Das tieferliegende Bedürfnis hinter dem Kinderwunsch

Ein Hallo in die Runde,

Ich weiß überhaupt nicht, ob die Frage in dieses Unterforum passt. Aber ich stelle sie, da ich hier anonym schreiben kann. Bitte verschieben, wenn unpassend.

Ich bin heute in nachdenklicher Stimmung, vielleicht weil ich heute meinen ersten Gesprächstermin bei einer neuen Psychotherapeutin hatte. Die Therapie wurde mir nach der stillen Geburt unserer Tochter (Dez. 2021) empfohlen. Zwei Therapeuten hab ich schon "hinter mir". Bei dem ersten stimmte die Chemie einfach nicht. Die zweite Therapeutin hatte leider auf lange Sicht keine freien Termine.

Bei den drei verschiedenen Erstgesprächen ist mir aufgefallen, dass ich jedes Mal das Gefühl habe, eine bestimmte Kernfrage beantworten zu müssen: Was ist das tieferliegende Bedürfnis hinter dem (erneuten) Kinderwunsch, also dem Kinderwunsch nach der stillen Geburt? Die Therapeutin heute erklärte die Beantwortung dieser Frage sogar zum Therapieziel (ähnliches beim ersten Therapeuten).

Ich bin jedes Mal ziemlich verwirrt über die Frage, denn für mich war und ist der Wunsch nach einem weiteren Kind (ich habe bereits einen Sohn) nichts mysteriöses. Ich bin in einer Gruppe für Sterneneltern und dort erleben viele Paare (manchmal auch nur einer der Partner) einen starken, erneuten Kinderwunsch. Manche haben deshalb Schuldgefühle ihrem Sternenkind gegenüber. Aber ich habe noch nie mitbekommen, dass der erneute Kinderwunsch größter Bestandteil einer Psychotherapie war (außer im Falle der positiven Bewältigung einer erneuten Schwangerschaft).

Da ich leider schon einige Fehlgeburten verkraften musste und schon älter bin, sieht es momentan nicht danach aus, dass sich mein Kinderwunsch noch erfüllen wird. Versuchen die Therapeuten mich darauf vorzubereiten? Mir den Kinderwunsch "auszureden" aufgrund meines Alters (40)? Ich möchte eigentlich nicht, dass das Kompensieren/Umlenken des Kinderwunsches Hauptthema der Therapie wird. Ich dachte eigentlich, dass es um die Bewältigung des Schmerzes/der Trauer geht. Ich weiß ja, dass eine Therapie herausfordernd ist und schmerzvoll sein kann. Aber ich bin wirklich verwundert, dass es immer wieder in diese Richtung geht. Ich komme mir jedesmal vor, als müsste ich mich für den Kinderwunsch rechtfertigen...
Habt ihr in einer Therapie mal ähnliches erlebt?

LG, anomalie13

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Meine Liebe, es tut mir leid, was euch widerfahren ist. Der Verlust muss noch sehr schmerzen.

Ich kann zum Glück nicht aus Erfahrung sprechen, aber mir würden spontan zwei Dinge dazu einfallen:

Zum einen: Der Therapeut arbeitet ja mit den Informationen, die du ihm jeweils gibst. Wie formulierst du denn dein Anliegen? Also kann es sein, dass du sie zum Beispiel unbeabsichtigt auf eine falsche Fährte schickst?

Zum anderen: Das Therapieziel könnt ihr ja nur gemeinsam festlegen, denn es muss für dich stimmen. Wenn es nicht stimmt: sprichst du das klar an? Sonst wäre der Weg ja der falsche für dich.

Ich finde es nicht so komisch, einen Kinderwunsch zu haben. Das muss ja gar nicht an dem Verlust gekoppelt sein.
Es wäre aber sicher für ein kleines Menschlein nicht gut, als „Ersatz“ geboren zu werden. Ist das vielleicht die Befürchtung, die die Therapeuten haben könnten?

Mit 40 ist man übrigens nicht automatisch hoffnungslos im Kinderwunsch, ich kann mir nur vorstellen, dass ein Therapeut die mögliche zusätzliche emotionale Belastung eines längeren Kinderwunschweges sieht und das begleiten will.

Also so, dass du nicht ganz in die Knie gehst oder auf das gewünschte Kind etwas projizierst das es nicht leisten kann.

Aber generell würde ich sagen, sprich es deinem Therapeuten gegenüber klar und deutlich aus. Dass du keine Hilfe zum Beilegen des Kinderwunsches suchst, sondern die Trauer bewältigen möchtest.

Mir hat mal in einem anderen Setting jemand kluges, kein Therapeut, gesagt, es gibt keine Vorschrift, wie man zu trauern hat. Man muss das Leben nicht dafür pausieren, wenn man das nicht will.

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Hallo Du Liebe,

Auch mir tut leid, was dir passiert ist!

Ich habe einige Fehlgeburten hinter mir und stand irgendwann mal vor einer ähnlichen Frage. Ich war Ende 30 und ähnlich war die Zeit also knapp.
Aus der Erfahrung heraus kann ich sagen, dass mir eben diese Frage sehr gut getan hat und dass es keinesfalls darum ging, mir den Kinderwunsch auszureden. Vielmehr ging es darum, meine ganz persönliche Lebensqualität wiederzubekommen, unabhängig vom Kinderwunsch. Das war ein Prozess, ich war sehr auf den Kinderwunsch fixiert ohne es zu merken und mein Leben hat darunter gelitten.
Die Ergründung dieser Frage hat mir wie gesagt, sehr geholfen loszulassen. Mein Kinderwunsch hat sich dann auch erfüllt, aber das nur am Rande, in erster Linie sollte es in deiner Situation tatsächlich um deine Lebensqualität geben, um den Kinderwunsch selbst kümmert sich ein Psychotherapeut ja gar nicht, das macht bestenfalls dein Frauenarzt. In der Therapie geht es um deine Balance und Wohlbefinden und es ist klar, dass sie auf dich fokussiert ist.

Alles Gute!

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Hallo,

mich haben ein missed abort Ende 39 und die Erkenntnis, dass es für uns mit medizinischer Hilfe ganz schön knapp wird so aus der Bahn geworfen, dass ich auch Unterstützung brauchte, um die Trauer zu verarbeiten. Erst stationär, dann ambulant.

Die Frage nach dem Kern des Kinderwunsches kam auch immer wieder. Irgendwann hat mich das aggressiv gemacht. Kinder zu bekommen, Nachwuchs zu haben ist doch eins der elementarsten Dinge des Lebens. Warum muss ich mich dafür rechtfertigen, dass ich das will, was für die meisten Lebewesen vollkommen natürlich ist?

Ob es das Ziel meiner Therapeutin war, meine Wut zu wecken, weiß ich nicht. Auf jeden Fall ist genau das passiert. Mein Lebenswille, mein Kampfgeist sind zurück gekommen.

Meine Erfahrung mit Therapie ist, dass gute Therapeuten Dich durch Fragestellungen dahin bringen, dass Du selbst die Lösung findest. Da geht es nicht ums Ausreden oder darum, Lösungen zu präsentieren, sondern dass die Lösung aus Dir heraus kommt.

Ich wünsche Dir alles Gute, dass Du bald einen Therapeuten findest, der zu Dir passt und dass Dir die Therapie etwas bringt.

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Wenn ich versuche mich in dich hinzuversetzen (was mir natürlich kaum gelingt, weil mir so etwas nicht passiert ist bzw. ich meine FG in der 10. Woche nicht deinem Verlust gleichstellen möchte), macht mich diese Frage total aggressiv.
Also die Frage nach den ominösen tieferliegenden Beweggründen.

Zum einen ist für mich der starke, sehnsüchtige kiwu quasi das Zurückgeworfen-Werden auf unsere Natur. Man kann sich dagegen gar nicht wehren. Widrigste Umstände lassen uns uns ein Kind wünschen.
Zum anderen haben wir vielleicht eine Vorstellung von unserem gelungenen Leben und wie Familie da für uns aussehen soll - ggf. zwei Kinder. Wir wollen Geschwister.

Ich verstehe nicht, warum das nicht akzeptiert werden kann. Warum dein Bedürfnis hier nicht respektiert wird.
Ich denke auch, dass erneuter kiwu ein gutes Zeichen sein kann - es bedeutet ja, dass man nach vorne schaut.

Nicht denke ich hingegen, dass man dich vor weiteren schlechten Erfahrungen (es klappt nicht oder FG) bewahren möchte. Das ist dir schließlich alles auch klar - du bist eine erwachsene Frau.

Ich kenne mich nicht aus, hätte aber erwartet, dass man mit mir Trauer bewältigt und/oder das Geschehene verarbeitet (also was ist da passiert und wie ging es mir damit).
Damit du dieses Erlebnis in deine Biographie integrieren und in Zukunft ein glückliches Leben führen kannst.
Der neue Kinderwunsch bleibt davon unangetastet.
Wobei dann - solltest du erneut ss werden - eine Begleitung vielleicht gut wäre.
(Ich war nach meiner erneuten Schwangerschaft so panisch, dass ich mir auch Hilfe gesucht habe)

Das sind nur so Ideen...
Alles Gute!

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Hallo Du
Ja genau ähnliches habe ich auch erlebt.
LG

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Erst mal tut es mir leid was dir passiert ist. Ich weiß wie du dich fühlst. Mein Baby starb 2019 mit 2 Tagen. Ich denke ich hab da so eine Ahnung wieso diese Frage gestellt wird. Ich war auch in einer Gruppe von Sternenmüttern da gab es leider Frauen die nicht bereit waren auf den Verlust einzugehen sondern nur stundenlang darüber geredet haben dass sie nicht wieder schwanger werden. Also eine Art Verdrängung. Bei einem ersten Gespräch ist es noch nicht absehbar wie die jeweilige Patientin damit umgeht. Und auch die Spirale wird immer schlimmer der Verlust der unerfüllt Kinderwunsch....

Wenn dann doch das Regenbogenbaby kam wurde das Tote Kind verdrängt und das neue als Ersatz gesehen. Das ist weder für das Kind noch für die Mutter gut.

Eine Psychologin versucht erst mal eine Einordnung zu treffen. Jeder Mensch ist anders. Es ist keine schlimme Absicht darin.

Ich möchte dir Mut machen. Ich kann aus eigener Erfahrung sagen man muss einen bestimmten Grad der Trauerbewältigung haben dann kommt das ersehnte Baby aber als Geschwisterchen nicht als Ersatz vom Sternenkind.

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Ich würde das den Therapeuten einfach mal fragen :)

Dass du eben ja ein weiteres Kind wünschst und der Verlust deines Sternenkindes nichts daran ändert. Das ist das tiefstliegende Bedürfnis - ein 2. lebendes Kind (auch wenn das irgendwie gemein klingt, ich denke, du weißt, was ich meine).

Es könnte natürlich sein, dass die Therapeuten das „bearbeiten“ wollen, um dir vllt aufzuzeigen, dass ein weiteres Kind nicht zwingend „nötig“ für ein glückliches Leben ist. Da es aufgrund deines Alters schwierig wird oder was eben wäre, müsstest du noch einen Verlust verarbeiten. Damit man quasi abwägt, was wichtiger ist.

Aber lass dich doch mal drauf ein und schau, wo die Reise hingeht :)