Schlaflos nach Kreißsaalbesichtigung...

Ich bekomme mein 4. Kind. Die ersten drei Geburten fanden in Österreich statt, die erste sehr unangenehm (schlechte Herztöne beim Kind, PDA, Saugglocke), die anderen beiden waren toll - ich brauchte keine Unterstützung, keine Schmerzmittel, bin nur ganz leicht gerissen, war danach gleich wieder fit.
In der Zwischenzeit sind wir nach Belgien übersiedelt. Hier ist alles sehr medizinisch, haben wir festgestellt. Gestern haben wir uns den Kreißsaal angeschaut, und jetzt kann ich nicht schlafen. Die Atmosphäre im Kreißsaal ist absolut medizinisch, keine Sprossenwand, keine Matten, ein großer Ball als höchstes der Gefühle.
Und dann der Schock für mich. Die sehr nette Hebamme zeigte uns, wie das Bett für die Geburt umgebaut wird. Die Frauen hier entbinden doch tatsächlich mit den Füßen in so Frauenarztfußstützen! #schock
Denn dadurch hätte die Hebamme einen besseren Blick auf die Geburt!!!

Auf meine Nachfrage meinte sie, natürlich bräuchte man das nicht, wenn man nicht will, aber so sei es hier üblich.

Und jetzt hab ich Angst. Mein Französisch ist nicht so gut, und ich weiß nicht, ob ich unter der Geburt ausdrücken kann, was ich will. Mein Mann ist vielleicht ruhiger, aber wer weiß, ob er sich in dieser Situation so durchsetzen kann.
Dazu kommt, dass hier alle eine PDA kriegen. Ich will keine, aber wenn die Geburt etwas länger dauert und sie mir einreden, dass das nicht normal wäre - versteht ihr? Ich hab Angst, dass sie mir was einreden, was ich nicht will und nicht brauche. Unter der Geburt (und in einer Fremdsprache) ist man ja doch nicht so diskussionsfreudig.

Sowas wie eine eigene Hebamme ist hier nicht üblich (und womöglich würde die mir auch eine PDA einreden, "weils ja schon so lange dauert" und "weil das alle Frauen hier machen").

Ich war eigentlich immer sehr ruhig, was meine Geburten anging, aber jetzt krieg ich echt Fracksausen...
Vielleicht kann mir ja hier wer sagen, dass es nicht so schlimm wird oder so.

Danke!

1

Das verstehe ich sehr, sehr gut! Mir gings genau so in den USA. Meine erste Tochter habe ich in sehr entspannter Atmosphäre in einem "babyfreundlichen" Krankenhaus in Deutschland zur Welt gebracht - ohne große Aufregung, ohne PDA und total selbstbestimmt. Letztes Jahr sind wir dann in die USA gezogen und hier laufen Geburten wohl ähnlich ab, wie in Belgien. Deshalb wollte ich auf gar keinen Fall ins Krankenhaus. Meine 2. Tochter kam dann in einem Geburtshaus zur Welt - das war wirklich perfekt! Geburtshäuser sind hier sehr unüblich und ich bin für meine Entscheidung oft schief angeschaut worden, habs aber keine Sekunde bereut.
Gibt es in Belgien Geburtshäuser? Oder wäre eine Hausgeburt eine Möglichkeit? Vielleicht findest du ja eine Hebamme, die gut Englisch oder sogar Deutsch spricht? Oder solltet ihr nahe der deutschen Grenze wohnen: Kannst du vielleicht zur Geburt in ein deutsches KH fahren? Oder kannst du dich in den letzten Wochen vor ET irgendwo in Deutschland einquartieren, vielleicht bei Freunden oder so? Aachen und Köln sind ja nicht so weit von der belgischen Grenze entfernt... oder wohnt ihr sehr weit von der Grenze? Vielleicht könnte auch eine Hebamme aus Deutschland "rüberkommen"? (weiß aber nicht, ob das versicherungstechnisch ginge...) Ich hatte ja oben schon geschrieben, dass meine Tochter in einem "babyfreundlichen" Krankenhaus zur Welt kam. Diese Krankenhäuser müssen zwar vor Allem Kriterien zum Thema Stillen erfüllen, sind aber insgesamt eher fortschrittlich beim Thema Geburt. Babyfreundliche Krankenhäuser scheint es auch in Belgien zu geben - vielleicht erkundigst du dich da mal. Hab hier einen Link, der vielleicht ganz interessant für dich ist, der führt u.a. auch zur der Seite der Baby Friendly Hospital Initiative:
http://www.midwiferytoday.com/international/belgium.asp
LG aus den USA und alles Gute für dich!
Alex.

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Hallo,

ich lebe in Spanien. Hier ist es so wie in Belgien. Der Kreisssaal dekoriert wie ein OP, PDA ist Standard, und geboren wird im Sitzen mit Fussstuetzen, damit die Hebammen sich nicht buecken muessen. Geburtshaeuser gibt es hier nicht. In meiner Naehe gibt es ein paar babyfreundliche Krankenhaeuser, aber nur eines davon ist nicht privat, und das ist ca. eine Stunde Fahrt entfernt. Beim ersten Kind wollte ich das nicht, weil ich ja noch nicht einschaetzen konnte, wie lange alles dauert.

Soweit die Ausgangslage, aber weisst Du was? Die Geburt war super! Ich muss allerdings auch sagen, dass ich nicht so der romantische Kuscheltyp bin. Das Kreisssaaldesign in OP-Gruen konnte ich also gut ausblenden, und unter den Wehen war ich eh so auf mich und das Baby konzentriert, dass ich weder Duftlampen noch Entspannungsmusik wahrgenommen haette. PDA, Wehentropf und Episiotomie habe ich abgelehnt, was auch problemlos akzeptiert wurde. Anfangs hat die Hebamme noch etwas geschmunzelt, nach dem Motto, ja ja, Erstgebaehrende, Du wirst schon sehen, dass Du in spaetestens einer Stunde um die PDA bettelst. Aber als das nicht passierte, hat auch keiner darauf gedraengt.

Da alles problemlos ablief, haben sie uns die meiste Zeit allein gelassen, was mir sehr entgegenkam, weil ich mich konzentrieren musste. Die Geburt im Sitzen mit Fussstuetzen war fuer mich OK. Auf dem Ruecken liegen ging gar nicht, aber sitzen war ganz gut. Ich koennte mir zwar vorstellen, dass Vierfuesslerstand vielleicht noch ein bisschen besser gewesen waere, aber ich kann das ja bisher nicht vergleichen.

Vielleicht haetten sich die Hebammen auch auf eine andere Geburtsposition eingelassen, wenn ich darauf bestanden haette. Ich denke, als Mehrfachgebaerende hast Du da ja auch nochmal bessere Karten, wenn Du sagst "ich habe jetzt zwei Kinder problemlos soundso bekommen, und bei diesem bestehe ich darauf, es wieder so zu machen. Punkt"

Ich habe in der Anfangsphase der Geburt ein bisschen meinen Auslaenderstatus ausgespielt. Als man mir gesagt hat, nach Blasensprung duerfte ich das Zimmer nicht verlassen wegen Infektionsgefahr, habe ich einfach erklaert, dass ich Deutsche bin, und man in Deutschland spazieren geht, um die Wehen anzuregen, dass ich das jetzt auch tun werde und gerne die Verantwortung dafuer uebernehme. Die diensthabende Habamme (nicht die, die mich nachher bei der Geburt betreut hat), fand das zwar richtig bloede, aber was sollte sie tun? Die Polizei rufen und mich mit Gewalt festhalten?

Soweit so gut. Die Geburt ging super schnell (knapp 3 Stunden ab Einsetzen der schmerzhaften Wehen), ich bin nicht geschnitten worden und hatte nur einen minimalen Scheidenriss. Der wurde mit 2 Stichen genaeht, aber davon habe ich weder waehrend des Naehens noch hinterher etwas gemerkt.

Richtig toll im Vergleich zu Deutschland war hier, dass mein Kleiner, der bei 36+3 mit nur 2400 g geboren ist, nicht in den Brutkasten musste, obwohl er offiziell 4 Tage zu frueh und 100 g zu leicht war. Ich bekam ihn gleich auf den Bauch, wo der wegen der Fruehgeburt hinzugerufene Kinderarzt einen Blick auf ihn geworfen und ihn fuer fit erklaert hat. Irgendwann spaeter gab es dann die Untersuchung mit Wiegen und Messen und so, auf einem Tisch direkt neben mir, und dann bekam ich ihn wieder.

Er hatte leichte Temperaturprobleme, aber dazu wurde mir nur gesagt, dass ich ihn ueber Nacht (er ist spaet abends geboren) bei mir im Bett an meinem Koerper halten sollte, und nicht in sein Bettchen legen. Aus Deutschland kenne ich da ganz andere Geschichten, wo die Babys wegen solcher Nichtigkeiten fuer Wochen im Brutkasten gelandet sind.

Also, zusammengefasst denke ich, wichtig ist, dass die Hebammen Dich und Deine Wuensche ernst nehmen. Dann ist alles andere eher Nebensache. Statt an eine Sprossenwand kann man sich auch an irgendein beliebiges Moebelstueck haengen. Und Musik kann man sich selber mitbringen, wenn man das moechte.

Ich kenne hier viele Frauen, die im Vorfeld einen Geburtsplan geschrieben haben und den vor der Geburt im Krankenhaus hinterlegt haben, damit sie unter der Geburt nicht mehr viel erklaeren und verhandeln mussten. Beleghebammen gibt es hier auch nicht, aber man kann eine Doula mitnehmen, die zwar keine medizinische Befugnis hat, aber die eigenen Wuensche kennt und sie gegenueber den Hebammen aeussert, wenn man selbst zu sehr mit anderen Dingen beschaeftigt ist.

Also, nur Mut! Es kann trotz fehlendem Kuschelfaktor super laufen.

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Ich an Deiner Stelle würde mal bei der deutschsprachigen Gemeinschaft in Belgien anfragen wo Du Dich am Besten hinwendenden kannst.
Und ansonsten eben auch eher eine Hausgeburt planen.

Lg,
Fina

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Ich würde einen Geburtsplan erstellen. Was möchte ich und was nicht. Natürlich mit dem Vermerk in einer medizinischen Notsituation absolut zu kooperieren. Dieser Plan ist auch für dich nicht in Stein gemeißelt. Wenn du eine PDA doch möchtest, kannst du immer noch danach verlangen.

Mit diesem Plan würde ich in die Klinik und ein Arzt muss unterschreiben, dass dieser in deine Akte kommt und berücksichtigt wird.

Wichtig ist auch, deinen Partner miteinzubeziehen. Er muss deine Wünsche durchsetzen.

Z.b. Wenn die Wehen pause machen und sie das wieder anregen wollen, die Frage: " geht es meiner Partnerin gut? Geht es dem Baby gut? Dann machen wir nichts!"

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Ich kann mir nicht vorstellen, dass ein angestellter Krankenhaus-Arzt so ein "Dokument" (Geburtsplan - was für ein Wort, das unterschwellig aussagt, dass eine Geburt planbar ist...) unterschreiben würde (darf der das überhaupt???). Viel eher muss doch die Entbindende unterschreiben, dass sie im Notfall praktisch alles über sich ergehen lässt.

Da finde ich es realistischer, dass der Partner deine Wünsche an entsprechender Stelle anmerkt und die Durchsetzung verlangt (unter Berücksichtigung der medizinischen Situation).

Lg
cori

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Doch, das ist durchaus möglich, denn man darf nicht gegen deinen Willen handeln.
Es geht dabei nicht um einen Plan im eigentlichen Sinn, sondern um Dinge, die ich eben möchte oder nicht. Natürlich kann ich mich noch umentscheiden und im Notfall muss man auf den Arzt hören, aber ich habe bspw. darin auch vermerkt, dass mein Kind keinen Schnuller keine Flasche bekommt...

Man muss sich da nur durchsetzen und darf den Arzt nicht als Halbgott sehen. Immerhin erbringt das Krankenhaus eine Dienstleistung.

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Hi,

kommt drauf an, wo Du in B wohnst. Es gibt aber auch in Belgien Hausgeburten und alternative Leute. Kannst Du denn schon ein bissschen flaemisch oder franz. ?

http://accouchement.chez.com/adresses.htm
http://www.questionsante.org/bs/L-Espace-Naissance-AMALA-Un
http://www.maison-de-naissance.be/

Das hab ich nach nur kurzem googeln gefunden!

guck Dir auch die babyfreundlichen Kliniken an.

herzlich Pipi

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Nur eine Idee: Lebst du in der Nähe von der deutschen oder luxemburgischen Grenze? Es steht dir ja frei in dem Land zu entbinden, in dem du gerne möchtest, wenn du in Nähe Luxemburg lebst, müsstest du dir vorher nur einen Arzt in Luxemburg suchen für die Restschwangerschaft, damit du hier auch entbinden kannst. Namen und Adresse kann ich dir gerne per PN schicken, wenn es für dich in Frage kommen sollte.
Ich hatte in Luxemburg (CHEM Esch/Alzette) eine wunderschöne Geburt, es ist ein baby und stillfreundliches Krankenhaus, total liebe Hebammen und mein Arzt stand erst 10 Minuten nach der Geburt im Kreißsaal.
Ansonsten Hausgeburt ;-)

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Ich danke euch ganz herzlich für eure Antworten! Am liebsten wäre mir tatsächlich eine Hausgeburt, würde ich auch machen, wenn ich in Wien wäre. Das Problem hier ist nur, dass ich mich daheim sehr schlecht erholen kann, weil ja noch drei Kinder herumspringen (und ich mich kenn). Ohne Omas und richtig gute FreundInnen in der Gegend ist mir der Organisationsaufwand zu groß, muss ich zugeben.
Ich werde in Brüssel entbinden, und weil es das 4. Kind ist, kann ich nicht in ein weiter entferntes Spital fahren. Hebammen sind hier nicht so verbreitet. Ich habe aber gestern gehört, dass hier Physio-/Kinetherapeutinnen diese Rolle einnehmen und dich bei der Geburt unterstützen. Das werde ich wohl in Anspruch nehmen.

Ich bin an sich recht gut vernetzt hier, und alle haben mir von sehr technischen Geburten erzählt...
Ich werde vielleicht wirklich auch eine Liste schreiben, was ich will und was nicht, und die vorher im Krankenhaus deponieren. Dann hat mein Mann immer was zur Hand.
Danke!

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Ich kann dein Fracksausen (ich liebe dieses Wort) gut verstehen :-) Das hört sich wirklich nicht so richtig gut an.

Aber mal ehrlich: eine Sprossenwand und Matten sind bei einer Geburt wirklich entbehrlich, finde ich... Die Fußstützen allerdings finde ich auch sehr befremdlich.

Entbinden denn ALLE belgischen Frauen im KH? Oder gibt es dort auch Geburtshäuser oder vielleicht freiberufliche Hebammen? Immerhin ist es doch deine 4. Geburt und die letzten zwei verliefen absolut glimpflich... da würde sich doch das Risiko in überschaubaren Grenzen halten, oder?

Abgesehen davon glaube ich ernsthaft, dass diese ganzen dekorativen Gegenstände eine Geburt nur optisch im Vorfeld erleichtern. Das ist ungefähr so wie mit Duftöl für die Geburt: das hilft nur gedanklich. Wenn einen dann die Wehen überrollen wie ein Orkan, nützt auch ein Duftöl nix. Oder? UND: das ganze Schnickschnack Drumherum schrauben die Erwartungen an eine Geburt nur in meist unerfüllbare Höhen...

Ich würde mich vielleicht nochmal mit anderen Eltern unterhalten (Nachbarn, Mütter von anderen Kindern aus Kindergarten oder Schule, vielleicht auch eine Hebamme aus dem KH). Sicher gibt es doch auch welche, die Englisch sprechen und mit denen du dich besser verständigen kannst, oder?

LG
cori