Normaler Streit unter Schwestern?

Hi,

Ich habe heute meiner Schwester erzählt, dass ich eine Wohnung gefunden habe und wahrscheinlich bald ausziehen werde. Der Grund warum ich ausziehe ist 1. ich bin 28 Jahre alt und musste aufgrund der Pandemie wieder zu meinen Eltern ziehen, weil ich zu der Zeit mein Studium beendet habe und noch keine Arbeit hatte. 2. fühle ich mich zu Hause eingeengt und es wirkt sich auf meine Laune aus.

Meine Schwester ist 27. Jahre alt und ist kurz vor dem Ende des Studiums und lebt auch zu Hause. Während ich ein sehr introvertierter Mensch bin, ist Sie ein extrovertierter Mensch. Sie ist außerdem sehr leidenschaftlich, impulsiv, spontan, überheblich, nicht nachtragend, ich-bezogen und ein Familienmensch. Ich hingegen bin zurückhaltend, ruhig, geduldig, nachtragend, stur und unabhängig.

Als ich ihr erzählte, dass ich eine Wohnung gefunden habe, hat Sie sich sehr für mich gefreut und im Anschluss gesagt, dass Sie dann ja an den Wochenenden bei mir ist. Ich sagte ihr, dass ich erst mal die Zeit alleine genießen möchte. Unter der Woche habe ich einen Vollzeitjob und am Wochende bin ich in der Bibliothek, weil ich meine Master-Thesis schreibe. Ich möchte wirklich jede Sekunde die ich habe für mich alleine Nutzen.

Wenn ich ehrlich bin, ist es mir unangenehm Zeit mit meiner Schwester zu verbringen. Ständig sind wir nur am streiten (mind. alle 2 Tage), sodass sogar meine Eltern und mein Bruder darunter leiden. Wir verstehen uns einfach nicht. Größtenteils, bemängelt sie an mir, dass ich ihr nichts erzähle, wenig Zeit mit ihr verbringe oder mich nicht bei ihr melde. Das stimmt auch! Sie beneidet die Beziehungen ihrer Freunde zu ihren Geschwistern. Ich bin ein sehr verschwiegener Mensch und es braucht seine Zeit bis ich mich einem Menschen öffne. Wenn ich mich bei einem Menschen wohlfühle bzw. verstanden fühle, dann rede ich auch.

Es ist nicht so, dass ich nicht eine tiefere, gesunde Beziehung zu ihr haben möchte, aber jedes Mal, wenn ich nur versuche mit ihr über Gott und die Welt zu sprechen, dann wird es eine Diskussion. Muss man aus allem eine Diskussion machen?
Ich möchte in diesem Moment doch nur ein Austausch haben - ein angenehmes Klima!

In unserer Beziehung ist sie aufjedenfall die jenige, die das Gespräch zu mir sucht. Ich meide Diskussionen/Streit wo ich nur kann, weil es für mich einfach nur noch anstrengend ist - ich bin Müde! Sie kommt zu mir und konfrontiert mich sofort mit unserem Problem und sagt mir..." Ich bin heute ruhig und höre dir zu". Ich gehe darauf ein und denke, dass ich es versuche und fange an zu sprechen. Nach nicht mal 3 min. fängt sie an "Ratschläge" zu geben was ich doch anders machen kann.

Wir haben sehr wenig gemeinsame interessen. Sie mag es auch nicht, dass ich meiner Freundin mehr erzähle als ihr. Sie hat das Gefühl, dass ich meine Freundin über sie stelle. Ich erzähle meiner Freundin alles. Ich fühle mich bei ihr wohl und wir sind auf einer Wellenlänge. Wir haben zusammen gewohnt und studieren jetzt zusammen. Ich habe insgesamt nur 3 gute Freundinninen, welche ich auch in Zukunft pflegen möchte. Ich war in meiner Kindheit/Schulzeit immer der Außenseiter und habe in dieser Zeit nie Freunde finden können.

Wir sind auch täglich zusammen in der Uni jedoch lernen wir getrennt, weil ich die distanz zu ihr brauche. Wir würden uns nur gegenseitig vom lernen abhalten. Bsp.: Meine Schwester hat mich gebeten ein Buch zurückzugeben als sie nicht gehen konnte. Ich habe sie gefragt ob ich es zurückgeben soll oder verlängern. Sie sagte: "Nein, du kannst es zurückgeben. Ich brauche es nicht mehr". Ich habe an dem Tag in der Uni in dem Buch herumgeblättert und gesehen, dass ein kleiner Part zu meinem Thema der Thesis passt und habe das Buch (mit ihrer Karte) ausgeliehen.
Info: Sie sagte mir, dass ich die Karte bei mir behalten könnte um Bücher auszuleihen.
Nach 2 Wochen als ich das Buch in meine Tasche getan habe um es zurückzugeben, sah sie das Buch in meiner Tasche und fragte mich warum ich das Buch habe. Ich sagte ihr, dass ich einen kleinen Part brauchte und sie war direkt angepisst. Es gefiehl ihr überhaupt nicht, dass ich das Buch genommen habe, weil sie seit 2 Wochen danach sucht. Sie sagte auch, dass ihr das nicht passt, dass ich das Buch als Quelle angebe, weil wir unsere Thesen bei dem selben Prof. schreiben, usere Themen sich ähneln und sie Angst habe ,dass der Prof. etwas dagegen haben könnte. Könnt ihr ihre Sichtweise nachvollziehen?

Ich kann nicht sagen wo genau das Problem liegt, aber das ist nur ein Bsp. aus unzähligen. Ich brauche ein paar ehrliche Meinungen zu dem Ganzen. Ich bin offen für jede Anregung!

1

Ganz ehrlich: Mit 28 würde ich mir so einen Kindergarten nicht mehr geben.

Ziehe aus und versuche den Kontakt eher einschlafen zu lassen. Ihr seit nicht auf einer Wellenlänge und ihr krankhafter Wunsch nach einer Bilderbuch-Schwesternfreundschaft finde ich mehr als gruselig.

Natürlich kannst du auch sehr direkt sein, da musst du einschätzen wie sie reagiert. Ich wäre im zweifel nach dem Auszug ehrlich, danach hast du dann deine Ruhe - egal wie sie es aufnimmt:

"Ich liebe dich, du bist meine Schwester.
Wir sind aber keine Freunde und werden wohl nie welche werden, dazu sind wir zu verscheiden. Die Meinungsverschiedenheiten mit dir belasten mich sehr und sie belasten auch unsere Beziehung als Schwestern und unsere Familie. Auch deswegen suche ich nach Abstand, meine neue Wohnung ist ein Rückzugsort, den ich dringend brauche. Wir können uns gern 1 mal im Moant zum Kaffee treffen, mehr als schwesterliche Fürsorge kannst du von mir nicht erwarten."

So oder so ehrlich...

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Danke für den ausführlichen Rat. Ich habe ja vor der Pandemie alleine gewohnt. Sie ist (als ich auszog) zurückgezogen weil es finanziell zu schwer war mit der Uni und ist gependelt.

Sie wollte ständig bei mir übernachten auch weil man von zu Hause bis zur Uni 1,5 Stunden braucht. Ich bin ausgezogen weil ich pendeln musste und meine Ruhe brauchte. Ich sagte oft Nein, dass ich meine Ruhe möchte und wir haben uns gestritten. Ich fühle mich in meinen Entscheidungen nicht respektiert.

Es ist einfach nur noch anstrengend! Ich werde versuchen das Gespräch zu ihr zu suchen und werde sehen was dabei herumkommt.

Vielen Dank für deine Mühe!

2

Es stimmt nicht, was du deiner Schwester gesagt hast, du willst nicht "erst mal" mal alleine seine, du willst alleine sein und hast keine Lust auf permanenten sozialen Kontakt.

Vorneweg, ich verstehe dich. Du bist wie ich und das größte Problem ist, dass Menschen wie deine Schwester (oder meine Familie) nicht in der Lage sind zu verstehen, dass wir gesunden Abstand brauchen um eine funktionierende Beziehung zu ihnen zu haben, während sie diese Lebensweise als Ablehnung, Hass, Desinteresse (oder was auch immer) verstehen.
Mich strengen Kontakte und ständiger Austausch, besonders dieses Bohren nach den kleinsten emotionalen Geheimnissen, Ideen etc total an. Deshalb gehe ich auf Abstand, weil es einfach das ist, was ich brauche, um gesund zu sein. Ich bin direkt nach dem Abi ausgezogen, anders wäre ich auf Dauer irre geworden. Aber dann, hatte die Beziehung zu meinen Eltern eine Möglichkeit zu heilen und nach neuen Parametern zuwachsen (und ich habe einen Mann gefunden der ähnlich ist).

Zieh aus und dann schau, welche Art von Beziehung du zu deiner Schwester unterhalten kannst und willst. Ihr seid keine Freunde, ihr werdet wohl auch keine. Das ist nicht schlimm. Die enge familiäre Gebundenheit ist bei euch das Problem und die damit verbundenen Erwartungen (ein Jahr Unterschied im Alter, Schwestern = beste Freunde- glaube viele Menschen hier im Forum auch, deshalb werden Kinder kurz hintereinander geplant. Dann haben sie irgendwann sich und Spielkameraden).

Du solltest mit deiner Schwester sprechen, ihr offen erklären wie du empfindest. So wie du sie beschreibst, erwarte wenig bis kein Verständnis. Aber letztlich bist du erstmal dir verpflichtet, gewinn Abstand und dann schau was daraus wird.
Wenn sie wirklich an dir Interesse hat und deine Bedürfnisse als legitim erachtet, wird das werden. Wenn es ihr nur um ihre Vorstellungen von Familie geht, weil ihr nun mal Schwestern seid, dann bring Abstand zwischen euch. Leider sind eure Bedürfnisse nicht wirklich kompatibel, vielleicht wächst dein Interesse an ihr, wenn ihr nicht ständig aufeinander hockt.

Alles Gute.

3

Es ist schön, dass deine Schwester sich engeren Kontakt wünscht. Nur versteht sie scheinbar nicht, dass es menschlich halt nicht so passt.

Ich denke, der Auszug könnte da einiges erleichtern.

Zu der Buch-Sache: Joa, da wäre ich an ihrer Stelle doch auch angepisst. Da hättest du wirklich kurz informieren können. Ich denke es käme auch blöd beim Prof an, wenn ihr zusammen wohnt und auch noch die gleichen Quellen benutzt. Auch wenn’s vllt Quatsch ist, aber ich würde es auch blöd finden…

Insgesamt glaube ich, dass ihr einfach auf keiner gemeinsamen Ebene kommuniziert und beide quasi nicht den anderen verstehen könnt. Vllt könnt ihr dran arbeiten, wenn Interesse besteht, aber ich hab das Gefühl, das Interesse hast du nicht so wirklich. Dann halte einfach Abstand und gut ist 🤷‍♀️

4

Ich vermute das Problem liegt darin, dass ihr mit Ende 20 noch zusammen bei den Eltern wohnt und auch noch vom selben Prof betreut werdet.
Geschwister haben eh schon so viel gemeinsam (gleiche Eltern, viele gemeinsame Erlebnisse etc.), da ist es wichtig sich in anderen Bereichen eigene Nischen zu suchen. Zieh erstmal aus und warte ab, wie es euch dann miteinander geht. Viele Geschwisterbeziehungen werden dadurch deutlich besser.

5

Hey ich denke auch, du solltest deiner Schwester klar machen, dass deine Wohnung dein Reich ist und Besucher unerwünscht. Wie hat sie sich das denn vorgestellt? Wollte sie bei dir mietfrei wohnen und sich ein schönes Leben machen?
Ich geb dir einen Tipp: Gib ihr bloß keinen Zweitschlüssel von deiner Wohnung. Viele verstehen das leider als Einladung.

6

Mein erster Gedanke: ich bin auch ein sehr offener Mensch und wäre zutiefst verletzt, wenn meine Schwester Abstand von mir bräuchte.

Allerdings wohne ich seit fast 4 Jahren 500km weiter weg und es bricht mir das Herz, sie so wenig sehen zu können. Ich verstehe mich mit beiden Schwestern gut, allerdings ist die Beziehung zueinander umso stärker geworden, seit wir uns nicht mehr so oft sehen.
Man freut sich eben umso mehr darauf, wenn man sich etwas länger nicht sieht und so entsteht auch weniger Streit.
Ich kenne es von daheim auch so, dass wir uns oft gestritten haben, als wir noch bei den Eltern gemeinsam wohnten und meine grosse Schwester war zu der Zeit auch immer etwas zurückhaltender zu mir, was mich immer traurig machte. Ich fragte mich immer, wieso sie manchmal so gefühlskalt zu mir war. Jetzt verstehe ich sie allerdings besser.
Ich denke Abstand ist wirklich das Beste, was euch passieren kann.
Deine Schwester muss dies akzeptieren und später wird es ihr auch damit besser gehen. Ich bin mir sicher, dass ihr euch auch viel besser verstehen werdet.

8

Hey!

Du sagst doch selbst: "Ich brauche Distanz zu ihr."
Dann nimm sie dir. Vielleicht bringt etwas Abstand auch Ruhe rein.

Sie wünscht sich eine Bilderbuchgeschwisterbeziehung, verhält sich dann aber ziemlich missgünstig und infantil: das war IHRE Quelle, die du nicht anfassen darfst. Naja- wenn man sich so verhält, ist doch klar, dass man selbst an der Bilderbuchgeschwisterbeziehung sägt.

Zu der Sache mit dem Buch:
Der Prof wird doch kaum beide Arbeiten zeitgleich vor sich liegen haben und dann das Quellenverzeichnis abgleichen.
Der hat tausende Studenten- weiß der überhaupt, dass ihr Geschwister seid? Erkennt der euch auf dem Flur wieder?
Viele Professoren interessieren sich für die Anzahl der Bücher, lesen die Einleitung, das Fazit- und dann steht die Note. Der wird nicht mit Hanni schimpfen, dass Nanni dasselbe Buch gelistet hat. Der weiß auch, dass er Arbeiten zu immer denselben Themenbereichen vergibt und daher auch Hans, Franz und Bernadette auf dieses Buch stoßen werden- das er ihnen vielleicht selbst empfohlen hat.
Es ist eine Masterthesis und keine Dissertation.
Ihr habt dasselbe Buch, aber stützt euch auf andere Passagen. Selbst Promotionen zum selben Thema sind unterschiedlich.

Ich würde erstmal euren Konkurrenzkampf beilegen, dann könnt ihr über Übernachtungen sprechen. Vielleicht nicht die Wochenenden, sondern mal ein Wochenende.

Fertig.

Liebe Grüße
Schoko