Übervorsichtiger Papa

Hallo,

unsere Tochter ist fast ein Jahr alt und mein Freund würde sie am liebsten in Watte packen.

Er hat panische Angst davor, dass sie sich verschluckt, hinfällt oder generell, dass ihr etwas passieren könnte.

Neulich hatten wir Streit, weil ich meinen Sohn (8) alleine mit unserer Tochter gelassen habe. Ich war vielleicht zwanzig Minuten weg. Danach sollte ich meinem Freund versprechen, sie nie wieder "unbeaufsichtigt" zu lassen und wurde von ihm als absolut unverantwortlich und fahrlässig hingestellt. Findet ihr das wirklich so schlimm?

Ständig nimmt er ihr Essen aus der Hand, weil er das Gefühl hat, dass es noch zu hart für sei sei und sie sich verschlucken könnte. Auch wenn sie die gleiche Sache schon hundert mal erfolgreich gegessen hat.

Wenn sie spielt, polstert er alles um sie herum ab und ständig muss ich mir anhören, dass irgendwas zu gefährlich sei, dass ich besser aufpassen müsste, dass ich ihr irgendwas nicht mehr geben soll ...

Bevor er Papa geworden ist, hat er es hingenommen, dass mein Sohn sehr selbstständig ist und viele Freiheiten hat. Er hat NIE gesagt, dass es ihn stört oder er etwas anders machen würde. Seit unsere Tochter da ist, sagt er öfter: "Willst du ihn wirklich alleine auf den Spielplatz lassen? Musst du ja wissen. Ist ja dein Kind. Aber bei unserer Tochter machen wir das anders." usw.

Leider führen unsere unterschiedlichen Ansichten dazu, dass ich ihm vieles nicht erzähle. Seit ich weiß, wie er auf Fieber reagiert (am liebsten sofort zum Arzt, ständig nachmessen), sage ihm nicht mehr, wenn sie erhöhte Temperatur hat. Ich erzähle ihm nicht, wenn sie hingefallen ist und teile keine Sorgen mit ihm, weil er jedes Mal überreagiert.

An sich denke ich, dass man Wünsche und Sorgen des Partners respektieren sollte, aber es ist einfach zu viel und ich habe das Gefühl, dass es sie in ihrer Entwicklung bremsen würde, würde ich den Großteil davon umsetzen. Viele seiner "Verbote" missachte ich. Wenn er nicht da ist, darf sie beispielsweise Apfelstücke essen, in seiner Anwesenheit nicht.

Ich finde es aber eigentlich doof und denke, dass das ja keine dauerhafte Lösung sein kann. Je älter sie wird, desto mehr wird sie es hinterfragen.

Wie würdet ihr euch an meiner Stelle verhalten?

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Vielleicht regelt es sich von selbst, wenn euer gemeinsames Kind älter wird.

Dein Mann denkt und handelt sehr übertrieben und nimmt eurem Kind evtl. die Möglichkeit, ein selbstsicherer Mensch zu werden. Vielleicht hilft ihm ein Gespräch bei einem Profi, der sich damit auskennt?

Alle Eltern haben im Grunde Angst davor, dass ihrem Kind etwas zustoßen könnte, aber diese Angst verhindert NICHTS, macht einen nur kirre, wenn sie Überhand gewinnt.

>>>Danach sollte ich meinem Freund versprechen, sie nie wieder "unbeaufsichtigt" zu lassen und wurde von ihm als absolut unverantwortlich und fahrlässig hingestellt. <<<

Das sehe ich wie dein Mann.

Zumal du deinem Sohn damit eine große Verantwortung aufgebürdet hat, die er gar nicht überblicken kann. Und stell dir vor, es WÄRE etwas passiert, was das mit deinem Sohn gemacht hätte.

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Danke für deine Einschätzung der Situation

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Hallo!

Also erstmal muss ich sagen, dass ich so ein kleines Kind auch nicht so lange alleine lassen würde. Diese Verantwortung kann auch kein 8-Jähriger übernehmen.
Stell dir vor, die kleine wäre in dieser Zeit blöd auf den Kopf gestürzt.
Passiert wahrscheinlich zu 99, 9% nicht, aber wenn doch?
Das finde ich tatsächlich fahrlässig, da muss ich deinem Freund recht geben.
Auch meinen 2-Jährigen würde ich nicht alleine in Obhut der Geschwister lassen.

Meine großen haben auch viele Freiheiten. (6 und 9 Jahre)
Sie dürfen auch alleine raus am Nachmittag. Ich möchte nur wissen, wo sie sich aufhalten und es wird eine Zeit ausgemacht, zu der sie zu Hause sein müssen.

Dass du eure Tochter jetzt heimlich Dinge machen lässt, finde ich absolut nicht ok.
Da würde ich einfach das Gespräch mit deinem Freund suchen.
Sprecht vielleicht mal mit einem Kinderarzt oder einem sonstigen Fachmann.
Der deinem Freund die Angst nehmen kann.

Ich denke auch, dass es wahrscheinlich einfacher wird, wenn die Kleine älter wird.

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Danke für deine Antwort.

Das Problem ist, dass ich schon sehr oft das Gespräch gesucht habe. Aber es sind einfach grundlegende Sachen, die er ganz schlimm findet und davon lässt er sich auch nicht abbringen.

Sachen, die ich mache, obwohl ich weiß, dass er damit nicht einverstanden ist, sind zum Beispiel:
- ihr Apfelstücke geben
- die weiche Rinde am Brot lassen
- sie nicht 24/7 im Blick haben (zum Beispiel gehe ich duschen, während sie mit ihrem Bruder spielt)
- sie draußen laufen lassen
- sie darf die Jacke ausziehen, wenn ihr warm ist
...

Ich habe mich eine Zeit lang tot diskutiert.

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Hey!

Mein Mann würde ähnlich reagieren, hat aber auch eine diagnostizierte Angststörung samt Hypochondrie.
Er hat eine Therapie erfolgreich absolviert und merkt nun zumindest, wenn er sich in Dinge sehr reinsteigert. Fieber, erhöhte Temperatur, verschlucken sind euch die Dinge, die ihm Angst machen. Daher spricht er mich in diesen Situationen an, fragt nach meiner Bewertung und lässt mich dann entscheiden, wie etwas behandelt werden muss oder ob unser Sohn etwas essen kann.
Er weiß, dass ich sehr transparent bin, ihm Vorkommnisse nicht verschweige- daher passt es.

Liebe Grüße
Schoko

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Danke für deine Antwort. Immerhin ist er einsichtig. Euer Umgang damit klingt gut.

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Hallo,

wahrscheinlich ist es eine schlechte Kombination. Dein Mann scheint sehr, sehr ängstlich zu sein.
Du bist wahrscheinlich schon deutlich entspannter, weil es auch einfach Dein zweites Kind ist.
Ich kann beide Seiten etwas verstehen.
Was allerdings gar nicht geht, ist Deinen Sohn mit der Kleinen allein zu lassen! Da kann wirklich viel zu viel passieren und Dein Sohn ist wirklich noch zu klein, um dann angemessen zu reagieren. Da wäre ich auch sauer gewesen.

Verheimlichen geht natürlich auch nicht. Ihr werdet Euch irgendwo in der Mitte treffen müssen.

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Wie wärs mit einem gemeinsamen 1. Hilfe Kurs für Babys und Kleinkinder?

Einem 8jährigen würde ich nicht die Aufsicht über ein 1jähriges geben, das wäre mir viel zu gefährlich.

Gegen (irrationale) Ängste hilft nur Aufklärung. Kinderarzt, Kurs oder Elternberatung fällt mir da ein.

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Danke für den Vorschlag. Ich frage ihn, was er davon hält.

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Ha, kenne ich. Nachdem meine Worte ihn nicht erreicht haben, hat unsere Tochter das irgendwann selber in die Hand genommen. Glaub mir, ein Kleinkind kann verdammt klar ausdrücken, wenn es etwas nicht will.
Und wenn er es dann immer noch nicht kapiert hat, dann steht das Kind irgendwann vor ihm und sagt: "Boh Papa, wenn du nicht aufhörst, mich wie ein Baby zu behandeln, dann erzähle ich dir gar nix mehr!" Gerade gestern erlebt, als unsere 8-jährige mit dem Rad von ihrer Freundin kam.
Ja, wir haben mittlerweile Geheimnisse vor ihm. Ich habe sein Verhalten nie unterstützt, auch nicht in seiner Anwesenheit. Wenn er ein Problem hat, dann ist das seins und er darf es gerne behalten, aber unsere Tochter badet das garantiert nicht aus. Wenn der Vater nicht rafft, was für ein tolles, verantwortungsbewußtes Kind er hat, dann hat er Pech.

Ich schreibe das so deutlich, weil ich diesen K(r)ampf hier seit fast 9 Jahren mitmache. Er ist nicht mal bereit, sich anszuschauen wie das Kind schwimmen kann, weil er Angst vor Wasser hat. Und da liegt der Hase im Pfeffer, genau da hat es damals richtig Klick bei mir gemacht. Seine eigene Handlungsunfähigkeit im Ernstfall ist der Schlüssel....eine blutende Wunde versorgen, Erste Hilfe bei Verschlucken, sein Kind im Wasser sehen...das sind alles seine eigenen Ängste, die unser Kind ausbaden muß. Seit dem ist hier der Ofen wirklich aus.....meine Tochter wird mich immer auf ihrer Seite haben, damit sie sich frei entwickeln kann.

Uih, dein Beitrag triggert mich#schwitz. Aber ich kann wirklich nur sagen, was am Anfang wirklich als "besorgter Papa...wie süß" durchging, wurde im Laufe der Jahre echt gruselig. Vor 2 Wochen ist er zu ihrer Freundin gefahren und wollte sie abholen, weil er rausgefunden hat, das sie mit dem Rad da war. Ich wusste es nicht und so hat er einen auf "ach, ich bin grad zufällig in der Gegend, da kann ich dich ja gleich mitnehmen" gemacht. Das Kind hat ihn gleich durchschaut. Ich bin echt explodiert, als die Mutter mich anrief un dmir schilderte, was dort gerade vor ihrer Haustür abgeht. Sie gab ihm den Hörer und ich habe nur noch gezischt: "Steig sofort in dein Auto und verschwinde da!"

Also, du siehst eine Lösung habe ich auch nicht, aber vielleicht konnte ich dir klar machen, wie sich das noch steigern kann.

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Danke für deine Antwort. Das ist wirklich keine gute Zukunftsprognose. Ich fände es schade, wenn es bei uns auch so läuft, kann es mir aber leider gut vorstellen.

Außerdem gibt es ja noch den großen Bruder. Wahrscheinlich findet sie es irgendwann richtig unfair, dass er Sachen darf, die sie nicht darf. Vor allem wenn sie rausbekommt, dass es nicht am Alter liegt.

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Nachtrag: Seine Aufregung, als dein Sohn mit dem Zwerg allein war, die kann ich etwas verstehen. Trotzdem, wenn dein Sohn so fit ist (und du die beiden ja im Alltag erlebst und einschätzen kannst), dann ist das deine Entscheidung. Du bist da bestimmt etwas entspannter, weil es dein 2. Kind ist. Aufregung nachvollziehbar, aber dich als "vernatwortungslose Mutter" bezeichnen, das ist eine Frechheit.

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Ich denke, es hängt stark vom Charakter der beiden Kinder ab, sowie von ihrem Verhältnis zueinander, der Stimmung an diesem Tag, ob die TE erreichbar war und notfalls schnell zuhause gewesen wäre.

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Danke für die Anmerkung. Ich war etwas überrascht, dass sich fast alle hier einig sind, dass das nicht geht. Mein Sohn ist ruhig und verantwortungsvoll. Seine Schwester blickt zu ihm auf und hört auf ihn zumindest nicht schlechter als auf ihren Papa oder mich. Ich war in derselben Straße einkaufen und wäre in zwei Minuten wieder zuhause gewesen, wenn er angerufen hätte. Mein Sohn war stolz, dass er mit der Schwester alleine bleiben durfte.

Aber das ist etwas, das ich tatsächlich respektiere. Mein Freund möchte das nicht. Okay. Andere Sachen kann ich weniger akzeptieren, weil das für mich einfach Grundlagen sind (Jacke ausziehen, wenn warm, draußen laufen, Apfel essen ...).

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Puuh, das klingt anstrengend.
Ich muss gestehen, ich verheimliche meinem Partner auch immer mal gewisse Dinge bzgl. der Kinder oder erzähle sie erst im Nachhinein. Bei ihm ist es aber nicht wirklich Angst, sondern eher die Einstellung "das macht man so/das macht man nicht". Und dass er generell jemand ist, der meint, immer Recht zu haben und "aufpassen" zu müssen. Mir ist das aber egal, da ich eh die meiste Zeit mit den Kindern verbringe und ihnen viel zutraue. Er lässt meinem Sohn auch nicht so viele Freiheiten sich auszuprobieren. Sein großes Kind behandelt er manchmal auch noch wie ein Kleinkind und unser gemeinsames Baby würde er nicht mit Sand, Erde, Wiese oder generell dem Boden in Berührung kommen lassen. Ich halt schon. Er hat mich als egoistisch und unverantwortlich bezeichnet, weil ich mit Baby im Raum bei gekipptem Fenster schlafe. Ihm war anfangs nicht so recht, dass ich mit dem Baby spazieren ging, weil es ja noch so klein war und nicht mit "Bakterien" in Berührung kommen darf. Wir haben uns mal gestritten, weil das Baby im Tragetuch nur eine Kapuze anhatte (und viele Haare) und keine Mütze darunter.
Ich denke jedoch, dass es mit echten Ängsten viel schwieriger ist. Dann kann dein Mann vllt nicht aus der Erfahrung "lernen", dass nichts passiert oder dass es auch andere Wege gibt als seinen. Vllt hat er auch ein wenig Vertrauensprobleme bzw Angst, Kontrolle abzugeben/anderen zu überlassen.

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Hallo,
es sind seine Ängste und wenn er nicht aufpasst, amcht er sie auch zu ihren Ängsten...
Er muss sich denne stellen und daran arbeiten...
Ist er beim Sohn nicht so?

Allerdings hätte ich ein einjähriges Kind auch nicht mit dem 8 jährigen alleine gelassen....

lg Tanja

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Danke für deine Antwort.

Nein, bei meinem Sohn ist er nicht so. Wir sind zusammengekommen, als mein Sohn vier war, aber er hat sich nie in die Erziehung eingemischt. Er hat auch nie gesagt, dass er etwas anders machen würde oder es zu gefährlich findet. Das sagt er erst, seit unsere Tochter da ist.