Dauerpflegekind - Liebe weniger als zu leiblichem Kind?

Hallo ihr Lieben,

ich traue mich jetzt auch mal 😊.
Mein Mann und ich haben bereits eine wundervolle Tochter und überlegen, in ein paar Jahren ein Pflegekind auf Dauer aufzunehmen (ein weiteres leibliches Kind haben wir für uns ziemlich ausgeschlossen, da eine weitere Schwangerschaft für mich persönlich ein zu hohes Risiko bergen würde).

Für mich selbst war es sogar schon immer eine Art Herzenswunsch, ein Kind aufzunehmen (als ich selbst Kind war, habe ich immer gesagt: "ich möchte mal ein leibliches Kind und zwei adoptieren"), da ich im näheren Umfeld eine Familie kenne, die ebenfalls leibliche und angenommene Kinder hat - alle werden geliebt und sind eine riesengroße, glückliche Familie (so viel zu meinen Traumvorstellungen 😅).
Ihr merkt, für mich ist es keine Frage (auch beruflich bedingt mit pädagogischem und psychologischen Hintergrundwissen), dass ich ein Pflegekind ebenfalls sehr lieben könnte und ich habe auch kein Problem damit, den leiblichen Kinderwunsch zu verabschieden.

Mein Mann (ist ein "knallharter Realist" 😅) hinterfragt sich jedoch, wie es in Wirklichkeit mit der Liebe zu einem nicht-leiblichen Kind bei ihm/uns aussehen würde (natürlich zu Recht). Er liebt unsere Kleine über alles und hat Bedenken, dass er/wir diese Liebe einem anderen Kind gegenüber nie ebenso empfinden könnte und fände das diesem gegenüber nicht fair. Er möchte sich gerne auch noch mehr mit der Thematik auseinandersetzen und wie gesagt, sind bei uns sowieso noch ein paar Jährchen Zeit. Wir haben nun auch gelesen, dass die Hauptsache für Pflegekinder wäre, dass sie in einer intakten Familie aufwachsen können, unabhängig von "der tatsächlichen Liebe". Den Gedankengang finden wir aber um ehrlich zu sein doch sehr traurig, da das Kind ja direkt zu unserer Familie gehören würde.

Mich würde mal interessieren, wie das bei euch aussah, die schon Erfahrung haben (vorzugsweise mit leiblichem + adoptiertem/Pflegekind). Konntet ihr direkt Liebe empfinden? Vergleicht ihr diese bzw. wächst sie nach und nach ähnlich wie bei euren leiblichen Kindern?
Gehen wir (vor allem ich) zu naiv an die Sache heran?

Vielen Dank schonmal für ehrliche Antworten! :)

Bearbeitet von Lolalisa3
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Hallo,

wir haben zwei leibliche Söhne und 2 Dauerpflege-Töchter - ich merke keinen Unterschied in der Liebe und mein Mann auch nicht.

Die Große ist jetzt 8 Jahre bei uns, die Kleine über 3 - es sind meine absoluten Herzenskinder.

Wir sind auch Bereitschaftspflegefamilie, heute morgen meinte die Große zu unserem Besucherkind (3): Früher war ich auch Pflegekind, dann bin ich das Kind von Mama und Papa geworden. Ein schöneres Kompliment kann es nicht geben.

Natürlich hat sie auch leibliche Eltern, die leibliche Mama sieht sie regelmäßig und diese hat auch ihren Platz in ihrem Herzen. So soll und darf das sein :-).

Bei der Kleinen hat es direkt zugeschlagen: Sie kam mit 7 Monaten hier als Bereitschaftskind an, ich nahm sie aus der Babyschale (ein schreiendes und verzweifeltes Bündel Mensch in keinem guten Zustand) und es war um mich geschehen....

Die Große lernten wir mit 2 Jahren kennen, am zweiten Tag drehte sie sich nach mir um, schaute mich an und mein Herz wußte: Unser Kind.

Für uns geht Dauerpflege ohne Liebe nicht, unsere Kinder sind unsere Kinder, biologische Herkunft ist kein Hindernis

Und: Jeder, der sich für Dauerpflege interessiert, hat eine rosarote Brille auf. Gott-sei-Dank :-).
Man muss sich nur im klaren darüber sein, dass Liebe leider nicht alles heilt....

Liebe Grüße
Delenn

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Sehr schöne Antwort, vielen Dank für diese ermutigenden Worte und eure Erfahrungen ♥️!

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Hallo Lolalisa

Wir haben leider keine eigenen Kinder, aber wir haben ein Langzeit-Pflegekind seit fast 3,5 Jahren. Ich hatte auch immer Angst das ich dieses kleine Menschlein nicht so lieben könnte wie ein leibliches Kind. Ich muss aber sagen seit dem ersten Moment als wir die kleine kennen lernten waren mein Mann und ich sofort schock verliebt. Wir sind so glücklich mit der kleinen und lieben sie ohne Ende. Ich könnte mir ein Leben ohne sie nicht mehr vorstellen.

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Hallo ,

wir haben die von dir beschrieben Familiensituation.
K1 adoptiert und K2 leiblich .

Ich kann natürlich nicht für andere Familien sprechen und dir auch nicht die Garantie geben das ihr genauso empfinden werdet wie wir , aber ich kann dir sagen das wir beide Kinder gleich lieben.
Jedes der beiden mit seinen individuellen Macken, und seinen liebenswerten, positiven Charaktereigenschaften.
Wir sind für beide Mäuse unsagbar dankbar.

Es ist durchaus legitim ängstlich davor zu sein , ob man „ Liebe auf Knopfdruck „ empfinden kann bzw sich zu fragen ob man das muss.
Ich glaube nicht .
Das war auch damals Thema bei meinem Mann und mir , als wir uns noch im Bewerberprozess befanden.
Ihn plagten die Selben Ängste.
Er stellte sich die Frage „ was ist denn wenn ich keine Bindung zu dem Kind aufbauen kann , was mir da in den Arm gelegt wird“?
Die Sorge war in unserem Fall unbegründet, aber das kann man eben vorher nicht voraussagen .
Wir sahen unser Kind, brachen unmittelbar nach dem wir den Raum betraten in Tränen aus und es war um uns geschehen.
Die Regel ist das sicherlich nicht , das wurde uns auch von unserem JGA suggeriert.
Sie waren nämlich ganz überrascht wie emotional wir beim ersten Anblick reagiert haben.

Selbst Paare die gerade Eltern geworden sind , können unter Umständen Zeit brauchen um diese bedingungslose, tiefgründige Liebe für ihr Neugeborenes aufzubauen.
Auch das ist ein Blind Date , eben nur mit dem Wissen , das Kind stammt von mir ab .
Ich glaube das über diese Thematik eher selten gesprochen wird.
Viele Frauen leiden unter Babyblues nach der Geburt, reden aber nicht offen darüber.
Es gibt auch sicher einige frischgebackene Väter die erstmal einige Zeit brauchen um sich mit ihrem Kind zu beschnuppern.
Es wird nur nicht großartig thematisiert.
Frei nach dem Motto „ Es ist ja euer Kind, natürlich werdet ihr es lieben“ werden diese Emotionen quasi vorausgesetzt.

Ich finde es richtig und wichtig das ihr euch zu dem Thema Emotionale Bindung eure Gedanken macht .
Das ist jedoch nur ein kleiner Baustein von vielen den ihr bei der Aufnahme eines PK ausführlich durchsprechen müsst.
Falls du dich dahingehend weiter austauschen möchtest , schreib mir gerne per PN.

Liebe Grüße
Sonni

Bearbeitet von sonni0815
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Vielen lieben Dank für deine Erfahrung! 🥰
Ja, das stimmt - viele empfinden auch für die leiblichen Kinder nicht sofort diese umwerfende Liebe - das ist vielleicht ein guter Vergleich, den wir uns vor Augen führen können, sollte es uns so ergehen! 😊