Wie mit Rassismus umgehen?

Liebe Forengemeinde,

ich bin eine Deutsche mit ausländischen Wurzeln, was so viel bedeutet, dass ein Elternteil von mir ausländische Wurzeln hat und ein Elternteil deutsche Herkunft vorweist. Ich spreche akzentfrei Deutsch und weitere Sprachen verhandlungssicher, würde mich als gebildet bezeichnen und arbeite im gehobenen Dienst. Aufgrund meines etwas dunkleren Teints sieht man mir die Wurzeln noch an. Verheiratet bin ich mit einem deutschen Mann, wir haben auch Kinder gemeinsam.

So, nun zur Situation, ich bin zu meinem Mann gezogen, wir wohnen eher ländlich, mein Mann wohnte schon immer hier und kennt folglich "jeden".

Ich bezeichne mich als einen offenen, herzlichen und kontaktfreudigen Menschen. Jedoch habe ich große Probleme hier Anschluss zu finden. Teilweise werde ich nicht zurück gegrüßt, wenn ich grüße, nur mein Mann wird gegrüßt, ich werde ignoriert oder komisch angeschaut, mein Mann wird auf meine Hautfarbe, im negativen Sinne, angesprochen. Auch weitere Verwandte von ihm grüßen mich nicht, wenn ich sie alleine im Dorf treffe. Desweiteren wird rumerzählt, ich hätte meinen Mann wegen des Geldes geheiratet, was völliger Schwachsinn ist. Ich habe eine gute Position im öffentlichen Dienst und bin völlig unabhängig.

Es stimmt mich, ehrlich gesagt, schon traurig, und ich hoffe, dass unsere Kinder den Rassismus nicht spüren müssen; in weiterer Generation sieht man ihnen die Wurzeln fast nicht mehr an.

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Bei uns auf dem Dorf (Norddeutschland) hilft ungemein:

-offen und locker sein. Auch wenn die „wo kommst du her?“ Frage doof ist, geduldig beantworten. Vielen ist das gar nicht klar, dass die Frage unangemessen ist. Das kann man aber durchaus freundlich im Gespräch kommunizieren.

-in das Dorflebem integrieren, völlig egal ob Handarbeiten, Sportverein, Förderverein des Kindegartens oder Ehrenamt

Wir haben noch jeden integriert, der wollte (egal welche Hautfarbe)

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Das tut mir unglaublich leid. Wir wohnen auch in einem Kaff- hier hat es jeder "Immi" schwer, aber irgendwann ist auch jeder angekommen- unabhängig von der Herkunft.

Gerade von der Verwandtschaft deines Mannes ist das schlimm- was sagt er dazu?

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Deine Erfahrungen tun mir sehr leid. Für mich ist das so unverständlich, dass sich immer noch mit dieser Thematik auseinander gesetzt werden muss. Man sollte meinen, im Jahr 2022 wäre dies kein Thema mehr. Macht mich echt sprachlos... :(

Wie ich damit umgehen würde, kann ich als Nicht-Betroffene nicht sagen. Den Schmerz kann man nur nachempfinden, wenn man selbst betroffen ist, daher mag ich mir nicht anmaßen, zu sagen, wie mein Umgang damit wäre.
Dennoch möchte ich dir sagen, dass du meiner Meinung nach auf diese Menschen verzichten kannst und diese nicht brauchst.
Ich hoffe, du findest ganz schnell Anschluss und liebe Freunde. Ich tue mich damit super schwer, liegt aber an mir selbst, ich bin kein guter Smalltalker und eher introvertiert. Mir hat geholfen, am Gemeindeleben teilzunehmen und mich ehrenamtlich einzubringen. Dadurch bekam ich tolle Kontakte und diese sind meiner Erfahrung nach oft auch aufgeschlossener.

Alles Liebe für dich!

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Sehr traurig, was du dort erlebst. Wie lange wohnst du jetzt dort? Wenn du wirklich noch recht frisch zugezogen bist, würde ich versuchen, möglichst aktiv auf die Menschen vor Ort zuzugehen, damit diese ihre "Vorbehalte" abbauen können.

Darf ich fragen, in welchem Bundesland zu wohnst? Vermuten würde ich Süd- oder Ostdeutschland, dort scheint Rassismus gerade im ländlichen Bereich noch weiter verbreitet zu sein, bei uns im hohen Norden wird man auch auf dem Dorf recht offen empfangen.

Bringst du dich in die Gemeinde ein? Gibt es einen Landfrauenverein? Sportverein? Freiwillige Feuerwehr? Kontakt zu den direkten Nachbarn? Kontakte über die Kinder - Schule/Kindergarten knüpfen?

Ich wünsch dir alles Gute

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Ich finde es bedenklich, dass du dich einerseits über Vorurteile (zu Recht) mokierst und die FS bedauerst, deine eigenen dann aber im gleichen Satz an den Mann bringst. Worin unterscheidest du dich denn von den von dir Kritisierten?

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Ich denke, es kommt drauf an, WIE du auf die Leute zugehst.
Ob Stadt oder Dorf ist doch da nicht ausschlaggebend.

Wie bringst du dich ins Dorfleben und in der Nachbarschaft ein??

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Verstehe ich das richtig - du meinst, wenn sie "auf die richtige Art und Weise" auf die Menschen zugeht, löst sich Rassismus in Wohlgefallen auf?

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Sorry, auf diese Antwort gehe ich nicht näher ein. Ich denke, die TE versteht was ich meine.

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Kannst du dich nicht Mal an ein Lokalblatt wenden, wenn du die Öffentlichkeit nicht scheust, um das Thema aufzugreifen? Klar fühlen sich die Leute dann auf den Schlips getreten, aber schlimmer als jetzt kann es wohl kaum werden...

Ich finde sowas auch ganz schlimm. Das einzige, was man tun kann, ist, die Leute anzusprechen - in einzelnen individuellen Situationen oder eben "groß" aufgegangen, Lokalblatt o. ä.

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Ich persönlich würde das nicht machen. #zitter

Es handelt sich um die Verwandtschaft ihres Partners, die sie so behandeln. Sie weiß also explizit, wer das ist - es geht nicht "generell um die Gesellschaft".
Deshalb würde ich die ganze Sippe zum Kaffee einladen und würde sie zur Rede stellen. Freundlich - aber bestimmt. Denke, das wäre wirkungsvoller. So würden sie DIREKT angesprochen werden und nicht einen Artikel in einem Lokalblatt lesen, den sie als "allgemein" abstempeln würden.

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Ich glaube, hier kommen zwei Schwierigkeiten zusammen:

1. Rassismus, den man deiner Beschreibung nach ganz klar als solchen erkennen kann. Der scheint vorrangig von den Verwandten deines Mannes ausgelebt zu werden.

2. Neu in eine Dorfgemeinschaft zu stoßen
Da braucht es je nach dörflicher Gemeinschaft weder eine andere Hautfarbe noch ethnische Herkunft, es reicht, dass man zugezogen und nicht dort geboren ist, um Argwohn zu spüren.

Punkt 1 bekommt man erfahrungsgemäß nur schwer aus den Leuten raus, insbesondere wenn schon so offen und schamlos kommuniziert wird.
Was sagt dein Mann zu den Leuten?
Ich bin da kompromisslos: Wenn kein anständiger Dialog möglich ist, finden solche Leute in meinem Leben nicht statt und auch nicht im Leben unserer Kinder. Der Verwandschaftsgrad spielt dann keine Rolle mehr für mich.

Zu Punkt 2
Da würde ich mich zuerst fragen: Möchtest du aktiv Teil der Dorfgemeinschaft sein oder eigentlich deine Ruhe haben und nur mal freundlich grüßen und gegrüßt werden?
Wenn letzteres der Fall ist, wirst du dich vermutlich damit abfinden müssen, dass die Leute etwas distanziert bleiben, einfach weil du selber auch etwas mehr Abstand zu den anderen schaffst. Aktion - Reaktion.

Falls du aktiv Teil der Gemeinschaft sein möchtest, würde ich erstmal schauen, was es so für Vereine, Kurse, ehrenamtliche Tätigkeiten gibt, die etwas für dich sein könnten und ggf. die Reserviert auflockern. Eigentlich gibt es überall jemanden, mit dem man sich gut verstehen kann.
Sollte die Haltung jedoch trotz aller Bemühungen abweisend und kalt bleiben und dich das sehr belasten, würde ich über einen Umzug nachdenken, denn es stimmt zwar schon, dass die eigene Familie das beste Zuhause ist, aber wenn die Umgebung nur negativ ist und meine reichende Hand ständig abgewiesen würde, könnte ich das auf Dauer nicht aushalten.

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Puh, das tut mir sehr Leid, dass du im Jahre 2022 immer noch mit rassistischem Verhalten konfrontiert wirst und mit Sexismus zudem auch, dass man dir unterstellt einen Mann nur wegen des Versorgens zu haben. Das geht echt gar nicht.
Ich finde, hier muss dein Mann dein Ally sein und das bei seinen Verwandten etc. Deutlich ansprechen und Haltung zeigen, auch mit Konsequenzen („wenn ihr meine Frau so behandelt, besuchen wir euch nicht mehr… etc.).
Der Rest wird sich vielleicht mit der Zeit legen. Ist halt die Frage, ob du dich so wohl fühlst. Fremde wirst du ja nicht ändern können oder ob ihr vielleicht besser in eine große Stadt zieht, die da fortschrittlicher ist.

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Das tut einem richtig leid beim lesen. Wobei ich auch nicht glaube, dass es nur ( oder überhaupt? ) an deinem Äußeren und an deinen Wurzeln liegt, so wie du sagst. Ich denke da stürzen sich nur alle drauf, weil es am einfachsten ist und sie vielleicht sonst nichts anderes finden, was sie auszusetzen haben könnten.

Eine Bekannte ist auch mal aufs Land gezogen, die hat dort als "Fremde" ( ganz normale Deutsche, gebildet, anständige Familie, freundlich, usw. ) kein Bein an die Erde bekommen. Weder im Kindergarten, noch bei irgendwelchen Festen, etc. Nur zu den unmittelbaren Nachbarn gab es lockeren Kontakt, wahrscheinlich weil es sich nicht vermeiden ließ. Irgendwann sind sie zurück gezogen.

Die Dorfgemeinschaften scheinen da teilweise sehr sehr verschlossen und etwas wunderlich zu sein. Von daher versuche es nicht allzu persönlich zu nehmen, auch wenn das sicher nicht so leicht fällt. Vielleicht gelingt über die Kinder ja doch noch irgendwann der Eintritt.