Alkoholkranker Vater, seit Jahren kein Kontakt

Hallo

Meine Situation ist sehr schwierig und ich hoffe auf Ratschläge. Wie in der Überschrift steht geht es um meinen alkoholkranken Vater. Meine Eltern sind seit meinem 9. Lebensjahr getrennt. Mein Vater war schon als ich klein war oft besoffen. Meine Mutter hielt es irgendwann nicht mehr aus und zog mit mir aus.

Er ist sie auch körperlich angegangen.
Ich hatte sehr oft Angst vor ihm, was mich psychisch als Kind stark belastete. Nach der Trennung ging es mir wesentlich besser. Mein Vater stürzte immer weiter ab. Er verlor das Haus, welches er von seinem Vater übernommen hatte, hatte viele Schulden und musste dafür sogar eine Gefängnisstrafe absitzen. Auch hatte er unter Alkoholeinfluss einen schweren Verkehrsunfall.

Nachdem er das Haus verloren hatte, kam er in ein betreutes Wohnen für Suchtkranke. Dort lebte er auch 1-2 Jahre und war trocken.
Er fing dann aber wieder an zu trinken und musste diese Unterkunft verlassen.

Mittlerweile lebt er in einer Sozialwohnung in einem eher runtergekommenem Stadtteil in der Nähe von mir. Das letzte Mal habe ich ihn vor 9 Jahren gesehen.
Vor 5 Jahren habe ich einen Brief vom Sozialamt erhalten, dass ich unterhaltspflichtig ihm gegenüber bin.

Das konnte ich aber mithilfe eines Anwalts abschmettern, auch weil er viele schlimme Dinge unter Alkoholeinfluss während unseres Zusammenlebens getan hat.

Mittlerweile bin ich selbst verheiratet und habe 2 Kinder, die er nie kennengelernt hat.
Mein Problem ist, dass ich seit Jahren damit hadere ein Elternteil zu haben, zu dem kein Kontakt besteht. Meine Kindheit habe ich aufgearbeitet, aber jedes Jahr zur Weihnachtszeit überkommt es mich..
Soll ich ihm schreiben? Soll ich ihn einladen? Können wir es nochmal versuchen?

Mir ist bewusst, dass wir nie ein sehr gutes Verhältnis haben werden. Aber ich denke oft daran, dass auch sein Leben endlich ist. Er hat alles verloren im Leben, hat keinen Kontakt zu seinen Geschwistern und seine Mutter und sein Vater sind bereits tot.

Ich bin das einzige Kind von ihm.

Ich bin unsicher was ich machen soll. Auf der einen Seite habe ich schreckliches Mitleid. Ich frage mich, ob er auch manchmal an mich denkt. Auf der anderen Seite denke ich, dass er mich auch mal kontaktieren könnte, wenn ihm etwas an mir liegt. Aber ich weiß auch nicht, ob vielleicht etwas Schamgefühl dabei ist.

Und die nächste Frage ist, ob man so jemanden, der so weit abgerutscht ist, seinen Kindern vorstellen will...

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Ich werde nur deine letzte Frage beantworten: Nein, ich denke so jemanden muss man nicht in das Leben seiner Kinder lassen. Wozu?
Ich an deiner Stelle würde keine schlafenden Hunde wecken und wäre froh, dass er weder Kontakt sucht, noch von den Enkeln weiß.
Er hat deine Kindheit mit Füßen getreten, vermutlich wird er das bei deinen Kinder nicht anders machen.

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Ihm war das Saufen wichtiger als seine Familie und alles andere. Daher würde ich keinen Kontakt suchen.
Falls er trocken ist und es auch durchzieht und ernst meint, sehe ich es als seine Aufgabe wieder Kontakt zu suchen.

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Dir ist aber schon klar, dass Alkoholsucht eine schwere Erkrankung ist? Dass man sich als Angehörige aus Selbstschutz distanziert, ist gut. Aber es macht es für niemand leichter, wenn man es moralisch formuliert. Ein so erkrankter Mensch war nicht in der Lage, ein guter Vater zu sein und ist es vielleicht auch heute nicht.

Liebe TE, ich glaube wenn es dich so beschäftigt, würde ich Kontakt aufnehmen. Deine Kinder würde ich aber erstmal draußen lassen. Das ist erstmal dein Bedürfnis, nicht ihres. Sollte er trocken und stabil sein, kannst du sie ihm vorstellen. Sonst ist es besser sie davor zu schützen. Der Besuch einer Angehörigen Gruppe ist eine sehr gute Idee!!

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Hey!

"Und die nächste Frage ist, ob man so jemanden, der so weit abgerutscht ist, seinen Kindern vorstellen will..." lieber Himmel, nein. Nach Jahrzehnten der Sucht ist er kein "normaler Mensch" mehr. Vermutlich wird es sie völlig überfordern.

Du hast ihn auch seit 9 Jahren nicht mehr gesehen. Er wird nicht mehr derjenige sein, den du vor 9 Jahren gesehen hast. Der Alkohol verändert Menschen.
Ich weiß nicht, ob es sinnvoll wäre, ihn zu treffen, um mit ihm abzuschließen, oder ob dir eine Therapie ohne Kontakt zu ihm mehr helfen würde. Ich habe das Gefühl, dass du gerne eine normale Beziehung zu ihm hättest- das wird aber nicht möglich sein. Der alkoholkranke Mann wird nicht ein Vater sein wie ein gesunder es sein kann.
Es hat schon seinen Grund, wieso er keinen Kontakt zu dir aufnimmt. Aus unserer gesunden Perspektive könnten wir glauben, es wäre aus Scham. Vermutlich kreisen seine Gedanken nur noch um Alkohol und alles weitere ist von seinem Schirm verschwunden. So bitter es ist.

Liebe Grüße
Schoko

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Du schreibst:

"Vermutlich kreisen seine Gedanken nur noch um Alkohol und alles weitere ist von seinem Schirm verschwunden."

Da muss ich aus meiner eigenen Erfahrung widersprechen. Mit deiner Interpretation und verengten Perspektive machst du es dir nach meiner Meinung zu einfach.

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Er konnte seine Sucht nie überwinden, natürlich ist das bemitleidenswert. Aber es ist nicht (!) deine Schuld!

Du bist ihm auch nichts schuldig und dass er alles verloren hat, ist schlicht seine eigene Verantwortung!

Ich würde ihn definitiv nicht mehr in mein Leben lassen. Du würdest nur alte Wunden aufreißen, vermutlich doch irgendwelche Hoffnungen und unrealistischen Erwartungen haben und deinen Kindern irgendwann einen neuen Verlust und einige Enttäuschungen zumuten.

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Ich bin da etwas anderer Meinung, denn wie Du schon schreibst, ist Dein Vater auch nicht unsterblich.

Nimm doch Kontakt auf. Vll. Freut er sich ja, Vll. Hat er auch aufgehört zu trinken, egal. Es ist Dein Papa. Vll. Ergibt sich ja was richtig gutes.

Alles Liebe

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Nein, würde ich nicht machen. Auf gar keinen Fall!

Mitleid darfst du mit ihm haben. Natürlich ist er eine "arme Wurst", aber lass dir gesagt sein, dass einem Suchtkranken allein die Sucht wichtig ist. Es wird nie um dich oder deine Kinder gehen, sondern um Alkohol.
Jemand schrieb es schon: Es ist nicht deine Schuld!

Dein Vater hat es nicht geschafft, mit dem Trinken aufzuhören. Er hätte den Kontakt halten und suchen können, wäre es ihm wichtig gewesen.ich lese richtig, dass er auch gewalttätig war? Wieso denkst du, dass das jetzt anders sein könnte?

Ich habe aus ganz anderen Gründen keinen Kontakt mehr zu meinen Eltern. Sucht spielt dabei keine Rolle. Ich habe ein paar wenige Male Anlauf genommen, die Funkstille zu beenden, weil ich dachte, das kann doch so nicht sein! Wir sind doch Familie und bla. Ergebnis: Vergiss Bullerbü! Kontaktabbrüche haben wohl einen Sinn bzw. einen erklärbaren Grund. Wenn nur eine Seite was ändern will, ändert sich gar nix. Wenn Alkohol oder Drogen im Spiel sind schon mal überhaupt nicht.

Ich bin sehr sicher, dass du ihm deine Kinder NICHT vorstellen willst und das den Kindern viel erspart bleibt, wenn du das lässt.

LG

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Hallo Anonym,

Du musstest vor vielen Jahren den Kontakt zu deinem alkoholkranken Vater abbrechen, weil du dich und deine Kinder schützen wolltest. Trotzdem hast du aber Mitleid mit ihm und seinem Schicksal und bist unsicher, ob du wieder Kontakt mit ihm aufnehmen solltest.

Die Frage nach einer Kontaktaufnahme in dieser schweren familiären Situation kannst nur du dir selbst beantworten. Ratschläge werden dir in deinem Dilemma wohl kaum weiter helfen.
Mein Gespür sagt mir, dein Vater wird wahrscheinlich von sich aus kaum den Kontakt mit dir suchen, weil er sich viel zu sehr für sein ganzes Leben schämen wird. Lieber dürfte er zugrunde gehen, auch wenn er dich noch so gerne sehen wollte und seine Enkel kennenlernen wollte.

Vielleicht könnte dir bei der Bewältigung deines Traumas der Besuch von Angehörigen-Gruppen von Alkoholikern helfen, entweder bei Al-Anon oder in einem sog. "offenen" AA-Meeting (hier treffen sich Alkoholiker und Angehörige zusammen). Diese Meetings findest du auch als Zoommeetings auf den Homepages von AA und Al-Anon.

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Vielen Dank für deine nette Antwort!
Ich wusste gar nicht, dass es solche Gruppen für Angehörige gibt. Da werde ich sicher mal vorbei schauen.

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Hey,

Ich kann deine Gedanken komplett nachvollziehen. Ich habe sie selbst hin und wieder. Habe seit 18 Jahren keinen Kontakt mehr zu meinem Vater. Auch wenn ich ihn nicht mehr in mein Leben lassen möchte, kommen mir ab und zu die Gedanken, was wäre wenn...

Trotzdem: es ist zu viel vorgefallen und obwohl ich mich mittlerweile von alldem befreit habe, weiß ich, dass es mir nach einer Kontaktaufnahme nicht besser gehen würde. Im Gegenteil, ich glaube, ich müsste wieder viel aufarbeiten.

Ich würde es sein lassen, auch deiner Kinder wegen.

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Lass es sein, er wird sich nicht ändern. Zumindest nicht dauerhaft.
Meiner ist genauso. Es gab mal kurzzeitig Kontakt den ich herstellte, als meine Maus 1 Jahr alt war. Erst war alles interessant, seine Enkeltochter usw aber dann verlor er das Interesse ,meldete sich nie aber Schuld waren immer die anderen. Das Weihnachtsgeschenk vom letzten Jahr bekam mein Kind mehr oder weniger zu Ostern, da waren wir ja auch Schuld dran... Naja wir haben in den 3 Monaten mindestens 8 Daten angefragt bzw eingeladen zu Kaffee und Kuchen. 2 Tage vorher kam immer erst eine Reaktion, dass sie keine Zeit hätten... Ständig ist er aggressiv und das war auch der Grund weshalb ich den nicht auf meine Hochzeit eingeladen habe. Er wollte daraufhin nichts mehr mit mir zu tun haben..war mir sowas von Recht