Postnatale o. Erschöpfungsdepression, Familie und Ehemann ignorieren es

Ich muss einfach mal was loswerden. Die Geburt und die nachfolgende Zeit mit einem Schreibaby war / ist für mich sehr belastend. Ich weine viel, schwanke zwischen Gefühlsleere, Scham, Wut, Versagensgefühlen, Hoffnungslosigkeit, Traurigkeit, Selbstzweifel bis hin zu Gedanken, dass das Leben nicht mehr lebenswert ist und ich mich frage, ob ich bei der Geburt hätte sterben sollen, wenn es die Medizin nicht geben würde. Ich fühle mich als Versagerin wegen meinem Schreibaby und meinen depressiven Gefühlen, als hätte ich gar nichts mehr im Griff. Wenn ich gewisse Dinge wie die traumatische Geburt anspreche, dann heißt es sowohl von Familie als auch Ehemann: Was willst du denn jetzt? Es ist doch vorbei, gibt doch keinen Grund mehr darüber zu sprechen..... Aber für mich ist es nicht vorbei! Ich habe mich überwunden und meinen Mann mal alle Gefühle und auch die weniger schönen Gedanken gestanden. Er meinte : ja, da müssen wir was ändern. Und seitdem lebt er trotzdem sein Leben weiter, will mit Freunden weggehen und mich mit unseren Schreibaby alleine lassen und hat seitdem nicht einmal nach meinem Befinden gefragt und blockiert gleich, wenn ich versuche es anzusprechen. Das macht mich alles noch mehr fertig. Ich fühle mich so allein gelassen, dass ich jetzt hier Fremden mein Leid klage. Ich weiß ich muss zur Therapie, ich kümmere mich darum. Ich verstehe meine Familie/ meinen Mann nicht, warum sie so reagieren. Danke für das Lesen des Textes.

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Ich finde die Reaktion deines Mannes einfach nur traurig und nicht empathisch. Du bittest um Hilfe und sollst dich nicht so anstellen? Und dann soll sich was bessern wenn er dich weiterhin ständig alleine läßt mit den Problemen. Der hat sie doch nicht alle. Sorry wenn ich das jetzt so sagen muss. Dann soll er sich doch mal um alles kümmern wenn es so einfach zu sein scheint und deine Arbeit mit Schreibaby übernehmen. Dann soll er sich aber auch nicht so anstellen, geht doch alles ganz easy.
Mir tut es ehrlich leid für dich.
Ich hatte auch Depressionen nach der Geburt und weiß ein wenig wie sich das anfühlt, aber glücklicherweise hatte ich kein SChreibaby.

Ela

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Hast du schon mal aktiv um Hilfe gebeten?
In der Form, dass dir das Kind mal jemand abnimmt, damit du dich ausschlafen kannst?
Wer es selbst nicht merkt, der muss halt aktiv drauf hingewiesen werden.
Drück deinem Mann das Baby in den Arm und Leh dich hin oder triff dich mit ner Freundin

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das liegt vermutlich daran, dass es wirklcih vorbei ist und für aussenstehende die "aktuell" laufenden Dinge besser greifbar sind.
Ich hab heut noch einen Kloß im Hals, wenn ich dran denke, wie mir der Notkaiserschnitt und die ersteZeit ohne Baby im Arm zugesetzt hat (ist 14 Jahre her)

Dein Mann, okay. -- aber weiter aussen stehende können das oft wirklcih nicht so ernst nachvollziehen oder gar Postnatale Depressionen verstehen oder nachvollziehen.
Ein erster SChritt ist IMMER das HEUTE anzugehen und dir im kleinen JEDEN TAG helfen lassen. -- die älteren Sachen und des großen Gesamtzusammenhang arbeitet man tatsächlich am Besten mit einem Therapeuten auf, der das besser einordnen kann. Für heute ist erst einmal absout wichtig, dass du versuchst, nicht im vergangenen hängen zu bleiben sondern immer das HEUTE anzugehen. - Der Rest puzzelt sich dann hin. -- Aussenstehende können so komplexe Vorgänge oft nicht verstehen und du vielleicht auch nciht richtig erklären. Das gibt oft Missverständnisse.

Schau, was Dir heute Abend gut tut und bitte Mann oder jmd. anders um Hilfe. -- selbes gilt für jeden nächsten ersten Tag. Auch wenn es anstrengend ist, raffe Dich auf und suche Dir jeden Tag ein paar Dinge, die DIR GUT TUN und setz dich durch! -- vielleicht gibts ja bald auch mal eine Flasche: dann geh aus - oder in eine Therme, mach Sport oder Triff Dich mit Freunden. -- oder geh zum Friseur - oder alleine mal eine neue passende Hose kaufen oder alleine ohne Maxi Cosi nebendran im Garten ein paar bunte Blumen pflanzen -- etc.... -- auch sonst nach der Mahlzeit: bezieh Deinen Mann mehr ein und gib ihm öfter das Scheibaby, auch nachts in die Hand und lass ihn mal machen damit du eine kurze Zeit die Ohren auslüften kannst. --- ab der Hälfte der Nacht ist einer von uns immer ins Wohnzimmer mit Baby ausgezogen, damit der andere wenigstens noch ein paar Stunden alleine etwas Schlaf aufholen konnte.... -- so Dinge. -- gib mehr ab und versuche Dinge zu finden, die dir Kraft geben: hobby, sport, kleine dinge in der Wohnung oder bewusst mit einer Tasse Kaffe raus auf einen Stein sitzen ...... Muss nix großes sein. Nur OFT.

Bearbeitet von tr357
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Es tut mir sehr Leid zu lesen, dass es dir aktuell so schlecht geht und ich drücke dich fest aus der Ferne.

Deine Gefühle haben ihre Berechtigung. Lass dir das nicht von irgendwem absprechen. Die haben nicht 1:1 das mitgemacht, was du erlebt hast und was du nun zu verarbeiten hast.
Nichtsdestotrotz ist das nichts, was du dauerhaft erdulden müssen solltest.

Es gibt eine Eltern-Hotline: https://www.nummergegenkummer.de/elternberatung/elterntelefon/
Das wäre vielleicht eine kleine "Notfallnummer" (leider nicht 24/7 besetzt), um sich mit jemand Unbeteiligtem, persönlich auszutauschen.

Ansonsten klingt das, was du beschreibst, wie eine ausgewachsene postnatale Depression. Das ist ein eigenständiges Krankheitsbild und es ist toll, dass du die Kraft gefunden hast, dich hier um Therapie zu kümmern.
Jetzt weiß ich natürlich nicht genau, was du bereits konkret unternommen hast. Je nach Schweregrad kann überbrückend - neben Psychotherapie - die Konsultation eines Psychiaters hilfreich sein. Antidepressiva sind hier gelegentlich indiziert, brauchen aber knapp zwei Wochen, bis sich ein relevanter Effekt einstellt (also zeitnah um einen Termin kümmern).

Ich wünsche dir sehr, dass sich dir bald der Silberstreif am Horizont zeigt (er ist da! es kann nur sein, dass du ihn gerade nicht siehst).
Ich habe ein liebes Familienmitglied an postnatale Depressionen verloren und wünsche das niemandem..


Gestatte mir noch einen kleinen Gedanken zum Schluss:
Deine Familie und dein Ehemann taugen hier offenbar gerade leider nicht viel.
Familien haben oftmals Probleme sich in die betroffene Person hineinzuversetzen und sind natürlich nicht neutral. Die freuen sich vielleicht erst mal übers Enkelkind/Neffe/was auch immer und können sich vielleicht gar nicht vorstellen, dass es dir nicht gut geht.
Ich würde bei der Familie noch einen Versuch wagen, ihnen konkret zu sagen, was du brauchst und was du erwartest. Ansonsten würde ich mich zurückziehen und erst mal keine Kraft an die verschwenden.
Bei deinem Mann: Bitte überleg dir konkret, wie er dir helfen kann, und sage ihm das so (falls noch nicht geschehen). Das kann nicht nur dein Problem sein, sondern es ist euer Problem, welches ihr gemeinsam schultern solltest

Alles Liebe für dich!.

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Du darfst nicht unterschätzen, wie schwer nachvollziehbar das für manche Leute ist. Mir ging es beim ersten Kind auch psychisch sehr schlecht, und die Großmutter meines Mannes meinte damals sinngemäß: "Heutzutage darf man es ja wenigstens sagen, das wäre früher nicht gegangen." Viele haben sich eben so durchgewurschtelt, und viele haben es auch nie erlebt und fragen sich dann, was du für ein Theater machst - du hast doch ein süßes Baby, was gibt es da zu Heulen? Aber wer es nicht erlebt hat, kann es nur schwer nachvollziehen, und je nach Empathie-Level wird es dann herausfordernd...

Die Geburt würde ich aufarbeiten. Ich habe lange dafür gebraucht, mir den Bericht geholt, mit der Ärztin in der Klinik alles besprochen, mit meiner Hebamme, meinem (ebenfalls sehr davon mitgenommenen) Ehemann. Immer wieder. Bis es besser wurde. Es gibt nichts Schlimmeres als zu schweigen und alles in sich reinzufressen. Das ist Gift für deine Seele.

Bei der Familie würde ich einfach konkrete Wünsche äußern. Das ist für viele auch einfacher als so ein diffuses "Mir geht es schlecht". Viele wissen nicht, wie sie sich dann verhalten sollen, mit klaren Ansagen kommst du weiter. Lass die anderen mal aufpassen, unternimm was mit Freundinnen, gönn dir Wellness, was auch immer dir gut tut.

Und was deinen Mann betrifft: Wenn er so abblockt, könnte es auch sein, dass er die traumatische Geburt selber nicht verarbeitet hat. Mein Mann war danach völlig fertig, so hatte ich ihn selber auch noch nie gesehen. Bei ihm ging es relativ schnell vorbei, aber es kann durchaus sein, dass dein Mann es nicht so gut wegsteckt und deshalb nicht darüber sprechen will.

Auf jeden Fall solltest du die Hebamme ins Boot holen, unbedingt. Dafür ist sie da. Meine hat meine Versuche, alles kleinzureden, konsequent ignoriert und ging mir auf den Keks, bis ich gemerkt habe, wie gut reden ist. Deshalb: Unbedingt mit ihr sprechen!

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Hallo, mir sind drei Dinge in den Sinn gekommen, die helfen könnten:
1) Du könntest dich ans Spital wenden, in dem du geboren hast, und darum bitten, die Geburt mit dir durchzugehen, damit du das Erlebnis aufarbeiten kannst.
2) Es gibt glaub‘s neu ein Medikament gegen postnatale Depression, aber ich weiss nicht, ob dieses in Deutschland schon zugelassen ist.
3) Beim Stichwort Schreibaby kommt mir immer ein Bericht in den Sinn, in welchem die Osteopathie der Schlüssel dazu war, dass das Kind nicht mehr so oft geschrien hat. Es lag daran, dass sich das Baby bei der schwierigen Geburt etwas verklemmt hatte, was Schmerzen verursacht hat, und durch die Osteopathie behoben werden konnte.

Ich wünsche dir gute Besserung!