egal? Wir möchten auch Weihnachten mit der Familie feiern!
Es gibt keine Anerkennung. Keine Prämie, kein Dankeschön, nichts!
Es gab heute sogar Ankündigungen, dass die Kinder weiterhin kommen, da es ja jetzt wenig Sinn machen würde für die 4 Tage. Was ich heute auch zu hören bekommen habe, dass Kind würde sich zuhause ja sonst so langweilen.
Ich bin nur noch enttäuscht, wie egoistisch die Leute sind.
Übertreibe ich?!
Über eure Meinungen zu dem Thema würde ich mich sehr freuen.

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Möchtest Du mal die andere Seite hören?

Ich bin beim ersten Lock-Down auf dem Zahnfleisch gekrochen: Präsenzpflicht auf Arbeit, kein Home Office, Geschäfte die mit Kind nicht betreten werden durften usw.. Als dann die Kitas wieder öffneten nur verkürzte Betreuungszeit...immer musste ich Kompromisse machen und mir das Genöle von allen Seiten anhören. Dachte irgendwann mal jemand an mich? Zum Dank dafür hat mein Arbeitgeber meinen befristeten Vertrag nicht verlängert und ich bin ausgerechnet jetzt arbeitslos ohne Aussicht auf jedwede Beschäftigung. Die wenigen Vorstellungsgespräche sind derzeit mehr auf Zuruf, daher brauche ich gerade jetzt eine verlässliche Betreuung, denn immer ist die Kinderbetreuung Thema und wird als Ablehnungsgrund vorgeschoben. Wie soll ich bitteschön überzeugen, wenn ich mir da noch Gedanken drum machen muss? Am besten nehme ich mein Kind zum nächsten Vorstellungsgespräch mit. Kein Betreuungsplatz heißt kein Anspruch auf ALG1, ist das jemandem bewusst? Wer unbefristet beschäftigt oder verbeamtet ist, hat gut reden.

Ich werde einen Teufel tun und in der Kita erzählen, dass ich arbeitslos bin - das geht die Erzieher nun wirklich nix an. Unser Kind musste die letzten Wochen oft genug wegen laufender Nase zu Hause bleiben und war nie krank.
Und ja, mein Kind würde sich auch die nächsten Wochen (wenn nicht Monate) ohne andere Kinder langweilen, weil es mit einer gestressten und unzufriedenen Mutter zuhause hocken muss und höchstens von den Großeltern mit Süßkram vollgestopft wird. Daher darf es morgen seinen vierten Geburtstag mit seinen Freunden im Kindergarten feiern.

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Es gibt immer besondere Fälle. Wenn eine Mutter ganz ehrlich zu uns kommt und bspw. Sagt, dass sie mit ihrem
Nerven am Ende ist, nicht mehr kann oder z.B. ein Vorstellungsgespräch hat, sind wir die letzten die kein Verstandis haben!! Es geht mir
Nicht darum, dass generell alle zuhause bleiben sollen. Aber ich sehe einfach, dass keiner auch nur etwas Rücksicht nimmt. Mit Schnupfen haben wir noch nie ein Kind nach Hause geschickt. Aber wir hatten teilweise Kinder da, da dachte man sie haben eine Lungenentzündung. Ich habe selbst ein Kind. Und in seiner Kita werden die Regeln konsequent durchgesetzt. Das heißt: ich arbeite meistens mit allen Kindern und schaue wohin mit meinem Sohn.
Unsere Leitung steht leider auch nicht 100 % hinter uns und scheut die Konflikte und lässt lieber alle kommen.

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Das sind dann aber interne Probleme in eurer Einrichtung und es gibt dir nicht das Recht, ein Pauschalurteil über alle Eltern zu fällen. Du kannst gar nicht die persönlichen Hintergründe aller kennen und es geht dich auch einfach nichts an. Fragst du denn wie es uns Eltern geht, die neben Home Office ihre Kinder zu Hause betreuen (war im Frühjahr Gang und Gebe)? Meinst du, irgendwer kümmert sich um uns oder klopft uns auf die Schulter oder zahlt uns eine Prämie?! Du schimpfst über Egoismus, aber bist im Prinzip jetzt nicht so viel besser. Ich kenne keine Familie, die es mit Kindern und Beruf leicht hatte, ich kenne einige, die ihre Jobs verloren haben und die gleichen Probleme haben wie hier gerade beschrieben. Keine Betreuung, kein Arbeitslosengeld, keine guten Aussichten bei Vorstellungsgesprächen. Wenn du so eine große Angst vor Ansteckung hast, musst du dich beurlauben lassen, das geht ALLEN Arbeitnehmern nicht anders. Sorry.

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Ich verstehe dich sehr gut und nein du übertreibst nicht... ich bin Ärztin, diese Woche habe ich Urlaub, eigentlich der einzige Urlaub im Jahr außerhalb der Ferien. Den nütze ich sehr gern einfach mal für mich und für weihnachts Vorbereitungen. Tja, wir sind in Bayern, meine Tochter hätte heute und morgen noch in den Kiga gehen können, Anspruch auf notbetreuung hätte ich auch... selbstverständlich lasse ich meine Kinder zuhause jetzt wo ich Urlaub habe und eh daheim bin. Mein Sohn ist ab Mittwoch auch daheim! Prima dann habe ich eben mal ein paar Tage ausschließlich Zeit für die Kinder. War nicht so geplant, aber wird bestimmt trotzdem toll. Also wer kann sollte seine Kinder jetzt doch auch bitte zu Hause betreuen. Wer arbeiten muss, dem sollte unkompliziert eine notbetreuung zu stehen.

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Ich bin da ganz bei Dir

Ich bin durch ein medizinisches Bv so oder so daheim und für mich stand letzten Donnerstag schon fest, dass unsere Tochter an dem Tag das letzte mal in die Kita geht (sie ist seit Sommer eh unregelmäßig gegangen je nachdem was gerade in der Kita grassiert ist)
Seit Freitag ist sie daheim und gestern haben wir ihre Sachen abgeholt.
Ich war und bin um ehrlich zu sein geschockt, dass Eltern die ebenso nachweislich zu Hause sind (Elternzeit, Hausfrau) gestern munter ihre Kids in die Kita gebracht haben. Wir haben dann noch kurz gesprochen, weil viele mich mir Sack und Pack inklusive Kind wieder an Auto haben gehen sehen.
Mit mir hat eine einzige Mutter ihr Kind ebenso seit gestern daheim, alle anderen sind noch in der Einrichtung, damit die Eltern noch ein paar Stunden "Freizeit" haben um Geschenke zu kaufen oder eben ihre Ruhe zu haben (weiß ich durch die Gespräche) .
Ich habe das Gefühl, dass es manchen Eltern einfach zuviel ist, ihre Kinder SINNVOLL zu beschäftigen (egal wann immer wir draußen sind, sind wir zb zu 90% alleine auf dem Spielplatz oder an den Plätzen im Wald die das Dorf extra für Kids hergerichtet hat mit viel Geld)

Den Salat haben wir ja jetzt, weil KEINER auf die Bitten der Regierung hört.
Ich kann da nur den Kopf schütteln

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Ich bin da völlig bei Dir. Das ist unsere Gesellschaft voller Egoisten. Wenn die Eltern eh daheim sind und nur zu faul sind, sich um ihre Kinder selbst zu kümmern, dafür andere Leute gefährden, ist das echt unglaublich.

Ich glaube, an die Gesundheit der Erzieher denkt tatsächlich keiner. Verständnis habe ich aber in keinster Weise dafür, daß man sein Kind in die Kita schickt, obwohl es wirklich hohe Infektionszahlen gibt und jeder zusehen sollte, vor Weihnachten sowas wie Quarantäne zu halten.

An sich gibt es ja klare Ansagen, wann ein Kind nicht in die Kita darf. Manchmal können Eltern vermutlich nicht anders, weil sie einfach arbeiten müssen und keinen Urlaub übrig haben.
Aber für alle anderen: null Verständnis.

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Man kann das mit den kranken Kindern nicht ganz pauschalisieren.
Ein Kind offensichtlich krank oder unter Medikamenten in die Kita gehen, ist ein absolutes No go und da lässt sich auch nichts schön reden. Man gefährdet hier die Gesundheit anderer und auch die des Kindes, jetzt nicht nur im Hinblick auf Corona.

Mir ist es jedoch auch schon mehrfach passiert, dass meine Kinder morgens in die Kita sind und eine Stunde oder zwei später wegen Bauchschmerzen oder Fieber abgeholt werden mussten.
Es war morgens nicht ersichtlich, dass es dem Kind schlecht ging. Morgens ist manchmal wenig Zeit, es wird gefrühstückt, sich angezogen und dann geht es teils schon los. Ein noch etwas müdes Kind bedeutet nicht immer gleichzeitig, dass es was ausbrütet.

Wichtig finde ich hier die Bereitschaft der Eltern das Kind so zügig wie möglich abzuholen, sich also direkt auf den Weg zu machen. Und vorallem ehrlich sein. Man erwartet ja auch Ehrlichkeit von den Erziehern.

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Ich denke, das liegt nicht nur an den Eltern sondern auch an der Leitung dem Träger.

Unsere Tochter ist in einer kleinen, privaten Kita. Man kennt sich hier persönlich.

Wir haben unsere Tochter auch schon ne Weile bewußt zu Hause gelassen, seit bei uns in der Kita Corona war. Hat alle Erzieher erwischt. Einige Kinder hatten gar keine Symptome, dann aber die Eltern angesteckt. Insgesamt haben es aber alle gut überstanden.

Was ich eigentlich sagen wollte. Hier wird wirklich mit Husten usw. wieder nach Hause geschickt ohne Diskussion. Wenn hier Eltern sowieso in Elternzeit sind, dann würde sich die Leitung auch dafür stark machen, dass die Kinder dann zu Hause bleiben.

Ja, mein Kind langweilt sich auch und es fehlen die Freunde. Es ist nicht einfach Arbeit zu Hause und Kind unter einen Hut zu bringen, aber es ist nun einmal eine Ausnahmesituation.

Wenn ihr als Erzieher das kritisch seht, wie es bei euch läuft, dann müßt ihr das selber auch mit der Leitung oder dem Träger abklären, wie das durchgesetzt werden soll. Auch wenn es natürlich wünschenswert wäre, wenn die Eltern es von sich aus machen würden, dort wo ohnehin jemand zu Hause ist.

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Bin ich voll bei dir 👍👍👍👍👍

Finde es auch unmöglich...

Toll sind auch Aussagen " schließlich zahle ich für den Platz"... Schon mehr als einmal gehört... Sorry,... Da könnte ich 🤮

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Dass Kinder krank zur Kita kommen, geht natürlich nicht, auch ganz generell ohne Corona. Aber dennoch sehe ich es so, dass Kita-Kinder in der Tat keine Treiber des Infektionsgeschehens sind. Das hab ich gerade erst selbst hier erlebt. 1 Erzieherin positiv und die Freundin eines anderes Erziehers. Es kann auch sein weitere Erzieher, von denen ich aufgrund Datenschutz nichts weiß. Bei den Kindern selbst gab es nicht einen Fall und auch keines der Kontaktkinder hat es im privaten Umfeld weiter getragen.
Das Gleiche bestätigte eine Kita-Leiterin bereits im März. Da waren in der Kita der Reihe nach alle Erzieher krank, aber kein einziges Kind.
Sicher gibt es Einzelfälle von auch erkrankten Kindern, aber ich denke eine wirkliche nennenswerte Gefahr besteht da nicht. Und genau deshalb hat unsere Regierung auch so entschieden wie es ist.

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Hier im Dorf geht Corona merkwürdigerweise vor allem unter den Familien um, die Kinder im Kindergarten haben.

Da kann man natürlich spekulieren, was die Leute privat oder beruflich so alles treiben, aber erfahrungsgemäß sind Leute mit kleinen Kindern weder sonderlich partywütig, noch alle in Pflegeberufen tätig.

Ich glaube nicht daran, dass Kindergartenkinder, die jede dahergelaufene Bazille mit großem Erfolg untereinander und an ihre Eltern verteilen, ausgerechnet gegen Corona so gut wie immun sein sollen...

Die Kindergärten sollen um jeden Preis offen bleiben und deswegen werden entsprechende Hinweise/Studien unter den Teppich gekehrt.

Ich wette, wenn in zwei, drei Jahren auf 2020 zurück geblickt wird, wird man offiziell feststellen, dass die Kindergärten Pandemietreiber waren.

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„Die Kindergärten sollen um jeden Preis offen bleiben und deswegen werden entsprechende Hinweise/Studien unter den Teppich gekehrt.“

Sehe ich genau so!

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Hier das gleiche und ich bin auch ziemlich frustriert...
Über die Eltern, die ihre Kinder trotz Elternzeit mit jüngerem Kind oder Urlaub etc. bin ich vor allem verwundert (manchmal weiß man ja auch nicht, was der tatsächliche Grund ist und wie die familiären Hintergründe sind, aber über die Menge der Kinder, die trotzdem kommen, kann ich mir kaum vorstellen, dass die alle dasselbe unter "außerordentlich dringendem Betreuungsbedarf" verstehen, wie ich. Richtig verärgert bin ich vor allem über die Politiker, die hier in den Kindertagesstätten keine klare Grenze gezogen haben, wer Betreuungsanspruch hat und wer nicht....

Kindertagesstätten sind keine Infektionstreiber? Möglichrweise nicht, keine Ahnung, aber in unserer Kita wurden von 5 positiv getetsteten Elternteilen nur 2 Kinder getestet- eins positiv, eins negativ. 3 wurden trotz (witterungstypischer?! Erkältungssymptome) gar nicht erst getestet- klar, dass jüngere Kinder dann in den Statistiken nicht auftauchen...

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"... klar, dass jüngere Kinder dann in den Statistiken nicht auftauchen..."

Also bei uns wurde konsequent durchgetestet, sowohl unser Kitakind, als auch unser Schulkind, als sie KP1 waren.

Vielleicht variiert das Testen auch von Landkreis zu Landkreis. Deine Verallgemeinerung oder wie es "bei euch" abläuft, ist genauso wenig repräsentativ, wie mein Bericht.
Aber by the way : 1 Erzieherin positiv -> von 40 daraufhin (!) getesteten Kinder 0 positiv, aber dafür 3 weitere infizierte Erzieherinnen gefunden. Komisch oder?!? Ich persönlich glaube tatsächlich, dass Kinder weniger infektiös sind, wie Erwachsene 🤷‍♀️. Auch ohne Statistiken.

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Hier im Kindergarten meiner Kinder ein ähnliches Bild: 1 Erwachsener positiv, 60 Kinder getestet...ALLE negativ!

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Ich versteh dich total.

Ich bin Lehrerin an einer Grund- und Hauptschule in BaWü. Mittlerweile unterrichte ich an unserer Außenstelle, dort sind wir nur 2 Klassen: 1/2 und 3/4. Unser Kontakt zu den Eltern ist sehr eng, weshalb bei uns an der Außenstelle nicht ein Kind für die Notbetreuung ab Mittwoch angemeldet ist.

An unserer Hauptstelle sieht das ganz anders aus. Und sorry, aber als Klassenlehrer wissen wir, ob und was die Eltern arbeiten. Eine Frechheit! Als wäre unsere Gesundheit nicht wichtig. Wenn dann ganze Klassen daheim bleiben müssen, wenn Lehrer infiziert sind, geht das Gemotze und Gezeter wieder los. Einfach nur undankbar.

Am besten sind noch die, die dann meinen, man hätte während Schulschließungen nichts zu tun, nur, weil das Auto daheim steht. Ich hab während der Aprilschließung 3mal so viel gearbeitet wie sonst. Und sonst heißt min. 50-Stunden-Woche, auch in den "Ferien".

Aber um nicht abzudriften: Ja, die Gesundheit von Erziehern und Lehrern ist den meisten Eltern - sorry - SCHEIßEGAL. Die denken nur an sich.

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Hallo
Naja, diejenigen die sich sonst auch selbst der Nächste sind und der Meinung sind, sich alles leisten zu können, werden sich jetzt auch nicht anders verhalten. Wir haben unsere auch schon etwas länger daheim, einfach weil wir es aktuell können und der Kindergarten sich an die Eltern wendetet. Das machten tatsächlich einige, andere können es nicht. Dann gibt es noch die Gruppe: super, dann habe ich Urlaub und xy hat 1:1 Zeit mit (Lieblingserzieherin) weil so wenige da sein werden. Es sind halt immer die gleichen.
Ich sage nur, ärgere dich nicht. Es gibt etliche Berufsgruppen für die keiner klatscht, die aber seit Monaten auf dem Zahnfleisch gehen. Meine Schwester gehört auch zu so einer Berufsgruppe. Schön ist das wirklich nicht. Da hilft nur tief durchatmen und schauen, dass es klare Ansagen gibt und eine Leitung oder was auch immer die hinter allen steht.

LG