Notsectio u das gefühl was verpasst zu haben

Hallo,
erst einmal zur erklärung: Bei mir wurde während der Wehen das sogenannte Hellp Syndrom fest gestellt, daraufhin ging alles sehr schell. Ich wurde direkt in den OP gebracht und unter Vollnarkose wurde dann mein Sohn geboren. Was ja schon an sich nicht toll ist; aber kaum werde ich wach, merke ich das ich nicht in dem Aufwachzimmer liege den die Hebamme uns bei der Klinikführung gezeigt hat, sodern auf der Intensivstation. Da lag ich dann 1 1/2Tage in denen ich mein Kind einmal für vielleicht fünf sehen durfte.#heul
Seitdem habe ich immer mal wieder das gefühl was verpasst zu haben oder eine schlechte Mutter zu sein. Ich weiß gar nicht wie ich das erklären soll.#kratz
Ich versuchs mal so: Das erste wonach ich gefragt habe, war nicht mein Kind oder wies dem kl geht, sondern die ganz blöde feststellung das mein Bauch weg ist.#augen Und ich weiß nicht wie oft ich mich überhaupt gefragt habe wieso ich eigentlich da liege. Mein Mann versucht mich immer damit zu trösten, das ich denn ganzen Tag mit Schmerzmitteln zu gedröhnt wurde und das es bestimmt daran liegt. Aber trotzdem: Ich habe den ersten Schrei nicht gehört; konnte nicht sehen wie mein Mann unseren Sohn das erste mal sieht oder auf den Arm nimmt. All das macht mich immer noch traurig, und ich könnte oft genug heulen wenn ich sowas im TV sehe.
Wem von euch ging bzw geht es genauso und wie geht ihr damit um???
#danke im vorraus

Sway

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Hallo Sway.

Ich musste nach der Notsectio nicht auf die Intensivstation, aber die Gefühle waren wohl genau so.

Ja, man hat etwas verpasst! Deshalb ist man aber keine schlechte Mutter. Mir fehlte vorallem die erste Reaktion meines Mannes auf unseren Sohn nicht mitbekommen zu haben.

Ich habe geheult, wenn sowas im TV zu sehen war und habe dann abgeschaltet, bzw. solche Sendungen erst garnicht mehr angesehen. Ich werde auch heute, Moritz wurde vor kurzem 3 Jahre alt, noch traurig wenn ich sowas sehe, heule muß ich aber nicht mehr. ;-)

Die Zeit heilt alle Wunden, so sagt man, da scheint etwas dran zu sein. Aber das Gefühl etwas verpasst zu haben wird wohl bleiben. Auch wenn man immer seltener daran denkt.

Inzwischen scherze ich schon mal, wenn Moritz sich nicht so gut benimmt, "wer weiß ob ´se mir den untergejubbelt haben, war ja nicht da bei (zumindet nur körperlich) #schein"

Mein Rat: setz Dich nicht solchen Bildern im TV aus und laß die Zeit mal machen.

VIEL SPASS MIT EUREM ZWERG #freu
rosaundblau

2

Hallo Sway!

Bei mir war es ähnlich- ich hatte nach 22 h intensivster Wehen eine vorzeitige Plazentaablösung- alles musste ganz fix gehen und dann war der zwerg schon da...

ich habe 2 wochen gebraucht, dass Kind anzunehmen, als dass was es ist- meins! Versuche, andere Frauen zu finden, die ähnliches erlebt haben! Ich denke mal, es hilft dir schon, wenn du merkst, dass es andere Frauen gibt, die genauso unter dem not-KS leiden wie du. Die dummen Sprüche, deiner älteren Bekannten und Verwandten, die sicher noch kommen werden (nach dem Motto: "bei der Geburt hast du nichts verpasst") #bla da darfst du nicht hinhören- da reden Blinde von der Farbe... #cool
*tröst*
Vielleicht hast du Glück, so wie ich. Mein zweites Kind kam auf ganz natürlochem wege und es war eine wunderschöne Erfahrung- zwar trauere ich immer noch um die Sache ansich- aber mein "Lebenslauf als Mutter" ist wieder in ordnung und ich fühle mich nicht mehr "als habe Portion".
du schaffst es, über diese erste schwere zeit hinweg!#liebdrueck
vielleicht kannst du noch mal mit der Hebi deines vertrauens reden, was dich bedrückt. Wenn es dir längere Zeit schlecht geht- tu was dagegen! Ich hatte dann ne ausgewachsene Wochenbettdepri!!! und das is nüscht feines!

Liebe Grüße und ein schönes WE!!!

MAMA karen:-)

3

hi!

ich kann deine gefühle gut verstehen, da auch ich einen notkaiserschnitt hatte, wegen schlechter herztöne und geburtsstillstand.
zwar konnte ich meine kleine nach dem aufwachen in den händen halten, aber die erste zeit war alles andere als einfach.

allerdings konnte ich inzwischen lernen, dass es nicht so schlimm ist, wie ich am anfang dachte. ich habe jetzt bei meiner 2. ss wieder einen geburtsvorbeireitungskurs gemacht und die hebamme und physiotherapeutin, die ihn gemacht haben, haben mir viele gute gedanken mitgegeben!
zuerst einmal: es gibt keine "falsche" oder "richtige" geburt. egal wie das kind kommt - es ist eine geburt und das wichtigste dabei ist, dass das kind gesund auf die welt kommt.
dass die herztöne meiner kleinen so schlecht geworden sind sehe ich jetzt als hilferuf. sie hat einfach auf ihre art gesagt: mama bitte helf mit raus, ich schaff das nicht mehr!
und der kaiserschnitt war diese hilfe. das ist eine neue sichtweise für mich, die mir total geholfen hat. der kaiserschnitt ist keine "falsche" geburt, sondern eine hilfestellung, wenn es notwendig wird.
natürlich wäre es schöner gewesen, wenn alle anders gekommen wäre, aber meine tochter hat nun mal diesen weg gewählt und ich bin dankbar, dass sie gesund und munter war!

nur weil die geburt nicht nach plan verlaufen ist ist man keine schlechte mutter!!! bitte verbanne diese gedanken aus deinem kopf! und versuch nicht tapfer zu sein - du darfst weinen über das versäumte erlebnis.
ich wünsche dir, dass du eines tages die sache auch viel positiver sehen kannst!

alles liebe
claudia

4

Hallo!

Genau das ist mir nach meiner ersten traumatischen _Spontan-Geburt_ (!!) auch passiert! #heul

Die Geburt dauerte 73 Stunden und als er per Saugglocke aus mir herausgerissen wurde, hatte ich das Gefühl, ein Alien wäre plötzlich im Raum! #schock
Ich hatte ihn ja auch nicht wirklich allein geboren....#schmoll

Es dauerte auch Tage, bis ich wirklcih mit dem Geschehen habwegs umgehen konnte und eigentlich tut er mir bis heute leid, daß ich ihn nicht so annehmen konnte, wie meine andern Kinder!
Das schlechte Gewissen ist eigentlich sehr lange geblieben, aber irgenwann verblaßt das alles....:-)
Man hat dann bald soviele andere schöne Erlebnisse mit dem Kind bzw. es kommt sooo viel zurück, daß der schlechte Start in den Hintergrund rückt.

Alles Gute!!
Sybille

5

hi,

soll ich mal sagen, was das erste war, was ich meinen freund gefragt hab? IST SIE SCHÖN?.... ???? Hä, was passenderes war wohl nicht drinnen Sandy? Das nächste was ich weiß, ist, das ich so Durst hatte und nix trinken durfte, weil ich mich übergeben hatte (da konnt ich nimmer, weil alles so weh tat und die PDA definitiv nicht im Bauch war).

Sara hab ich das erste Mal nach Stunden gesehen, also, nicht im OP, der Papa hatte sie als Erster gesehen. Am nächsten Tag bin ich aller 3 Stunden nach hinten gekraucht, hab in den Inkubator gestarrt... und gefüttert.

Das alles ist nicht so schlimm für mich, viel schlimmer ist dieses Gefühl, das ich total versagt habe: ich hab mein Kind in mir schlecht versorgt, ich hatte dann nicht mal Milch, ich also ganz schlechte Mutter... Ich würde alles tun, alles in Kauf nehmen, wenn ich die Zeit zurückdrehen könnte und wenn schon mein Körper so schlecht funktioniert hat, dann wenigstens die Ärzte zwingen könnte genauer hinzuschauen und Sara eher zu holen. jeder Tag länger in mir war so vergeudet.

Naja, wen ich TV schaue und seh: oh, Herztöne gehen runter - Notsectio, dann könnte ich schreien, kotzen und ausrasten: warum zum Himmel hing 3 Tage am pathologischem CTG undm TV, die bekommen alle gleich ne Notsectio???

LG Sandy

6

Hallo Sway!

Ich möchte Dir schreiben, wie es bei mir war, weil dieses Erzählen mir hilft. Das ist ein ziemlich egoistischer Ansatz, ich weiß. Vielleicht hilft es Dir auch, wenn Du meinen Beicht liest und Gefühle wieder erkennst.


Auch ich hatte eine Notsectio in SSW 34+1. Die Plazenta war kollabiert und eine Riesenportion Glück, der liebe Gott und die Schutzengelarmee unseres Sohnes (Lars *21.02.2006) haben dafür gesorgt, dass ich genau in dem Moment in einer Klinik mit Kinderklinik am CTG hing.

Es ging alles sehr, sehr schnell. Lars Herztöne waren verschwunden. Ich rief nach der Hebamme, die mich zunächst nicht hörte. Als sie kam, konnte sie die Herztöne auch nicht mehr finden. Die gerufenen Ärztin sah am Ultraschall, dass das Herzchen noch schlug - aber gaaaz langsam So mit 40 oder 50 Schlägen pro Minute.

Niemand redete mit mir und ich verstand trotzdem, was los war. Die Ärztin organisierte die OP, spritzte mir ein Mittelchen, durch das mein Herz, aber nicht das von Lars schneller schlug. Man riss mir die Kleider vom Leib, schob mich in den OP. Während die einen meinen Bauch desinfizierten, schoben mir andere einen Blasenkatheter. Ich weinte ununterbrochen. Ich war so überzeugt davon, dass Lars das entweder nicht überlebt, oder wenn er es überraschenderweise doch tut, dann zumindest geistig behindert sein wird. Ich dachte, er wäre schon länger unterversorgt. Immerhin hatte er sich den ganzen Tag noch nicht bewegt gehabt. Dieser Gedanke verfolgt mich noch immer. Die Angst von damals hat sich in meine Seele gebrannt.
Irgendeine Frauenstimme sagte immer wieder: " Es wird alles gut. Es wird alles gut." Das hatte Minuten zuvor mein Mann gesagt, denn man von der Patientenanmeldung zurückgerufen hat. Er sah mich völlig fertig auf der Trage liegen, auf dem Weg in den OP. Wie dringend die Situation war, hatte er nicht mitbekommen.

Martin musste vor dem OP warten. Er hörte ein Kind schreien, wusste aber nicht, ob es seines war. Irgendwann ging die Tür auf und Lars wurde an ihm vorbei geschoben. Er durfte ihm kurz "Hallo!" sagen, dann wurde er auf die Neugeborenenintensivstation geschoben und erstmal versorgt.

Als ich auf der Intensivstation aufwachte spürte ich nichts als wahnsinnige Schmerzen. Mein Bauch fühlte sich an, als hätte jemand etwas herausgerissen, was nicht raus durfte. Nach meinem Sohn wagte ich nicht zu fragen, wurde aber gleich von der schon bekannten Frauenärztin darüber aufgeklärt, dass Lars rosig zur Welt gekommen ist. Später erfuhr ich, dass auch die Blutgaswerte optimal waren. Er hatte solches Glück! Die Unterversorgung bestand tatsächlich nur diese kurze Zeit!!!

Mein Mann kam bald und brachte ein verschwommenes Polaroid von unserem Sohn mit. Das kleine Häufchen sollte das Kind aus meinem Bauch sein??!

Die folgenden 17 Stunden bis ich meinen Sohn ansehen durfte, verbrachte ich damit, das Bild anzuschauen. In der Nacht wachte ich alle 10 Minuten auf - überzeugt davon, dass nun Morgen wäre und mein Mann gleich kommen würde. Dann würde ich verlegt werden und mein Mann könnte mich im Rollstuhl zu Lars fahren. Doch jedes Mal musste ich nach einem Blick auf die Uhr unendlich enttäuscht feststellen, dass erst 10 Minuten vergangen waren.

Dann kam doch irgendwann der Morgen, mein Mann und die Verlegung. Meine neue Station schaffte es aber eine scheinbare Ewigkeit nicht, mich abzuholen.
Im neuen Zimmer sollte ich dann noch mal 2 Stunden warten, damit ein Arzt etwa 20 Sekunden auf meinen Bauch schaut. Die zuständige Schwester ließ da nicht mit sich reden. Wir waren aber auf sie angewiesen, da ich ohne Rollstuhl nicht zu Lars konnte Außerdem wollte sie noch den Urinbeutel verstecken, weil man mit ihm nicht auf die Neugeborenenintensivstation durfte. Dieses Warten darauf, das eigene Kind zum ersten Mal sehen zu dürfen empfand ich als eine der größtmöglichen seelischen Grausamkeiten. Mein Mann litt Qualen, weil er mich so leiden sah.

Dann endlich konnte ich zu Lars. Mein Mann, der schon einige Male bei ihm gewesen war, ging zielstrebig auf seinen Glaskasten zu, öffnete ihn, begrüßte das kleine Kerlchen darin und sagte zu mir: „Nun fass ihn doch mal an!“.
Ich konnte nicht. Ich musste erst mal schauen. Mich ganz langsam annähern. Das sollte mein Kind sein? Martin hätte mich zu jedem x-beliebigen anderen Kasten schieben können. Jedes dieser Winzlinge hätte unser Kind sein können. Ich sah Lars an und weinte. Ich weinte vor allem vor Glück. Lars hatte überlebt! Und er machte einen gesunden Eindruck!!!
Als ich ihn dann vorsichtig streichelte, kam eine Schwester und schimpfte, man dürfe nicht jederzeit den Kasten öffnen. Nur alle 4 Stunden, wenn Lars versorgt würde.

Am selben Abend verabschiedete ich mich unter Schmerzen von meinem Rollstuhl und bat die Nachtschwester darum, mich vom Katheter zu befreien. So konnte ich jederzeit zu meinem Sohn.
Der bewegte sich in den darauf folgenden Tagen nicht. Er atmete bald auch nicht mehr. Der Tubus, der ihm zur Atemunterstützung gelegt wurde, versorgte ihn am 2. Tag zu 100 % mit Luft. Wie ich ihn so leblos liegen sah, kam mir der Gedanke, dass Lars vielleicht einfach nicht leben wollte. Ich bezog das auf mich.

Am 4. Tag atmete er dann doch wieder zu 100 Prozent selber, Bald bewegte er sich, wir durften ihn öfter berühren und irgendwann auch auf den Arm nehmen. Aber wir, besonders ich, litten darunter, dass wir so abhängig von den Schwestern und Ärzten warn. Ich hatte das Gefühl, dass ich nicht wirklich Lars Mutter wäre, denn andere entschieden, wann er essen sollte und wann ich ihn hochnehmen durfte. Ich bekam Ärger mit der Schwesternschaft und habe rückblickend die Zeit, in der Lars auf der Neugeborenenintensivstation lag, als besonders belastende Erfahrung in Erinnerung.

Je besser es mir ging, desto öfter war ich bei Lars. Ich las ihm vor, sang leise Kinderlieder und schaute ihn einfach an. In den späteren Tagen seines Krankenhausaufenthaltes lag Lars oft auf unseren Bäuchen. Wir wuschen, badeten, wickelten und fütterten ihn Nach meiner Entlassung bezogen Martin und ich ein Zimmer in unmittelbarer Nähe der Klinik. Wir wollten unseren Sohn möglichst wenig allein lassen. Was, wenn er genau in dem Moment, wo wir nicht da waren schrie? Die Schwestern gingen manchmal erst nach einer halben Stunde zu einem schreienden Kind. Ich wollte ihm auch unbedingt so viel Nähe wie möglich geben. Ich fühlte mich als schlechte Mutter und wollte damit viel bei ihm gut machen.

Trotzdem kamen bei mir irgendwie nicht die richtigen Muttergefühle hoch. Mein Verstand wusste, dass Lars mein Kind war. Mein Herz musste es erst lernen.

In der Zwischenzeit ist Lars ein properes Kerlchen geworden. Seinen schweren Frühstart sieht man ihm nicht mehr an. Wenn er meinen Mann und mich anlacht - und das tut er sehr, sehr oft, dann weiß ich, dass auch wir in seinem Herzen gelandet sind.

Was geblieben ist, ist auch bei mir das Gefühl, etwas verpasst zu haben. Auch ich muss weinen, wenn ich von anderen (normalen) Geburten lese oder einen Fernsehbericht darüber sehe.
Außerdem ist immer noch ein bisschen was von der „Ich bin eine schlechte Mutter“- Gefühl geblieben. Immerhin habe ich es nicht geschafft, mein Kind auszutragen. Ich habe nach seiner Geburt nicht gefragt, wie es meinem Sohn geht, sondern gestöhnt: „Es tut so weh!“. In den ersten Tagen nach seiner Geburt war ich nicht den ganzen Tag bei ihm. Erst als es mir besser ging und ich verstanden hatte, was da eigentlich passiert war. Außerdem werfe ich mir vor, mich nicht genug bei den Kinderkrankenschwestern durchgesetzt zu haben. Lars hätte viel früher und öfter in unseren Armen
Liegen müssen. Er lag schließlich nicht im Inkubator, sondern „nur“ im Wärmebettchen.

Du fragst, wie wir anderen mit solchen Gefühlen umgehen.

Ich habe es akzeptiert, dass es diese Trauer und Schuldgefühle in mir gibt und setze mich mit ihnen auseinander, rede mit meinem - Gott-Sei-Dank sehr verständnisvollen Mann - darüber. Außerdem habe ich akzeptiert, dass diese Gefühle wohl einfach mein Leben lang meine Begleiter bleiben werden.

Alles Gute!

Kathrin