Jungs: Selbständigkeit und Verantwortungsbewusstsein

Wenn ich hier Beiträge von Frauen lese, die sich über ihre offensichtlich nicht erwachsen agierenden Männer beschweren, frage ich mich ob da die Ursache nicht zumindest anteilig in der Erziehung liegt, Stichworte: Verwöhnen, Helikoptern, alles abnehmen, unselbständig halten durch Überbehütung...
Mein Sohn wird bald 20 und ich hoffe wirklich, dass er gelernt hat, Verantwortung zu übernehmen und nicht , sobald er mit seiner Partnerin Kinder bekommt, auch wieder zum Kind mutiert, dem die Frau dann das Essen kocht und die Wäsche wäscht.
Ebenso frage ich mich warum Männer heute immer noch davon ausgehen dass Kinder groß ziehen, hauptsächlich die Mutter machen sollte.
Ist das einfach Faulheit, Bequemlichkeit, sich nicht aus der Komfortzone bewegen wollen?
Und woran liegt das, dass Männer dieses Verhalten zeigen , Frauen aber selbstverständlich alle notwendigen Aufgaben übernehmen?
Wenn mein Sohn mal solche Verhaltensweisen zeigen sollte, würde ich mich fragen was ich als Mutter falsch gemacht habe.
Macht ihr euch da auch Gedanken und wie erzieht ihr eure Söhne zu Männern die später auch bereit sind ihren Mann zu stehen im Bezug auf Partnerschaft und Familie?
Was lebt ihr vor bzw was zeigt der Vater für ein Verhalten, was Auswirkungen auf die Söhne hat?

Bearbeitet von Simse
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Prägung. Das süße Mädchen im Rock und der starke Junge auf dem Traktor. Schau dich doch mal in den Kinderzimmern um, wie viele Jungs rosa Wände haben und wie viele Mädels blaue.

Meine Schwiegermutter war Hausfrau, die Omas meines Mannes ebenso.

Bei mir haben beide Eltern Vollzeit gearbeitet, meine Mutter war Anwältin, mein Vater hatte "nur" einen Ausbildungsberuf, die Karriere lag also mehr bei meiner Mutter und mein Vater hat 99% des Haushaltes gemacht, später in Teilzeit (80%) gearbeitet und sich alle Nachmittage um uns gekümmert. Meine Großeltern haben ebenfalls immer beide gearbeitet.

Ich war komplett irritiert, als ich die Familie meines Mannes kennenlernte. Ich für mich war es absolut klar, dass Frauen Karriere machen und Männer eben den Rücken freihalten.
Für meinen Mann war es komplett merkwürdig, dass er nicht die nächsten 30 Jahre ne Frau "durchfüttern" muss und nicht nur eine Bindung zu seinen Kindern aufbauen darf, sondern eben auch ganz klar Verantwortung übernehmen muss. Nicht so wie sein Vater, der passend zum Abendbrot da war und man gemeinsam die Matheaufgaben gemacht hat, er aber nie eine Vertrauensperson gewesen wäre, zu der man mit Liebeskummer oder Kleinigkeiten gekommen wäre.

Wir machen alles sehr 50/50 mit Haushalt und Kinderbetreuung. Mein Mann sagt, dass er total froh ist mich kennengelernt zu haben - hätte er eine Frau kennengelernt, die wie er aufgewachsen ist, wäre er im Leben nicht auf die Idee gekommen, dass seine Frau auch arbeiten gehen könnte oder er was im Haushalt machen könnte. Einfach, weil er da nie drüber nachgedacht hatte. Weil ihm eigentlich auch vermittelt wurde, dass er als Mann über solche Vereinbarkeitsthemen gar nicht nachdenken muss.

Menschen sind nicht so schlau, als dass sie selbst gesellschaftliche Konventionen entwerfen. Man macht zu großen Teilen das an Kultur und Tradition, was man kennt.

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Ich denke besonders ausschlaggebend ist, welche Vorbilder dein Sohn bezüglich Partnerschaft und Vaterschaft erlebt hat. Ist er mit zwei Eltern aufgewachsen? Wie war die Rollenverteilung? Letztendlich erlebt man eben das, was man von klein auf mitbekommt, als "normal". Und da braucht es dann einen besonderen Anlass, diese Normalität zu hinterfragen und im eigenen Leben bewusst anders zu machen. Selbst wenn man sich dies vornimmt, weiß man ja noch immer nicht, wie diese andere Vorgehensweise dann im Alltag funktioniert und fällt vielleicht aus Versehen doch in gewohnte Muster und Denkweisen zurück. Veränderung bedeutet Hinterfragen und aktiv werden, das kostet Energie.

Ich bemühe mich im Alltag darum, meinen Kindern meine eigenen Werte vorzuleben und dadurch mit gutem Vorbild voranzugehen. Das bedeutet unter anderem, in der Partnerschaft Aufgaben gleichberechtigt zu verteilen und die Bedürfnisse aller Familienmitglieder zu berücksichtigen.

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Danke, das ist so wichtig.

Wie wir schief angesehen werden, weil unsere Jungs (4 und 6) fast schon allein backen können, die Spülmaschine auch mal ausräumen, den Tisch decken, mithelfen ihre Wäsche in die Waschmaschine zu stopfen.

Es sind alles noch keine festen Aufgaben, aber wenn sie dabei sind, machen sie eben mit.

Ich wüsste nicht, warum nicht alle im Haushalt anpacken sollten. Mein Mann trägt genauso seinen Teil bei. Und die Jungs je nach Alter und Fertigkeit, machen sie sowohl bei den "Frauenaufgaben" als auch bei den "Männeraufgaben". Wobei Holz hacken mach ich lieber als mein Mann... Und mein Mann macht viel die Wäsche.

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Wir leben genau das vor: Mein Mann und ich sind beide in Elternzeit und arbeiten beide in Teilzeit. Wir haben die gleiche Verantwortung, übernehmen alle Aufgaben im Haushalt, treffen große Entscheidungen gemeinsam, kleine Entscheidungen eigenständig. Wir begegnen einander auf Augenhöhe ...

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Das ist nicht nur das Ergebnis der Erziehung, sondern das ist auch das Ergebnis vom Verhalten der Frau.

Mein Mann wurde von seiner Mutter sehr selbstständig erzogen. Er ist also in der Lage auch alleine zu überleben. Als ich vor 12 Jahren mit Ihm zusammen gekommen bin, habe ich das im Grunde so weiter geführt bzw bin ich einfach vom Charakter her genauso. Ich bin als nicht zu seiner Putzfrau, Haushälterin oder Köchin geworden.
Das machen viele Frauen eben anders.

Zum Beispiel: Bei uns im Bekanntenkreis gibt es Frauen, die Morgens extra früher aufstehen, damit Sie Ihrem Mann die Brote machen können (keine Kinder vorhanden).
Das löst bei mir völliges Unverständnis aus und würde ich niemals in meinem Leben tun.

Man kann also nicht immer alles auf andere schieben, sondern an vielen Fehlverhalten sind die Frauen dran beteiligt, indem jahrelang vieles/alles abgenommen wird. Aus welchen Gründen auch immer.
Wenn man dann als Frau merkt, dass man ausgelaugt ist, wird sich darüber beschwert, dass der Mann nichts oder sehr wenig macht. Also dann, wenn es eigentlich schon zu spät ist 🤷🏽‍♀️

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Da muss ich dir ein wenig widersprechen. Frauen verhalten sich ja nicht „einfach so“ wie ein pamperndes Hausmütterchen. Klar, es mag die Ausnahmen geben: Frauen, die, obwohl sie überhaupt nicht entsprechend sozialisiert wurden, sich aus vollkommen freien Stücken für Mann und Haushalt aufopfern. In den meisten Fällen liegt es aber wohl eher daran, dass die Frau es eben genauso vorgelebt bekommen und gelernt hat. Eine gute Ehefrau „muss“ ihrem Mann den A… hinterhertragen, sonst hat sie als Frau versagt. Klar, könnte man diesen Teufelskreis unterbrechen, aber in vielen Fällen ist das gar nicht so einfach. Schließlich wurde das Gehirn jahrelang (Kollektiv gesehen jahrhundertelang) mit der entsprechenden Message gefüttert. Es ist ungerecht, damit pauschal eine Individualverantwortung zu verbinden und den betroffenen Frauen im schlimmsten Fall noch zusätzlich ein schlechtes Gewissen zu machen. Man sieht doch daran, dass alleine in deinem Bekanntenkreis nicht nur eine sondern mehrere Frauen unzufrieden oder ausgelaugt sind, dass der Fehler vor allem im System liegen muss und nicht einfach mit einem „selbst schuld“ zu erklären ist.

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Das heißt ja ,dass du auch als Erwachsene dich nur so verhalten kannst, wie du es vorgelebt bekommen hast und nichts in Frage stellst.

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Ich sehe es etwas anders. Ich glaube nicht, dass es nur an der Erziehung und Vorbildfunktion liegt. In wieviel Familien haben sich die Kinder ganz anders entwickelt als ihre Eltern. Mit 20 sieht man vieles anders als wie mit 30. Es ist auch ein Reifeprozess und Charaktersache. Jeder sortiert doch für sich als Erwachsener was er von seinem Elternhaus übernehmen möchte und was nicht. Und zuletzt kommt es auf die Partnerwahl an und es liegt dann an dem Paar wie sie sich ihr Familienleben vorstellen.
Und ich denke ein Sohn wird sich später doch mehr an die Vorstellung seiner Frau anpassen als an die seiner Mutter.

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Mein Sohn muss alles an Aufgaben übernehmen die auch sein ältere Schwester übernimmt (ihre eigenen Bäder putzen, ihre Wäsche sortieren etc). Da machen wir keinen Unterschied, wir wollen, das sie später auch ohne Partner "überleben". Sie lernen Respekt vor anderen, Verständnis, aber auch das sie ihren eigen Weg gehen können, unabhängig welche Meinung gerade Mainstream ist. Man(n) muss nichts, Frau aber auch nicht.

Aber, was sie später mit ihrem Partner machen, wie sie Aufgaben verteilen und wer für was verantwortlich ist, ist deren Sache, ebenso wie es nur meinen Mann und mich angeht, was wir machen.
Wenn sie eine klassische Rollenverteilung wollen, ok. Wenn sie alles 50/ 50 teilen - super. Wenn der männliche Part zu Hause sein will, während die Frau Karriere macht- dann los. Es geht einfach niemanden etwas an. Gleich erzogen werden alle vier Kinder, was sie daraus machen, ist ihre Sache. Ihre Partnerschaften sollen erfüllend und glücklich sein, wie auch immer das aussehen mag.

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Aus meiner Sicht ist es nicht nur die Erziehung der Mutter, sondern auch die Frau, die das mitmacht und ihn in seiner Erziehung bestärkt.

Ich bin so aufgewachsen, dass meine Eltern beide arbeiten gegangen sind. Beide haben sich recht gleichmässig um den Haushalt gekümmert. Klar mein Papa ist handwerklich begabter, daher hat er hier mehr gemacht. Es war aber nie so, dass meine Mutter nicht auch mit Holz gesägt hat oder mein Papa nicht auch die Wäsche gemacht hat. Also ziemlich gleichmässig verteilt. Ich habe als Jugendliche den Haushalt gehasst. Ich habe mich davor immer gedrückt in dem ich mich um Garten und Co. gekümmert habe.

Als ich dann meinen heutigen Ex-Mann kennengelernt habe (ich war 15 Jahre), war er es gewohnt, dass der Haushalt nur von der Mama gemacht wird und alles rund ums Gründstück vom Papa. Dementsprechend - wenn ich da war, sollte ich auch mit im Haushalt helfen während die Männer draussen gearbeitet haben. Bei dieser Rollenverteilung habe ich sehr schnell nicht mit gemacht. Die Männer hatten Spass im Wald beim Baumfällen und ich sollte im Haushalt helfen. Nicht mit mir. Meine Schwägerin (die Freundin des Bruders), war ähnlich wie ich aufgewachsen und hat damit ins selben Horn geblasen. Nach 2-3 Jahren haben wir die Dynamik in diesem Haushalt völlig verändert. Noch heute 25 Jahre später - wenn ich mal wieder dort bin um die Kids abzuholen. Der Opa kocht Essen, die Oma rennt im Garten rum. Im Wald arbeiten beide. Um die Tiere kümmern sich beide. Um den Haushalt kümmern sich beide. Sie haben damals durch uns Mädels ein anderes Rollenbild kennengelernt und das dankbar übernommen.

Meine Kinder leben heute hauptsächlich bei meinem Ex-Mann. Er hat sehr frühzeitig die klassische "Mutter-Rolle" übernommen, während ich beruflich unterwegs war und das obwohl er die ersten 17 Jahre seines Lebens in einer sehr klassischen Rollenverteilung aufgewachsen ist.

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... Würde ich mich fragen was ich als Mutter falsch gemacht habe...

Vielleicht ist es ein erster Schritt, dass sich Mütter zukünftig öfter fragen, was "wir als Eltern falsch gemacht haben"