Ehemann mit körperlichen Bestrafungen aufgewachsen - verteidigt es

Hey,

es ist so: mein Mann & ich sind jetzt seit 8 Jahren zusammen & seit 3 verheiratet. Haben einen 18 Monate alten Sohn. Ich würde sehr locker erzogen. Mein Vater Alkoholiker, aber sehr gebildet und in der Freizeit hat er trotzdem viel mit uns unternommen und uns viel beigebracht. Meine Mutter war seit ich 10 bin dann alleinerziehend mit 3 Kids. Ich kenne keine Strafen. Weder Hausarrest noch sonst was. Geschimpft wurde höchstens. Ich durfte z.B. oft solange ich wollte draußen bleiben. Natürlich nicht als kleines Kind. Eher als Jugendliche. Meine Mutter hat ihr eigenes Partyleben nachgeholt.
Mein Mann, die ersten 8 Jahre in einem Land im Osten aufgewachsen, wurde sehr streng erzogen. Stundenlang in der Ecke stehen, mit Gürtel, Schlappen oder Kochlöffel auf die Finger oder Hintern bekommen. Finde diese Vorstellung echt schlimm. Habe natürlich mit meinem Mann vereinbart, dass sowas bei unserem Sohn natürlich nicht in Frage kommt. Was er auch akzeptiert. Ich vertraue ihm da auch komplett. Trotzdem nervt es mich, dass er es okay findet, was seine Eltern gemacht haben. Er sagt ihm habe es ja nicht geschadet. Ich finde die Vorstellung schon erniedrigend. Sein Bruder hat sich einen Sohn und der bekommt wohl zwischendurch einen auf den Po. Meine SM erzählt dann immer stolz, dass ihr Onkel vor ihrem Sohn ja viel Respekt hat und ihn achtet....der hat doch bestimmt nur Angst. Furchtbar. Natürlich wird er nicht verdroschen. Aber sowas geht in meinen Augen auch nicht.
Mein Mann sagt, dass seine Eltern sich bei den Enkeln raushalten würden und sie natürlich nicht anfassen würden. Aber wer gibt mir die Garantie? Was wenn unser Sohn später mal frech wird? Mache mir da echt meine Gedanken. Und warum spielen es die Betroffenen so oft runter?

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Naja, ich finde, ihr gebt euch Beide auf extremen Seiten nichts.

Dein Mann, was körperliche Strafen angeht, du schreibst ganz locker runter, dass dein Vater Alkoholiker war, aber stellst ihn dennoch sehr positiv hin, sowie deine Mutter, die euch eurer eigenen Kontrolle zugunsten ihrere neugewonnenen Freiheit überlassen hat.

Beides nicht der richtige Weg in meinen Augen.

Ich hatte Beides. Ich bekam, wenn auch selten Schläge und hatte Alkoholiker in der sehr nahen Verwandtschaft. Die Schläge waren erniedrigend, aber die täglich präsente Säuferin viel schlimmer.

Heute habe ich keine Probleme, mich -wenn nötig- unterzuordnen, obwohl ich ein starker Charakter bin. Ich habe keine Angst. Ich hasse aber Säufer.

Grüße

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Hey, das sollte auf keinen Fall so rüber kommen. Meine Kindheit war definitiv nicht schön und ich könnte Bücher drüber schreiben was mir damals widerfahren ist. Ich habe definitiv auch psychisch was abbekommen. Aber ich sehe es ein 🙈. Wollte mich im Thread was meine Familie angeht nur kurz halten, weil es nicht darum gehen sollte.
Lg

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Ganz ehrlich, das frage ich mich auch sooo oft!

Die Mentalität in den Heimatländern meiner Familie und aller Familien mit denen ich aufgewachsen bin, ist die selbe. Auch hier gab es Haue teilweise auch mit Gegenständen. Und ich kann definitiv sagen, dass es geschadet hat. Ich bin dadurch cholerisch und aggressiv geworden wenn ich mich bedrängt fühle oder der Meinung bin, dass ich mich verteidigen muss. Vor allem in der Schule wusste ich mir nur körperlich zu helfen in den Zeiten in denen ich gemobbt wurde. Was anderes wurde einem zuhause ja auch nicht vorgelebt. Wenn die Eltern sich nicht zu helfen wussten, wurde gehauen. Das sage ich ganz offen. Heute als Erwachsene sieht das Gott sei Dank anders aus und ich habe diese Verhaltensweisen gut ablegen können.

Viele Leute merken es bloß selbst nicht oder sehen keinen Zusammenhang zu den Taten von damals. Für mich kommt Gewalt jeglicher Art meinem Kind gegenüber absolut nicht in Frage. Mich macht es heute noch sauer wenn ich daran denke wie wir Kinder aus südosteuropäischen Ländern manchmal behandelt wurden (manche teilweise im Erwachsenenalter noch). Auch böse Worte hallen in den Ohren oft noch nach und das macht mich echt heute noch traurig.

Ich weiß, Kinder können wirklich anstrengend und nervig sein. Manchmal provozieren sie einen auch richtig, aber bitte hört auf zu schlagen. Dadurch ist noch kein Mensch besser geworden! Geht von mir aus ne Schachtel Kippen rauchen wenn euch das beruhigt oder sonst was. Aber bitte haut eure Kinder nicht.

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Hallo
Das was du schreibst kenne ich zugut ich komme aus Russland.

Damals standen schläge an 1 erster Stelle von meiber Mutter an mich.

Ich weiß nicht warum bis ich selber ein Kind bekommen habe, hab ich es total verdrängt seit dem mein Kind da ist errinere ich mich wie meine Mutter mich geschlagen hat und wie ich weinen gebettelt habe aufzuhören.

Schlagen ist das schlimmste was man seinen Kindern antun kann.

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Ich bin auch betroffen, bei uns gab es auch den Po versohlt wenn wir frech waren. Ich spiel nix herunter, für mich war es einfach nicht so dramatisch wie es -nicht Betroffene-manchmal empfinden.

Meine Eltern wurden selbst körperlich gezüchtigt und kannten es als Erziehungsmassnahme. Das bedeutet nicht das man als Kind nicht trotzdem geliebt und auch wertschätzend behandelt wurde. Man liebt und respektiert seine Eltern auch wenn nicht alle Erziehungsmethoden optimal waren. Deine Kindheit war auch nicht ideal, so gar keine Grenzen setzen ist für mich auch eine Form von Vernachlässigung.

Meine Mutter würde niemals meine Kinder schlagen. Sie ist die Oma, sie muss nicht erziehen und ist viel ausgeglichener ohne diese Verantwortung. Ich habe meine Kinder noch nie geschlagen und werde das auch nicht tun, aber so ganz ohne Strafen oder mal laut werden geht es hier auch nicht.

Wenn dein Mann meint es hat ihm nicht geschadet solltest du nicht versuchen ihm diese Empfindung auszureden. Früher wurde fast jedes Kind geschlagen und es sind nicht alle emotionale Krüppel geworden.

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Deinen letzten Absatz kann ich unterstreichen. Die Prügel meiner Mutter waren schlimm (auch mit Gegenständen) aber die Liebe meines Vaters glich das wieder aus und als ich erwachsen war, machte ich einen Haken dahinter und beschloss, anders zu leben. Das gelingt auch den meisten. Sich lebenslang einzureden, dass man psychisch ja krank sein "muss", wenn man sowas erlebte, hilft nicht weiter.
Fast alle in meiner Generation bekamen das zu spüren, wobei ich auch zugebe, das wir streckenweise wirklich bis an die Grenze gingen, so mit 14-16. Heutzutage würden sich da manchmal Polizei, Jugendamt und ein Heer von Psychologen die Türklinke in die Hand geben. Wir bekamen ein paar kräftige gescheuert und wussten dann, wobei wir uns nicht mehr erwischen lassen durften. Nicht schön, aber das Thema war dann durch und wurde nicht mehr ewig durchgekaut.
Trotzdem wurden aus meinem gesamten Jahrgang gute Eltern mit guten Berufen und einem normalen Leben. Wir haben ja immer Kontakt gehalten, deswegen kann ich das auch behaupten.
LG Moni

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Nein, nicht jedes geschlagene Kind wird zum.emotionalen Krüppel. Stichwort Resilienz.
Aber wenn schlagen Liebe und Wertschätzung bedeuten würde, müsste man ja jeder geschlagenen Frau raten, bei ihrem prügelnden Partner zu bleiben, schließlich erfährt sie ja Liebe und Wertschätzung und es schadet ihr nicht...#gruebel
Nee, sorry, wer das so schön redet, dem hat es mit Sicherheit geschadet.

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Meine meinung dszu: je weniger man seine Kindheit reflektiert /analysiert/verstanden hat, desto schwieriger fällt es die negativen Erfahrungen nicht mit den eigenen Kindern zu wiederholen. Vor allem in stressigen Situation knallen schneller die Sicherungen durch bei Menschen, die als Kind geschlagen / misshandelt wurden.

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Kann ich absolut bestätigen. Trotz diverser Therapien muss ich in manchen Situationen schnell den Raum verlassen, damit ich nicht genauso reagiere wie meine Mutter damals.

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Das kann ich nur unterschreiben.

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Ich bin da auf deiner Seite !!

Man kann mal aus der Haut fahren und mal einen Schrei fahren lassen aber alles was irgendwie handgreiflich ist geht gar nicht.

Am besten kommunizierst du das ganz klar auch so. Bei allen (!) Familienangehörigen.

Kommt es doch irgendwann vor, musst du so konsequent sein und Anzeige erstatten.
Oder du darfst dein Kind mit diesen Menschen nicht alleine lassen.

Ich finde schon grenzwertig dass du mit einem Mann zusammen lebst der diese Handgreiflichkeiten runter spielt...

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Keine einzige Oma, die ich gut kenne - und das ist sicher mehr als ein Dutzend - hat sich jemals an einem der Enkel vergriffen bzw. geschlagen. Zum einen sind es nicht die eigenen Kinder, zum einen weiß meine Generation sehr wohl, dass das damals nicht alles in Ordnung war und man heute einfach vieles anders macht.
Es mag vereinzelte Ausnahmen geben, aber bitte nicht schon im voraus Horrorszenarien an die Wand malen.
Enkel werden eher zu sehr verwöhnt - urbia mit all den Horror-Schwiegermüttern(Omas) ist NICHT repräsentativ. ;-)
LG Moni

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Vor den Großeltern hätte ich auch keine Angst; die müssen nicht erziehen und können in Stresssituationen einfach das Kind an die Eltern zurückgeben.
Aber bei einem Partner, der das so runterspielt hätte ich Angst, weil Kinder ihre Eltern ja ganz schön an ihre Grenzen bringen können.

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Woher willst du wissen, das er es herunterspielt? Du hast es doch selbst nie erlebt, du kannst doch gar nicht wissen wie es in dieser Situation ist.

Ich und meine Geschwister hab als Kind auch welche mitm Kochlöffel bekommen, wenn wir scheiße gebaut haben. Das wussten wir auch, während wir es gemacht haben, hat uns aber nicht davon abgehalten.
Ich empfinde die schläge nicht als schlimm, auch heute nicht. Natürlich ist sowas nicht schön, aber sie waren auch nicht halb so dramatisch, wie sie gerne von Leuten, die es nie erlebt haben, geredet werden.

Wenn ich an schlimme Erlebnisse aus meiner Kindheit denke, dann NIE an die körperlichen Strafen, sondern immer an die psychische Gewalt und gedankenlosigkeit meiner Eltern.
Dann fällt mir ein, wie ich auf einer Schulveranstaltung die einzige war, wo niemand gekommen ist. An den Tag hab ich mich schlimmer gefühlt als jemals nach einem Arschvoll.
Oder wenn ich bockig war und dafür einfach stehen gelassen/weggesperrt wurde ("du kommst erst wieder aus deinem Zimmer wenn du dich beruhigt hast!")
Wenn ich ein Problem hätte, das für mich unfassbar wichtig war, das aber nicht ernst genommen wurde ("stell dich nicht so an, so schlimm ist es doch gar nicht")
Solche Geschichten haben bei mir denn Knacks verursacht, nicht die Hiebe, und das waren die Situationen, in denen ich mich klein, schwach und ungeliebt gefühlt habe, in denen es mir wirklich schlecht ging.
Kindheitsfreunde die ebenfalls gelegentlich welche auf dem po bekamen, berichten übrigens über ähnliche Erfahrungen.
Und ich versichere dir, ich verharmlose da nichts, im Gegenteil. Als ich anfing, mich mit Kindererziehung auseinander zu setzen hab ich mich ganz bewußt auch mit meiner Kindheit auseinander gesetzt und das aufgearbeitet, damit ich nicht dieselben Fehler mache.

Nicht falsch verstehen, ich will körperliche Gewalt keineswegs verteidigen, aber psychische Gewalt und Gedankenlosigkeit können genauso schlimm sein, nur sind die in unserer heutigen Zeit leider noch völlig normal und gesellschaftlich akzeptiert.

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Passt!!
LG Moni

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Aber das gehört doch alles zusammen. Die Schläge gehören halt auch zur entwürdigenden Erziehung wie alles andere, was du aufgezählt hast. Dazu müssen sie nicht mal sehr schmerzhaft gewesen sein.
Ich glaube nicht, dass jemand, der Schläge schlimm findet, psychische Gewalt für eine ideale Erziehungsmaßnahme hält.

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Dass dein Mann es verteidigt ist nicht weiter ungewöhnlich unter Menschen, die nicht sehr reflektiert sind. Würde er es ablehnen, würde er quasi seine Eltern ablehnen. Das Verhalten lässt sich nicht von den Eltern trennen. Dieses „es hat mir nicht geschadet“ ist auch eine ganz typische bagatellisierend um nicht an den Eltern und an sich selbst zu rütteln. Alles schutzfunktionrn der Psyche. Eine echte Auseinandersetzung mit der Thematik wäre schmerzhaft und würde vieles infrage stellen. Dazu muss man bereit sein und braucht unter Umständen therapeutische Unterstützung.
Übrigens sagen Psychologen, dass in ostdeutschland z.b. so viele Menschen die afd wählen, hängt auch damit zusammen, dass dort ein autoritäres System herrschte, in den Kitas rüde mit den Kindern umgegangen wurde, die Bedürfnisse eher übergangen wurden. Menschen, die sowas erlebt haben, neigen dazu, autoritäre Regierungsformen/Personen zu bevorzugen.

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" Würde er es ablehnen, würde er quasi seine Eltern ablehnen."

Da kann ich anders von mir berichten.
Ich habe auch Schläge und auch psychische Gewalt erleben müssen und ich kann nicht behaupten, dass diese mir nicht geschadet haben, wobei ich es z. T. als schlimmer empfand, wenn meine Geschwister geschlagen wurden.

Ich verurteile Gewalt gegen Kinder zutiefst und lehne diese komplett ab, allerdings liebe ich meine Eltern trotzdem. Ich bin mir bewusst , dass sie es aus ihrer Kindheit noch deutlich schlimmer kannten und sich oft einfach nicht anders zu helfen wussten. Ich habe ihnen verziehen.

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Da bist du einfach schon einen Schritt weiter. Bei ihrem Mann klingt es so, als hätte er seine Erfahrungen nicht bearbeitet und reflektiert, da passt mein Satz dann schon

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Es gibt nicht nur schwarz und weiß. Zwischen einem Klaps auf dem Po und Schlägen, die blaue Flecken hinterlassen, liegen Welten.

Ich wusste immer, warum ich geklapst wurde, denn es war nie das Mittel der ersten Wahl. Geschrien wurde öfter und ja, das habe ich teilweise wirklich übernommen, aber auch das ist nicht meine Haupterziehungsmethode.

Klappsen tue ich mein Kind nicht. Nicht, weil ich es als dramatisch empfunden hatte, sondern weil es halt schon - rein gesetzlich - nicht mehr zur modernen Erziehung gehört.

Was aber viel schlimmer ist, als milde körperliche Züchtigung, ist der Liebesentzug, den einige Eltern heutzutage aus Hilflosigkeit einsetzen ("Hör auf damit oder Mama hat dich nicht mehr lieb!" neulich erst gehört) DAS ist schlimm und hinterlässt seelische Narben!

Egal, was meine Eltern - und ich heute - erzieherisch getan haben, das Kind wusste immer, dass es dennoch bedingungslos geliebt wurde. Das Verhalten wurde abgelehnt, nicht das Kind.